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Energie & Management > Thüringen - Eklat abgewendet, aber der Windfrieden von Erfurt ist brüchig
Quelle: Fotolia / aldorado
Thüringen

Eklat abgewendet, aber der Windfrieden von Erfurt ist brüchig

Im Thüringer Landtag kommt es vorerst nicht zu einer Abstimmung, mit der die oppositionelle CDU mit Hilfe der AfD Mindestabstände für Windkraftanlagen zur Wohnbebauung festlegen wollte.
Aufschub für eine Entscheidung mit politischer Sprengkraft: Im Thüringer Landtag haben alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD zugestimmt, zunächst keine Kampfabstimmung über einen Gesetzesentwurf zu Windkraft-Abständen durchzuführen. Den entsprechenden Punkt nahmen die Fraktionen von der Tagesordnung.

Die CDU hatte ursprünglich geplant, in der ersten Plenarsitzungswoche im Juni einen Abstand von 1.000 Metern zwischen Windturbinen und Wohnbebauung durchzusetzen. Dafür wäre eine Koalition der drei Oppositionsfraktionen CDU, AfD und FDP nötig gewesen, die zahlenmäßig gegenüber der in Erfurt amtierenden rot-rot-grünen Minderheitsregierung im Vorteil ist. Ein Zusammengehen in dieser Sache zeichnete sich auch ab. In Thüringen drohte damit ein neuer Eklat, nachdem der FDP-Abgeordnete Thomas Kemmerich im Februar 2020 mit den Stimmen von CDU und der rechtsextremen AfD zum (Kurzzeit-) Ministerpräsidenten gewählt worden war.

Gesetzentwurf soll im Juli neu in die Beratung kommen

Bevor der Gesetzesentwurf jedoch in die parlamentarische Debatte gehen konnte, zog Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Reißleine. Er bot dem CDU-Fraktionschef Mario Voigt eilig am 8. Juni Verhandlungen über die Abstandsfrage an. Mit Erfolg. Nun soll das Thema erst in der nächsten Sitzungswoche im Juli neu in die Beratung kommen.

Allerdings gehen den Grünen die Angebote Ramelows zu weit. Die grüne Umweltministerin Anja Siegesmund hatte zwar einen "Windfrieden" mit der CDU in Aussicht gestellt und sich gesprächsbereit gezeigt. Mit Ramelows Zugeständnis an die Konservativen, eine etwas reformierte 1.000-Meter-Abstandsregel mittragen zu wollen, erklärt die Basis des Koalitionspartners sich aber nicht einverstanden. Die thüringische Grünen-Vorsitzende Sophie Bohm will Ramelows Vorschläge nur als Basis für weitere Verhandlungen verstanden wissen. Ein Kompromiss in dieser Angelegenheit ist also weiter ungewiss.

Abstandsregelungen für Windenergieanlagen sind grundsätzlich ein Streitthema beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Befürworter der Regelungen behaupten, nur mit ihnen lasse sich mehr Akzeptanz für Windturbinen bei der Bevölkerung erreichen. Gegner argumentieren, diese Gründe seien vorgeschoben und führten letztlich nur zu einer weiteren Reduzierung der für Windenergie nutzbaren Fläche. Dabei sind die Haltungen der einzelnen Parteien je nach Bundesland nicht unbedingt stringent.

Thüringen wäre das fünfte Bundesland mit Abstandsregel

Thüringens CDU versucht nun, den Freistaat nach Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen zum fünften Bundesland zu machen, das über die Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch Abstandsregelungen einführt. Diesen Möglichkeiten will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) weitgehend einen Riegel vorschieben.

In die Ressortabstimmung hat Habeck gerade einen Referentenentwurf gegeben, der es dem Bund erlauben soll, auch rückwirkend Länder-Abstandsregelungen außer Kraft zu setzen. Dies soll dann geschehen, wenn die einzelnen Länder ihren Beitrag zum 2-%-Flächenziel nicht leisten. Der bis zum Jahr 2030 zu leistende Beitrag fällt unterschiedlich aus, die Stadtstaaten kommen etwa auf einen Wert von maximal 0,5 % ihrer Fläche, die sie für Windkraft ausweisen sollen.

Für die Bundesländer sollen Stufenpläne gelten, ein Zwischenschritt ist für 2026 vorgesehen. Bayern soll dann zum Beispiel 1,1 % der Fläche für Windenergie ausweisen, ehe 2030 1,8 % zur Verfügung stehen sollen. Auch ist es nach Habecks Plänen möglich, dass die Länder untereinander "handeln". Wer mehr ausweist als gefordert, kann gewisse Flächenanteile rückständigen Ländern überschreiben.

Donnerstag, 9.06.2022, 12:47 Uhr
Volker Stephan
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Quelle: Fotolia / aldorado
Thüringen
Eklat abgewendet, aber der Windfrieden von Erfurt ist brüchig
Im Thüringer Landtag kommt es vorerst nicht zu einer Abstimmung, mit der die oppositionelle CDU mit Hilfe der AfD Mindestabstände für Windkraftanlagen zur Wohnbebauung festlegen wollte.
Aufschub für eine Entscheidung mit politischer Sprengkraft: Im Thüringer Landtag haben alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD zugestimmt, zunächst keine Kampfabstimmung über einen Gesetzesentwurf zu Windkraft-Abständen durchzuführen. Den entsprechenden Punkt nahmen die Fraktionen von der Tagesordnung.

Die CDU hatte ursprünglich geplant, in der ersten Plenarsitzungswoche im Juni einen Abstand von 1.000 Metern zwischen Windturbinen und Wohnbebauung durchzusetzen. Dafür wäre eine Koalition der drei Oppositionsfraktionen CDU, AfD und FDP nötig gewesen, die zahlenmäßig gegenüber der in Erfurt amtierenden rot-rot-grünen Minderheitsregierung im Vorteil ist. Ein Zusammengehen in dieser Sache zeichnete sich auch ab. In Thüringen drohte damit ein neuer Eklat, nachdem der FDP-Abgeordnete Thomas Kemmerich im Februar 2020 mit den Stimmen von CDU und der rechtsextremen AfD zum (Kurzzeit-) Ministerpräsidenten gewählt worden war.

Gesetzentwurf soll im Juli neu in die Beratung kommen

Bevor der Gesetzesentwurf jedoch in die parlamentarische Debatte gehen konnte, zog Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Reißleine. Er bot dem CDU-Fraktionschef Mario Voigt eilig am 8. Juni Verhandlungen über die Abstandsfrage an. Mit Erfolg. Nun soll das Thema erst in der nächsten Sitzungswoche im Juli neu in die Beratung kommen.

Allerdings gehen den Grünen die Angebote Ramelows zu weit. Die grüne Umweltministerin Anja Siegesmund hatte zwar einen "Windfrieden" mit der CDU in Aussicht gestellt und sich gesprächsbereit gezeigt. Mit Ramelows Zugeständnis an die Konservativen, eine etwas reformierte 1.000-Meter-Abstandsregel mittragen zu wollen, erklärt die Basis des Koalitionspartners sich aber nicht einverstanden. Die thüringische Grünen-Vorsitzende Sophie Bohm will Ramelows Vorschläge nur als Basis für weitere Verhandlungen verstanden wissen. Ein Kompromiss in dieser Angelegenheit ist also weiter ungewiss.

Abstandsregelungen für Windenergieanlagen sind grundsätzlich ein Streitthema beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Befürworter der Regelungen behaupten, nur mit ihnen lasse sich mehr Akzeptanz für Windturbinen bei der Bevölkerung erreichen. Gegner argumentieren, diese Gründe seien vorgeschoben und führten letztlich nur zu einer weiteren Reduzierung der für Windenergie nutzbaren Fläche. Dabei sind die Haltungen der einzelnen Parteien je nach Bundesland nicht unbedingt stringent.

Thüringen wäre das fünfte Bundesland mit Abstandsregel

Thüringens CDU versucht nun, den Freistaat nach Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen zum fünften Bundesland zu machen, das über die Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch Abstandsregelungen einführt. Diesen Möglichkeiten will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) weitgehend einen Riegel vorschieben.

In die Ressortabstimmung hat Habeck gerade einen Referentenentwurf gegeben, der es dem Bund erlauben soll, auch rückwirkend Länder-Abstandsregelungen außer Kraft zu setzen. Dies soll dann geschehen, wenn die einzelnen Länder ihren Beitrag zum 2-%-Flächenziel nicht leisten. Der bis zum Jahr 2030 zu leistende Beitrag fällt unterschiedlich aus, die Stadtstaaten kommen etwa auf einen Wert von maximal 0,5 % ihrer Fläche, die sie für Windkraft ausweisen sollen.

Für die Bundesländer sollen Stufenpläne gelten, ein Zwischenschritt ist für 2026 vorgesehen. Bayern soll dann zum Beispiel 1,1 % der Fläche für Windenergie ausweisen, ehe 2030 1,8 % zur Verfügung stehen sollen. Auch ist es nach Habecks Plänen möglich, dass die Länder untereinander "handeln". Wer mehr ausweist als gefordert, kann gewisse Flächenanteile rückständigen Ländern überschreiben.

Donnerstag, 9.06.2022, 12:47 Uhr
Volker Stephan

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