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Energie & Management > Österreich - E-Wirtschaft kritisiert Wasserstoffpolitik
Bild: Fotolia/YuI
Österreich

E-Wirtschaft kritisiert Wasserstoffpolitik

Die Bundesregierung muss endlich ihre Wasserstoffstrategie vorlegen, fordert der Branchenverband Oesterreichs Energie. Sonst werde Österreich beim Wasserstoff zum „Nachzügler“.
Österreich laufe Gefahr, beim Aufbau einer „Wasserstoffwirtschaft“ gegenüber anderen Staaten zurückzufallen. Das beklagte der Präsident des Elektrizitätswirtschaftsverbands Oesterreichs Energie, Michael Strugl, am 15. Juni in Wien. Strugl konstatierte, ein „sehr hoher Anteil“ der Stromerzeugung basiere bereits auf erneuerbaren Energien.

Damit habe das Land „beste Voraussetzungen. Aber wenn wir beim Aufbau einer österreichischen Wasserstoffwirtschaft im Spitzenfeld mitspielen wollen, müssen die Weichen jetzt gestellt werden“. Dies bedeute insbesondere, das Paket um das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG-Paket) vom Bundesparlament rasch zu beschließen, wenn möglich noch vor der Sommerpause im Hohen Haus.

Überdies werde seit Längerem an einer Wasserstoffstrategie gearbeitet. Strugl bemerkte, nach seinen Informationen sei diese bereits weit fortgeschritten: „Warum sie nicht endlich veröffentlicht wird, weiß ich nicht.“

Strugl ergänzte, die E-Wirtschaft benötige Wasserstoff vor allem zur Aufrechterhaltung der sicheren Stromversorgung. Dafür würden weiterhin thermische Kraftwerke benötigt. Um diese klimaneutral betreiben zu können, sei grüner Wasserstoff erforderlich, der sich durch die elektrolytische Zerlegung von Wasser mithilfe von Ökostrom gewinnen lässt.

Zurzeit gibt es in Österreich indessen noch keine Gaskraftwerke, die für den Betrieb mit Wasserstoff geeignet sind, räumte Strugl auf Anfrage der Redaktion ein: „Das wäre auch nicht wirtschaftlich.“ Der Stromkonzern Verbund, den Strugl als Generaldirektor leitet, führe Versuche am Kraftwerksstandort Mellach nahe der steirischen Landeshauptstadt Graz durch: „Aber noch sind wir in der Probephase.“

Strugl ergänzte, Österreich plane, die Ökostromerzeugung bis 2030 um etwa 50 % oder 27 Mrd. kWh pro Jahr zu steigern, um sich bilanziell von Importen elektrischer Energie unabhängig zu machen. Zu diesem Zweck müssten in den Sommermonaten nicht benötigte Strommengen von 9 bis 10 Mrd. kWh über Monate hinweg gespeichert werden. Da hierfür die Pumpspeicherkraftwerke des Landes nicht ausreichten, sei es erforderlich, Wasserstoff als Speichermedium zu nutzen.

Zu guter Letzt ließen sich die Elektrolyseure zur Erzeugung des grünen Wasserstoffs „netzdienlich“ einsetzen, um Regelenergie bereitzustellen. Dies alles werde durch eine Studie des deutschen Beratungsunternehmens Frontier Economics im Auftrag von Oesterreichs Energie bestätigt, betonte Strugl.
 

Förderungen nötig

Diese Studie zeigt ihm zufolge jedoch auch, dass zur zweckdienlichen Nutzung grünen Wasserstoffs geeignete Rahmenbedingungen erforderlich sind. Das betreffe etwa Ausnahmen von Steuern, Abgaben und Netzentgelten. Auch müsse die rechtsgültige Definition des Begriffs „grüner Wasserstoff“ in einer Weise erfolgen, die ermögliche, diesen auch mit bereits bestehenden Ökostromanlagen zu erzeugen.

Strugl räumte ein, Österreich werde seinen künftigen Bedarf an grünem Wasserstoff kaum mittels Erzeugung im eigenen Lande decken können. Zunächst würden voraussichtlich Betriebe der energieintensiven Industrie, etwa der Stahl- und der Zementbranche, mittels lokaler Wasserstoffproduktion versorgt. Ausgehend von solchen „Inseln“ werde ein globales System für den Handel mit Wasserstoff entstehen: „Es wird immer Regionen geben, wo man diesen billiger erzeugen kann als in Österreich. In Europa wird das beispielsweise mit Offshore-Windparks möglich sein.“ Als mögliche Bezugsquelle nannte Strugl ferner den nordafrikanischen Raum.

Magnus Brunner, Staatssekretär im Klima- und Energieministerium (BMK), konstatierte, ihm sei klar, „dass die österreichische Wasserstoffstrategie dringend gebraucht wird“. Doch zwischen seiner Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und den Grünen um Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler werde nach wie vor diskutiert, wo grüner Wasserstoff eingesetzt werden solle: „Und beim Einsatz in der Mobilität diskutieren wir vielleicht etwas intensiver.“ Die ÖVP wünscht diesen, Gewessler ist dagegen skeptisch.

Dennoch hofft Brunner, die Strategie demnächst vorlegen zu können. Ohnehin habe die Bundesregierung Teile davon vorgezogen, betonte der Staatssekretär. Diese fänden sich im Entwurf zum EAG-Paket, etwa die Förderung von Investitionen in den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur mit 50 Mio. Euro pro Jahr, die bis einschließlich 2030 zur Verfügung stünden: „Das heißt, der erste Schritt ist getan.“ Und im Regierungsprogramm seien weitere Schritte vorgesehen, darunter die Schaffung eines Wasserstoffkompetenzzentrums. Das werde auch in der Wasserstoffstrategie zu thematisieren sein.

Die Studie von Frontier Economics findet sich auf der Internetseite des Consulting-Unternehmens.

Mittwoch, 16.06.2021, 09:28 Uhr
Klaus Fischer
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E-Wirtschaft kritisiert Wasserstoffpolitik
Die Bundesregierung muss endlich ihre Wasserstoffstrategie vorlegen, fordert der Branchenverband Oesterreichs Energie. Sonst werde Österreich beim Wasserstoff zum „Nachzügler“.
Österreich laufe Gefahr, beim Aufbau einer „Wasserstoffwirtschaft“ gegenüber anderen Staaten zurückzufallen. Das beklagte der Präsident des Elektrizitätswirtschaftsverbands Oesterreichs Energie, Michael Strugl, am 15. Juni in Wien. Strugl konstatierte, ein „sehr hoher Anteil“ der Stromerzeugung basiere bereits auf erneuerbaren Energien.

Damit habe das Land „beste Voraussetzungen. Aber wenn wir beim Aufbau einer österreichischen Wasserstoffwirtschaft im Spitzenfeld mitspielen wollen, müssen die Weichen jetzt gestellt werden“. Dies bedeute insbesondere, das Paket um das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG-Paket) vom Bundesparlament rasch zu beschließen, wenn möglich noch vor der Sommerpause im Hohen Haus.

Überdies werde seit Längerem an einer Wasserstoffstrategie gearbeitet. Strugl bemerkte, nach seinen Informationen sei diese bereits weit fortgeschritten: „Warum sie nicht endlich veröffentlicht wird, weiß ich nicht.“

Strugl ergänzte, die E-Wirtschaft benötige Wasserstoff vor allem zur Aufrechterhaltung der sicheren Stromversorgung. Dafür würden weiterhin thermische Kraftwerke benötigt. Um diese klimaneutral betreiben zu können, sei grüner Wasserstoff erforderlich, der sich durch die elektrolytische Zerlegung von Wasser mithilfe von Ökostrom gewinnen lässt.

Zurzeit gibt es in Österreich indessen noch keine Gaskraftwerke, die für den Betrieb mit Wasserstoff geeignet sind, räumte Strugl auf Anfrage der Redaktion ein: „Das wäre auch nicht wirtschaftlich.“ Der Stromkonzern Verbund, den Strugl als Generaldirektor leitet, führe Versuche am Kraftwerksstandort Mellach nahe der steirischen Landeshauptstadt Graz durch: „Aber noch sind wir in der Probephase.“

Strugl ergänzte, Österreich plane, die Ökostromerzeugung bis 2030 um etwa 50 % oder 27 Mrd. kWh pro Jahr zu steigern, um sich bilanziell von Importen elektrischer Energie unabhängig zu machen. Zu diesem Zweck müssten in den Sommermonaten nicht benötigte Strommengen von 9 bis 10 Mrd. kWh über Monate hinweg gespeichert werden. Da hierfür die Pumpspeicherkraftwerke des Landes nicht ausreichten, sei es erforderlich, Wasserstoff als Speichermedium zu nutzen.

Zu guter Letzt ließen sich die Elektrolyseure zur Erzeugung des grünen Wasserstoffs „netzdienlich“ einsetzen, um Regelenergie bereitzustellen. Dies alles werde durch eine Studie des deutschen Beratungsunternehmens Frontier Economics im Auftrag von Oesterreichs Energie bestätigt, betonte Strugl.
 

Förderungen nötig

Diese Studie zeigt ihm zufolge jedoch auch, dass zur zweckdienlichen Nutzung grünen Wasserstoffs geeignete Rahmenbedingungen erforderlich sind. Das betreffe etwa Ausnahmen von Steuern, Abgaben und Netzentgelten. Auch müsse die rechtsgültige Definition des Begriffs „grüner Wasserstoff“ in einer Weise erfolgen, die ermögliche, diesen auch mit bereits bestehenden Ökostromanlagen zu erzeugen.

Strugl räumte ein, Österreich werde seinen künftigen Bedarf an grünem Wasserstoff kaum mittels Erzeugung im eigenen Lande decken können. Zunächst würden voraussichtlich Betriebe der energieintensiven Industrie, etwa der Stahl- und der Zementbranche, mittels lokaler Wasserstoffproduktion versorgt. Ausgehend von solchen „Inseln“ werde ein globales System für den Handel mit Wasserstoff entstehen: „Es wird immer Regionen geben, wo man diesen billiger erzeugen kann als in Österreich. In Europa wird das beispielsweise mit Offshore-Windparks möglich sein.“ Als mögliche Bezugsquelle nannte Strugl ferner den nordafrikanischen Raum.

Magnus Brunner, Staatssekretär im Klima- und Energieministerium (BMK), konstatierte, ihm sei klar, „dass die österreichische Wasserstoffstrategie dringend gebraucht wird“. Doch zwischen seiner Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und den Grünen um Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler werde nach wie vor diskutiert, wo grüner Wasserstoff eingesetzt werden solle: „Und beim Einsatz in der Mobilität diskutieren wir vielleicht etwas intensiver.“ Die ÖVP wünscht diesen, Gewessler ist dagegen skeptisch.

Dennoch hofft Brunner, die Strategie demnächst vorlegen zu können. Ohnehin habe die Bundesregierung Teile davon vorgezogen, betonte der Staatssekretär. Diese fänden sich im Entwurf zum EAG-Paket, etwa die Förderung von Investitionen in den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur mit 50 Mio. Euro pro Jahr, die bis einschließlich 2030 zur Verfügung stünden: „Das heißt, der erste Schritt ist getan.“ Und im Regierungsprogramm seien weitere Schritte vorgesehen, darunter die Schaffung eines Wasserstoffkompetenzzentrums. Das werde auch in der Wasserstoffstrategie zu thematisieren sein.

Die Studie von Frontier Economics findet sich auf der Internetseite des Consulting-Unternehmens.

Mittwoch, 16.06.2021, 09:28 Uhr
Klaus Fischer

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