Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hat zwei verschiedene Optionen für eine Sicherung ausreichender Stromerzeugungskapazitäten untersucht.
Ein zentraler Kapazitätsmarkt begrenzt Anreize für Investitionen in nachfrageseitige Flexibilität, so das Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Sie favorisiert dagegen eine Versorgungssicherheitsreserve. Diese sei schneller umsetzbar und fördere flexible Nachfrage deutlich stärker. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) plant in Auswertung der Plattform Klimaneutrales Stromsystem (PKNS) eine Kombination aus zentralen Elementen und Flexibilitäten in der neuen Kapazitätssicherung. Allerdings wird es in dieser Legislatur nicht mehr umgesetzt werden.
In Deutschland soll ein Kapazitätsmechanismus eingeführt werden, um die Stromversorgung auch in Extremsituationen abzusichern. Die Studie des DIW verglich dafür in einer Modellrechnung zwei mögliche Mechanismen. Demnach deckelt ein zentraler Kapazitätsmarkt die Strompreise stark. Dies würde Investitionen in nachfrageseitige Flexibilitätstechnologien in der Industrie und im Fernwärmebereich unattraktiv machen, so die Autoren.
Schnelleren Speicherausbau fördern„Bei vergleichbaren Gesamtkosten für Stromkunden fördert eine Versorgungssicherheitsreserve die Flexibilität der Nachfrage dagegen deutlich stärker“, folgert die Studie. Verbraucher könnten flexibel auf die volatile Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen reagieren. Beispielsweise könnten Speicher wie Batterien oder Power-to-X den Stromverbrauch zeitlich verschieben, erklärt Studienautor Wolf-Peter Schill. „Unsere Studie zeigt, dass dies bei einer Versorgungssicherheitsreserve deutlich stärker geschieht als bei einem zentralen Kapazitätsmarkt.“
Ein Kapazitätsmechanismus vergütet Akteure im Strommarkt dafür, dass sie steuerbare Leistung bereitstellen, beispielsweise Spitzenlastkraftwerke, die eventuell nur wenige Stunden im Jahr laufen. Dafür sollen im Kraftwerkssicherungsgesetz (KWSG) neue wasserstofffähige Gaskraftwerke ausgeschrieben werden. In einem zentralen Kapazitätsmarkt ermittelt der Regulierer die erforderliche Kapazitätsmenge und schreibt diese in Auktionen aus. Akteure mit dem niedrigsten Angebotspreis erhalten Kapazitätszahlungen und vermarkten ihren Strom parallel am Großhandelsmarkt.
Details der VersorgungssicherheitsreserveDie Studienautoren schlagen hingegen eine weiterentwickelte Versorgungssicherheitsreserve vor. Hier werden Kraftwerke vorgehalten, die nur dann Strom produzieren, wenn der Strompreis auf einen festgelegten, moderat hohen Wert von beispielsweise 500
Euro/MWh steigt. Ein Regulierer bestimmt die erforderliche Größe der Reserve und beschafft die Kapazitäten in Auktionen. „Die Versorgungssicherheitsreserve stärkt das Investitionsumfeld für Speichertechnologien und stabilisiert die Energiekosten“, beschrieb Mitautor Karsten Neuhoff.
Die Berechnungen zeigten, dass beide Mechanismen die Stromnachfrage in allen modellierten Wetterjahren sichern und auch zu vergleichbaren Gesamtkosten führen. Sie wirken sich jedoch unterschiedlich auf die Großhandelspreise für Strom und damit die Wirtschaftlichkeit nachfrageseitiger Flexibilität aus: Bei der Reserve schwankten die Großhandelspreise stärker als beim zentralen Kapazitätsmarkt, wodurch Anreize gesetzt werden, in flexible Nachfragetechnologien zu investieren.
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Schematische Darstellung einer Versorgungssicherheitsreserve - Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken Quelle: DIW Berlin |
Entsprechend werde fast viermal so viel in Produktspeicher zur Flexibilisierung der energieintensiven Industrie investiert wie bei einem Kapazitätsmarkt. Auch bei Speichern für Prozesswärme verdoppelten sich die Investitionen, und bei Fernwärmespeichern stiegen sie laut der DIW-Modellierung auf mehr als das Fünffache. Dies ermögliche es, die Stromnachfrage dieser Verbraucher zeitlich deutlich stärker zu verschieben.
Die weiterentwickelte Versorgungssicherheitsreserve biete laut DIW weitere Vorteile. „Sie lässt sich schnell umsetzen, da auf umfassende Erfahrung mit Reserven aufgebaut werden kann“, sagte Neuhoff. Sie sichere den Strommarkt gegen die Unsicherheiten ab, stärke das Investitionsumfeld für diverse Speichertechnologien und stabilisiere Energiekosten für Stromkunden. Auch deshalb könnte die Reserve eine bessere Alternative zu einem zentralen Kapazitätsmarkt sein.
Die
Studie zur Versorgungssicherheit des DIW steht im Internet bereit.
Donnerstag, 5.12.2024, 11:48 Uhr
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