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Energie & Management > Gas - Die Unbekannte: Der Gaspreis im neuen Marktgebiet THE
Bild: Fotolia.com, WoGi
Gas

Die Unbekannte: Der Gaspreis im neuen Marktgebiet THE

Am 1. Oktober gehen die zwei deutschen Gasmarktgebiete im Trading Hub Europe (THE) auf. Die Frage ist: Wohin geht dort der Gaspreis?
Ab dem 1. Oktober sind die beiden deutschen Gasmarktgebiete Gaspool und Netconnect Germany (NCG) Geschichte. Sie werden zusammengelegt zum Trading Hub Europe (THE). Der Gashandel in Deutschland soll damit vereinfacht und zugleich intensiviert werden. Der Markt wird grundsätzlich liquider. Deutschland soll damit seine Funktion als Gashandelsdrehscheibe für Europa ausbauen, so der Gedanke.

Bislang wird in den beiden Gasmarktgebieten noch separat gehandelt. Am virtuellen Handelspunkt von Gaspool werden dabei der Norden und der Osten der Republik bedient. Bei Netconnet wird Gas für West- und Süddeutschland gehandelt. Dabei werden für jedes Marktgebiet eigene Preise ermittelt und quotiert. Lange Zeit differierten die Preise aufgrund von unterschiedlichen Leitungsstrukturen und den vorhandenen Gasspeicherstandorten.

Dominik Wörsdörfer, seines Zeichens Manager Market Design & Regulatory Affairs von der EnBW, klärte darüber auf. Er sprach bei der digitalen Veranstaltung „GVS connect“ der Gasversorgung Süddeutschland. Seit Oktober 2019 lägen die Gaspreise für Gaspool und NCG für das von ihm betrachtete Kalenderjahr 2022 mehr oder weniger auf einem Niveau. Zuvor hätte es durchaus signifikante Abweichung gegeben, was zuletzt vor allem den verschiedenen regulatorischen Eingriffen geschuldet war, die seit dem Oktober 2019 behoben wurden. „Seitdem ist eigentlich kein Preisunterschied mehr erkennbar“, so Wörsdörfer.

Die LNG-Schwemme

Wohin geht allerdings der Preis? „Dazu ist hilfreich zu schauen, woher kommen wir eigentlich?“ Bei der langfristigen Betrachtung setzte laut Wörsdörfer ab 2013 ein Verfall der europäischen Gaspreise ein. Von 2013 bis 2016 halbierte sich der europäische Großhandelspreis für das Frontjahr von 28 Euro/MWh auf 14 Euro/MWh. Er folgte damit im Großen und Ganzen dem Ölpreis, der sich ebenfalls stark verbilligte. Danach folgte eine Erholungsphase, die die europäischen Gaspreise fast wieder an das Niveau von 2013 brachte.

„Und dann ist etwas passiert, was wir so noch nie in Europa hatten, aber von Analysten schon lange angekündigt worden war: die sogenannte LNG-Schwemme.“ Erstmalig seien signifikante Mengen von verflüssigtem Erdgas (LNG) von den angestammten Märkten in Asien nach Europa verschifft worden. Im Zuge dieses zusätzlichen Angebots sind ab 2018 die Gaspreise erheblich gesunken „und dann kam noch die Corona-Krise hinzu.“ Zu dieser Zeit habe man das erste Mal über negative Preise im Gasspotmarkt gesprochen. In besonderen Fällen wurden damals auch Gasmengen zu null Euro abgegeben.

Mittlerweile haben sich die Gaspreise wieder stabilisiert, doch es bleibt spannend, wie sich diese weiter entwickeln werden. Denn die LNG-Schwemme hat dazu geführt, dass sich der deutsche Gaspreis stärker am Großhandelspreis des niederländischen Handelspunkts TTF orientiert, da LNG in erster Linie in den Niederlanden und Belgien angelandet wird.

Einen starken Einfluss hat künftig auch das Verhalten der Niederlande selbst. Zum einen Fragen die Niederländer mehr Gas aus Ost- und Nordeuropa wegen zurückgehender eigener Gasproduktion an, das vielfach über Deutschland bezogen wird. Zugleich könnte es wieder mehr LNG-Lieferungen geben. „LNG ist immer mehr das preissetzende Element in den westeuropäischen Märkten. Ist kein LNG da, ist der Preis höher.“ Es bleibe fraglich, ob die künftige THE den führenden Marktplatz TTF bei den langfristigen Gaspreisen schlagen wird. Kurzfristig im Spotmarkt oder bei Monatskontrakten könnte THE durchaus günstigeres Erdgas zur Verfügung stellen als die TTF.

THE bringt mehr Liquidität

Was bedeutet ein einziges THE-Marktgebiet noch? Durch die Zusammenlegung steige auf alle Fälle die Liquidität, so Wörsdörfer. Das ist ein gutes Zeichen. Denn durch mehr Liquidität nehme die Flexibilität und somit die Sicherheit für die Marktteilnehmer zu. Zudem fallen durch ein einziges Marktgebiet die Kosten für den Gastransport zwischen den bisherigen Gasmarktgebieten weg. Gleichwohl könnten beispielsweise durch ein Engpassmanagement im THE-Gasgebiet neue Kosten entstehen. „Hier ist die Sache nicht ganz eindeutig.“

Spürbarer, aber im Preis noch unklar, wird auch der Einfluss der Gasspeicher sein, die bislang überwiegend im Gaspool-Marktgebiet zu finden sind. Denn: „Die Auswirkungen von Gasspeichern werden wir im ganzen THE-Marktgebiet sehen.“

Donnerstag, 4.02.2021, 16:59 Uhr
Stefan Sagmeister
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Gas
Die Unbekannte: Der Gaspreis im neuen Marktgebiet THE
Am 1. Oktober gehen die zwei deutschen Gasmarktgebiete im Trading Hub Europe (THE) auf. Die Frage ist: Wohin geht dort der Gaspreis?
Ab dem 1. Oktober sind die beiden deutschen Gasmarktgebiete Gaspool und Netconnect Germany (NCG) Geschichte. Sie werden zusammengelegt zum Trading Hub Europe (THE). Der Gashandel in Deutschland soll damit vereinfacht und zugleich intensiviert werden. Der Markt wird grundsätzlich liquider. Deutschland soll damit seine Funktion als Gashandelsdrehscheibe für Europa ausbauen, so der Gedanke.

Bislang wird in den beiden Gasmarktgebieten noch separat gehandelt. Am virtuellen Handelspunkt von Gaspool werden dabei der Norden und der Osten der Republik bedient. Bei Netconnet wird Gas für West- und Süddeutschland gehandelt. Dabei werden für jedes Marktgebiet eigene Preise ermittelt und quotiert. Lange Zeit differierten die Preise aufgrund von unterschiedlichen Leitungsstrukturen und den vorhandenen Gasspeicherstandorten.

Dominik Wörsdörfer, seines Zeichens Manager Market Design & Regulatory Affairs von der EnBW, klärte darüber auf. Er sprach bei der digitalen Veranstaltung „GVS connect“ der Gasversorgung Süddeutschland. Seit Oktober 2019 lägen die Gaspreise für Gaspool und NCG für das von ihm betrachtete Kalenderjahr 2022 mehr oder weniger auf einem Niveau. Zuvor hätte es durchaus signifikante Abweichung gegeben, was zuletzt vor allem den verschiedenen regulatorischen Eingriffen geschuldet war, die seit dem Oktober 2019 behoben wurden. „Seitdem ist eigentlich kein Preisunterschied mehr erkennbar“, so Wörsdörfer.

Die LNG-Schwemme

Wohin geht allerdings der Preis? „Dazu ist hilfreich zu schauen, woher kommen wir eigentlich?“ Bei der langfristigen Betrachtung setzte laut Wörsdörfer ab 2013 ein Verfall der europäischen Gaspreise ein. Von 2013 bis 2016 halbierte sich der europäische Großhandelspreis für das Frontjahr von 28 Euro/MWh auf 14 Euro/MWh. Er folgte damit im Großen und Ganzen dem Ölpreis, der sich ebenfalls stark verbilligte. Danach folgte eine Erholungsphase, die die europäischen Gaspreise fast wieder an das Niveau von 2013 brachte.

„Und dann ist etwas passiert, was wir so noch nie in Europa hatten, aber von Analysten schon lange angekündigt worden war: die sogenannte LNG-Schwemme.“ Erstmalig seien signifikante Mengen von verflüssigtem Erdgas (LNG) von den angestammten Märkten in Asien nach Europa verschifft worden. Im Zuge dieses zusätzlichen Angebots sind ab 2018 die Gaspreise erheblich gesunken „und dann kam noch die Corona-Krise hinzu.“ Zu dieser Zeit habe man das erste Mal über negative Preise im Gasspotmarkt gesprochen. In besonderen Fällen wurden damals auch Gasmengen zu null Euro abgegeben.

Mittlerweile haben sich die Gaspreise wieder stabilisiert, doch es bleibt spannend, wie sich diese weiter entwickeln werden. Denn die LNG-Schwemme hat dazu geführt, dass sich der deutsche Gaspreis stärker am Großhandelspreis des niederländischen Handelspunkts TTF orientiert, da LNG in erster Linie in den Niederlanden und Belgien angelandet wird.

Einen starken Einfluss hat künftig auch das Verhalten der Niederlande selbst. Zum einen Fragen die Niederländer mehr Gas aus Ost- und Nordeuropa wegen zurückgehender eigener Gasproduktion an, das vielfach über Deutschland bezogen wird. Zugleich könnte es wieder mehr LNG-Lieferungen geben. „LNG ist immer mehr das preissetzende Element in den westeuropäischen Märkten. Ist kein LNG da, ist der Preis höher.“ Es bleibe fraglich, ob die künftige THE den führenden Marktplatz TTF bei den langfristigen Gaspreisen schlagen wird. Kurzfristig im Spotmarkt oder bei Monatskontrakten könnte THE durchaus günstigeres Erdgas zur Verfügung stellen als die TTF.

THE bringt mehr Liquidität

Was bedeutet ein einziges THE-Marktgebiet noch? Durch die Zusammenlegung steige auf alle Fälle die Liquidität, so Wörsdörfer. Das ist ein gutes Zeichen. Denn durch mehr Liquidität nehme die Flexibilität und somit die Sicherheit für die Marktteilnehmer zu. Zudem fallen durch ein einziges Marktgebiet die Kosten für den Gastransport zwischen den bisherigen Gasmarktgebieten weg. Gleichwohl könnten beispielsweise durch ein Engpassmanagement im THE-Gasgebiet neue Kosten entstehen. „Hier ist die Sache nicht ganz eindeutig.“

Spürbarer, aber im Preis noch unklar, wird auch der Einfluss der Gasspeicher sein, die bislang überwiegend im Gaspool-Marktgebiet zu finden sind. Denn: „Die Auswirkungen von Gasspeichern werden wir im ganzen THE-Marktgebiet sehen.“

Donnerstag, 4.02.2021, 16:59 Uhr
Stefan Sagmeister

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