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Quelle: Fotolia / Galyna Andrushko
E&M Vor 20 Jahren

"Die Schäden bei Windkraftwerken sind einfach so groß geworden"

Die Nachhaltigkeit von Investments ist mittlerweile ein wichtiges Thema in der Finanzwirtschaft. Vor 20 Jahren waren viele Großkonzerne noch bei den ersten Schritten auf diesem Gebiet.
Ende 2002 sprach E&M-Chefredakteur Helmut Sendner mit Astrid Zwick, der Leiterin des Allianz-Büros für Nachhaltige Entwicklung. Die promovierte Geologin und Paläontologin war damals für die internationale Koordination des Sustainable Developments im Finanz- und Versicherungskonzern verantwortlich.
Hier das leicht gekürzte Interview.


 
Astrid Zwick (2002)
Quelle: E&M


E&M: Frau Zwick, was macht eine Frau wie Sie tagesaktuell, wenn es um Entwicklungen der nächsten Jahrzehnte geht?

Zwick: Basisarbeit ist die Sensibilisierung innerhalb der Allianz zum Thema Nachhaltigkeit und die Beratung der Kollegen, wenn es um Handlungsfelder geht wie zum Beispiel den Ausbau eines internationalen Netzwerkes zum Umweltmanagement oder die Weiterentwicklung von Analysekriterien für nachhaltige Geldanlagen im Asset Management. Das kann ich zum Beispiel durch meine Kooperation in Forschungsprojekten zur Entwicklung von Nachhaltigkeitskriterien leisten. Tagesaktuell allerdings bin ich ein Knotenpunkt für interne und externe Anfragen zum Thema Nachhaltigkeit. Ich führe Interviews mit Kollegen durch, um nachhaltige Aktivitäten zu ermitteln oder neues Potenzial zu identifizieren. Von extern kommen Anfragen zur Nachhaltigkeitsperformance der Allianz. Dann muss ich erklären, dass wir immer wieder vor dem Konflikt stehen, Wirtschaftlichkeit mit Umweltaspekten zu verbinden.

Überlegungen zum Wasser- und Energiesparen neu hinzugekommen

E&M: Wenn sich ein Unternehmen wie die Allianz mit Nachhaltigkeit beschäftigt, so erscheint das zunächst als etwas Ehrenhaftes, es kann aber auch reiner Eigennutz sein. Was war der Ursprung: Angst, Eigennutz oder Verantwortung für die Umwelt?

Zwick: So wie die Allianz-Menschen eine Mischung unterschiedlichster Charaktere sind, so hat auch die Beschäftigung mit Nachhaltigkeit unterschiedliche Motive. Dass das Thema Umweltschutz sehr ernst genommen wird, das zeigt sich aber schon daran, dass es seit mehr als zehn Jahren die Allianz Umweltstiftung gibt, die sich außerhalb der reinen Geschäftsprozesse mit ganz unterschiedlichen Umweltschutz-Projekten beschäftigt. Neu hinzugekommen ist seit ein paar Jahren die Überlegung, welche Relevanz hat es für uns als Finanzdienstleister, wenn wir Energie, Wasser, Papier oder andere Materialien sparen.

E&M: Der Finanzdienstleister spart einfach Geld dadurch ...

Zwick: Natürlich geht es um mehr, denn Ratingfirmen und Investoren fragen bei uns nicht nur nach Umweltschutzmaßnahmen, sondern sie interessieren sich auch für ökologische, ethische und soziale Aspekte in den Geschäftsprozessen. Der Fokus Umwelt war uns selbst auch zu eng, es geht uns um den Dreiklang Umwelt, Wirtschaft und Soziales. Und da geht es dann um die Kompatibilität zwischen kurzfristigen wirtschaftlichen und langfristigen Zielen.

E&M: Die Allianz in New York sieht das genauso wie hier in München?

Zwick: Bei uns im Haus läuft gerade eine Doktorarbeit mit dem Thema „Interkulturelle Unterschiede im Verständnis zur Nachhaltigkeit in den einzelnen Allianz-Gruppengesellschaften“, davon wollen wir lernen, wie Nachhaltigkeit in den einzelnen Kulturkreisen verstanden wird. Die Vorgabe von Allianz-Chef Schulte-Noelle ist jedenfalls so, dass wir das Thema international aufgreifen wollen, es ist so eine Art Bindeglied zwischen allen Gruppengesellschaften.

E&M: Ist das Kioto-Protokoll nicht schon etwas Verbindendes auch für die Allianz?

Zwick: Das Kioto-Protokoll ist etwas Regulatives, bei uns im Unternehmen geht es mehr um den Ansatz, freiwillig etwas zu tun. Das geht auch gar nicht anders, weil in den verschiedenen Ländern, in denen wir tätig sind, ganz andere Rahmenbedingungen und auch verschiedene gesetzliche Vorgaben zu beachten sind. Wir müssen auch unterscheiden, was wir intern und was wir extern tun. Wir versuchen einerseits, auf möglichst viele Gruppengesellschaften ein einheitliches Umweltmanagement zu übertragen; andererseits ist die Nachhaltigkeit bei Geldanlagen sehr produktspezifisch und von Markt zu Markt ganz unterschiedlich. Amerikanische Anleger verlangen beispielsweise etwas Anderes als deutsche Anleger. Deshalb müssen wir da flexibel bleiben.

"Es geht um die die Kompatibilität von kurzfristigen wirtschaftlichen und langfristigen Zielen"

E&M: Der Slogan „Hoffentlich Allianz versichert!“ war bei der Flutkatastrophe in Ostdeutschland sicherlich in vieler Munde. Die Versicherer klagen über vermehrte Sturm- und Wasserschäden und interessieren sich deshalb auch seit Jahren für Klimaschutzpolitik. Welchen Einfluss versucht die Allianz da zu nehmen?

Zwick: Wir sind beispielsweise Mitglied im World Business Council for Sustainable Development, wir sind in vielen nationalen und internationalen Organisationen tätig, um das Thema Umwelt/Nachhaltigkeit mitzusteuern. Die Dresdner Bank ist Vertreter der Allianz-Gruppe im United Nations Environment Program und versucht dort in der Arbeitsgruppe Climate Change das Engagement von Finanzdienstleistern zu fördern. Als Versicherer sind wir zum Einen von Klimakatastrophen betroffen, können aber zum Anderen zur Reduktion von klimaschädlichen Treibhausgasen indirekt beitragen und sind auch deshalb daran interessiert, neuen, emissionsarmen Technologien zur Marktreife zu verhelfen.

E&M: Die Produzenten und Betreiber von Windkraftanlagen jammern gerade darüber, dass die Versicherer ständig höhere Prämien wollen oder zur Versicherung gar nicht mehr bereit sind ...

Zwick: Die Schäden bei Windkraftwerken sind einfach so groß geworden, dass man sie nicht mehr versichern konnte. Wir waren aber nicht einfach passiv, sondern aktiv dadurch, dass wir im Allianz-Zentrum für Technik zusammen mit der Industrie ein Forschungsprojekt gestartet haben, um die technischen Probleme bei höherer Belastung und bei den immer größer und empfindlicher werdenden Windturbinen in den Griff zu bekommen.

E&M: Sind Sie mit der rot-grünen Energie-Politik zufrieden?

Zwick: Das wachsende Bewusstsein für ökologische Aspekte ist zweifellos richtig und ich halte eine ausgewogene Politik, die alle Ziele der Nachhaltigkeit beinhaltet für essentiell. Was mir nicht gefällt: Es wird zu oft einfach emotional argumentiert und Zusammenhänge werden nicht ausreichend erklärt, da schreit mein wissenschaftliches Herz. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Ich finde es sehr sinnvoll, wenn man nachhaltige Forstwirtschaft betreibt; finde es aber nicht sinnvoll, wenn man anfängt, Monokulturen oder Kioto-Wälder irgendwo aufzubauen, bloß weil man gehört hat, dass Pflanzen CO2 aufnehmen. Es ist nämlich so, dass angebliche CO2-Senken je nach Jahreszeit, Luftfeuchtigkeit und anderen Faktoren auch zu CO2-Quellen werden können oder dass der Nettobetrag der CO2-Flux null ist. Komplexe Probleme lassen sich nicht durch einen schnellen Beschluss lösen, sondern Beschlüsse müssen nachkorrigiert werden können.

E&M: Der Treibhauseffekt bewirkt eine Temperaturerhöhung in der Erdatmosphäre und ist Verursacher von Unwetterkatastrophen: Das ist die gängige Meinung von Klimaforschern – und auch die von Ihnen?

Zwick: Ja. Wir verändern einen natürlichen Strahlungshaushalt dadurch, dass wir über Jahrmillionen gebundenes CO2 in Form von Öl und Kohle jetzt in vergleichsweise kurzer Zeit wieder in den Kreislauf zurückbringen. Das hat rein physikalisch gesehen Folgen. Was wir sicherlich noch nicht verstanden haben, das sind die ganzen Kreisläufe mit ihren Feedbacks in der Natur, daher fällt es uns schwer, die Folgen klar zu definieren. Wir benutzen Modelle, um sie simulieren zu können.

"Die Umsetzung der Theorie hat viel mit Psychologie zu tun"

E&M: Rund drei Viertel der Weltbevölkerung haben keinen Zugang zu einer Energieversorgung wie wir sie kennen: Hilft die Allianz da, etwas zu verändern?

Zwick: Wir haben kein spezielles Energie-Entwicklungsprogramm, aber wir steigen vermehrt in den Bereich Socially Responsible Investments ein. Hier haben wir die Möglichkeit, über Investitionen nachhaltige Technologien zu unterstützen. Wir haben in London eine kleine Gruppe sitzen, die die Vorschläge für Portfolios für Investments im Bereich soziale Verantwortung macht. Die Gruppe arbeitet eng zusammen mit der Vereinigung Grass Roots. Das ist ein Netzwerk von Journalisten auf der ganzen Welt, die vor Ort Unternehmen nach Aspekten wie Menschenrechtsverletzung oder Umweltschutz beobachten. Wenn wir im institutionellen Bereich nachhaltige Geldanlagen anbieten, dann versuchen wir, die Angaben, die Unternehmen über ihre Nachhaltigkeitsperformance machen, so weit wie möglich zu verifizieren.

E&M: Was geht Ihnen zu langsam im Nachhaltigkeitsprozess?

Zwick: Mir geht es eigentlich immer zu langsam. Das hat sicherlich damit zu tun, dass ich vorher in der internationalen Politik in einem Institut für technologische Zukunftsforschung gearbeitet hatte. Ich lerne tagtäglich, dass die Umsetzung der Theorie mit viel Psychologie, aber auch mit der Machbarkeit zu tun hat. Dabei muss man bedenken, dass unsere Strategie auch auf Freiwilligkeit basiert, und wenn jemand nicht mit dem Herzen dabei ist, dann wird der Prozess verlangsamt. Wir müssen also Verbündete sammeln, um das Thema voranzutragen.
 

Samstag, 17.12.2022, 15:43 Uhr
Helmut Sendner
Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren -
Quelle: Fotolia / Galyna Andrushko
E&M Vor 20 Jahren
"Die Schäden bei Windkraftwerken sind einfach so groß geworden"
Die Nachhaltigkeit von Investments ist mittlerweile ein wichtiges Thema in der Finanzwirtschaft. Vor 20 Jahren waren viele Großkonzerne noch bei den ersten Schritten auf diesem Gebiet.
Ende 2002 sprach E&M-Chefredakteur Helmut Sendner mit Astrid Zwick, der Leiterin des Allianz-Büros für Nachhaltige Entwicklung. Die promovierte Geologin und Paläontologin war damals für die internationale Koordination des Sustainable Developments im Finanz- und Versicherungskonzern verantwortlich.
Hier das leicht gekürzte Interview.


 
Astrid Zwick (2002)
Quelle: E&M


E&M: Frau Zwick, was macht eine Frau wie Sie tagesaktuell, wenn es um Entwicklungen der nächsten Jahrzehnte geht?

Zwick: Basisarbeit ist die Sensibilisierung innerhalb der Allianz zum Thema Nachhaltigkeit und die Beratung der Kollegen, wenn es um Handlungsfelder geht wie zum Beispiel den Ausbau eines internationalen Netzwerkes zum Umweltmanagement oder die Weiterentwicklung von Analysekriterien für nachhaltige Geldanlagen im Asset Management. Das kann ich zum Beispiel durch meine Kooperation in Forschungsprojekten zur Entwicklung von Nachhaltigkeitskriterien leisten. Tagesaktuell allerdings bin ich ein Knotenpunkt für interne und externe Anfragen zum Thema Nachhaltigkeit. Ich führe Interviews mit Kollegen durch, um nachhaltige Aktivitäten zu ermitteln oder neues Potenzial zu identifizieren. Von extern kommen Anfragen zur Nachhaltigkeitsperformance der Allianz. Dann muss ich erklären, dass wir immer wieder vor dem Konflikt stehen, Wirtschaftlichkeit mit Umweltaspekten zu verbinden.

Überlegungen zum Wasser- und Energiesparen neu hinzugekommen

E&M: Wenn sich ein Unternehmen wie die Allianz mit Nachhaltigkeit beschäftigt, so erscheint das zunächst als etwas Ehrenhaftes, es kann aber auch reiner Eigennutz sein. Was war der Ursprung: Angst, Eigennutz oder Verantwortung für die Umwelt?

Zwick: So wie die Allianz-Menschen eine Mischung unterschiedlichster Charaktere sind, so hat auch die Beschäftigung mit Nachhaltigkeit unterschiedliche Motive. Dass das Thema Umweltschutz sehr ernst genommen wird, das zeigt sich aber schon daran, dass es seit mehr als zehn Jahren die Allianz Umweltstiftung gibt, die sich außerhalb der reinen Geschäftsprozesse mit ganz unterschiedlichen Umweltschutz-Projekten beschäftigt. Neu hinzugekommen ist seit ein paar Jahren die Überlegung, welche Relevanz hat es für uns als Finanzdienstleister, wenn wir Energie, Wasser, Papier oder andere Materialien sparen.

E&M: Der Finanzdienstleister spart einfach Geld dadurch ...

Zwick: Natürlich geht es um mehr, denn Ratingfirmen und Investoren fragen bei uns nicht nur nach Umweltschutzmaßnahmen, sondern sie interessieren sich auch für ökologische, ethische und soziale Aspekte in den Geschäftsprozessen. Der Fokus Umwelt war uns selbst auch zu eng, es geht uns um den Dreiklang Umwelt, Wirtschaft und Soziales. Und da geht es dann um die Kompatibilität zwischen kurzfristigen wirtschaftlichen und langfristigen Zielen.

E&M: Die Allianz in New York sieht das genauso wie hier in München?

Zwick: Bei uns im Haus läuft gerade eine Doktorarbeit mit dem Thema „Interkulturelle Unterschiede im Verständnis zur Nachhaltigkeit in den einzelnen Allianz-Gruppengesellschaften“, davon wollen wir lernen, wie Nachhaltigkeit in den einzelnen Kulturkreisen verstanden wird. Die Vorgabe von Allianz-Chef Schulte-Noelle ist jedenfalls so, dass wir das Thema international aufgreifen wollen, es ist so eine Art Bindeglied zwischen allen Gruppengesellschaften.

E&M: Ist das Kioto-Protokoll nicht schon etwas Verbindendes auch für die Allianz?

Zwick: Das Kioto-Protokoll ist etwas Regulatives, bei uns im Unternehmen geht es mehr um den Ansatz, freiwillig etwas zu tun. Das geht auch gar nicht anders, weil in den verschiedenen Ländern, in denen wir tätig sind, ganz andere Rahmenbedingungen und auch verschiedene gesetzliche Vorgaben zu beachten sind. Wir müssen auch unterscheiden, was wir intern und was wir extern tun. Wir versuchen einerseits, auf möglichst viele Gruppengesellschaften ein einheitliches Umweltmanagement zu übertragen; andererseits ist die Nachhaltigkeit bei Geldanlagen sehr produktspezifisch und von Markt zu Markt ganz unterschiedlich. Amerikanische Anleger verlangen beispielsweise etwas Anderes als deutsche Anleger. Deshalb müssen wir da flexibel bleiben.

"Es geht um die die Kompatibilität von kurzfristigen wirtschaftlichen und langfristigen Zielen"

E&M: Der Slogan „Hoffentlich Allianz versichert!“ war bei der Flutkatastrophe in Ostdeutschland sicherlich in vieler Munde. Die Versicherer klagen über vermehrte Sturm- und Wasserschäden und interessieren sich deshalb auch seit Jahren für Klimaschutzpolitik. Welchen Einfluss versucht die Allianz da zu nehmen?

Zwick: Wir sind beispielsweise Mitglied im World Business Council for Sustainable Development, wir sind in vielen nationalen und internationalen Organisationen tätig, um das Thema Umwelt/Nachhaltigkeit mitzusteuern. Die Dresdner Bank ist Vertreter der Allianz-Gruppe im United Nations Environment Program und versucht dort in der Arbeitsgruppe Climate Change das Engagement von Finanzdienstleistern zu fördern. Als Versicherer sind wir zum Einen von Klimakatastrophen betroffen, können aber zum Anderen zur Reduktion von klimaschädlichen Treibhausgasen indirekt beitragen und sind auch deshalb daran interessiert, neuen, emissionsarmen Technologien zur Marktreife zu verhelfen.

E&M: Die Produzenten und Betreiber von Windkraftanlagen jammern gerade darüber, dass die Versicherer ständig höhere Prämien wollen oder zur Versicherung gar nicht mehr bereit sind ...

Zwick: Die Schäden bei Windkraftwerken sind einfach so groß geworden, dass man sie nicht mehr versichern konnte. Wir waren aber nicht einfach passiv, sondern aktiv dadurch, dass wir im Allianz-Zentrum für Technik zusammen mit der Industrie ein Forschungsprojekt gestartet haben, um die technischen Probleme bei höherer Belastung und bei den immer größer und empfindlicher werdenden Windturbinen in den Griff zu bekommen.

E&M: Sind Sie mit der rot-grünen Energie-Politik zufrieden?

Zwick: Das wachsende Bewusstsein für ökologische Aspekte ist zweifellos richtig und ich halte eine ausgewogene Politik, die alle Ziele der Nachhaltigkeit beinhaltet für essentiell. Was mir nicht gefällt: Es wird zu oft einfach emotional argumentiert und Zusammenhänge werden nicht ausreichend erklärt, da schreit mein wissenschaftliches Herz. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Ich finde es sehr sinnvoll, wenn man nachhaltige Forstwirtschaft betreibt; finde es aber nicht sinnvoll, wenn man anfängt, Monokulturen oder Kioto-Wälder irgendwo aufzubauen, bloß weil man gehört hat, dass Pflanzen CO2 aufnehmen. Es ist nämlich so, dass angebliche CO2-Senken je nach Jahreszeit, Luftfeuchtigkeit und anderen Faktoren auch zu CO2-Quellen werden können oder dass der Nettobetrag der CO2-Flux null ist. Komplexe Probleme lassen sich nicht durch einen schnellen Beschluss lösen, sondern Beschlüsse müssen nachkorrigiert werden können.

E&M: Der Treibhauseffekt bewirkt eine Temperaturerhöhung in der Erdatmosphäre und ist Verursacher von Unwetterkatastrophen: Das ist die gängige Meinung von Klimaforschern – und auch die von Ihnen?

Zwick: Ja. Wir verändern einen natürlichen Strahlungshaushalt dadurch, dass wir über Jahrmillionen gebundenes CO2 in Form von Öl und Kohle jetzt in vergleichsweise kurzer Zeit wieder in den Kreislauf zurückbringen. Das hat rein physikalisch gesehen Folgen. Was wir sicherlich noch nicht verstanden haben, das sind die ganzen Kreisläufe mit ihren Feedbacks in der Natur, daher fällt es uns schwer, die Folgen klar zu definieren. Wir benutzen Modelle, um sie simulieren zu können.

"Die Umsetzung der Theorie hat viel mit Psychologie zu tun"

E&M: Rund drei Viertel der Weltbevölkerung haben keinen Zugang zu einer Energieversorgung wie wir sie kennen: Hilft die Allianz da, etwas zu verändern?

Zwick: Wir haben kein spezielles Energie-Entwicklungsprogramm, aber wir steigen vermehrt in den Bereich Socially Responsible Investments ein. Hier haben wir die Möglichkeit, über Investitionen nachhaltige Technologien zu unterstützen. Wir haben in London eine kleine Gruppe sitzen, die die Vorschläge für Portfolios für Investments im Bereich soziale Verantwortung macht. Die Gruppe arbeitet eng zusammen mit der Vereinigung Grass Roots. Das ist ein Netzwerk von Journalisten auf der ganzen Welt, die vor Ort Unternehmen nach Aspekten wie Menschenrechtsverletzung oder Umweltschutz beobachten. Wenn wir im institutionellen Bereich nachhaltige Geldanlagen anbieten, dann versuchen wir, die Angaben, die Unternehmen über ihre Nachhaltigkeitsperformance machen, so weit wie möglich zu verifizieren.

E&M: Was geht Ihnen zu langsam im Nachhaltigkeitsprozess?

Zwick: Mir geht es eigentlich immer zu langsam. Das hat sicherlich damit zu tun, dass ich vorher in der internationalen Politik in einem Institut für technologische Zukunftsforschung gearbeitet hatte. Ich lerne tagtäglich, dass die Umsetzung der Theorie mit viel Psychologie, aber auch mit der Machbarkeit zu tun hat. Dabei muss man bedenken, dass unsere Strategie auch auf Freiwilligkeit basiert, und wenn jemand nicht mit dem Herzen dabei ist, dann wird der Prozess verlangsamt. Wir müssen also Verbündete sammeln, um das Thema voranzutragen.
 

Samstag, 17.12.2022, 15:43 Uhr
Helmut Sendner

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