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Energie & Management > Windkraft Offshore - Die Parole auf See heißt:
Bild: vadim petrakov / Fotolia
Windkraft Offshore

Die Parole auf See heißt: "Durchhalten"

Trotz des neuen Windenergie-auf-See-Gesetzes mit ambitonierten Ausbauzielen wird die deutsche Offshore-Windindustrie in den kommenden Jahren vorerst ums Überleben zu kämpfen haben.
Die Zahlen waren seit Monaten bekannt: Im vergangenen Jahr sind vor Deutschlands Küsten lediglich 32 Offshore-Windturbinen mit zusammen 219 MW neu in Betrieb gegangen. Eine wahrlich traurige Bilanz, die noch geschönt ist: Denn der Start beider von der jüngsten Statistik erfassten Projekte, des EnBW-Vorhabens Albatross sowie die zweite Baustufe von Trianels Seekraftwerk Borkum, hätten eigentlich schon 2019 erfolgen sollen – was aber Verzögerungen verhindert haben. Insgesamt sind in deutschen Nord- und Ostseegewässern nun 1.501 Anlagen mit zusammen 7.700 MW in Betrieb.

In diesem Jahr wird nun wirklich keine einzige Offshore-Windturbine in der deutschen Nord- und Ostsee neu in Betrieb gehen. Und die Aussichten für die kommenden Jahre sind auch kaum besser: Für 2022 will RWE Renewables in der Nordsee mit dem 342-MW-Meerwindkraftwerk Kaskasi loslegen, im Jahr darauf folgt der belgische Projektentwickler Parkwind mit Arcadis Ost 1 in der Ostsee – mit einer Leistung von 257 MW auch ein eher kleineres Projekt. Bis 2025 umfasst das von der Politik festgelegt Ausbauvolumen, für das es 2017 und 2018 zwei Ausschreibungsrunden gegeben hatte, lediglich gut 3.100 MW.

Bei einem virtuellen Pressegespräch sprach Pierre Bauer deshalb von „einem fünf-Jahres-Loch, das der deutschen Offshore-Windbranche bevorsteht“. Sein Unternehmen Siemens Gamesa, bei dessen Offshore-Windsparte Bauer für die Finanzen zuständig ist, habe bislang bis 2025 nur einen einzigen Auftrag aus Deutschland vorliegen: nämlich die 38 Anlagen mit 9 MW Generatorleistung für das Projekt Kaskasi.

 
Erst im vergangenen Jahren sind diese Anlagen im Trianel-Meerwindkraftwerk Borkum in Betrieb gegangen
Bild: Ralf Köpke

Die Konsequenz für den hierzulande einzig verbliebenen Hersteller von Offshore-Windturbinen lautet deshalb: „Wir produzieren für den Weltmarkt und setzen voll auf die Internationalisierung.“ In Cuxhaven und im dänischen Brande fertigt Siemens Gamesa derzeit jährlich Windturbinen mit einer Leistung von mehr als 2.000 MW Leistung, so Bauer.

Verstärkt auf den internationalen Markt setzt künftig auch ein mittelständisches Ingenieurbüro wie die B.Offshore GmbH aus Bremerhaven, die das Design für Gründungsstrukturen und Trafostationen entwickelt. „Vom deutschen Markt allein können wir nicht leben“, betonte Geschäftsführer Thomas Pontow bei dem Pressegespräch. Sein Büro beschäftigt 25 Mitarbeiter. Neben dem verstärkten Auslandsengagement will B.Offshore gezielter Aufträge für „Retrofit-, Wartungs- und Betriebsaufgaben“ in den Fokus nehmen.

Der Gang ins Ausland sei allerdings nicht für alle deutschen Unternehmen aus dem Offshore-Sektor möglich, warnte Heike Winkler, Geschäftsführerin des Branchennetzwerkes WAB e.V.: „Wir wollen die komplette Wertschöpfungskette für Offshore-Windenergie in Deutschland halten, was zunehmend schwieriger wird.“ Wie wahr: Nach der Pleite der Ambau-Gruppe gibt es in Deutschland beispielsweise bereits keinen Hersteller von Türmen mehr, die speziell für den Einsatz auf See zusammengeschweißt werden.
 
Ihren Wunsch nach einer zusätzlichen Ausschreibung vor dem Jahr 2025, um für mehr Aufträge zu sorgen, wird die Bundespolitik kaum erfüllen. Die schwarz-roten Regierungsfraktionen hatten sich erst im Spätherbst nach längerem Ringen auf die Änderungen im Windenergie-auf-See-Gesetz verständigt, das für das Jahr 2040 ein Ausbauziel von 40.000 MW sieht. Fragezeichen hinter das Erreichen dieser Zielmarke setzte Stefan Thimm, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Windparkbetreiber Offshore (BWO): „Angesichts der Nutzungskonkurrenz beispielsweise von Fischerei und Naturschutz brauchen wir in den wegweisenden Raumordnungsplänen einen Puffer, damit künftig wirklich genügend Flächen für die Offshore-Windenergie zu Verfügung stehen.“ Noch habe die Politik auch diesen Vorschlag ignoriert.

Für den weiteren Aufbau auf See hat die Bundesregierung in der Offshore-Wind-Novelle als neues Zwischenziel eine Leistung von 20.000 MW bis 2030 vorgesehen. Knapp die Hälfte soll davon in den Jahren 2025 bis 2030 gebaut werden. Angesichts der langen Vorlaufzeiten bei Planungen und Bestellungen der Großkomponenten wird das Gros dieses Zubaus absehbar nur allein auf die Jahre 2029 und 2030 entfallen. Ist dieser Kraftakt machbar? „Wir sind davon überzeugt, dass die 20.000 MW bis Ende dieser Dekade zu schaffen sind“, sagten Thimm und Winkler übereinstimmend bei der Präsentation der jüngsten Ausbau-Statistik. Wie gehabt, in der deutschen Offshore-Windbranche regiert weiterhin das Prinzip Hoffnung.

Donnerstag, 21.01.2021, 16:53 Uhr
Ralf Köpke
Energie & Management > Windkraft Offshore - Die Parole auf See heißt:
Bild: vadim petrakov / Fotolia
Windkraft Offshore
Die Parole auf See heißt: "Durchhalten"
Trotz des neuen Windenergie-auf-See-Gesetzes mit ambitonierten Ausbauzielen wird die deutsche Offshore-Windindustrie in den kommenden Jahren vorerst ums Überleben zu kämpfen haben.
Die Zahlen waren seit Monaten bekannt: Im vergangenen Jahr sind vor Deutschlands Küsten lediglich 32 Offshore-Windturbinen mit zusammen 219 MW neu in Betrieb gegangen. Eine wahrlich traurige Bilanz, die noch geschönt ist: Denn der Start beider von der jüngsten Statistik erfassten Projekte, des EnBW-Vorhabens Albatross sowie die zweite Baustufe von Trianels Seekraftwerk Borkum, hätten eigentlich schon 2019 erfolgen sollen – was aber Verzögerungen verhindert haben. Insgesamt sind in deutschen Nord- und Ostseegewässern nun 1.501 Anlagen mit zusammen 7.700 MW in Betrieb.

In diesem Jahr wird nun wirklich keine einzige Offshore-Windturbine in der deutschen Nord- und Ostsee neu in Betrieb gehen. Und die Aussichten für die kommenden Jahre sind auch kaum besser: Für 2022 will RWE Renewables in der Nordsee mit dem 342-MW-Meerwindkraftwerk Kaskasi loslegen, im Jahr darauf folgt der belgische Projektentwickler Parkwind mit Arcadis Ost 1 in der Ostsee – mit einer Leistung von 257 MW auch ein eher kleineres Projekt. Bis 2025 umfasst das von der Politik festgelegt Ausbauvolumen, für das es 2017 und 2018 zwei Ausschreibungsrunden gegeben hatte, lediglich gut 3.100 MW.

Bei einem virtuellen Pressegespräch sprach Pierre Bauer deshalb von „einem fünf-Jahres-Loch, das der deutschen Offshore-Windbranche bevorsteht“. Sein Unternehmen Siemens Gamesa, bei dessen Offshore-Windsparte Bauer für die Finanzen zuständig ist, habe bislang bis 2025 nur einen einzigen Auftrag aus Deutschland vorliegen: nämlich die 38 Anlagen mit 9 MW Generatorleistung für das Projekt Kaskasi.

 
Erst im vergangenen Jahren sind diese Anlagen im Trianel-Meerwindkraftwerk Borkum in Betrieb gegangen
Bild: Ralf Köpke

Die Konsequenz für den hierzulande einzig verbliebenen Hersteller von Offshore-Windturbinen lautet deshalb: „Wir produzieren für den Weltmarkt und setzen voll auf die Internationalisierung.“ In Cuxhaven und im dänischen Brande fertigt Siemens Gamesa derzeit jährlich Windturbinen mit einer Leistung von mehr als 2.000 MW Leistung, so Bauer.

Verstärkt auf den internationalen Markt setzt künftig auch ein mittelständisches Ingenieurbüro wie die B.Offshore GmbH aus Bremerhaven, die das Design für Gründungsstrukturen und Trafostationen entwickelt. „Vom deutschen Markt allein können wir nicht leben“, betonte Geschäftsführer Thomas Pontow bei dem Pressegespräch. Sein Büro beschäftigt 25 Mitarbeiter. Neben dem verstärkten Auslandsengagement will B.Offshore gezielter Aufträge für „Retrofit-, Wartungs- und Betriebsaufgaben“ in den Fokus nehmen.

Der Gang ins Ausland sei allerdings nicht für alle deutschen Unternehmen aus dem Offshore-Sektor möglich, warnte Heike Winkler, Geschäftsführerin des Branchennetzwerkes WAB e.V.: „Wir wollen die komplette Wertschöpfungskette für Offshore-Windenergie in Deutschland halten, was zunehmend schwieriger wird.“ Wie wahr: Nach der Pleite der Ambau-Gruppe gibt es in Deutschland beispielsweise bereits keinen Hersteller von Türmen mehr, die speziell für den Einsatz auf See zusammengeschweißt werden.
 
Ihren Wunsch nach einer zusätzlichen Ausschreibung vor dem Jahr 2025, um für mehr Aufträge zu sorgen, wird die Bundespolitik kaum erfüllen. Die schwarz-roten Regierungsfraktionen hatten sich erst im Spätherbst nach längerem Ringen auf die Änderungen im Windenergie-auf-See-Gesetz verständigt, das für das Jahr 2040 ein Ausbauziel von 40.000 MW sieht. Fragezeichen hinter das Erreichen dieser Zielmarke setzte Stefan Thimm, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Windparkbetreiber Offshore (BWO): „Angesichts der Nutzungskonkurrenz beispielsweise von Fischerei und Naturschutz brauchen wir in den wegweisenden Raumordnungsplänen einen Puffer, damit künftig wirklich genügend Flächen für die Offshore-Windenergie zu Verfügung stehen.“ Noch habe die Politik auch diesen Vorschlag ignoriert.

Für den weiteren Aufbau auf See hat die Bundesregierung in der Offshore-Wind-Novelle als neues Zwischenziel eine Leistung von 20.000 MW bis 2030 vorgesehen. Knapp die Hälfte soll davon in den Jahren 2025 bis 2030 gebaut werden. Angesichts der langen Vorlaufzeiten bei Planungen und Bestellungen der Großkomponenten wird das Gros dieses Zubaus absehbar nur allein auf die Jahre 2029 und 2030 entfallen. Ist dieser Kraftakt machbar? „Wir sind davon überzeugt, dass die 20.000 MW bis Ende dieser Dekade zu schaffen sind“, sagten Thimm und Winkler übereinstimmend bei der Präsentation der jüngsten Ausbau-Statistik. Wie gehabt, in der deutschen Offshore-Windbranche regiert weiterhin das Prinzip Hoffnung.

Donnerstag, 21.01.2021, 16:53 Uhr
Ralf Köpke

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