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Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Ausgabe

"Die Orders lösen alles aus!"

Im E&M-Gespräch fordert Dennis Rendschmidt vom Fachverband VDMA Power Systems einen perfekten Rahmen für die heimische Windindustrie. Und einen fairen Wettbewerb mit anderen Regionen.
E&M: Herr Rendschmidt, die jüngste Onshore-Windausschreibung im Mai war erstmals wieder unterzeichnet, das Zubautempo im ersten Halbjahr hätte fünfmal so hoch sein müssen, meinen VDMA und Bundesverband Windenergie. Der VDMA hat einige Forderungen abgeleitet, wie man Windparks oder Transporte schneller genehmigen kann. Was kann der Anlagenbau selbst zur Beschleunigung beitragen?

Rendschmidt: Der Anlagenbau kann liefern, wenn bestellt wird. Und er kann die eigenen Lieferketten resilient ausrichten. Die Hersteller und auch die Zulieferer, die in der AG Windindustrie des VDMA organisiert sind und den europäischen Anlagenbau ausmachen, richten sich in erster Linie nach dem Marktvolumen. In der Vergangenheit waren das Problem der Markteinbruch und die steigenden Kosten. Aber wenn der Rahmen stimmt − genug Ausschreibungen, schnellere Genehmigungen von Windenergieanlagen und Schwerlasttransporten, mehr Flächen −, dann wird das höhere Marktvolumen auch bedient werden können. Die Orders lösen alles aus, nicht die ansteigenden Kurven, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck malt − auch wenn sie natürlich ein wichtiges Signal sind. Wir brauchen Bestellungen!

E&M: Die Ausschreibungen sind doch die Grundlage für die Bestellungen und jüngst waren 1.320 Megawatt onshore ausgeschrieben und nur 931 Megawatt wurden zugeschlagen.

Rendschmidt: Der avisierte Ausbau ist ein globales Ereignis. Entsprechend gibt es einen globalen Wettbewerb um Produktionskapazitäten, aber auch um die Errichtungskapazitäten. Wir reden da beispielsweise über Errichtungsschiffe für Offshore-Windenergieanlagen oder über Kräne an Land. Auch hier gibt es erhebliche Engpässe. Der Zubau ist nur dann umsetzbar, wenn alle diese Rahmenbedingungen stimmen und das Ausbauvolumen nachhaltig ist. Stetige und dauerhafte Verlässlichkeit ist wichtig, damit Investitionen stattfinden. Die Hersteller werden dann auch liefern, das ist ganz sicher.
 
Dennis Rendschmidt
​Quelle: VDMA

E&M: Können die On- und Offshore-Projekte überhaupt noch termingerecht beliefert werden? Wenn ich Ihre jüngste Umfrage ansehe, beklagen 87 Prozent der befragten Maschinen- und Anlagenbauer eine ‚substanzielle‘ Störung von Lieferketten durch hohe Energie- und Frachtpreise, Covid-Lockdowns in Schanghai und Personalengpässe. Fürs zweite Halbjahr hoffen nur 44 Prozent, dass sich die Lage wieder bessert. Wird sie sich wirklich bessern?

Rendschmidt: In die Zukunft schauen kann ich leider auch nicht. Aber ich kann sagen, dass das die Erwartungshaltung der Unternehmen ist. Eine gestörte Lieferkette hat verschiedene Gesichtspunkte. Aus unseren Mitgliedsunternehmen ist uns nicht bekannt, dass das Thema Verfügbarkeiten problematisch wäre.
Es gibt allerdings große Herausforderungen bei der Kostenentwicklung. In den Lieferketten sind massive Kostensteigerungen zu beobachten. Beispielsweise hat sich der Stahlpreis pro Tonne in den letzten anderthalb Jahren verdreifacht bis vervierfacht. Für eine durchschnittliche Windenergieanlage an Land kostet dann allein durch diesen Kostenanstieg ein Windturm eine Million Euro mehr. Das heißt, wir werden definitiv liefern, aber die Frage ist: Wie gehen wir mit den gesteigerten Kosten um?

E&M: Stimmen Sie dann in die Klage der Turbinenhersteller ein? Nordex und Siemens Gamesa sagen unabhängig voneinander: ‚Wir sind in einer Sandwich-Position. Wir kriegen höhere Einkaufspreise aufgedrückt und gleichzeitig drücken die Projektierer und Windparkbetreiber die Preise, weil sie bei wettbewerblichen Ausschreibungen gewinnen wollen.‘ Können Sie das nachvollziehen?

Rendschmidt: Das ist zunächst eine zutreffende Beschreibung der Faktenlage. Als die Ausschreibungen eingeführt wurden, war die Prämisse, möglichst kosteneffizient anzubieten. Auf der anderen Seite haben wir etwas nicht berücksichtigt, das uns heute auf die Füße fällt: Zwischen dem Zuschlag und der Errichtung beziehungsweise der Inbetriebnahme einer Windenergieanlage vergehen bis zu 24 Monate − in der Regel geht es schneller, da man nach dem Zuschlag das Projekt realisieren und Erträge erwirtschaften will. Wenn sich in der Realisierungszeit eine massive und sehr schnelle Veränderung auf der Kostenseite ergibt, dann geht das oftmals zulasten der Hersteller, die derzeit Verluste machen. Das Verhältnis von Kosten und Umsätzen ist daher auf jeden Fall eine Debatte wert.

Wertschöpfung in Europa hat ihren Wert: Know-how, Arbeitsplätze, auch eine gewisse Resilienz, wenn Komponenten aus bestimmten Weltregionen nicht verbaut werden sollen. Dann muss uns das auch etwas wert sein, und zwar in Euros.

E&M: Zunächst ist die Reise in Richtung Abbau weitergegangen. Nordex hat Mitte des Jahres sein Rotorblattwerk in Rostock geschlossen, Vestas sein Rotorblattwerk in Lauchhammer Ende 2021. Machen da die Turbinenhersteller alles richtig?

Rendschmidt: Zu internen betriebswirtschaftlichen Entscheidungen einzelner Unternehmen kann ich mich nicht äußern. Was wir sehen, ist: Ausschreibungen und Wettbewerb sind grundsätzlich ein gutes Konzept. Aber wegen des Mangels an Projekten sind die Ausschreibungen oftmals unterzeichnet, weshalb dort kein richtiger Wettbewerb stattfindet. Geringes Marktvolumen und Kostendruck führen dazu, dass eine Investition in neue Produktionsanlagen an einem anderen Standort stattfindet als an dem, für den die Komponenten gebraucht werden. So ein Werk wird normalerweise nicht abgebaut und woanders wieder aufgebaut, sondern es wird ein neues Werk gebaut. Das sind in der Regel Neuinvestitionen.

E&M: Etwa in Indien.

Rendschmidt: Nur ein Beispiel, das passiert auch in Europa. Der Verlust von Know-how, Wertschöpfung, Beschäftigung gefährdet auch die Energieunabhängigkeit Deutschlands und Europas. Und um diesem Trend entgegenzuwirken, braucht es politischen Willen, die richtigen Rahmenbedingungen und eben auch eine neue Balance zwischen Umsatz und Kosten. Das ist eine Diskussion, die ich gerne führen möchte mit der Politik.

E&M: Was hätten Sie da am liebsten? Schnellere Genehmigungen? Eine Preisindexierung beim Zuschlag? Der VDMA ist zum Beispiel gegen EU-Klimazölle.

Rendschmidt: Es gibt verschiedene Konzepte. Ich will versuchen, das ein bisschen auseinanderzunehmen. Wir müssen uns zum einen die Umsätze anschauen. Es ist schon mal gut, dass es jetzt nach oben geht mit den Ausschreibungsmengen ...

E&M: ... am 1. September werden onshore zum dritten Mal in diesem Jahr 1.333 Megawatt ausgeschrieben und im Dezember gibt es einen Nachholtermin über 1.190 Megawatt ...

Rendschmidt: ... denn das führt zu Wettbewerb und dann kriegen wir auch eine andere Dynamik hin. Das Zweite ist: Wir wollen mit der Politik ins Gespräch kommen, in welcher Form eine Preisindizierung umsetzbar ist, insbesondere weil wir diese massiven Kostensteigerungen sehen. Wie das genau aussehen soll, muss mit der Branche diskutiert werden.

Wir sind aber auch für einen fairen Wettbewerb. Das heißt, wenn hier in Europa produziert wird, dann müssen auch europäische Standards bei Arbeits- und Umweltschutz eingehalten werden. Es muss sichergestellt werden, dass Hersteller und Zulieferer aus anderen Weltregionen diese Standards ebenfalls einhalten, wenn sie im europäischen Markt mitspielen. Dann müssten sie diese aus meiner Sicht nachweisen, wenn eine Windenergieanlage nach Europa importiert werden soll. Nur dann kommen die gleichen Kosten ins Spiel. Es wird am Ende ein Mix aus verschiedenen Maßnahmen sein.


E&M: Gleichzeitig ist der VDMA für das Freihandelsabkommen Ceta mit Kanada.

Rendschmidt: Absolut! Ich bin auch nicht dafür, dass man Local Content fordert, also dass in Europa oder in Deutschland produziert werden muss. Das ist nicht freihandelskonform, das ist auch nicht WTO-konform. Es geht vielmehr darum, dass ein Unternehmen aus anderen Regionen der Welt deutlich niedrigere Standards anlegt, zum Beispiel beim Arbeits- oder Umweltschutz, dadurch Kosten spart und dann hier in Europa mit niedrigen Kosten in den Markt kommt. Möglicherweise sogar noch unterstützt durch staatliche Subventionen im Heimatmarkt.

E&M: Wie weit darf das gehen? Bis hin zu Forderungen nach einem Betriebsrat, Frauenförderungsplänen, Frauenquoten?

Rendschmidt: Das muss noch definiert werden und darüber würden wir gerne mit der Politik ins Gespräch kommen. Es kann um Arbeitsschutz, Umweltschutz und um den CO2-Footprint gehen als europaweit harmonisierter Ansatz und nicht als nationale Local-Content-Kriterien. Außerdem muss geklärt werden, ob diese Kriterien bei der Präqualifikation greifen oder beim Zuschlag angewendet werden sollen.

Dennis Rendschmidt
Der promovierte Volkswirt ist seit September 2021 als Nachfolger von Matthias Zelinger − der innerhalb des Verbands wechselte − Geschäftsführer des Fachverbands Power Systems im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Der VDMA Power Systems vertritt die Interessen der Hersteller von Windenergie- und Wasserkraftanlagen, Brennstoffzellen, Gas-/Dampfturbinen und -anlagen sowie Motorenanlagen. Rendschmidt war nach Beratertätigkeit bei AT Kearney von 2012 bis 2018 Abteilungsvize Energie- und Klimapolitik im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), danach leitete er beim Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) den Bereich Politik, Presse und Kommunikation. Der VDMA Power Systems ist ein Partner der internationalen Messe Wind Energy Hamburg. Diese findet vom 27. bis 29. September statt − nach coronabedingt vier Jahren Pause (siehe auch Seite 16).

Freitag, 30.09.2022, 10:19 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Ausgabe -
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Ausgabe
"Die Orders lösen alles aus!"
Im E&M-Gespräch fordert Dennis Rendschmidt vom Fachverband VDMA Power Systems einen perfekten Rahmen für die heimische Windindustrie. Und einen fairen Wettbewerb mit anderen Regionen.
E&M: Herr Rendschmidt, die jüngste Onshore-Windausschreibung im Mai war erstmals wieder unterzeichnet, das Zubautempo im ersten Halbjahr hätte fünfmal so hoch sein müssen, meinen VDMA und Bundesverband Windenergie. Der VDMA hat einige Forderungen abgeleitet, wie man Windparks oder Transporte schneller genehmigen kann. Was kann der Anlagenbau selbst zur Beschleunigung beitragen?

Rendschmidt: Der Anlagenbau kann liefern, wenn bestellt wird. Und er kann die eigenen Lieferketten resilient ausrichten. Die Hersteller und auch die Zulieferer, die in der AG Windindustrie des VDMA organisiert sind und den europäischen Anlagenbau ausmachen, richten sich in erster Linie nach dem Marktvolumen. In der Vergangenheit waren das Problem der Markteinbruch und die steigenden Kosten. Aber wenn der Rahmen stimmt − genug Ausschreibungen, schnellere Genehmigungen von Windenergieanlagen und Schwerlasttransporten, mehr Flächen −, dann wird das höhere Marktvolumen auch bedient werden können. Die Orders lösen alles aus, nicht die ansteigenden Kurven, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck malt − auch wenn sie natürlich ein wichtiges Signal sind. Wir brauchen Bestellungen!

E&M: Die Ausschreibungen sind doch die Grundlage für die Bestellungen und jüngst waren 1.320 Megawatt onshore ausgeschrieben und nur 931 Megawatt wurden zugeschlagen.

Rendschmidt: Der avisierte Ausbau ist ein globales Ereignis. Entsprechend gibt es einen globalen Wettbewerb um Produktionskapazitäten, aber auch um die Errichtungskapazitäten. Wir reden da beispielsweise über Errichtungsschiffe für Offshore-Windenergieanlagen oder über Kräne an Land. Auch hier gibt es erhebliche Engpässe. Der Zubau ist nur dann umsetzbar, wenn alle diese Rahmenbedingungen stimmen und das Ausbauvolumen nachhaltig ist. Stetige und dauerhafte Verlässlichkeit ist wichtig, damit Investitionen stattfinden. Die Hersteller werden dann auch liefern, das ist ganz sicher.
 
Dennis Rendschmidt
​Quelle: VDMA

E&M: Können die On- und Offshore-Projekte überhaupt noch termingerecht beliefert werden? Wenn ich Ihre jüngste Umfrage ansehe, beklagen 87 Prozent der befragten Maschinen- und Anlagenbauer eine ‚substanzielle‘ Störung von Lieferketten durch hohe Energie- und Frachtpreise, Covid-Lockdowns in Schanghai und Personalengpässe. Fürs zweite Halbjahr hoffen nur 44 Prozent, dass sich die Lage wieder bessert. Wird sie sich wirklich bessern?

Rendschmidt: In die Zukunft schauen kann ich leider auch nicht. Aber ich kann sagen, dass das die Erwartungshaltung der Unternehmen ist. Eine gestörte Lieferkette hat verschiedene Gesichtspunkte. Aus unseren Mitgliedsunternehmen ist uns nicht bekannt, dass das Thema Verfügbarkeiten problematisch wäre.
Es gibt allerdings große Herausforderungen bei der Kostenentwicklung. In den Lieferketten sind massive Kostensteigerungen zu beobachten. Beispielsweise hat sich der Stahlpreis pro Tonne in den letzten anderthalb Jahren verdreifacht bis vervierfacht. Für eine durchschnittliche Windenergieanlage an Land kostet dann allein durch diesen Kostenanstieg ein Windturm eine Million Euro mehr. Das heißt, wir werden definitiv liefern, aber die Frage ist: Wie gehen wir mit den gesteigerten Kosten um?

E&M: Stimmen Sie dann in die Klage der Turbinenhersteller ein? Nordex und Siemens Gamesa sagen unabhängig voneinander: ‚Wir sind in einer Sandwich-Position. Wir kriegen höhere Einkaufspreise aufgedrückt und gleichzeitig drücken die Projektierer und Windparkbetreiber die Preise, weil sie bei wettbewerblichen Ausschreibungen gewinnen wollen.‘ Können Sie das nachvollziehen?

Rendschmidt: Das ist zunächst eine zutreffende Beschreibung der Faktenlage. Als die Ausschreibungen eingeführt wurden, war die Prämisse, möglichst kosteneffizient anzubieten. Auf der anderen Seite haben wir etwas nicht berücksichtigt, das uns heute auf die Füße fällt: Zwischen dem Zuschlag und der Errichtung beziehungsweise der Inbetriebnahme einer Windenergieanlage vergehen bis zu 24 Monate − in der Regel geht es schneller, da man nach dem Zuschlag das Projekt realisieren und Erträge erwirtschaften will. Wenn sich in der Realisierungszeit eine massive und sehr schnelle Veränderung auf der Kostenseite ergibt, dann geht das oftmals zulasten der Hersteller, die derzeit Verluste machen. Das Verhältnis von Kosten und Umsätzen ist daher auf jeden Fall eine Debatte wert.

Wertschöpfung in Europa hat ihren Wert: Know-how, Arbeitsplätze, auch eine gewisse Resilienz, wenn Komponenten aus bestimmten Weltregionen nicht verbaut werden sollen. Dann muss uns das auch etwas wert sein, und zwar in Euros.

E&M: Zunächst ist die Reise in Richtung Abbau weitergegangen. Nordex hat Mitte des Jahres sein Rotorblattwerk in Rostock geschlossen, Vestas sein Rotorblattwerk in Lauchhammer Ende 2021. Machen da die Turbinenhersteller alles richtig?

Rendschmidt: Zu internen betriebswirtschaftlichen Entscheidungen einzelner Unternehmen kann ich mich nicht äußern. Was wir sehen, ist: Ausschreibungen und Wettbewerb sind grundsätzlich ein gutes Konzept. Aber wegen des Mangels an Projekten sind die Ausschreibungen oftmals unterzeichnet, weshalb dort kein richtiger Wettbewerb stattfindet. Geringes Marktvolumen und Kostendruck führen dazu, dass eine Investition in neue Produktionsanlagen an einem anderen Standort stattfindet als an dem, für den die Komponenten gebraucht werden. So ein Werk wird normalerweise nicht abgebaut und woanders wieder aufgebaut, sondern es wird ein neues Werk gebaut. Das sind in der Regel Neuinvestitionen.

E&M: Etwa in Indien.

Rendschmidt: Nur ein Beispiel, das passiert auch in Europa. Der Verlust von Know-how, Wertschöpfung, Beschäftigung gefährdet auch die Energieunabhängigkeit Deutschlands und Europas. Und um diesem Trend entgegenzuwirken, braucht es politischen Willen, die richtigen Rahmenbedingungen und eben auch eine neue Balance zwischen Umsatz und Kosten. Das ist eine Diskussion, die ich gerne führen möchte mit der Politik.

E&M: Was hätten Sie da am liebsten? Schnellere Genehmigungen? Eine Preisindexierung beim Zuschlag? Der VDMA ist zum Beispiel gegen EU-Klimazölle.

Rendschmidt: Es gibt verschiedene Konzepte. Ich will versuchen, das ein bisschen auseinanderzunehmen. Wir müssen uns zum einen die Umsätze anschauen. Es ist schon mal gut, dass es jetzt nach oben geht mit den Ausschreibungsmengen ...

E&M: ... am 1. September werden onshore zum dritten Mal in diesem Jahr 1.333 Megawatt ausgeschrieben und im Dezember gibt es einen Nachholtermin über 1.190 Megawatt ...

Rendschmidt: ... denn das führt zu Wettbewerb und dann kriegen wir auch eine andere Dynamik hin. Das Zweite ist: Wir wollen mit der Politik ins Gespräch kommen, in welcher Form eine Preisindizierung umsetzbar ist, insbesondere weil wir diese massiven Kostensteigerungen sehen. Wie das genau aussehen soll, muss mit der Branche diskutiert werden.

Wir sind aber auch für einen fairen Wettbewerb. Das heißt, wenn hier in Europa produziert wird, dann müssen auch europäische Standards bei Arbeits- und Umweltschutz eingehalten werden. Es muss sichergestellt werden, dass Hersteller und Zulieferer aus anderen Weltregionen diese Standards ebenfalls einhalten, wenn sie im europäischen Markt mitspielen. Dann müssten sie diese aus meiner Sicht nachweisen, wenn eine Windenergieanlage nach Europa importiert werden soll. Nur dann kommen die gleichen Kosten ins Spiel. Es wird am Ende ein Mix aus verschiedenen Maßnahmen sein.


E&M: Gleichzeitig ist der VDMA für das Freihandelsabkommen Ceta mit Kanada.

Rendschmidt: Absolut! Ich bin auch nicht dafür, dass man Local Content fordert, also dass in Europa oder in Deutschland produziert werden muss. Das ist nicht freihandelskonform, das ist auch nicht WTO-konform. Es geht vielmehr darum, dass ein Unternehmen aus anderen Regionen der Welt deutlich niedrigere Standards anlegt, zum Beispiel beim Arbeits- oder Umweltschutz, dadurch Kosten spart und dann hier in Europa mit niedrigen Kosten in den Markt kommt. Möglicherweise sogar noch unterstützt durch staatliche Subventionen im Heimatmarkt.

E&M: Wie weit darf das gehen? Bis hin zu Forderungen nach einem Betriebsrat, Frauenförderungsplänen, Frauenquoten?

Rendschmidt: Das muss noch definiert werden und darüber würden wir gerne mit der Politik ins Gespräch kommen. Es kann um Arbeitsschutz, Umweltschutz und um den CO2-Footprint gehen als europaweit harmonisierter Ansatz und nicht als nationale Local-Content-Kriterien. Außerdem muss geklärt werden, ob diese Kriterien bei der Präqualifikation greifen oder beim Zuschlag angewendet werden sollen.

Dennis Rendschmidt
Der promovierte Volkswirt ist seit September 2021 als Nachfolger von Matthias Zelinger − der innerhalb des Verbands wechselte − Geschäftsführer des Fachverbands Power Systems im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Der VDMA Power Systems vertritt die Interessen der Hersteller von Windenergie- und Wasserkraftanlagen, Brennstoffzellen, Gas-/Dampfturbinen und -anlagen sowie Motorenanlagen. Rendschmidt war nach Beratertätigkeit bei AT Kearney von 2012 bis 2018 Abteilungsvize Energie- und Klimapolitik im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), danach leitete er beim Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) den Bereich Politik, Presse und Kommunikation. Der VDMA Power Systems ist ein Partner der internationalen Messe Wind Energy Hamburg. Diese findet vom 27. bis 29. September statt − nach coronabedingt vier Jahren Pause (siehe auch Seite 16).

Freitag, 30.09.2022, 10:19 Uhr
Georg Eble

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