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Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe

"Die Komplexität haben wir im Griff"

Fördermittel sind ein wichtiger Hebel, um die Energiewende vor Ort effektiv voranzutreiben. Was die Akteure benötigen und was sie ausbremst.

Zu den Personen

Professor Markus Brautsch und Professor Raphael Lechner leiten das Institut für Energietechnik IfE GmbH an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden und das Kompetenzzentrum für Kraft-Wärme-Kopplung der Hochschule.
 

„Wir merken eine hohe Bereitschaft und Entschlossenheit sowohl in den Industriebetrieben als auch in den Kommunen und Stadtwerken, das Thema Dekarbonisierung und Transformation über Effizienzsteigerung und den Einsatz erneuerbarer Energien anzupacken“, sagt Professor Markus Brautsch im Gespräch mit E&M. Er ist Leiter des Instituts für Energietechnik IfE GmbH an der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden. Als solcher kennt er die Nöte, Fragen und Bedürfnisse der Kommunen und Betriebe direkt vor Ort.

Seit Jahren betreuen Mitarbeiter des IfE auch Effizienznetzwerke. Außerdem haben sie ein Auge auf die Fördermittel, bereiten die Anträge für die Netzwerkmitglieder vor und informieren bei den Treffen auch immer über neue Möglichkeiten der Bezuschussung. „Die aktuellen Entwicklungen der Energiepreise sind hier sicherlich ein zusätzlicher Beschleuniger“, ergänzt Professor Raphael Lechner, ebenfalls beim IfE und Co-Chef des Kompetenzzentrums für Kraft-Wärme-Kopplung an der OTH Amberg-Weiden. In ihrem Gespräch mit E&M mahnen allerdings beide an, dass zwei wesentliche Faktoren, die Förderpraxis und der Fachkräftemangel, dringend mehr in den Blick genommen werden müssen, damit die Akteure vor Ort − Industriebetriebe, Gemeinden und Städte − weiter die Energiewende vorantreiben können.

Das Hauptaugenmerk vieler Akteure vor Ort habe sich bereits vor einiger Zeit angefangen zu wandeln, erklärt Brautsch: „Noch vor zwei bis fünf Jahren ging es in erster Linie um die Wirtschaftlichkeit und in zweiter Linie kam dann die Frage, welche CO2-Einsparung damit verbunden ist.“ Das habe sich gedreht, so der Professor: „Jetzt priorisiert man sehr häufig nach dem Grad der CO2-Einsparung und hofft am Ende, dass man dabei nicht drauflegt. Große Industriebetriebe wie Continental, Siemens oder auch die bayerische Milchindustrie sind da sehr aktiv, aber auch viele Mittelständler, Brauereien und kleinere Betriebe.“

Augenmerk liegt immer häufiger beim Grad der CO2-Einsparung

Wollen Kommunen und Unternehmen von Klimaschutzmaßnahmen profitieren, müssen sie zunächst Geld in die Hand nehmen. Mit staatlichen Förderprogrammen sinken die Kosten etwa für die energetische Sanierung von Liegenschaften dabei deutlich. In Bayern beispielsweise gebe es seit einigen Jahren „ein hervorragendes Förderprogramm für digitale Energienutzungspläne. Oder auch Transformationskonzepte vom Bund, die man wirklich anerkennen muss“, so Brautsch. „Hier werden Betriebe unterstützt, es wird ihnen eine Planungs-, Dekarbonisierungs- und Investitionsstrategie, ja sogar ein Investitionsleitfaden an die Hand gegeben.“

Sein Kollege Lechner ergänzt, Fördermittel seien dabei nicht nur Mittel zum Zweck. „Ein Projekt wird nie nur wegen der Förderung in Angriff genommen. Im Vordergrund steht immer die Technologie, die funktionieren muss, und die Wirtschaftlichkeit, die gegeben sein muss. Wenn wir als Institut in der Industrie eine Energieversorgung auslegen oder ein innovatives KWK-System wie beispielweise in der bayerischen Stadt Stein, dann muss das für sich funktionieren. Eine Förderung deckt das Delta ab, damit so ein Energiesystem mit den aktuellen, teilweise noch günstigeren Standardlösungen wirtschaftlich mithalten kann.“

In der Förderpraxis sehen sie allerdings Hürden, die es abzubauen gilt. Ein Problem sei, dass die Förderlandschaft in Deutschland geprägt ist von einer Vielzahl unterschiedlicher Förderprogramme von verschiedenen Stellen und Projektträgern − was eine Beantragung ohne Beratung oft nicht mehr möglich mache. „Generell würde ich sagen, dass es ganz ohne institutionelle Unterstützung nicht zu schaffen ist, weder für Kommunen noch für Betriebe“, so Brautsch. Wobei nicht nur die Förderwelt komplex geworden sei, sondern auch die Technologien. „Wie einfach war das vor 20 Jahren, da hat man sich eine Photovoltaikanlage aufs Dach geschnallt und 57 Cent die Kilowattstunde gekriegt, das war leicht. Aber heute ist es sehr kompliziert und vernetzt geworden und das spiegelt sich natürlich auch in den Förderprogrammen. Wir haben aber keine Probleme mit dieser Komplexität oder der Vielfalt.“

Vollbremsungen, Schlenker oder Unterbrechungen

Was allerdings nicht sein kann, ärgert sich Brautsch, ist, wenn bei Förderprogrammen „Vollbremsungen, Schlenker oder Unterbrechungen“ hingelegt werden. „Das ist dann schwierig.“ Lechner ergänzt: „Das sehen wir beispielsweise bei der BEW, der Bundesförderung effiziente Wärmenetze, die ja seit Langem angekündigt ist, sich aber immer wieder verzögert. Investitionen oder Konzepte werden dann teilweise zurückgehalten, weil abgewartet wird, wie die Förderung konkret aussieht.“ Gerade das verzögerte viele Projekte.

„Mir ist hingegen kein Einziger bekannt, der sagen würde, dass zu wenig Geld da ist oder die Förderung zu gering ist. Es braucht aber klare Leitplanken, klare Förderrichtlinien, keine Überraschungen und eine klare Kommunikation“, empfiehlt Lechner. Das würde vielen Verantwortlichen in Betrieben und Kommunen einiges erleichtern und so manches Projekt − ob Effizienzmaßnahmen wie Abwärmenutzung, Erneuerung der Beleuchtung, energetische Rathaussanierung oder Versorgungskonzepte für Quartiere − beschleunigen.

Allerdings laufe bei Fördermitteln nicht alles langsam oder gar schlecht. Brautsch betont, dass gerade die dringend benötigte Forschungsförderung sehr gut funktioniere. „Wir haben speziell die Ausrichtung und die Aufgabe, aus Forschungsprojekten und -ergebnissen Dinge wie Wasserstoff-BHKW oder Ähnliches in die Praxis zu transferieren. Da bekommen wir auch über das Bundesland vielfältige Unterstützung, was die KWK-Forschung, die Energieforschung am Campus anbelangt, und darüber können wir andere Cluster von Forschungsprogrammen über den Technologietransfer nutzen, um es dann auch in die Anwendung zu bringen. Das klappt sehr gut.“

Hier sehen die beiden Experten, die sowohl die Praxis kennen als auch die Hochschulseite, ein weiteres Problem auf die gesamte Energiewirtschaft zurollen, das vieles auszubremsen droht − auch die Umsetzung von geförderten Maßnahmen: „Wenn wir uns Förderprogramme anschauen wie die BEW oder auch die Transformationskonzepte und Technologien, die dort betrachtet werden müssen, dann sind das alles komplexe Themen. Es ist daher leider absehbar, dass wir in einen massiven Engpass an Personal laufen, und zwar sowohl in den Unternehmen als auch auf Seiten der Beratungsfirmen“, mahnt Lechner.

Allein das IfE sei in den vergangenen Jahren von 35 auf derzeit 60 Mitarbeitende angewachsen. „Aber für die Themen Wasserstofftechnik, Digitalisierung oder Sektorenkopplung könnte allein unser Institut 20 Leute mehr gebrauchen“, ergänzt Brautsch. Das IfE als An-Institut der OTH Amberg-Weiden sei gut aufgestellt, trotzdem bemerkten sogar sie den Fachkräftemangel.

Raphael Lechner: „Wir laufen in einen massiven Personalengpass“

Zudem müssten Hochschulen immer schneller reagieren: „Ich weiß gar nicht, in welch kurzen Intervallen wir die Studiengänge neu ausrichten oder auch ganz neue Studiengänge entwickeln, weil sich das Bedarfsprofil einfach sehr schnell verändert. Der Bund klatscht zweimal in die Hände und sagt, jede Gemeinde kann mit einem Klimaschutzmanager beglückt werden − aber wo sollen in Deutschland auf einmal 5.000 Klimaschutzmanager herkommen?“, so Brautsch. Wobei dies an der Stelle noch leicht zu lösen sei, aber wenn es in Bereiche wie künstliche Intelligenz gehe, dann stehe die Branche vor großen Problemen.

Auch wenn die Politik dafür kaum etwas könne, so die Professoren. Die Begeisterung für die MINT-Fächer nehme außerdem ab statt zu. Das sei umso mehr verwunderlich, da das Thema Klimaschutz bei der Jugend enorm sei. „Und es müsste jedem klar sein, dass ein Hauptinstrument für den Klimaschutz die Technologie ist. Energie, CO2 sind nun mal technologiebedingt, darum überrascht mich das sehr, wenn man diese Begeisterung und den Einsatz der Jugend für den Klimaschutz betrachtet.“

Jedoch würde man seitens der Hochschule einiges unternehmen, um die Studiengänge noch attraktiver zu machen. Lechner: „Wir haben unsere Studiengänge reformiert, die Ausbildungsinhalte angepasst, wir haben einen neuen Bachelor Energietechnik, Energieeffizienz und Klimaschutz, der also genau diese Themen adressiert, und wir haben einen International Energy Master eingeführt, der englischsprachig ist und damit auch für internationale Bewerber offensteht, und da sehen wir durchaus erfreuliche Bewerberzahlen.“

Es sei jedoch leider absehbar, dass in den nächsten Jahren ein akuter Mangel bestehen bleibt. „Denn so schnell kann man die Leute nicht qualifizieren oder ausbilden, von daher sehen wir wirklich ein großes Fachkräfteproblem, das sich nicht nur auf die Klimaschutzmanager bezieht oder auf die Ingenieure, sondern auch auf die Handwerker, die die Systeme bauen müssen“, ist sich Lechner sicher. Daher sei es umso wichtiger, dass man sich auf Fördermittelzusagen verlassen kann − ohne kuriose Schlenker seitens des Gesetzgebers. E&M

 
Professor Markus Brautsch
Quelle: Heinz Wraneschitz
 
Professor Raphael Lechner
Quelle: OTH Amberg-Weiden

Donnerstag, 14.04.2022, 08:45 Uhr
Heidi Roider
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe -
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe
"Die Komplexität haben wir im Griff"
Fördermittel sind ein wichtiger Hebel, um die Energiewende vor Ort effektiv voranzutreiben. Was die Akteure benötigen und was sie ausbremst.

Zu den Personen

Professor Markus Brautsch und Professor Raphael Lechner leiten das Institut für Energietechnik IfE GmbH an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden und das Kompetenzzentrum für Kraft-Wärme-Kopplung der Hochschule.
 

„Wir merken eine hohe Bereitschaft und Entschlossenheit sowohl in den Industriebetrieben als auch in den Kommunen und Stadtwerken, das Thema Dekarbonisierung und Transformation über Effizienzsteigerung und den Einsatz erneuerbarer Energien anzupacken“, sagt Professor Markus Brautsch im Gespräch mit E&M. Er ist Leiter des Instituts für Energietechnik IfE GmbH an der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden. Als solcher kennt er die Nöte, Fragen und Bedürfnisse der Kommunen und Betriebe direkt vor Ort.

Seit Jahren betreuen Mitarbeiter des IfE auch Effizienznetzwerke. Außerdem haben sie ein Auge auf die Fördermittel, bereiten die Anträge für die Netzwerkmitglieder vor und informieren bei den Treffen auch immer über neue Möglichkeiten der Bezuschussung. „Die aktuellen Entwicklungen der Energiepreise sind hier sicherlich ein zusätzlicher Beschleuniger“, ergänzt Professor Raphael Lechner, ebenfalls beim IfE und Co-Chef des Kompetenzzentrums für Kraft-Wärme-Kopplung an der OTH Amberg-Weiden. In ihrem Gespräch mit E&M mahnen allerdings beide an, dass zwei wesentliche Faktoren, die Förderpraxis und der Fachkräftemangel, dringend mehr in den Blick genommen werden müssen, damit die Akteure vor Ort − Industriebetriebe, Gemeinden und Städte − weiter die Energiewende vorantreiben können.

Das Hauptaugenmerk vieler Akteure vor Ort habe sich bereits vor einiger Zeit angefangen zu wandeln, erklärt Brautsch: „Noch vor zwei bis fünf Jahren ging es in erster Linie um die Wirtschaftlichkeit und in zweiter Linie kam dann die Frage, welche CO2-Einsparung damit verbunden ist.“ Das habe sich gedreht, so der Professor: „Jetzt priorisiert man sehr häufig nach dem Grad der CO2-Einsparung und hofft am Ende, dass man dabei nicht drauflegt. Große Industriebetriebe wie Continental, Siemens oder auch die bayerische Milchindustrie sind da sehr aktiv, aber auch viele Mittelständler, Brauereien und kleinere Betriebe.“

Augenmerk liegt immer häufiger beim Grad der CO2-Einsparung

Wollen Kommunen und Unternehmen von Klimaschutzmaßnahmen profitieren, müssen sie zunächst Geld in die Hand nehmen. Mit staatlichen Förderprogrammen sinken die Kosten etwa für die energetische Sanierung von Liegenschaften dabei deutlich. In Bayern beispielsweise gebe es seit einigen Jahren „ein hervorragendes Förderprogramm für digitale Energienutzungspläne. Oder auch Transformationskonzepte vom Bund, die man wirklich anerkennen muss“, so Brautsch. „Hier werden Betriebe unterstützt, es wird ihnen eine Planungs-, Dekarbonisierungs- und Investitionsstrategie, ja sogar ein Investitionsleitfaden an die Hand gegeben.“

Sein Kollege Lechner ergänzt, Fördermittel seien dabei nicht nur Mittel zum Zweck. „Ein Projekt wird nie nur wegen der Förderung in Angriff genommen. Im Vordergrund steht immer die Technologie, die funktionieren muss, und die Wirtschaftlichkeit, die gegeben sein muss. Wenn wir als Institut in der Industrie eine Energieversorgung auslegen oder ein innovatives KWK-System wie beispielweise in der bayerischen Stadt Stein, dann muss das für sich funktionieren. Eine Förderung deckt das Delta ab, damit so ein Energiesystem mit den aktuellen, teilweise noch günstigeren Standardlösungen wirtschaftlich mithalten kann.“

In der Förderpraxis sehen sie allerdings Hürden, die es abzubauen gilt. Ein Problem sei, dass die Förderlandschaft in Deutschland geprägt ist von einer Vielzahl unterschiedlicher Förderprogramme von verschiedenen Stellen und Projektträgern − was eine Beantragung ohne Beratung oft nicht mehr möglich mache. „Generell würde ich sagen, dass es ganz ohne institutionelle Unterstützung nicht zu schaffen ist, weder für Kommunen noch für Betriebe“, so Brautsch. Wobei nicht nur die Förderwelt komplex geworden sei, sondern auch die Technologien. „Wie einfach war das vor 20 Jahren, da hat man sich eine Photovoltaikanlage aufs Dach geschnallt und 57 Cent die Kilowattstunde gekriegt, das war leicht. Aber heute ist es sehr kompliziert und vernetzt geworden und das spiegelt sich natürlich auch in den Förderprogrammen. Wir haben aber keine Probleme mit dieser Komplexität oder der Vielfalt.“

Vollbremsungen, Schlenker oder Unterbrechungen

Was allerdings nicht sein kann, ärgert sich Brautsch, ist, wenn bei Förderprogrammen „Vollbremsungen, Schlenker oder Unterbrechungen“ hingelegt werden. „Das ist dann schwierig.“ Lechner ergänzt: „Das sehen wir beispielsweise bei der BEW, der Bundesförderung effiziente Wärmenetze, die ja seit Langem angekündigt ist, sich aber immer wieder verzögert. Investitionen oder Konzepte werden dann teilweise zurückgehalten, weil abgewartet wird, wie die Förderung konkret aussieht.“ Gerade das verzögerte viele Projekte.

„Mir ist hingegen kein Einziger bekannt, der sagen würde, dass zu wenig Geld da ist oder die Förderung zu gering ist. Es braucht aber klare Leitplanken, klare Förderrichtlinien, keine Überraschungen und eine klare Kommunikation“, empfiehlt Lechner. Das würde vielen Verantwortlichen in Betrieben und Kommunen einiges erleichtern und so manches Projekt − ob Effizienzmaßnahmen wie Abwärmenutzung, Erneuerung der Beleuchtung, energetische Rathaussanierung oder Versorgungskonzepte für Quartiere − beschleunigen.

Allerdings laufe bei Fördermitteln nicht alles langsam oder gar schlecht. Brautsch betont, dass gerade die dringend benötigte Forschungsförderung sehr gut funktioniere. „Wir haben speziell die Ausrichtung und die Aufgabe, aus Forschungsprojekten und -ergebnissen Dinge wie Wasserstoff-BHKW oder Ähnliches in die Praxis zu transferieren. Da bekommen wir auch über das Bundesland vielfältige Unterstützung, was die KWK-Forschung, die Energieforschung am Campus anbelangt, und darüber können wir andere Cluster von Forschungsprogrammen über den Technologietransfer nutzen, um es dann auch in die Anwendung zu bringen. Das klappt sehr gut.“

Hier sehen die beiden Experten, die sowohl die Praxis kennen als auch die Hochschulseite, ein weiteres Problem auf die gesamte Energiewirtschaft zurollen, das vieles auszubremsen droht − auch die Umsetzung von geförderten Maßnahmen: „Wenn wir uns Förderprogramme anschauen wie die BEW oder auch die Transformationskonzepte und Technologien, die dort betrachtet werden müssen, dann sind das alles komplexe Themen. Es ist daher leider absehbar, dass wir in einen massiven Engpass an Personal laufen, und zwar sowohl in den Unternehmen als auch auf Seiten der Beratungsfirmen“, mahnt Lechner.

Allein das IfE sei in den vergangenen Jahren von 35 auf derzeit 60 Mitarbeitende angewachsen. „Aber für die Themen Wasserstofftechnik, Digitalisierung oder Sektorenkopplung könnte allein unser Institut 20 Leute mehr gebrauchen“, ergänzt Brautsch. Das IfE als An-Institut der OTH Amberg-Weiden sei gut aufgestellt, trotzdem bemerkten sogar sie den Fachkräftemangel.

Raphael Lechner: „Wir laufen in einen massiven Personalengpass“

Zudem müssten Hochschulen immer schneller reagieren: „Ich weiß gar nicht, in welch kurzen Intervallen wir die Studiengänge neu ausrichten oder auch ganz neue Studiengänge entwickeln, weil sich das Bedarfsprofil einfach sehr schnell verändert. Der Bund klatscht zweimal in die Hände und sagt, jede Gemeinde kann mit einem Klimaschutzmanager beglückt werden − aber wo sollen in Deutschland auf einmal 5.000 Klimaschutzmanager herkommen?“, so Brautsch. Wobei dies an der Stelle noch leicht zu lösen sei, aber wenn es in Bereiche wie künstliche Intelligenz gehe, dann stehe die Branche vor großen Problemen.

Auch wenn die Politik dafür kaum etwas könne, so die Professoren. Die Begeisterung für die MINT-Fächer nehme außerdem ab statt zu. Das sei umso mehr verwunderlich, da das Thema Klimaschutz bei der Jugend enorm sei. „Und es müsste jedem klar sein, dass ein Hauptinstrument für den Klimaschutz die Technologie ist. Energie, CO2 sind nun mal technologiebedingt, darum überrascht mich das sehr, wenn man diese Begeisterung und den Einsatz der Jugend für den Klimaschutz betrachtet.“

Jedoch würde man seitens der Hochschule einiges unternehmen, um die Studiengänge noch attraktiver zu machen. Lechner: „Wir haben unsere Studiengänge reformiert, die Ausbildungsinhalte angepasst, wir haben einen neuen Bachelor Energietechnik, Energieeffizienz und Klimaschutz, der also genau diese Themen adressiert, und wir haben einen International Energy Master eingeführt, der englischsprachig ist und damit auch für internationale Bewerber offensteht, und da sehen wir durchaus erfreuliche Bewerberzahlen.“

Es sei jedoch leider absehbar, dass in den nächsten Jahren ein akuter Mangel bestehen bleibt. „Denn so schnell kann man die Leute nicht qualifizieren oder ausbilden, von daher sehen wir wirklich ein großes Fachkräfteproblem, das sich nicht nur auf die Klimaschutzmanager bezieht oder auf die Ingenieure, sondern auch auf die Handwerker, die die Systeme bauen müssen“, ist sich Lechner sicher. Daher sei es umso wichtiger, dass man sich auf Fördermittelzusagen verlassen kann − ohne kuriose Schlenker seitens des Gesetzgebers. E&M

 
Professor Markus Brautsch
Quelle: Heinz Wraneschitz
 
Professor Raphael Lechner
Quelle: OTH Amberg-Weiden

Donnerstag, 14.04.2022, 08:45 Uhr
Heidi Roider

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