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Energie & Management > Europäische Union - Die EU will kein russisches Öl mehr kaufen
Quelle: Shutterstock / pan demin
Europäische Union

Die EU will kein russisches Öl mehr kaufen

Die EU-Kommission hat ein sechstes Sanktionspaket vorgelegt, mit dem die russische Wirtschaft weiter isoliert werden soll.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte die neuen Maßnahmen am 4. Mai im Europäischen Parlament in Straßburg an. Die Kommission hatte ihre Vorschläge zuvor den Ständigen Vertretern der Mitgliedsstaaten in Brüssel zugeleitet, die noch in dieser Woche darüber entscheiden und das Embargo in Kraft setzen könnten. Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.

Die Kommission schlage vor, nach den Kohleimporten aus Russland in den kommenden Monaten auch alle Ölimporte einzustellen, sagte die Kommissionspräsidentin. Das gelte sowohl für Lieferungen über Pipelines als auch mit Tankern, für Rohöl und für verarbeitete Ölprodukte. Die Umsetzung des Ölembargos werde nicht einfach, räumte von der Leyen ein, weil einzelne Mitgliedsstaaten stark abhängig von russischem Öl seien. "Wir werden aber sicherstellen, dass wir den Verbrauch russischen Öls geordnet zurückfahren, sodass wir und unsere Partner Alternativen aufbauen können und die Auswirkungen auf den Weltmarkt minimiert werden."

Die Rohölimporte sollen in spätestens sechs Monaten eingestellt werden, verarbeitete Produkte dürften noch bis Ende des Jahres eingeführt werden. Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine hat die EU nach Angaben des Zentrums für Energieforschung (CREA) fossile Brennstoffe für 44 Mrd.Euro aus Russland eingeführt. Das waren rund zwei Drittel der russischen Exporte in diesem Bereich. Gegen einen schnellen Importstopp für russisches Öl hatten sich in den vergangenen Tagen die ungarische und die slowakische Regierung ausgesprochen, deren Länder fast vollständig von russischen Lieferungen abhängig sind. Sie sollen durch die Ãœbergangsfrist bis Ende des Jahres von den neuen Maßnahmen überzeugt werden. Dem Vernehmen nach sind weitere Sonderregelungen für Ungarn und die Slowakei vorgesehen.

Weitere Banken vom Swift-System ausgeschlossen

Darüber hinaus werden die russische Sberbank und zwei weitere Kreditinstitute vom Swift-System ausgeschlossen sowie Sanktionen gegen hohe Militärs verhängt, denen die EU vorwirft, an Kriegsverbrechen in der Ukraine beteiligt zu sein. Mit den Maßnahmen werde Russland weiter vom globalen Wirtschaftssystem isoliert, sagte von der Leyen weiter. Russland verliere damit die Fähigkeit, seine Wirtschaft zu diversifizieren und zu modernisieren.

"Wir wollen, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt." Für die Zeit danach kündigte die Kommissionspräsidentin ein massives Investitionsprogramm zum Wiederaufbau des Landes an. Es gehe nicht nur darum, die zerstörte Infrastruktur instand zu setzen, sondern auch darum, die Schwachstellen der ukrainischen Wirtschaft zu beseitigen und notwendige Reformen umzusetzen. Die Ukraine werde ein interessanter Standort für Investitionen und könne sich so auf eine Zukunft in der EU vorbereiten.

Das Ölembargo sei der "folgerichtige nächste Schritt", um die "Sanktionsschraube" weiter anzuziehen, sagten die Sprecher der deutschen EVP-Abgeordneten, Angelika Niebler (CSU) und Daniel Caspary (CDU): "Wir wollen Putin dort treffen, wo es am meisten weh tut." Die Mitgliedsstaaten seien jetzt zu besonderer Solidarität aufgerufen. Auch die Grünen begrüßten den Vorschlag der Kommission. Die Abgeordnete Jutta Paulus verlangte, mit dem nächsten Sanktionspaket auch den Import von Uran und Nukleartechnologie aus Russland zu verbieten. Der Sprecher der SPD, Jens Geier, sieht im Ölembargo "das richtige Signal nach Moskau". Es sei auch richtig gewesen, die Entscheidung gut vorzubereiten und "kontraproduktive Nebenwirkungen" zu berücksichtigen.

​Nicht absehbare Folgen

Die Folgen des Ölembargos sind derzeit nicht absehbar. Der Mineralöl-Wirtschaftsverband hält solche Folgen zwar für "wahrscheinlich", die Markt- und Preisentwicklung hänge jedoch von vielen Faktoren ab. Der Energieexperte des Kieler Institutes für Wirtschaftsforschung, Klaus-Jürgen Gern, geht dagegen davon aus, dass die schrittweise Abkehr von russischem Öl, die bereits angekündigt worden sei, in den derzeit hohen Preisen schon berücksichtigt ist.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bezifferte den Anteil des russischen Öls an der deutschen Versorgung mit zuletzt 12 %. Dabei handelt es sich um die Versorgung der Ölraffinerie in Schwedt, die über eine direkte Pipeline aus Russland versorgt wird. Eine Umstellung auf anderes Öl wäre dort zwar möglich, aber mit hohen Kosten verbunden.

Mittwoch, 4.05.2022, 15:22 Uhr
Tom Weingärtner
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Quelle: Shutterstock / pan demin
Europäische Union
Die EU will kein russisches Öl mehr kaufen
Die EU-Kommission hat ein sechstes Sanktionspaket vorgelegt, mit dem die russische Wirtschaft weiter isoliert werden soll.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte die neuen Maßnahmen am 4. Mai im Europäischen Parlament in Straßburg an. Die Kommission hatte ihre Vorschläge zuvor den Ständigen Vertretern der Mitgliedsstaaten in Brüssel zugeleitet, die noch in dieser Woche darüber entscheiden und das Embargo in Kraft setzen könnten. Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.

Die Kommission schlage vor, nach den Kohleimporten aus Russland in den kommenden Monaten auch alle Ölimporte einzustellen, sagte die Kommissionspräsidentin. Das gelte sowohl für Lieferungen über Pipelines als auch mit Tankern, für Rohöl und für verarbeitete Ölprodukte. Die Umsetzung des Ölembargos werde nicht einfach, räumte von der Leyen ein, weil einzelne Mitgliedsstaaten stark abhängig von russischem Öl seien. "Wir werden aber sicherstellen, dass wir den Verbrauch russischen Öls geordnet zurückfahren, sodass wir und unsere Partner Alternativen aufbauen können und die Auswirkungen auf den Weltmarkt minimiert werden."

Die Rohölimporte sollen in spätestens sechs Monaten eingestellt werden, verarbeitete Produkte dürften noch bis Ende des Jahres eingeführt werden. Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine hat die EU nach Angaben des Zentrums für Energieforschung (CREA) fossile Brennstoffe für 44 Mrd.Euro aus Russland eingeführt. Das waren rund zwei Drittel der russischen Exporte in diesem Bereich. Gegen einen schnellen Importstopp für russisches Öl hatten sich in den vergangenen Tagen die ungarische und die slowakische Regierung ausgesprochen, deren Länder fast vollständig von russischen Lieferungen abhängig sind. Sie sollen durch die Ãœbergangsfrist bis Ende des Jahres von den neuen Maßnahmen überzeugt werden. Dem Vernehmen nach sind weitere Sonderregelungen für Ungarn und die Slowakei vorgesehen.

Weitere Banken vom Swift-System ausgeschlossen

Darüber hinaus werden die russische Sberbank und zwei weitere Kreditinstitute vom Swift-System ausgeschlossen sowie Sanktionen gegen hohe Militärs verhängt, denen die EU vorwirft, an Kriegsverbrechen in der Ukraine beteiligt zu sein. Mit den Maßnahmen werde Russland weiter vom globalen Wirtschaftssystem isoliert, sagte von der Leyen weiter. Russland verliere damit die Fähigkeit, seine Wirtschaft zu diversifizieren und zu modernisieren.

"Wir wollen, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt." Für die Zeit danach kündigte die Kommissionspräsidentin ein massives Investitionsprogramm zum Wiederaufbau des Landes an. Es gehe nicht nur darum, die zerstörte Infrastruktur instand zu setzen, sondern auch darum, die Schwachstellen der ukrainischen Wirtschaft zu beseitigen und notwendige Reformen umzusetzen. Die Ukraine werde ein interessanter Standort für Investitionen und könne sich so auf eine Zukunft in der EU vorbereiten.

Das Ölembargo sei der "folgerichtige nächste Schritt", um die "Sanktionsschraube" weiter anzuziehen, sagten die Sprecher der deutschen EVP-Abgeordneten, Angelika Niebler (CSU) und Daniel Caspary (CDU): "Wir wollen Putin dort treffen, wo es am meisten weh tut." Die Mitgliedsstaaten seien jetzt zu besonderer Solidarität aufgerufen. Auch die Grünen begrüßten den Vorschlag der Kommission. Die Abgeordnete Jutta Paulus verlangte, mit dem nächsten Sanktionspaket auch den Import von Uran und Nukleartechnologie aus Russland zu verbieten. Der Sprecher der SPD, Jens Geier, sieht im Ölembargo "das richtige Signal nach Moskau". Es sei auch richtig gewesen, die Entscheidung gut vorzubereiten und "kontraproduktive Nebenwirkungen" zu berücksichtigen.

​Nicht absehbare Folgen

Die Folgen des Ölembargos sind derzeit nicht absehbar. Der Mineralöl-Wirtschaftsverband hält solche Folgen zwar für "wahrscheinlich", die Markt- und Preisentwicklung hänge jedoch von vielen Faktoren ab. Der Energieexperte des Kieler Institutes für Wirtschaftsforschung, Klaus-Jürgen Gern, geht dagegen davon aus, dass die schrittweise Abkehr von russischem Öl, die bereits angekündigt worden sei, in den derzeit hohen Preisen schon berücksichtigt ist.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bezifferte den Anteil des russischen Öls an der deutschen Versorgung mit zuletzt 12 %. Dabei handelt es sich um die Versorgung der Ölraffinerie in Schwedt, die über eine direkte Pipeline aus Russland versorgt wird. Eine Umstellung auf anderes Öl wäre dort zwar möglich, aber mit hohen Kosten verbunden.

Mittwoch, 4.05.2022, 15:22 Uhr
Tom Weingärtner

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