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Energie & Management > Regenerative -
Quelle: Fotolia / Jürgen Fälchle
Regenerative

"Die deutsche Erneuerbaren-Branche ist relativ verwöhnt"

Erneuerbaren-Verbände fordern, dass der Staat den Zubau stärker subventioniert. Die Energiewende brauche aber als gleichwertige Säule den Markt, sagt PPA-Spezialist Jens Hollstein E&M
In diesem Jahr steigen erstmals seit gut zwei Jahrzehnten die maximalen Fördersätze für große grüne Kraftwerke auf breiter Front: Die Ampelkoalition beschloss Mitte Dezember im Strompreisbremsengesetz, dass die Netzagentur bei den 2023er-Ausschreibungen die bisherigen Höchstsätze um bis zu 25 Prozent erhöhen darf. Davon machte die Behörde sogleich bei Windenergie an Land sowie bei Aufdach-Solaranlagen Gebrauch.

Der Höchstwert für die Onshore-Ausschreibungen 2023 kletterte damit auf 7,35 Cent/kWh. Das ist teilweise mehr als die fixen Vergütungssätze vor 23 Jahren. Bei größerer Dach-PV stieg der maximale Zuschlagswert auf 11,25 Cent/kWh, bei noch größerer Freiflächen-PV auf 7,37 Cent/kWh. Bei Biomasse und Biomethan sollen höhere Garantie-Stromabnahmepreise ebenfalls folgen.

Dafür hatte die deutsche Erneuerbaren-Branche gekämpft und damit im Energieausschuss des Bundestages Erfolg gehabt. Ihre Argumente: Der Erneuerbaren-Zubau bleibt unter dem gesetzlichen Ausbaupfad, und die meisten Ausschreibungen bei PV und Onshore waren 2022 unterzeichnet, weil die Rohstoff-, Fracht-, Energie- und Zinskosten, um solche Parks zu errichten, in der Energiekrise stiegen, während die Höchstwerte stabil blieben.

Mit dem Erreichten ist der Bundesverband Windenergie (BWE) nicht zufrieden. Dessen Geschäftsführer Wolfram Axthelm forderte am 20. Januar in einer Videobotschaft an Mitglieder des Fachverbandes erneut, die niedrigeren Onshore-Zuschlagswerte von 2021 an die Kostenentwicklung zu indexieren, wenn sie, aus welchen Gründen auch immer, noch nicht errichtet sind. Dies soll die Projektierer anreizen, dies doch zu tun.

Es drohe andernfalls, dass Zuschläge nach zweieinhalb Jahren ersatzlos verfallen oder die Projektentwickler für dieselben Standorte nochmal neu die immissionsrechtliche Genehmigung und die Ausschreibung durchlaufen. Im einen Fall bleibt ein Teil des ohnehin schon für mager, aber wenigstens für sicher gehaltenen Zubaus aus, im anderen verzögert er sich, so das Argument.

Zudem sollten die 7,35 Cent, die nur für Ausschreibungs-Anlagen gelten, auf Bürgerenergie- und Pilotenergieanlagen ausgeweitet werden.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hatte zudem den Verwaltungsrat der Förderbank KfW aufgefordert, Gelder an Erneuerbaren-Projektierer nicht mehr nur "auf Marktniveau" zu vergeben, sondern gemäß einem staatlichen Energiewende-Auftrag zu günstigeren Konditionen.

 
Jens Hollstein
Quelle: Pexapark

​Was Jens Hollstein sagt

Förderung sei eine unverzichtbare Säule der Energiewende, sagt auch Jens Hollstein (48) zu E&M. Er ist Vice President Advisory bei Pexapark, einem Schweizer IT-, Daten- und Beratungsunternehmen, das auf Power Purchase Agreements (PPA) spezialisiert ist und mit "Pexaquote" eine der Benchmarks für PPA-Preise in Europa und den USA anbietet.

Nach Hollsteins Ansicht braucht die Energiewende vielmehr einen Mix aus marktgetriebenem Zubau − vor allem über PPA − und Förderung. Für die kleine Aufdach-PV etwa ist der aktuelle PPA-Markt “nicht standardisiert genug", meint er. PPA wiederum erschlössen ein Potenzial, das "den Steuerzahler nichts kostet".

​Nachbarn zahlen dafür, Offshoreparks zu errichten

Ein Beispiel aus dem nahen Ausland zeige die Bereitschaft der Branche, auch Risiken zu tragen: In der jüngsten dänischen CfD-Offshore-Ausschreibung im Herbst 2021 hätten fünf von sechs Bietern 0 Euro/MWh geboten und gleichzeitig zugesagt, rund 400 Millionen Euro in den ersten Betriebsjahren zu zahlen "für die Chance, an jenem Standort zu investieren und den Strom dann selbst zu vermarkten", sagt Hollstein mit Bezug auf die Differenzverträge (CfD), mit denen in Dänemark und anderen Staaten außerhalb Deutschlands Erzeugungs-Projekte gefördert werden.

"Onshore-Anlagen sind tendenziell günstiger"

"Wenn man bedenkt, dass Onshore-Anlagen tendenziell günstiger sind als Offshore-Anlagen", meint Hollstein, “sollte auch der Wind-onshore-Bereich in den kommenden Jahren in der Lage sein, − wie die großen Solaranlagen und Offshorewind-Anlagen − vermehrt im Markt zu bestehen: Die deutsche Erneuerbaren-Branche ist da relativ verwöhnt." Ihr würden Abnahmepreise über 20 Jahre plus Inbetriebnahme-Jahr garantiert, während sich die Kollegen in Skandinavien längst im Markt behaupten müssten. Hollstein sieht die Hauptursachen für den langsamen Ausbau vielmehr in den zähen Genehmigungen sowie den Lieferketten-Problemen, warum Deutschland seine eigenen Ausbaupfade in den Ausschreibungen verfehlt.

In der gedruckten Ausgabe von Energie & Management, die am 1. Februar erscheint,
  • gibt Jens Hollstein eine Kurzanalyse, wie sich die deutsche Variante der EU-Stromerlösabschöpfung auf den Markt der Power Purchase Agreements (PPA) auswirkt,
  • nennt die Kraftwerks-Technologie, die sich mit PPA am dynamischsten entwickelt,
  • und gibt einen Ausblick auf den PPA-Markt 2023.
Pexapark war 2022 Jens Hollstein zufolge allein in Deutschland bei mehr als 300 MW Photovoltaik-Projekten beratend tätig.

In dem E&M-Bericht gibt die PPA-Plattform Re-Source zudem das Vertragsvolumen und die Anzahl der Verträge im vorigen Jahr in Deutschland und Europa bekannt.

Mittwoch, 1.02.2023, 10:52 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Regenerative -
Quelle: Fotolia / Jürgen Fälchle
Regenerative
"Die deutsche Erneuerbaren-Branche ist relativ verwöhnt"
Erneuerbaren-Verbände fordern, dass der Staat den Zubau stärker subventioniert. Die Energiewende brauche aber als gleichwertige Säule den Markt, sagt PPA-Spezialist Jens Hollstein E&M
In diesem Jahr steigen erstmals seit gut zwei Jahrzehnten die maximalen Fördersätze für große grüne Kraftwerke auf breiter Front: Die Ampelkoalition beschloss Mitte Dezember im Strompreisbremsengesetz, dass die Netzagentur bei den 2023er-Ausschreibungen die bisherigen Höchstsätze um bis zu 25 Prozent erhöhen darf. Davon machte die Behörde sogleich bei Windenergie an Land sowie bei Aufdach-Solaranlagen Gebrauch.

Der Höchstwert für die Onshore-Ausschreibungen 2023 kletterte damit auf 7,35 Cent/kWh. Das ist teilweise mehr als die fixen Vergütungssätze vor 23 Jahren. Bei größerer Dach-PV stieg der maximale Zuschlagswert auf 11,25 Cent/kWh, bei noch größerer Freiflächen-PV auf 7,37 Cent/kWh. Bei Biomasse und Biomethan sollen höhere Garantie-Stromabnahmepreise ebenfalls folgen.

Dafür hatte die deutsche Erneuerbaren-Branche gekämpft und damit im Energieausschuss des Bundestages Erfolg gehabt. Ihre Argumente: Der Erneuerbaren-Zubau bleibt unter dem gesetzlichen Ausbaupfad, und die meisten Ausschreibungen bei PV und Onshore waren 2022 unterzeichnet, weil die Rohstoff-, Fracht-, Energie- und Zinskosten, um solche Parks zu errichten, in der Energiekrise stiegen, während die Höchstwerte stabil blieben.

Mit dem Erreichten ist der Bundesverband Windenergie (BWE) nicht zufrieden. Dessen Geschäftsführer Wolfram Axthelm forderte am 20. Januar in einer Videobotschaft an Mitglieder des Fachverbandes erneut, die niedrigeren Onshore-Zuschlagswerte von 2021 an die Kostenentwicklung zu indexieren, wenn sie, aus welchen Gründen auch immer, noch nicht errichtet sind. Dies soll die Projektierer anreizen, dies doch zu tun.

Es drohe andernfalls, dass Zuschläge nach zweieinhalb Jahren ersatzlos verfallen oder die Projektentwickler für dieselben Standorte nochmal neu die immissionsrechtliche Genehmigung und die Ausschreibung durchlaufen. Im einen Fall bleibt ein Teil des ohnehin schon für mager, aber wenigstens für sicher gehaltenen Zubaus aus, im anderen verzögert er sich, so das Argument.

Zudem sollten die 7,35 Cent, die nur für Ausschreibungs-Anlagen gelten, auf Bürgerenergie- und Pilotenergieanlagen ausgeweitet werden.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hatte zudem den Verwaltungsrat der Förderbank KfW aufgefordert, Gelder an Erneuerbaren-Projektierer nicht mehr nur "auf Marktniveau" zu vergeben, sondern gemäß einem staatlichen Energiewende-Auftrag zu günstigeren Konditionen.

 
Jens Hollstein
Quelle: Pexapark

​Was Jens Hollstein sagt

Förderung sei eine unverzichtbare Säule der Energiewende, sagt auch Jens Hollstein (48) zu E&M. Er ist Vice President Advisory bei Pexapark, einem Schweizer IT-, Daten- und Beratungsunternehmen, das auf Power Purchase Agreements (PPA) spezialisiert ist und mit "Pexaquote" eine der Benchmarks für PPA-Preise in Europa und den USA anbietet.

Nach Hollsteins Ansicht braucht die Energiewende vielmehr einen Mix aus marktgetriebenem Zubau − vor allem über PPA − und Förderung. Für die kleine Aufdach-PV etwa ist der aktuelle PPA-Markt “nicht standardisiert genug", meint er. PPA wiederum erschlössen ein Potenzial, das "den Steuerzahler nichts kostet".

​Nachbarn zahlen dafür, Offshoreparks zu errichten

Ein Beispiel aus dem nahen Ausland zeige die Bereitschaft der Branche, auch Risiken zu tragen: In der jüngsten dänischen CfD-Offshore-Ausschreibung im Herbst 2021 hätten fünf von sechs Bietern 0 Euro/MWh geboten und gleichzeitig zugesagt, rund 400 Millionen Euro in den ersten Betriebsjahren zu zahlen "für die Chance, an jenem Standort zu investieren und den Strom dann selbst zu vermarkten", sagt Hollstein mit Bezug auf die Differenzverträge (CfD), mit denen in Dänemark und anderen Staaten außerhalb Deutschlands Erzeugungs-Projekte gefördert werden.

"Onshore-Anlagen sind tendenziell günstiger"

"Wenn man bedenkt, dass Onshore-Anlagen tendenziell günstiger sind als Offshore-Anlagen", meint Hollstein, “sollte auch der Wind-onshore-Bereich in den kommenden Jahren in der Lage sein, − wie die großen Solaranlagen und Offshorewind-Anlagen − vermehrt im Markt zu bestehen: Die deutsche Erneuerbaren-Branche ist da relativ verwöhnt." Ihr würden Abnahmepreise über 20 Jahre plus Inbetriebnahme-Jahr garantiert, während sich die Kollegen in Skandinavien längst im Markt behaupten müssten. Hollstein sieht die Hauptursachen für den langsamen Ausbau vielmehr in den zähen Genehmigungen sowie den Lieferketten-Problemen, warum Deutschland seine eigenen Ausbaupfade in den Ausschreibungen verfehlt.

In der gedruckten Ausgabe von Energie & Management, die am 1. Februar erscheint,
  • gibt Jens Hollstein eine Kurzanalyse, wie sich die deutsche Variante der EU-Stromerlösabschöpfung auf den Markt der Power Purchase Agreements (PPA) auswirkt,
  • nennt die Kraftwerks-Technologie, die sich mit PPA am dynamischsten entwickelt,
  • und gibt einen Ausblick auf den PPA-Markt 2023.
Pexapark war 2022 Jens Hollstein zufolge allein in Deutschland bei mehr als 300 MW Photovoltaik-Projekten beratend tätig.

In dem E&M-Bericht gibt die PPA-Plattform Re-Source zudem das Vertragsvolumen und die Anzahl der Verträge im vorigen Jahr in Deutschland und Europa bekannt.

Mittwoch, 1.02.2023, 10:52 Uhr
Georg Eble

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