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Energie & Management > Klimaschutz - Deutschland unterschreibt Verbrenner-Aus nicht
Quelle: Fotolia / Nicole Effinger
Klimaschutz

Deutschland unterschreibt Verbrenner-Aus nicht

Deutschland verpflichtet sich, Öl und Gas nicht mehr zu finanzieren - aber nicht zu einem Verbrenner-Ausstieg. Derweil fordert der Entwurf für den Glasgow-Schlusstext den Kohleausstieg.
(dpa) − Deutschland beteiligt sich wegen Uneinigkeit in der geschäftsführenden Koalition zunächst nicht an einer Allianz von zwei Dutzend Staaten, die ein Enddatum für den Verkauf von Benzin- und Dieselautos festsetzen wollen. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums (BMU) sagte am 10. November auf der Weltklimakonferenz in Glasgow, Deutschland werde die Erklärung zu Null-Emissions-Autos "heute nicht unterzeichnen". Es bestehe regierungsintern "nach wie vor keine Einigkeit zu einem Randaspekt der Erklärung, nämlich der Frage, ob aus erneuerbaren Energien gewonnene E-Fuels in Verbrennungsmotoren Teil der Lösung sein können." Das BMU halte E-Fuels in Pkw "nicht für zielführend". Hintergrund ist der offene Widerstand des geschäftsführenden Verkehrsministers Andreas Scheuer (CSU).

24 Staaten, dazu Auto-Hersteller sowie Städte und Investoren legen sich auf ein Enddatum für den Verkauf von Verbrennern fest. Die Regierungen wollen "darauf hinarbeiten, dass alle Verkäufe von neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen bis zum Jahr 2040 weltweit und in den führenden Märkten bis spätestens 2035 emissionsfrei sind". Zu den beteiligten Unternehmen gehören demnach Mercedes, Ford und GM. BMW ist ausdrücklich nicht dabei, sein Chef Oliver Zipse bezeichnete das Datum im Handelsblatt als einen großen Fehler.

​Dafür eine Unterschrift gegen Geld für Öl und Gas

Nach anfänglichem Zögern ist Deutschland am 9. November doch einer Erklärung zu fossilen Projekten im Ausland beigetreten. Die Allianz sieht vor, dass die Unterzeichnerstaaten bis Ende 2022 keine staatlichen Mittel mehr hierin in anderen Ländern investieren.

Staatssekretär Flasbarth, der die deutsche Verhandlungsdelegation mitanführt, sagte, dass Ausnahmen beispielsweise für Gasinfrastrukturprojekte gelten würden, die zum Ziel haben, grünen Wasserstoff zu generieren. "Diese Ausnahmen sind wichtig für Deutschland", erklärte Flasbarth. Das sei auch der Grund gewesen, weshalb man zunächst mit dem Beitritt gezögert habe. Deutschland sei schon länger aus der Finanzierung von Kohleprojekten im Ausland ausgestiegen.

Am 10. November wurde auch ein Entwurf der Abschlusserklärung für die Weltklimakonferenz veröffentlicht. In ihm werden die etwa 200 Staaten dazu aufgerufen, den Ausstieg aus der Kohle zu beschleunigen und Subventionen für Kohle, Gas und Öl zu streichen. Der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase müsse um 45 Prozent bis 2030 gedrosselt werden und auf netto Null bis 2050. Nur so lasse sich die Erderwärmung wie angestrebt auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen. Man sei "alarmiert", dass menschliche Aktivitäten schon jetzt den Planeten um etwa 1,1 Grad aufgeheizt hätten und die Folgen in jeder Region spürbar seien.

Greenpeace fordert hunderte Milliarden Dollar

Die Industriestaaten werden in dem Dokument aufgefordert, ihre Gelder für die Klimaanpassung "mindestens zu verdoppeln". Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan reagierte mit Kritik. Dies sei nur eine höfliche Bitte, dass die Staaten "vielleicht, wenn möglich" im nächsten Jahr mehr tun. Im Kapitel über Klimahilfen müssten «echte Zahlen» und ein Finanzplan stehen, in einer Größenordnung von Hunderten Milliarden Dollar.

Neue Prognose zum Treibhauseffekt

Wenn die Zusagen aller Staaten zum Klimaschutz für das Jahr 2030 umgesetzt werden, klettert die Erderwärmung Forschern zufolge bis zum Ende des Jahrhunderts immer noch auf etwa 2,4 Grad. Das zeigen neue Prognosen des Climate Action Tracker (CAT), die am 9. November auf der Weltklimakonferenz in Glasgow veröffentlicht wurden. Wenn man nur betrachtet, was die Staaten jetzt tun, und weitere Ankündigungen ausblendet, steigt die Erderwärmung demnach bis 2100 gar auf 2,7 Grad. Für das Ziel, den Treibhauseffekt auf unter zwei Grad, möglichst 1,5 Grad, zu senken, müssten nach Berechnungen des Weltklimarats bis 2030 die Emissionen der Treibhausgase halbiert werden.
 
Die CAT-Forscher stellten fest, dass zur Halbzeit der Klimakonferenz in Schottland eine "Glaubwürdigkeitslücke" klaffe zwischen dem, was gesagt, und dem, was getan werde. Auch ein "optimistisches Szenario" von lediglich 1,8 Grad Erwärmung sei denkbar - aber nur, wenn diejenigen Staaten ihre langfristigen Zusagen einhielten, die bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden wollen. Dazu fehlten aber den meisten Ländern belastbare, konkrete Konzepte.
 
Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan kommentierte: "Es ist ein niederschmetternder Bericht, der in jeder gesunden Welt Regierungen dazu veranlassen würde, sofort ihre Differenzen beizulegen und mit kompromisslosem Einsatz einen Deal zur Rettung unserer Zukunft auszuarbeiten." Stattdessen sehe man auf der Cop-26 "Subversion, Sabotage und Selbstsucht" der Mächtigen.

Mittwoch, 10.11.2021, 12:21 Uhr
dpa
Energie & Management > Klimaschutz - Deutschland unterschreibt Verbrenner-Aus nicht
Quelle: Fotolia / Nicole Effinger
Klimaschutz
Deutschland unterschreibt Verbrenner-Aus nicht
Deutschland verpflichtet sich, Öl und Gas nicht mehr zu finanzieren - aber nicht zu einem Verbrenner-Ausstieg. Derweil fordert der Entwurf für den Glasgow-Schlusstext den Kohleausstieg.
(dpa) − Deutschland beteiligt sich wegen Uneinigkeit in der geschäftsführenden Koalition zunächst nicht an einer Allianz von zwei Dutzend Staaten, die ein Enddatum für den Verkauf von Benzin- und Dieselautos festsetzen wollen. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums (BMU) sagte am 10. November auf der Weltklimakonferenz in Glasgow, Deutschland werde die Erklärung zu Null-Emissions-Autos "heute nicht unterzeichnen". Es bestehe regierungsintern "nach wie vor keine Einigkeit zu einem Randaspekt der Erklärung, nämlich der Frage, ob aus erneuerbaren Energien gewonnene E-Fuels in Verbrennungsmotoren Teil der Lösung sein können." Das BMU halte E-Fuels in Pkw "nicht für zielführend". Hintergrund ist der offene Widerstand des geschäftsführenden Verkehrsministers Andreas Scheuer (CSU).

24 Staaten, dazu Auto-Hersteller sowie Städte und Investoren legen sich auf ein Enddatum für den Verkauf von Verbrennern fest. Die Regierungen wollen "darauf hinarbeiten, dass alle Verkäufe von neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen bis zum Jahr 2040 weltweit und in den führenden Märkten bis spätestens 2035 emissionsfrei sind". Zu den beteiligten Unternehmen gehören demnach Mercedes, Ford und GM. BMW ist ausdrücklich nicht dabei, sein Chef Oliver Zipse bezeichnete das Datum im Handelsblatt als einen großen Fehler.

​Dafür eine Unterschrift gegen Geld für Öl und Gas

Nach anfänglichem Zögern ist Deutschland am 9. November doch einer Erklärung zu fossilen Projekten im Ausland beigetreten. Die Allianz sieht vor, dass die Unterzeichnerstaaten bis Ende 2022 keine staatlichen Mittel mehr hierin in anderen Ländern investieren.

Staatssekretär Flasbarth, der die deutsche Verhandlungsdelegation mitanführt, sagte, dass Ausnahmen beispielsweise für Gasinfrastrukturprojekte gelten würden, die zum Ziel haben, grünen Wasserstoff zu generieren. "Diese Ausnahmen sind wichtig für Deutschland", erklärte Flasbarth. Das sei auch der Grund gewesen, weshalb man zunächst mit dem Beitritt gezögert habe. Deutschland sei schon länger aus der Finanzierung von Kohleprojekten im Ausland ausgestiegen.

Am 10. November wurde auch ein Entwurf der Abschlusserklärung für die Weltklimakonferenz veröffentlicht. In ihm werden die etwa 200 Staaten dazu aufgerufen, den Ausstieg aus der Kohle zu beschleunigen und Subventionen für Kohle, Gas und Öl zu streichen. Der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase müsse um 45 Prozent bis 2030 gedrosselt werden und auf netto Null bis 2050. Nur so lasse sich die Erderwärmung wie angestrebt auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen. Man sei "alarmiert", dass menschliche Aktivitäten schon jetzt den Planeten um etwa 1,1 Grad aufgeheizt hätten und die Folgen in jeder Region spürbar seien.

Greenpeace fordert hunderte Milliarden Dollar

Die Industriestaaten werden in dem Dokument aufgefordert, ihre Gelder für die Klimaanpassung "mindestens zu verdoppeln". Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan reagierte mit Kritik. Dies sei nur eine höfliche Bitte, dass die Staaten "vielleicht, wenn möglich" im nächsten Jahr mehr tun. Im Kapitel über Klimahilfen müssten «echte Zahlen» und ein Finanzplan stehen, in einer Größenordnung von Hunderten Milliarden Dollar.

Neue Prognose zum Treibhauseffekt

Wenn die Zusagen aller Staaten zum Klimaschutz für das Jahr 2030 umgesetzt werden, klettert die Erderwärmung Forschern zufolge bis zum Ende des Jahrhunderts immer noch auf etwa 2,4 Grad. Das zeigen neue Prognosen des Climate Action Tracker (CAT), die am 9. November auf der Weltklimakonferenz in Glasgow veröffentlicht wurden. Wenn man nur betrachtet, was die Staaten jetzt tun, und weitere Ankündigungen ausblendet, steigt die Erderwärmung demnach bis 2100 gar auf 2,7 Grad. Für das Ziel, den Treibhauseffekt auf unter zwei Grad, möglichst 1,5 Grad, zu senken, müssten nach Berechnungen des Weltklimarats bis 2030 die Emissionen der Treibhausgase halbiert werden.
 
Die CAT-Forscher stellten fest, dass zur Halbzeit der Klimakonferenz in Schottland eine "Glaubwürdigkeitslücke" klaffe zwischen dem, was gesagt, und dem, was getan werde. Auch ein "optimistisches Szenario" von lediglich 1,8 Grad Erwärmung sei denkbar - aber nur, wenn diejenigen Staaten ihre langfristigen Zusagen einhielten, die bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden wollen. Dazu fehlten aber den meisten Ländern belastbare, konkrete Konzepte.
 
Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan kommentierte: "Es ist ein niederschmetternder Bericht, der in jeder gesunden Welt Regierungen dazu veranlassen würde, sofort ihre Differenzen beizulegen und mit kompromisslosem Einsatz einen Deal zur Rettung unserer Zukunft auszuarbeiten." Stattdessen sehe man auf der Cop-26 "Subversion, Sabotage und Selbstsucht" der Mächtigen.

Mittwoch, 10.11.2021, 12:21 Uhr
dpa

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