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Energie & Management > Europaeische Union - Der Gaspreisdeckel kommt - aber wie?
Quelle: Shutterstock / jorisvo
Europaeische Union

Der Gaspreisdeckel kommt - aber wie?

Die EU-Mitgliedsstaaten wollen bei der Bewältigung der Energiekrise abgestimmt und solidarisch vorgehen. Genaue Vorschläge soll die Kommission in den nächsten Tagen vorlegen.
Darauf haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf ihrem Sondergipfel in Prag am 7. Oktober verständigt. Im Mittelpunkt der Diskussion standen die hohen Strom- und Gaspreise. Man sei sich einig gewesen, dass das Preisniveau dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage zur Zeit nicht entspreche, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz nach den Beratungen auf der Prager Burg. Frankreichs Staatspräsident Emanuel Macron sprach von einem Marktversagen und einer Spekulation mit Gas.

Mehrere osteuropäische Staaten hatten zuvor Kritik an der von Deutschland geplanten „Gaspreisbremse“ im Umfang von 200 Mrd. Euro geübt. Sie fürchten, dass deutsche Unternehmen dadurch einen Wettbewerbsvorteil auf dem europäischen Binnenmarkt erlangen. „Meine Botschaft an Deutschland ist: Seid gemeinsam solidarisch mit allen anderen“, sagte der polnische Ministerpräsident Morawiecki. Der Bundeskanzler verteidigte die Gaspreisbremse mit dem Hinweis, sie bewege sich im Rahmen dessen, was auch andere Mitgliedsstaaten für ihre Unternehmen und Verbraucher täten.

Kommissionspräsidentin von der Leyen ging erstmals auf Distanz zum Vorgehen der Bundesregierung und warnte ebenfalls vor einer Verzerrung des Wettbewerbs: „Wettbewerb muss über die Qualität stattfinden, nicht über Subventionen.“ Eine „Fragmentierung“ des Binnenmarktes müsse vermieden werden.

Damit die finanzschwachen Länder die gleichen Chancen im Wettbewerb erhielten, müsse das Programm REPowerEU weiter aufgestockt werden, sagte die Kommissionspräsidentin weiter. Diese Forderung wurde von Bundeskanzler Scholz jedoch abgelehnt. Aus dem kreditfinanzierten Corona-Fonds stünden noch 600 Mrd. Euro für bedürftige Mitgliedsstaaten zur Verfügung.

„Spekulationen aus dem Markt nehmen“

Im Hinblick auf den von zahlreichen Mitgliedsstaaten geforderten Gaspreisdeckel wurde die Kommission beauftragt, kurzfristig konkrete Vorschläge vorzulegen. Ziel sei eine abgestimmte Beschaffung, um zu verhindern, dass sich die Mitgliedsstaaten gegenseitig überbieten, sagte von der Leyen. „Wir müssen die Spekulation aus dem Markt nehmen und klar machen, dass wir nicht bereit sind, jeden Preis zu zahlen.“ Außerdem müsse der dominierende Einfluss des Gaspreises auf die Preisbildung auf dem Elektrizitätsmarkt beendet werden.

Scholz sagte mit Blick auf den Gasmarkt: „Es kann nur einen Vorschlag geben, der gewährleistet, dass wir Gas bekommen und der dazu führt, dass die Preise sinken.“ Es sei ein Fehler gewesen, in der Vergangenheit immer stärker auf die Spotmärkte zu setzen. Das gelte auch für andere Rohstoffe. „Für eine sichere Lieferstruktur brauchen wir langfristige Verträge und diversifizierte Lieferanten.“ In diesem Sinne soll die Kommission mit „zuverlässigen Lieferanten“ wie Norwegen und den USA über Preiskorridore verhandeln. Macron sprach in diesem Zusammenhang von einem „intensiveren Dialog mit unseren Partnern“. Gleichzeitig soll sich die Kommission mit Ländern wie Japan oder Südkorea, die die gleiche Interessenlage haben wie die Europäer, enger abstimmen.

Die deutschen Vorbehalte gegen einen Gaspreisdeckel wurden in Prag von anderen Ländern wie den Niederlanden und Dänemark geteilt. Auch der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer betonte, Eingriffe in den Markt dürften nicht dazu führen, dass Gas knapper werde: „Ein Gaspreisdeckel muss so gestaltet sein, dass es kein Embargo gegen russisches Gas durch die Hintertür wird.“

Weitere Gespräche über Midcat-Pipeline geplant

Allerdings blieb auch nach dem Gipfeltreffen unklar, welche Gaspreise genau „gedeckelt“ werden sollen. Während die Kommission und die meisten Mitgliedsstaaten dabei vor allem an die Importpreise für Gas denken, sprach Macron von einem „Mechanismus, der es uns erlaubt, den Großhandelspreis für Gas zu senken“. In der Folge würden sich daraus auch positive Auswirkungen auf den Elektrizitätsmarkt ergeben.

Macron kündigte an, er werde in den nächsten Tagen, mit dem spanischen und dem portugiesischen Ministerpräsidenten über den Bau der Midcat-Pipeline über die Pyrenäen reden. Man werde „sehr pragmatische Lösungen“ finden, um die Isolation der iberischen Halbinsel zu beenden, sei es im Hinblick auf Strom, Gas oder Wasserstoff: „Frankreich ist für Interkonnektoren und für ein solidarisches Europa.“ Gleichzeitig warnte Macron die Mitgliedsstaaten davor, angesichts der Krise Abstriche an ihren klimapolitischen Ambitionen vorzunehmen. Die Europäer müssten im Gegenteil die Nutzung der fossilen Energien schneller beenden sowie die erneuerbaren Energien und die Atomkraft schneller ausbauen.

Montag, 10.10.2022, 09:33 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Europaeische Union - Der Gaspreisdeckel kommt - aber wie?
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Der Gaspreisdeckel kommt - aber wie?
Die EU-Mitgliedsstaaten wollen bei der Bewältigung der Energiekrise abgestimmt und solidarisch vorgehen. Genaue Vorschläge soll die Kommission in den nächsten Tagen vorlegen.
Darauf haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf ihrem Sondergipfel in Prag am 7. Oktober verständigt. Im Mittelpunkt der Diskussion standen die hohen Strom- und Gaspreise. Man sei sich einig gewesen, dass das Preisniveau dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage zur Zeit nicht entspreche, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz nach den Beratungen auf der Prager Burg. Frankreichs Staatspräsident Emanuel Macron sprach von einem Marktversagen und einer Spekulation mit Gas.

Mehrere osteuropäische Staaten hatten zuvor Kritik an der von Deutschland geplanten „Gaspreisbremse“ im Umfang von 200 Mrd. Euro geübt. Sie fürchten, dass deutsche Unternehmen dadurch einen Wettbewerbsvorteil auf dem europäischen Binnenmarkt erlangen. „Meine Botschaft an Deutschland ist: Seid gemeinsam solidarisch mit allen anderen“, sagte der polnische Ministerpräsident Morawiecki. Der Bundeskanzler verteidigte die Gaspreisbremse mit dem Hinweis, sie bewege sich im Rahmen dessen, was auch andere Mitgliedsstaaten für ihre Unternehmen und Verbraucher täten.

Kommissionspräsidentin von der Leyen ging erstmals auf Distanz zum Vorgehen der Bundesregierung und warnte ebenfalls vor einer Verzerrung des Wettbewerbs: „Wettbewerb muss über die Qualität stattfinden, nicht über Subventionen.“ Eine „Fragmentierung“ des Binnenmarktes müsse vermieden werden.

Damit die finanzschwachen Länder die gleichen Chancen im Wettbewerb erhielten, müsse das Programm REPowerEU weiter aufgestockt werden, sagte die Kommissionspräsidentin weiter. Diese Forderung wurde von Bundeskanzler Scholz jedoch abgelehnt. Aus dem kreditfinanzierten Corona-Fonds stünden noch 600 Mrd. Euro für bedürftige Mitgliedsstaaten zur Verfügung.

„Spekulationen aus dem Markt nehmen“

Im Hinblick auf den von zahlreichen Mitgliedsstaaten geforderten Gaspreisdeckel wurde die Kommission beauftragt, kurzfristig konkrete Vorschläge vorzulegen. Ziel sei eine abgestimmte Beschaffung, um zu verhindern, dass sich die Mitgliedsstaaten gegenseitig überbieten, sagte von der Leyen. „Wir müssen die Spekulation aus dem Markt nehmen und klar machen, dass wir nicht bereit sind, jeden Preis zu zahlen.“ Außerdem müsse der dominierende Einfluss des Gaspreises auf die Preisbildung auf dem Elektrizitätsmarkt beendet werden.

Scholz sagte mit Blick auf den Gasmarkt: „Es kann nur einen Vorschlag geben, der gewährleistet, dass wir Gas bekommen und der dazu führt, dass die Preise sinken.“ Es sei ein Fehler gewesen, in der Vergangenheit immer stärker auf die Spotmärkte zu setzen. Das gelte auch für andere Rohstoffe. „Für eine sichere Lieferstruktur brauchen wir langfristige Verträge und diversifizierte Lieferanten.“ In diesem Sinne soll die Kommission mit „zuverlässigen Lieferanten“ wie Norwegen und den USA über Preiskorridore verhandeln. Macron sprach in diesem Zusammenhang von einem „intensiveren Dialog mit unseren Partnern“. Gleichzeitig soll sich die Kommission mit Ländern wie Japan oder Südkorea, die die gleiche Interessenlage haben wie die Europäer, enger abstimmen.

Die deutschen Vorbehalte gegen einen Gaspreisdeckel wurden in Prag von anderen Ländern wie den Niederlanden und Dänemark geteilt. Auch der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer betonte, Eingriffe in den Markt dürften nicht dazu führen, dass Gas knapper werde: „Ein Gaspreisdeckel muss so gestaltet sein, dass es kein Embargo gegen russisches Gas durch die Hintertür wird.“

Weitere Gespräche über Midcat-Pipeline geplant

Allerdings blieb auch nach dem Gipfeltreffen unklar, welche Gaspreise genau „gedeckelt“ werden sollen. Während die Kommission und die meisten Mitgliedsstaaten dabei vor allem an die Importpreise für Gas denken, sprach Macron von einem „Mechanismus, der es uns erlaubt, den Großhandelspreis für Gas zu senken“. In der Folge würden sich daraus auch positive Auswirkungen auf den Elektrizitätsmarkt ergeben.

Macron kündigte an, er werde in den nächsten Tagen, mit dem spanischen und dem portugiesischen Ministerpräsidenten über den Bau der Midcat-Pipeline über die Pyrenäen reden. Man werde „sehr pragmatische Lösungen“ finden, um die Isolation der iberischen Halbinsel zu beenden, sei es im Hinblick auf Strom, Gas oder Wasserstoff: „Frankreich ist für Interkonnektoren und für ein solidarisches Europa.“ Gleichzeitig warnte Macron die Mitgliedsstaaten davor, angesichts der Krise Abstriche an ihren klimapolitischen Ambitionen vorzunehmen. Die Europäer müssten im Gegenteil die Nutzung der fossilen Energien schneller beenden sowie die erneuerbaren Energien und die Atomkraft schneller ausbauen.

Montag, 10.10.2022, 09:33 Uhr
Tom Weingärtner

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