E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Windkraft Offshore -
Quelle: Fotolia / zentilia
Windkraft Offshore

"Der erste Offshore-Windpark ist aus der Förderung"

Dirk Warnecke ist Geschäftsführer bei Omexom Renewable Energies Offshore GmbH. E&M sprach mit ihm: Ziehen die Organisationen wirklich an einem Strang?
E&M: Herr Warnecke, das Windenergie-auf-See-Gesetz ist durch die Bundesratsanhörung. Nun gab es da unterschiedliche Einschätzungen aus der Offshore-Branche. Der Bundesverband Windparkbetreiber Offshore (BWO) hat kritische Anmerkungen gemacht, während die Wab sich nur positiv äußerte. Das schwächt doch die Interessenvertretung.

Warnecke: Das stimmt so, wie ich es lese, nicht ganz. Beide Verbände treten für ein Ausschreibungssystem ein, das eine Gebotskomponente (nach Zahlungsbereitschaft für einen Zuschlag; d. Red.) vorsieht. Die soll aber nicht ins Uferlose gehen und Anbieter begünstigen, die über das größere Portemonnaie verfügen. So könnte sogar ein Oligopol entstehen. Die qualitativen Kriterien − wie Rotorkreisfläche, erzeugte Energie oder Anteil der Impulsrammung und recycelbare Rotorblätter − werden meines Erachtens von beiden Verbänden grundsätzlich als sinnvoll erachtet. Die Kritik richtet sich dagegen, dass es zu wenig Raum für Unterschiede oder Bewertungen gibt. Beispiel: Recycling ist heute schon machbar. Aber welchen Aufwand und Nutzen haben wir da? Nach welchen Maßstäben wird es objektiv bewertet?

Als Dienstleister halten wir uns als Omexom in dieser Frage zurück. Wir sprechen uns jedoch für die Akteursvielfalt aus, denn diese bereichert die Entwicklung und fördert Innovationen. Die Qualifizierungs- und Bildungsoffensive sehen wir auch bei beiden Verbänden benannt. Das halten wir für dringend notwendig, weil dieser Bereich in den letzten Jahren vernachlässigt wurde.

E&M: Um noch mal auf die Gebotskomponente zurückzukommen: Wieso sollte man in Zeiten der beschleunigten Energiewende als Projektentwickler überhaupt etwas bezahlen müssen, um zur Energiewende beizutragen? Man hat ja vorher Planungskosten und nachher die Errichtungskosten. Warum nicht einfach das holländische System eines qualitativen Schönheitswettbewerbs kopieren?

Warnecke: Die Gebotskomponente unterstreicht die Realisierungswahrscheinlichkeit der Projekte, daher ist sie sinnvoll. Wir kennen sie auch aus dem Onshore-Bereich, aus dem ich ursprünglich komme. Dort haben wir den sogenannten Baukostenzuschuss pro Megawatt geplant, und zwar auch zum Ausbau der Netze. Ich persönlich würde das niederländische Modell bevorzugen, da es viel Platz für Innovationen lässt, auch wenn es hier sicherlich auch Optimierungspotenzial gibt. Wünschenswert wäre eine EU-weit einheitliche Lösung. Aber noch mal: Das ist eine Liga, in der wir als Dienstleister nicht spielen. Darüber müssen sich die großen Player im Offshore-Markt Gedanken machen.

E&M: Dafür haben Sie ständig in den Häfen und Werften zu tun. Die Wab hatte gefordert, dass die deutschen Standorte mit ihren europäischen Wettbewerbern gleichziehen. Woran mangelt es?

Warnecke: Als Projektleiter während der Bauphase des Windparks Riffgat war ich für das Teilprojekt Windenergieanlagen zuständig. Damals bekamen wir unsere Monopiles nicht aus Deutschland, sodass wir dadurch weite Transportwege in Kauf nehmen mussten. Ziel kann aus meiner Sicht daher nur sein, die großen Komponenten direkt dort zu lagern und zu verschiffen, wo die Hersteller sind und von wo sie so kosteneffektiv und qualitativ wie möglich an die Standorte gebracht werden können. Dazu gehören schwerlastfähige Werft-, Hafen- und Krankapazitäten, aber auch Firmen, die das umsetzen können − das fehlt leider aktuell. Die Bemühungen, eine europäische Lieferkette aufzubauen, zu erhalten und zu fördern, sehe ich jedoch sehr positiv und wir als Omexom unterstützen sie. Was aber vor allem fehlt, ist das Fachpersonal. Im sogenannten Fadenriss sind einige kleinere und mittlere Unternehmen abgewandert oder haben Offshore aufgegeben. Diese Kapazitäten wiederaufzubauen, ist das, was wir dringend brauchen.

E&M: Den Fachkräftemangel gibt es in allen Branchen. Wie soll man den gerade offshore zurückdrehen?

Warnecke: Anteile der Gebotskomponente sollen für eine Ausbildungsinitiative verwendet werden. Und diese sollte man sicherlich noch ausweiten.

E&M: Wo mangelt es bei der Qualifizierung?

Warnecke: Grundsätzlich ist es problematisch, überhaupt die Leute zu finden, die Interesse daran haben, sich entsprechend zu qualifizieren. Wir bei Omexom haben einen großen Bedarf am Fachpersonal, das einen elektrotechnischen Background hat, weil wir viel mit Umspannwerken zu tun haben. Diese Fachkräfte sind leider rar gesät. Es könnte beispielsweise mehr entsprechende Studiengänge oder mehr Technikerschulen und ähnliche Ausbildungsmöglichkeiten geben − das muss gar nicht von Anfang an offshore ausgerichtet sein. Als ausgelernte elektrotechnische Fachkraft hat man hinterher immer noch die Möglichkeit, sich gezielt offshore ausbilden zu lassen. Wir möchten auch mehr Frauen für diese Aufgaben gewinnen, dazu haben wir diverse Initiativen an Schulen ins Leben gerufen, es bleibt aber mühsam.

E&M: Niedersachsen hatte einen dritten Stromkorridor für den ostfriesischen Nationalpark Wattenmeer gefordert mit dem Argument, 2028 bis 2030 sei wegen des Artenschutzes ohnehin nur je eine Verlegung pro Jahr möglich. Wie kann da eigentlich das höhere Ausbauziel erreicht werden?

Warnecke: Ja, das ist in der Tat ein Interessenkonflikt. Deshalb bedarf es auch hier der Lösungsfindung zusammen mit Interessenvertretern von Umwelt-, Natur-, Tierschutzverbänden und mit anderen maritimen Industrien. Letztendlich gilt aber auch hier: Die Politik ist gefordert, klare Ziele zur Orientierung vorzugeben. Klimaschutz und Energiewende werden schmerzhafte Kompromisse erfordern. Das wird uns nur gelingen, wenn alle Interessenvertreter an einem Strang ziehen.

E&M: Sprich: zwei oder drei Anbindungen pro Jahr.

Warnecke: Ob der Strom nun über Ostfriesland oder über Schleswig-Holstein ...

E&M: ... das geplante Stromdrehkreuz in Heide ...

Warnecke: ... abgeführt wird: Wir reden über drei bis fünf Gigawatt, die die Politik vorgegeben hat. Natürlich muss das irgendwo verträglich an Land gebracht werden.

E&M: Omexom ist in Wartung und Instandhaltung tätig. Was muss man über den deutschen Offshore-O&M-Markt wissen?

Warnecke: Auf der einen Seite gibt es die Hersteller der Windenergieanlagen, die teilweise versuchen, Multi-Contracting einzuführen. Dann haben wir die Full-Service-Anbieter, die mechanische und elektrische Instandhaltung anbieten, gleichzeitig die Logistik stellen und vielleicht auch noch das Catering. Und dann gibt es die Dienstleister, die sich spezialisieren. Wir konzentrieren uns derzeit auf die Umspannwerke, die TP (Transition Pieces zwischen Fundament und Turm; d. Red.), die Kommunikationstechnik, die Inner-Park-Verkabelung sowie die Überwachung der Windparks durch eine landgebundene Leitstelle. Wir bieten diese Leistungen als unabhängiger Dienstleister an, können aber bei Bedarf auch Full Service anbieten. Momentan betreuen und überwachen wir circa 4,5 Gigawatt installierte Leistung. Das sind 16 verschiedene Umspannwerke und verschiedene Arten von TP, die wir zudem 24/7 in unserer Leitstelle überwachen.

E&M: Was können Sie, das andere nicht können?

Warnecke: Unser Paket berücksichtigt den kompletten Lebenszyklus des Windparks, sprich von der Planung bis zum Rückbau. Auch unsere 16 Jahre Erfahrung können noch nicht so viele mitbringen. Außerdem haben wir ein besonderes Verständnis insbesondere für die Energieversorger als Kunden, weil wir selbst aus einem Energieversorger entstanden sind.

E&M: Aus der EWE OSS.

Warnecke: Ja, und mit unserer neuen Mutter, Vinci Energies, greifen wir auf ein weltweites Netz zurück, mit dem wir mittlerweile bestimmte Instandhaltungen ausführen und Störungen beheben können, die wir bisher nicht in unserem eigenen Portfolio hatten, zum Beispiel die Lokalisierung und Reparatur von Kabelschäden oder die Prüfungen und Instandsetzungen von Klimasystemen. In den letzten Jahren haben wir auch eine Inspektionsstelle aufgebaut und 2021 akkreditieren lassen. Sie verfügt über unabhängige Sachverständige über und unter Wasser. Die Sachverständigen decken die ganze für offshore nötige Bandbreite von Elektrik bis zur Struktur ab und helfen ihren Kunden bei der zuverlässigen Bewertung des Zustands ihrer Anlagen.

Zudem beteiligten wir uns im vergangenen Jahr an zwei spannenden Projekten von Leonard zum Thema künstliche Intelligenz. Leonard ist die seit 2017 bestehende Plattform des Vinci-Konzerns für vorausschauende Analysen und Beschleunigung innovativer Projekte. Das erste Projekt, an dem wir beteiligt waren, beschäftigte sich mit der Früherkennung von Generatorschäden. Die Getriebe waren und sind mit ihren Condition-Monitoring-Systemen gut überwacht, aber bei den Generatoren war das immer noch eine Blackbox. Durch den entsprechenden Einsatz von KI können präventive Generatortausche zielgerichteter gesteuert werden.
Das andere Projekt ist die Rotorblätterüberwachung: Wir fliegen diese zur Inspektion mit Drohnen ab und sind gerade dabei, eine Auswertung mit KI zu erstellen, sodass Schäden entdeckt und analysiert werden können, ohne dass sich ein Mensch jedes einzelne Bild ansehen muss.

E&M: Welche Häfen steuern Sie an?

Warnecke: Wir arbeiten über Emden und bei den Großkomponententauschen über Eemshaven. Eine Servicestation haben wir auf Borkum, von dort aus fahren wir die täglichen Einsätze.

E&M: Wenn Eemshaven gleich gegenüber von Emden und das dänische Esbjerg bieten, was deutsche Häfen nicht bieten, könnte man doch in einem EU-Binnenmarkt zufrieden sein.

Warnecke: Wenn man die heimische Wirtschaft sieht, kann man damit nicht zufrieden sein. Dann muss man für sie Kapazitäten aufbauen. Es gibt zum Beispiel Steelwind in Nordenham oder Siemens in Cuxhaven und den einen oder anderen Standort mehr. Wir wehren uns nicht gegen Eemshaven, aber deutsche Häfen passen besser ins Bild. Zudem gilt es, bei den ausländischen Standorten − ob EU oder nicht − auch solche Themen wie Zoll, Arbeitsrecht, Abfallwirtschaft oder HSE (Health Safety Environment; d. Red.) gesondert zu bewerten und zu beachten.

E&M: Warum stellen diese Hersteller die Kapazitäten nicht selbst zur Verfügung?

Warnecke: In Emden liegt es zum größten Teil an der Wassertiefe. Auch gab es immer mal Planungen, den Hafen schwerlastfähig zu machen.

E&M: Inwieweit ist die Omexom-Gruppe auch in der Direktvermarktung von Offshore-Strom tätig?

Warnecke: Wir bieten Analysen und technische Beratungen auch im Zusammenhang mit PPA an. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung im Betrieb von Offshore-Windparks verfügen wir über eine Expertise im Bereich der Einspeisedaten und -situationen.

E&M: Welche Trends beobachten Sie im deutschen Offshore-PPA-Markt?

Warnecke: Wir werden in den nächsten Jahren die Vielfalt und Möglichkeiten von PPA erleben: Windparks werden in absehbarer Zeit aus der Förderung fallen; der Strom kann dann über neue PPA weiter vermarktet werden. Und das neue Ausschreibungsverfahren fördert PPA. Zugleich übt das Bestreben der Industrie nach wettbewerbsfähigen Energiepreisen erheblichen Einfluss aus.

E&M: Wann fällt denn der erste deutsche Offshore-Windpark aus der Förderung?
Warnecke: Aus der erhöhten Anfangsvergütung nach unseren Informationen im Mai 2022, nämlich jetzt. (Das Interview wurde Ende Mai geführt; d. Red.)

E&M: Welcher ist es?

Warnecke: Das ist der Windpark Riffgat, den wir mit O&M-Dienstleistungen betreuen. Er war im Stauchungsmodell.

E&M: Lassen Sie mich nachschauen: Im Februar 2014 ging der EWE-Windpark in Betrieb, im Stauchungsmodell gab es acht Jahre lang eine höhere Förderung von 19,4 Cent pro Kilowattstunde − kommt in etwa hin.

Warnecke: Der Strombedarf wird derzeit EWE-intern in Form eines PPA genutzt, um das EWE-Vertriebsportfolio zu vergrünen. Dabei haben wir EWE intensiv beraten.
 
Dirk Warnecke ist Geschäftsführer bei Omexom Renewable Energies Offshore und im Vorstand der Wab
Quelle: Omexom Renewable Energies Offshore

Freitag, 10.06.2022, 17:01 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Offshore -
Quelle: Fotolia / zentilia
Windkraft Offshore
"Der erste Offshore-Windpark ist aus der Förderung"
Dirk Warnecke ist Geschäftsführer bei Omexom Renewable Energies Offshore GmbH. E&M sprach mit ihm: Ziehen die Organisationen wirklich an einem Strang?
E&M: Herr Warnecke, das Windenergie-auf-See-Gesetz ist durch die Bundesratsanhörung. Nun gab es da unterschiedliche Einschätzungen aus der Offshore-Branche. Der Bundesverband Windparkbetreiber Offshore (BWO) hat kritische Anmerkungen gemacht, während die Wab sich nur positiv äußerte. Das schwächt doch die Interessenvertretung.

Warnecke: Das stimmt so, wie ich es lese, nicht ganz. Beide Verbände treten für ein Ausschreibungssystem ein, das eine Gebotskomponente (nach Zahlungsbereitschaft für einen Zuschlag; d. Red.) vorsieht. Die soll aber nicht ins Uferlose gehen und Anbieter begünstigen, die über das größere Portemonnaie verfügen. So könnte sogar ein Oligopol entstehen. Die qualitativen Kriterien − wie Rotorkreisfläche, erzeugte Energie oder Anteil der Impulsrammung und recycelbare Rotorblätter − werden meines Erachtens von beiden Verbänden grundsätzlich als sinnvoll erachtet. Die Kritik richtet sich dagegen, dass es zu wenig Raum für Unterschiede oder Bewertungen gibt. Beispiel: Recycling ist heute schon machbar. Aber welchen Aufwand und Nutzen haben wir da? Nach welchen Maßstäben wird es objektiv bewertet?

Als Dienstleister halten wir uns als Omexom in dieser Frage zurück. Wir sprechen uns jedoch für die Akteursvielfalt aus, denn diese bereichert die Entwicklung und fördert Innovationen. Die Qualifizierungs- und Bildungsoffensive sehen wir auch bei beiden Verbänden benannt. Das halten wir für dringend notwendig, weil dieser Bereich in den letzten Jahren vernachlässigt wurde.

E&M: Um noch mal auf die Gebotskomponente zurückzukommen: Wieso sollte man in Zeiten der beschleunigten Energiewende als Projektentwickler überhaupt etwas bezahlen müssen, um zur Energiewende beizutragen? Man hat ja vorher Planungskosten und nachher die Errichtungskosten. Warum nicht einfach das holländische System eines qualitativen Schönheitswettbewerbs kopieren?

Warnecke: Die Gebotskomponente unterstreicht die Realisierungswahrscheinlichkeit der Projekte, daher ist sie sinnvoll. Wir kennen sie auch aus dem Onshore-Bereich, aus dem ich ursprünglich komme. Dort haben wir den sogenannten Baukostenzuschuss pro Megawatt geplant, und zwar auch zum Ausbau der Netze. Ich persönlich würde das niederländische Modell bevorzugen, da es viel Platz für Innovationen lässt, auch wenn es hier sicherlich auch Optimierungspotenzial gibt. Wünschenswert wäre eine EU-weit einheitliche Lösung. Aber noch mal: Das ist eine Liga, in der wir als Dienstleister nicht spielen. Darüber müssen sich die großen Player im Offshore-Markt Gedanken machen.

E&M: Dafür haben Sie ständig in den Häfen und Werften zu tun. Die Wab hatte gefordert, dass die deutschen Standorte mit ihren europäischen Wettbewerbern gleichziehen. Woran mangelt es?

Warnecke: Als Projektleiter während der Bauphase des Windparks Riffgat war ich für das Teilprojekt Windenergieanlagen zuständig. Damals bekamen wir unsere Monopiles nicht aus Deutschland, sodass wir dadurch weite Transportwege in Kauf nehmen mussten. Ziel kann aus meiner Sicht daher nur sein, die großen Komponenten direkt dort zu lagern und zu verschiffen, wo die Hersteller sind und von wo sie so kosteneffektiv und qualitativ wie möglich an die Standorte gebracht werden können. Dazu gehören schwerlastfähige Werft-, Hafen- und Krankapazitäten, aber auch Firmen, die das umsetzen können − das fehlt leider aktuell. Die Bemühungen, eine europäische Lieferkette aufzubauen, zu erhalten und zu fördern, sehe ich jedoch sehr positiv und wir als Omexom unterstützen sie. Was aber vor allem fehlt, ist das Fachpersonal. Im sogenannten Fadenriss sind einige kleinere und mittlere Unternehmen abgewandert oder haben Offshore aufgegeben. Diese Kapazitäten wiederaufzubauen, ist das, was wir dringend brauchen.

E&M: Den Fachkräftemangel gibt es in allen Branchen. Wie soll man den gerade offshore zurückdrehen?

Warnecke: Anteile der Gebotskomponente sollen für eine Ausbildungsinitiative verwendet werden. Und diese sollte man sicherlich noch ausweiten.

E&M: Wo mangelt es bei der Qualifizierung?

Warnecke: Grundsätzlich ist es problematisch, überhaupt die Leute zu finden, die Interesse daran haben, sich entsprechend zu qualifizieren. Wir bei Omexom haben einen großen Bedarf am Fachpersonal, das einen elektrotechnischen Background hat, weil wir viel mit Umspannwerken zu tun haben. Diese Fachkräfte sind leider rar gesät. Es könnte beispielsweise mehr entsprechende Studiengänge oder mehr Technikerschulen und ähnliche Ausbildungsmöglichkeiten geben − das muss gar nicht von Anfang an offshore ausgerichtet sein. Als ausgelernte elektrotechnische Fachkraft hat man hinterher immer noch die Möglichkeit, sich gezielt offshore ausbilden zu lassen. Wir möchten auch mehr Frauen für diese Aufgaben gewinnen, dazu haben wir diverse Initiativen an Schulen ins Leben gerufen, es bleibt aber mühsam.

E&M: Niedersachsen hatte einen dritten Stromkorridor für den ostfriesischen Nationalpark Wattenmeer gefordert mit dem Argument, 2028 bis 2030 sei wegen des Artenschutzes ohnehin nur je eine Verlegung pro Jahr möglich. Wie kann da eigentlich das höhere Ausbauziel erreicht werden?

Warnecke: Ja, das ist in der Tat ein Interessenkonflikt. Deshalb bedarf es auch hier der Lösungsfindung zusammen mit Interessenvertretern von Umwelt-, Natur-, Tierschutzverbänden und mit anderen maritimen Industrien. Letztendlich gilt aber auch hier: Die Politik ist gefordert, klare Ziele zur Orientierung vorzugeben. Klimaschutz und Energiewende werden schmerzhafte Kompromisse erfordern. Das wird uns nur gelingen, wenn alle Interessenvertreter an einem Strang ziehen.

E&M: Sprich: zwei oder drei Anbindungen pro Jahr.

Warnecke: Ob der Strom nun über Ostfriesland oder über Schleswig-Holstein ...

E&M: ... das geplante Stromdrehkreuz in Heide ...

Warnecke: ... abgeführt wird: Wir reden über drei bis fünf Gigawatt, die die Politik vorgegeben hat. Natürlich muss das irgendwo verträglich an Land gebracht werden.

E&M: Omexom ist in Wartung und Instandhaltung tätig. Was muss man über den deutschen Offshore-O&M-Markt wissen?

Warnecke: Auf der einen Seite gibt es die Hersteller der Windenergieanlagen, die teilweise versuchen, Multi-Contracting einzuführen. Dann haben wir die Full-Service-Anbieter, die mechanische und elektrische Instandhaltung anbieten, gleichzeitig die Logistik stellen und vielleicht auch noch das Catering. Und dann gibt es die Dienstleister, die sich spezialisieren. Wir konzentrieren uns derzeit auf die Umspannwerke, die TP (Transition Pieces zwischen Fundament und Turm; d. Red.), die Kommunikationstechnik, die Inner-Park-Verkabelung sowie die Überwachung der Windparks durch eine landgebundene Leitstelle. Wir bieten diese Leistungen als unabhängiger Dienstleister an, können aber bei Bedarf auch Full Service anbieten. Momentan betreuen und überwachen wir circa 4,5 Gigawatt installierte Leistung. Das sind 16 verschiedene Umspannwerke und verschiedene Arten von TP, die wir zudem 24/7 in unserer Leitstelle überwachen.

E&M: Was können Sie, das andere nicht können?

Warnecke: Unser Paket berücksichtigt den kompletten Lebenszyklus des Windparks, sprich von der Planung bis zum Rückbau. Auch unsere 16 Jahre Erfahrung können noch nicht so viele mitbringen. Außerdem haben wir ein besonderes Verständnis insbesondere für die Energieversorger als Kunden, weil wir selbst aus einem Energieversorger entstanden sind.

E&M: Aus der EWE OSS.

Warnecke: Ja, und mit unserer neuen Mutter, Vinci Energies, greifen wir auf ein weltweites Netz zurück, mit dem wir mittlerweile bestimmte Instandhaltungen ausführen und Störungen beheben können, die wir bisher nicht in unserem eigenen Portfolio hatten, zum Beispiel die Lokalisierung und Reparatur von Kabelschäden oder die Prüfungen und Instandsetzungen von Klimasystemen. In den letzten Jahren haben wir auch eine Inspektionsstelle aufgebaut und 2021 akkreditieren lassen. Sie verfügt über unabhängige Sachverständige über und unter Wasser. Die Sachverständigen decken die ganze für offshore nötige Bandbreite von Elektrik bis zur Struktur ab und helfen ihren Kunden bei der zuverlässigen Bewertung des Zustands ihrer Anlagen.

Zudem beteiligten wir uns im vergangenen Jahr an zwei spannenden Projekten von Leonard zum Thema künstliche Intelligenz. Leonard ist die seit 2017 bestehende Plattform des Vinci-Konzerns für vorausschauende Analysen und Beschleunigung innovativer Projekte. Das erste Projekt, an dem wir beteiligt waren, beschäftigte sich mit der Früherkennung von Generatorschäden. Die Getriebe waren und sind mit ihren Condition-Monitoring-Systemen gut überwacht, aber bei den Generatoren war das immer noch eine Blackbox. Durch den entsprechenden Einsatz von KI können präventive Generatortausche zielgerichteter gesteuert werden.
Das andere Projekt ist die Rotorblätterüberwachung: Wir fliegen diese zur Inspektion mit Drohnen ab und sind gerade dabei, eine Auswertung mit KI zu erstellen, sodass Schäden entdeckt und analysiert werden können, ohne dass sich ein Mensch jedes einzelne Bild ansehen muss.

E&M: Welche Häfen steuern Sie an?

Warnecke: Wir arbeiten über Emden und bei den Großkomponententauschen über Eemshaven. Eine Servicestation haben wir auf Borkum, von dort aus fahren wir die täglichen Einsätze.

E&M: Wenn Eemshaven gleich gegenüber von Emden und das dänische Esbjerg bieten, was deutsche Häfen nicht bieten, könnte man doch in einem EU-Binnenmarkt zufrieden sein.

Warnecke: Wenn man die heimische Wirtschaft sieht, kann man damit nicht zufrieden sein. Dann muss man für sie Kapazitäten aufbauen. Es gibt zum Beispiel Steelwind in Nordenham oder Siemens in Cuxhaven und den einen oder anderen Standort mehr. Wir wehren uns nicht gegen Eemshaven, aber deutsche Häfen passen besser ins Bild. Zudem gilt es, bei den ausländischen Standorten − ob EU oder nicht − auch solche Themen wie Zoll, Arbeitsrecht, Abfallwirtschaft oder HSE (Health Safety Environment; d. Red.) gesondert zu bewerten und zu beachten.

E&M: Warum stellen diese Hersteller die Kapazitäten nicht selbst zur Verfügung?

Warnecke: In Emden liegt es zum größten Teil an der Wassertiefe. Auch gab es immer mal Planungen, den Hafen schwerlastfähig zu machen.

E&M: Inwieweit ist die Omexom-Gruppe auch in der Direktvermarktung von Offshore-Strom tätig?

Warnecke: Wir bieten Analysen und technische Beratungen auch im Zusammenhang mit PPA an. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung im Betrieb von Offshore-Windparks verfügen wir über eine Expertise im Bereich der Einspeisedaten und -situationen.

E&M: Welche Trends beobachten Sie im deutschen Offshore-PPA-Markt?

Warnecke: Wir werden in den nächsten Jahren die Vielfalt und Möglichkeiten von PPA erleben: Windparks werden in absehbarer Zeit aus der Förderung fallen; der Strom kann dann über neue PPA weiter vermarktet werden. Und das neue Ausschreibungsverfahren fördert PPA. Zugleich übt das Bestreben der Industrie nach wettbewerbsfähigen Energiepreisen erheblichen Einfluss aus.

E&M: Wann fällt denn der erste deutsche Offshore-Windpark aus der Förderung?
Warnecke: Aus der erhöhten Anfangsvergütung nach unseren Informationen im Mai 2022, nämlich jetzt. (Das Interview wurde Ende Mai geführt; d. Red.)

E&M: Welcher ist es?

Warnecke: Das ist der Windpark Riffgat, den wir mit O&M-Dienstleistungen betreuen. Er war im Stauchungsmodell.

E&M: Lassen Sie mich nachschauen: Im Februar 2014 ging der EWE-Windpark in Betrieb, im Stauchungsmodell gab es acht Jahre lang eine höhere Förderung von 19,4 Cent pro Kilowattstunde − kommt in etwa hin.

Warnecke: Der Strombedarf wird derzeit EWE-intern in Form eines PPA genutzt, um das EWE-Vertriebsportfolio zu vergrünen. Dabei haben wir EWE intensiv beraten.
 
Dirk Warnecke ist Geschäftsführer bei Omexom Renewable Energies Offshore und im Vorstand der Wab
Quelle: Omexom Renewable Energies Offshore

Freitag, 10.06.2022, 17:01 Uhr
Georg Eble

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.