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Energie & Management > Stromnetz - Das schwächste Glied der Elektrifizierung
Quelle: Fotolia / Gina Sanders
Stromnetz

Das schwächste Glied der Elektrifizierung

Die globalen Klimaziele können nach einem Bericht der Internationalen Energieagentur nur durch einen massiven Ausbau der Stromnetze erreicht werden.
Die Bedeutung der Stromnetze in der Energiewirtschaft werde in Zukunft größer, da Strom einen größeren Teil des Energieverbrauchs einnehme, heißt es in dem Bericht, den die Internationale Energieagentur (IEA) am 17. Oktober in Paris veröffentlichte. Um alle nationalen Klimaziele zu erreichen, müsse der Stromverbrauch in Zukunft um 20 Prozent schneller wachsen als in der laufenden Dekade.

Dafür müssten bis 2040 rund 80 Millionen Kilometer Leitungen neu gebaut oder modernisiert werden, das entspricht einer Verdoppelung der bestehenden Leitungskapazität. Die Politik und die Unternehmen ruft die IEA auf, mehr in den Ausbau der Netze zu investieren, andernfalls seien die Klimaziele und die Versorgungssicherheit gefährdet.

Die Investitionen in die Netze hielten nicht Schritt mit dem Ausbau der Stromerzeugung aus Wind und Sonne, mit dem Einsatz von Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen, heißt es in dem Bericht weiter. Besonders in den Entwicklungsländern seien die Investitionen in die Netzinfrastruktur trotz wachsender Nachfrage nach Strom zurückgegangen.

Immer mehr Engpässe durch Leitungsnetze

Ohne eine Ausweitung und Verbesserung der Netzinfrastruktur werde die Versorgungssicherheit unterminiert und das 1,5-Grad-Ziel gerate außer Reichweite. Neben einer Verdoppelung der Investitionen auf 600 Milliarden US-Dollar pro Jahr (umgerechnet etwa 569 Milliarden Euro) sei eine neue Regulierung notwendig. Die Leitungsnetze der Zukunft müssten anders als heute betrieben und gemanagt werden. Die Leitungsnetze entwickelten sich immer mehr zum Engpass der Energiewende, warnt die IEA. Das betreffe auch Industrieländer wie Deutschland. Hierzulande stiegen die Kosten für das Engpassmanagement in den letzten vier Jahren von 5,69 auf 8,10 Euro/MWh.

Weltweit gebe es Wind- und Solarprojekte mit einer Leistung von 1,5 Millionen MW in einem fortgeschrittenen Planungsstadium, die in den nächsten Jahren ans Netz gehen würden. Das wäre etwa das Fünffache der Wind- und Solarkapazität, die letztes Jahr ans Netz gegangen sei. „Die Fortschritte beim Ausbau der sauberen Energien, die wir in vielen Ländern sehen, sind ein Grund für Optimismus. Aber sie könnten leicht Schaden nehmen, wenn sich die Regierungen und die Unternehmen nicht zusammentun und sicherstellen, dass die Stromnetze bereit sind für die neu entstehende Energiewirtschaft“, lässt sich IEA-Direktor Fatih Birol zitieren.

Der Stromverbrauch wachse rapide und damit auch die Nutzung der Netze. Gleichzeitig müssten neue Technologien sowohl auf der Seite des Energieangebotes (Wind, Sonne, Speicher) als auch bei der Nachfrage (Heizungen, Mobilität, Speicher) integriert werden. Das sei nur möglich durch eine Digitalisierung der Verteilnetze, eine Flexibilisierung der Nachfrage und wesentlich mehr Speicherkapazität.

In einem Szenario haben die Energieexperten in Paris untersucht, welche Folgen es hätte, wenn der Ausbau der Netze und die Modernisierung der Regulierung weiter hinter dem Bedarf zurückbleiben. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass zwischen 2030 und 2050 fast 60 Milliarden Tonnen CO2 mehr ausgestoßen würden, weil der Ausbau der erneuerbaren Energien langsamer vorankommt und entsprechend mehr Strom aus fossilen Brennstoffen erzeugt wird.

Empfehlungen der IEA

Ein gezielter Ausbau der Netze müsse vor allem die Kapazität von Interkonnektoren innerhalb und zwischen einzelnen Ländern und Regionen erhöhen. Dadurch könnten die erneuerbaren Energien besser integriert und das Gesamtsystem widerstandsfähiger gemacht werden. Dafür müsse die Zusammenarbeit zwischen den Staaten intensiviert werden. Die Politik sollte vor allem Großprojekte zum Ausbau der Übertragungsnetze fördern, die Netzbetreiber sollten ihr Augenmerk besonders darauf richten, die Netze zu digitalisieren und flexibler zu machen.

Wegen der langen Investitionszyklen besteht nach Ansicht der IEA dringender Handlungsbedarf. Während neue Erzeugungsanlagen oft in weniger als fünf Jahren fertiggestellt würden, müssten für die Planung und den Bau von Projekten der Netzinfrastruktur bis zu 15 Jahren veranschlagt werden.

Die Modernisierung der Leitungsnetze in den Entwicklungsländern sei eine wichtige Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, sagt Birol. Sie benötigten nicht nur die nötige Finanzierung, sondern auch Zugang zu sauberen Technologien.

Der Bericht „Electricity Grids and Secure Energy Transitions Enhancing the foundations of resilient, sustainable and affordable power systems“ steht auf der Internetseite der IEA zum Download bereit.

Dienstag, 17.10.2023, 13:13 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Stromnetz - Das schwächste Glied der Elektrifizierung
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Das schwächste Glied der Elektrifizierung
Die globalen Klimaziele können nach einem Bericht der Internationalen Energieagentur nur durch einen massiven Ausbau der Stromnetze erreicht werden.
Die Bedeutung der Stromnetze in der Energiewirtschaft werde in Zukunft größer, da Strom einen größeren Teil des Energieverbrauchs einnehme, heißt es in dem Bericht, den die Internationale Energieagentur (IEA) am 17. Oktober in Paris veröffentlichte. Um alle nationalen Klimaziele zu erreichen, müsse der Stromverbrauch in Zukunft um 20 Prozent schneller wachsen als in der laufenden Dekade.

Dafür müssten bis 2040 rund 80 Millionen Kilometer Leitungen neu gebaut oder modernisiert werden, das entspricht einer Verdoppelung der bestehenden Leitungskapazität. Die Politik und die Unternehmen ruft die IEA auf, mehr in den Ausbau der Netze zu investieren, andernfalls seien die Klimaziele und die Versorgungssicherheit gefährdet.

Die Investitionen in die Netze hielten nicht Schritt mit dem Ausbau der Stromerzeugung aus Wind und Sonne, mit dem Einsatz von Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen, heißt es in dem Bericht weiter. Besonders in den Entwicklungsländern seien die Investitionen in die Netzinfrastruktur trotz wachsender Nachfrage nach Strom zurückgegangen.

Immer mehr Engpässe durch Leitungsnetze

Ohne eine Ausweitung und Verbesserung der Netzinfrastruktur werde die Versorgungssicherheit unterminiert und das 1,5-Grad-Ziel gerate außer Reichweite. Neben einer Verdoppelung der Investitionen auf 600 Milliarden US-Dollar pro Jahr (umgerechnet etwa 569 Milliarden Euro) sei eine neue Regulierung notwendig. Die Leitungsnetze der Zukunft müssten anders als heute betrieben und gemanagt werden. Die Leitungsnetze entwickelten sich immer mehr zum Engpass der Energiewende, warnt die IEA. Das betreffe auch Industrieländer wie Deutschland. Hierzulande stiegen die Kosten für das Engpassmanagement in den letzten vier Jahren von 5,69 auf 8,10 Euro/MWh.

Weltweit gebe es Wind- und Solarprojekte mit einer Leistung von 1,5 Millionen MW in einem fortgeschrittenen Planungsstadium, die in den nächsten Jahren ans Netz gehen würden. Das wäre etwa das Fünffache der Wind- und Solarkapazität, die letztes Jahr ans Netz gegangen sei. „Die Fortschritte beim Ausbau der sauberen Energien, die wir in vielen Ländern sehen, sind ein Grund für Optimismus. Aber sie könnten leicht Schaden nehmen, wenn sich die Regierungen und die Unternehmen nicht zusammentun und sicherstellen, dass die Stromnetze bereit sind für die neu entstehende Energiewirtschaft“, lässt sich IEA-Direktor Fatih Birol zitieren.

Der Stromverbrauch wachse rapide und damit auch die Nutzung der Netze. Gleichzeitig müssten neue Technologien sowohl auf der Seite des Energieangebotes (Wind, Sonne, Speicher) als auch bei der Nachfrage (Heizungen, Mobilität, Speicher) integriert werden. Das sei nur möglich durch eine Digitalisierung der Verteilnetze, eine Flexibilisierung der Nachfrage und wesentlich mehr Speicherkapazität.

In einem Szenario haben die Energieexperten in Paris untersucht, welche Folgen es hätte, wenn der Ausbau der Netze und die Modernisierung der Regulierung weiter hinter dem Bedarf zurückbleiben. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass zwischen 2030 und 2050 fast 60 Milliarden Tonnen CO2 mehr ausgestoßen würden, weil der Ausbau der erneuerbaren Energien langsamer vorankommt und entsprechend mehr Strom aus fossilen Brennstoffen erzeugt wird.

Empfehlungen der IEA

Ein gezielter Ausbau der Netze müsse vor allem die Kapazität von Interkonnektoren innerhalb und zwischen einzelnen Ländern und Regionen erhöhen. Dadurch könnten die erneuerbaren Energien besser integriert und das Gesamtsystem widerstandsfähiger gemacht werden. Dafür müsse die Zusammenarbeit zwischen den Staaten intensiviert werden. Die Politik sollte vor allem Großprojekte zum Ausbau der Übertragungsnetze fördern, die Netzbetreiber sollten ihr Augenmerk besonders darauf richten, die Netze zu digitalisieren und flexibler zu machen.

Wegen der langen Investitionszyklen besteht nach Ansicht der IEA dringender Handlungsbedarf. Während neue Erzeugungsanlagen oft in weniger als fünf Jahren fertiggestellt würden, müssten für die Planung und den Bau von Projekten der Netzinfrastruktur bis zu 15 Jahren veranschlagt werden.

Die Modernisierung der Leitungsnetze in den Entwicklungsländern sei eine wichtige Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, sagt Birol. Sie benötigten nicht nur die nötige Finanzierung, sondern auch Zugang zu sauberen Technologien.

Der Bericht „Electricity Grids and Secure Energy Transitions Enhancing the foundations of resilient, sustainable and affordable power systems“ steht auf der Internetseite der IEA zum Download bereit.

Dienstag, 17.10.2023, 13:13 Uhr
Tom Weingärtner

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