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Energie & Management > Kleinwind - Crome:
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Kleinwind

Crome:"Kleinwind muss es quasi aus dem Katalog geben"

Wie die Situation der Kleinwindtechnologie hierzulande verbessert werden kann, darüber sprach E&M mit dem langjährigen Windkraftexperten Professor Horst Crome.
E&M: Herr Professor Crome, Sie kennen die heimische Windbranche und die Windtechnik seit den frühen 1980er-Jahren. Warum ist die Kleinwindtechnologie bis heute nie über ein Nischendasein hinausgekommen?

Crome: Die Energieversorger haben es lange Zeit leider erfolgreich geschafft, die dezentrale Eigenstromerzeugung mit Kleinwind zu verhindern. Außerdem tun sich viele Bauämter schwer damit, Kleinwindanlagen zu genehmigen. Unter diesen Bedingungen und der Tatsache, dass es nie eine gesetzliche Förderung für die Kleinwindanlagen gegeben hat, hat keiner der Hersteller den Sprung in eine wirklich kostengünstige Serienproduktion von beispielsweise mehreren Tausend pro Jahr geschafft. Deshalb sind die Preise nach wie vor hoch.

E&M: Hand aufs Herz: Glauben Sie noch dran, dass die Kleinwindtechnologie in den nächsten Jahren, salopp ausgedrückt, die Kurve bekommt?

Crome: Weltweit gibt es in den ländlichen Regionen unzählige windreiche Standorte, wo sich Kleinwind lohnt. Für landwirtschaftliche und Kleingewerbebetriebe, die im Außenbereich liegen, macht Kleinwind für die Eigenstromversorgung wirklich Sinn − vor allem in Kombination mit Photovoltaikanlagen. Und auch für die ständig wachsende Zahl von Elektrofahrzeugen bieten sich Kleinwindanlagen als Stromquellen an. Lassen Sie die Kleinwindanlagen ein Drittel preiswerter werden und setzen Sie sie in Kombination mit Solaranlagen und Speichereinheiten ein, dann sehe ich für zigtausend Kleinrotoren ein wirklich großes Potenzial.

E&M: Was müsste kurzfristig geschehen, dass zumindest ein kleiner Teil dieses Potenzials aktiviert werden könnte?
 
Horst Crome: „Das Genehmigungsrecht muss entschlackt werden“
Bild: privat

Crome: Meines Erachtens wären die Hersteller gut beraten, Interessierten alles aus einer Hand anzubieten − vom kompletten Genehmigungsverfahren bis hin zur Wartung. Es muss ausgereifte Kleinwindanlagen mit den dazugehörigen Dienstleistungen quasi aus dem Katalog geben. Dieser Full Service sollte zum Standard werden. Bauern beispielsweise sind gute Betriebswirte in ihrem Bereich, aber keine Projektentwickler für Energiekonzepte. Kleinwindmüller brauchen da mehr Unterstützung.

E&M: Welche weiteren Vorschläge haben Sie, damit die Zahl von kleinen Windturbinen nennenswert wächst?

Crome: Das Genehmigungsrecht muss entschlackt werden. Anlagen mit einer Masthöhe von bis zu zehn Metern sollten für den privaten Bereich nur noch meldepflichtig sein, das heißt ein aufwendiges Genehmigungsverfahren entfällt. Für solche Kleinstanlagen sollte es eine genehmigungsfreie Spielwiese geben. Bei Anlagen mit 20 beziehungsweise 30 Metern Masthöhe plädiere ich für abgespeckte und überregional einheitliche Genehmigungsverfahren. Somit ließen sich viel Zeit und Geld gewinnen. Wenn die Politik in diesem Punkt mitspielt, sehr ich eine wirklich große Chance für Kleinwindanwendungen.
 

Zur Person

Professor Horst Crome, Jahrgang 1945, ist mit der Windenergie groß geworden. Er hat nicht nur jahrzehntelang an der Hochschule Bremen Physik, Windenergienutzung und Konstruktionslehre gelehrt, sondern auch selbst etliche Windenergieanlagen zum Selbstbau für Entwicklungsländer konzipiert. Im Bremer Werderland hat Crome 25 Jahre lang das größte Testfeld für Kleinwindanlagen in Europa betrieben. Mit dem Open-Wind-Projekt wird er zukünftig weltweit kostenlos Baupläne für Windpumpen verfügbar machen. Der emeritierte Professor gehört zu einem Team, das auf der noch ausstehenden Mitgliederversammlung des Bundesverbands Kleinwindanlagen für den Vorstand kandidiert.
 

Dienstag, 15.06.2021, 09:05 Uhr
Ralf Köpke
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Crome:"Kleinwind muss es quasi aus dem Katalog geben"
Wie die Situation der Kleinwindtechnologie hierzulande verbessert werden kann, darüber sprach E&M mit dem langjährigen Windkraftexperten Professor Horst Crome.
E&M: Herr Professor Crome, Sie kennen die heimische Windbranche und die Windtechnik seit den frühen 1980er-Jahren. Warum ist die Kleinwindtechnologie bis heute nie über ein Nischendasein hinausgekommen?

Crome: Die Energieversorger haben es lange Zeit leider erfolgreich geschafft, die dezentrale Eigenstromerzeugung mit Kleinwind zu verhindern. Außerdem tun sich viele Bauämter schwer damit, Kleinwindanlagen zu genehmigen. Unter diesen Bedingungen und der Tatsache, dass es nie eine gesetzliche Förderung für die Kleinwindanlagen gegeben hat, hat keiner der Hersteller den Sprung in eine wirklich kostengünstige Serienproduktion von beispielsweise mehreren Tausend pro Jahr geschafft. Deshalb sind die Preise nach wie vor hoch.

E&M: Hand aufs Herz: Glauben Sie noch dran, dass die Kleinwindtechnologie in den nächsten Jahren, salopp ausgedrückt, die Kurve bekommt?

Crome: Weltweit gibt es in den ländlichen Regionen unzählige windreiche Standorte, wo sich Kleinwind lohnt. Für landwirtschaftliche und Kleingewerbebetriebe, die im Außenbereich liegen, macht Kleinwind für die Eigenstromversorgung wirklich Sinn − vor allem in Kombination mit Photovoltaikanlagen. Und auch für die ständig wachsende Zahl von Elektrofahrzeugen bieten sich Kleinwindanlagen als Stromquellen an. Lassen Sie die Kleinwindanlagen ein Drittel preiswerter werden und setzen Sie sie in Kombination mit Solaranlagen und Speichereinheiten ein, dann sehe ich für zigtausend Kleinrotoren ein wirklich großes Potenzial.

E&M: Was müsste kurzfristig geschehen, dass zumindest ein kleiner Teil dieses Potenzials aktiviert werden könnte?
 
Horst Crome: „Das Genehmigungsrecht muss entschlackt werden“
Bild: privat

Crome: Meines Erachtens wären die Hersteller gut beraten, Interessierten alles aus einer Hand anzubieten − vom kompletten Genehmigungsverfahren bis hin zur Wartung. Es muss ausgereifte Kleinwindanlagen mit den dazugehörigen Dienstleistungen quasi aus dem Katalog geben. Dieser Full Service sollte zum Standard werden. Bauern beispielsweise sind gute Betriebswirte in ihrem Bereich, aber keine Projektentwickler für Energiekonzepte. Kleinwindmüller brauchen da mehr Unterstützung.

E&M: Welche weiteren Vorschläge haben Sie, damit die Zahl von kleinen Windturbinen nennenswert wächst?

Crome: Das Genehmigungsrecht muss entschlackt werden. Anlagen mit einer Masthöhe von bis zu zehn Metern sollten für den privaten Bereich nur noch meldepflichtig sein, das heißt ein aufwendiges Genehmigungsverfahren entfällt. Für solche Kleinstanlagen sollte es eine genehmigungsfreie Spielwiese geben. Bei Anlagen mit 20 beziehungsweise 30 Metern Masthöhe plädiere ich für abgespeckte und überregional einheitliche Genehmigungsverfahren. Somit ließen sich viel Zeit und Geld gewinnen. Wenn die Politik in diesem Punkt mitspielt, sehr ich eine wirklich große Chance für Kleinwindanwendungen.
 

Zur Person

Professor Horst Crome, Jahrgang 1945, ist mit der Windenergie groß geworden. Er hat nicht nur jahrzehntelang an der Hochschule Bremen Physik, Windenergienutzung und Konstruktionslehre gelehrt, sondern auch selbst etliche Windenergieanlagen zum Selbstbau für Entwicklungsländer konzipiert. Im Bremer Werderland hat Crome 25 Jahre lang das größte Testfeld für Kleinwindanlagen in Europa betrieben. Mit dem Open-Wind-Projekt wird er zukünftig weltweit kostenlos Baupläne für Windpumpen verfügbar machen. Der emeritierte Professor gehört zu einem Team, das auf der noch ausstehenden Mitgliederversammlung des Bundesverbands Kleinwindanlagen für den Vorstand kandidiert.
 

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Ralf Köpke

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