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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - Contractoren begehren gegen Diskriminierung auf
Quelle: Fotolia
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe

Contractoren begehren gegen Diskriminierung auf

Eines der zentralen Themen im Bundestagswahlkampf war die Klimapolitik. Davon ist auch die Branche der Contractoren betroffen, die wie kaum eine zweite für Energieeffizienz steht.
Die Branche der Contractoren gilt als eine der tragenden Säulen der Energiewende. Doch sie fühlt sich bisher von der Politik diskriminiert. Wie kann eine neue Bundesregierung das ändern?

Dabei haben die Contractoren schon lange vor der Wahl einen kleinen Sieg davongetragen − wohl auch dank des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, dass es in der Klimapolitik mehr Generationengerechtigkeit brauche. Denn die geplanten Änderungen der im Juni 2021 vom Bundesrat verabschiedeten Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) hätten weitreichende und tendenziell negative Auswirkungen auf das Wärmecontracting gehabt. Dass diese Änderungen nicht kommen, ist unter anderem der Intervention des Branchenverbands für Energiedienstleistungen, Effizienz und Contracting (Vedec) zu verdanken.

So wurde die Höchstlaufzeit von Verträgen, die unter die Verordnung fallen, nicht auf zwei Jahre verkürzt. Es bleiben wie bisher zehn, was den Energiedienstleistern mehr Planungssicherheit verschafft. Auch die automatische Vertragsverlängerung bleibt auf fünf und nicht wie geplant auf ein Jahr beschränkt. „Im Sinne des Klimaschutzes begrüßen wir sehr, dass der Bundesrat insbesondere die Empfehlungen der Ausschüsse zur Vertragslaufzeit und automatischen Verlängerungszeit nicht aufgegriffen hat“, so der Vedec, der zusammen mit anderen Verbänden noch eine Reihe weiterer für die Branche ungünstiger Reglungen verhindern konnte.

Wärmemengenzähler könnten helfen

Doch die Contractoren denken nicht nur an den Schutz von Bestehendem (und aus ihrer Sicht Bewährtem). Für eine erfolgreiche Energiewende schlagen sie neun Maßnahmen vor, darunter den verpflichtenden Einbau von Wärmemengenzählern, die Verbesserung der Wärmelieferverordnung und die Schaffung eines bürokratiearmen Rahmens für Quartierslösungen mit Kundenanlagen.

„Dabei ist eines der wesentlichen Themen, dass es aktuell keine Abgrenzung zwischen der Fernwärmeversorgung und dem Contracting gibt. Das sorgt nicht nur für Rechtsunsicherheit, sondern auch für Ungleichbehandlung. Wir halten deshalb eine Klarstellung im europäischen Emissionshandel seit Jahren für überfällig“, so Michael Lowak, Segment-CEO Immobilienwirtschaft der Getec-Gruppe.
 
434 Wohnungen der Baugenossenschaft Familienheim Mittelbaden in den Orten Kehl und Achern erhalten per Contracting statt alter Nachtspeicherheizungen moderne Green-E-Heating-Heizgeräte
Quelle: Familienheim Mittelbaden

Sowohl die Fernwärme als auch das Contracting seien gewerbliche Wärmelieferungen und sollten als solche auch klarstellend beschrieben werden. Zur Vereinfachung der Systematik und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sollten alle gewerblichen Wärmelieferungen gleichrangig als Fernwärme behandelt werden. Darüber hinaus sei es zur Ankurbelung der energetischen Sanierung extrem wichtig, das Contracting in der Förderung grundsätzlich der Eigenlösung gleichzustellen.

Ob sich hier etwas bewegt, ist jedoch offen. „Dabei hätte die Bundesregierung mit dem kürzlich von der EU-Kommission beschlossenen Paket, die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken, einen idealen Anknüpfungspunkt“, so Lowak. Mit der Reform des europäischen Emissionshandels gehe die EU schon in die richtige Richtung.

Der Vorstand von Getec selbst schlägt vor, dass die Bundesregierung alle staatlich induzierten Kosten auf der Warmmietenneutralität entlässt. „Das“, so Lowak, „ist letztlich nur ein rechtlicher Webfehler, der bei der Einführung der nationalen CO2-Bepreisung vergessen worden ist. Ihn zu beheben, ist relativ einfach durch einen Zusatz im § 556c BGB. Kosten, die der Dienstleister nicht zu verantworten hat, müssen aus dem Gebot der Warmmietenneutralität ausgeschlossen sein.“ Nur dadurch könne der CO2-Preis die gewünschte Lenkungswirkung entfalten. Zur Ehrlichkeit in der Klimadebatte gehöre aber auch: Eine Umstellung auf gewerbliche Wärmelieferung werde schlicht nicht warmmietenneutral darstellbar sein.

Mietrechtsänderung hilfreich

Lowak sieht eine rechtliche Regelung dafür in einer Mietrechtsänderung im § 556c BGB. Mietende sollten vor finanzieller Überforderung geschützt werden. Allerdings kenne das BGB nicht den zu Jahresbeginn eingeführten CO2-Preis. Jeder neue Contractingvertrag beinhalte jedoch die CO2-Preise, die in den nächsten Jahren auch noch steigen werden, sodass Umstellungen auf gewerbliche Wärmelieferungen nur noch sehr schwer warmmietenneutral angeboten werden könnten. „Das konterkariert leider alle Klimaziele, weil gerade die gewerblichen Wärmelieferungen die regenerative Wärmeversorgung sichern können“, so Lowak. Bereits 2021 werden − bei gleichem Endenergieverbrauch − mit der ersten Stufe der CO2-Bepreisung Mehrkosten von bis zu 10 % anfallen. Die Folgen sind höhere Baukostenzuschüsse für den Gebäudeeigentümer und die Vermeidung von Anlagenmodernisierungen, so eine Getec-Rechnung.

Das Urteil des BVerfG zum Bundesklimaschutzgesetz ist für Lowak eine Zäsur. Es werde zwar für sich genommen keine Klimagerechtigkeit erzeugen. Als Beispiel nennt er den Streit, wer im vermieteten Bestand die Kosten tragen soll, Mietende oder Vermietende. „Wir glauben, dass es gerecht und für alle Akteure transparent wäre, die Kostenverteilung am energetischen Zustand des Gebäudes zu bemessen. Bei einem energetisch unzureichenden Stand sollte der Vermietende einen deutlich höheren Anteil an den CO2-Kosten tragen, um für Investitionen angereizt zu werden. Nach einer umfassenden Modernisierung sinkt der Energiebedarf deutlich und der Mietende kann auch unter Wahrung seiner finanziellen Möglichkeiten einen deutlich höheren Anteil tragen. Das schafft Klimagerechtigkeit, bei der alle mitgenommen werden“, so Lowak.

Auch das Problem der Kundenanlagen in Quartieren sieht Lowak kritisch: „Die Begrenzung der Kundenanlage mit flächenbezogenen Restriktionen sollte grundsätzlich entfallen. Auch die zusätzlichen Begrenzungen der Kundenanlagen mit mehreren Hundert Letztverbrauchern und 10.000 Quadratmetern versorgter Fläche sollten entfallen, da mit Elektromobilität und kleineren und sparsameren Haushalten auch bei 1.000 Megawattstunden Absatzmenge 400 bis 500 Zähler möglich sind.“

Zudem bedürfe es einer gesetzesübergreifenden Definition von Quartieren. Und: Die einzelnen Novellierungen des Energiewirtschaftsrechts, insbesondere in KWKG, EnWG und EEG, als auch das GEG 2.0 sollten über einen einheitlichen Quartiersbegriff verfügen. Hier sei dann eben auch zu klären, was eine Kundenanlage und räumlich zusammenhängende Gebiete sind.

Montag, 4.10.2021, 08:43 Uhr
Frank Urbansky
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - Contractoren begehren gegen Diskriminierung auf
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Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe
Contractoren begehren gegen Diskriminierung auf
Eines der zentralen Themen im Bundestagswahlkampf war die Klimapolitik. Davon ist auch die Branche der Contractoren betroffen, die wie kaum eine zweite für Energieeffizienz steht.
Die Branche der Contractoren gilt als eine der tragenden Säulen der Energiewende. Doch sie fühlt sich bisher von der Politik diskriminiert. Wie kann eine neue Bundesregierung das ändern?

Dabei haben die Contractoren schon lange vor der Wahl einen kleinen Sieg davongetragen − wohl auch dank des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, dass es in der Klimapolitik mehr Generationengerechtigkeit brauche. Denn die geplanten Änderungen der im Juni 2021 vom Bundesrat verabschiedeten Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) hätten weitreichende und tendenziell negative Auswirkungen auf das Wärmecontracting gehabt. Dass diese Änderungen nicht kommen, ist unter anderem der Intervention des Branchenverbands für Energiedienstleistungen, Effizienz und Contracting (Vedec) zu verdanken.

So wurde die Höchstlaufzeit von Verträgen, die unter die Verordnung fallen, nicht auf zwei Jahre verkürzt. Es bleiben wie bisher zehn, was den Energiedienstleistern mehr Planungssicherheit verschafft. Auch die automatische Vertragsverlängerung bleibt auf fünf und nicht wie geplant auf ein Jahr beschränkt. „Im Sinne des Klimaschutzes begrüßen wir sehr, dass der Bundesrat insbesondere die Empfehlungen der Ausschüsse zur Vertragslaufzeit und automatischen Verlängerungszeit nicht aufgegriffen hat“, so der Vedec, der zusammen mit anderen Verbänden noch eine Reihe weiterer für die Branche ungünstiger Reglungen verhindern konnte.

Wärmemengenzähler könnten helfen

Doch die Contractoren denken nicht nur an den Schutz von Bestehendem (und aus ihrer Sicht Bewährtem). Für eine erfolgreiche Energiewende schlagen sie neun Maßnahmen vor, darunter den verpflichtenden Einbau von Wärmemengenzählern, die Verbesserung der Wärmelieferverordnung und die Schaffung eines bürokratiearmen Rahmens für Quartierslösungen mit Kundenanlagen.

„Dabei ist eines der wesentlichen Themen, dass es aktuell keine Abgrenzung zwischen der Fernwärmeversorgung und dem Contracting gibt. Das sorgt nicht nur für Rechtsunsicherheit, sondern auch für Ungleichbehandlung. Wir halten deshalb eine Klarstellung im europäischen Emissionshandel seit Jahren für überfällig“, so Michael Lowak, Segment-CEO Immobilienwirtschaft der Getec-Gruppe.
 
434 Wohnungen der Baugenossenschaft Familienheim Mittelbaden in den Orten Kehl und Achern erhalten per Contracting statt alter Nachtspeicherheizungen moderne Green-E-Heating-Heizgeräte
Quelle: Familienheim Mittelbaden

Sowohl die Fernwärme als auch das Contracting seien gewerbliche Wärmelieferungen und sollten als solche auch klarstellend beschrieben werden. Zur Vereinfachung der Systematik und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sollten alle gewerblichen Wärmelieferungen gleichrangig als Fernwärme behandelt werden. Darüber hinaus sei es zur Ankurbelung der energetischen Sanierung extrem wichtig, das Contracting in der Förderung grundsätzlich der Eigenlösung gleichzustellen.

Ob sich hier etwas bewegt, ist jedoch offen. „Dabei hätte die Bundesregierung mit dem kürzlich von der EU-Kommission beschlossenen Paket, die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken, einen idealen Anknüpfungspunkt“, so Lowak. Mit der Reform des europäischen Emissionshandels gehe die EU schon in die richtige Richtung.

Der Vorstand von Getec selbst schlägt vor, dass die Bundesregierung alle staatlich induzierten Kosten auf der Warmmietenneutralität entlässt. „Das“, so Lowak, „ist letztlich nur ein rechtlicher Webfehler, der bei der Einführung der nationalen CO2-Bepreisung vergessen worden ist. Ihn zu beheben, ist relativ einfach durch einen Zusatz im § 556c BGB. Kosten, die der Dienstleister nicht zu verantworten hat, müssen aus dem Gebot der Warmmietenneutralität ausgeschlossen sein.“ Nur dadurch könne der CO2-Preis die gewünschte Lenkungswirkung entfalten. Zur Ehrlichkeit in der Klimadebatte gehöre aber auch: Eine Umstellung auf gewerbliche Wärmelieferung werde schlicht nicht warmmietenneutral darstellbar sein.

Mietrechtsänderung hilfreich

Lowak sieht eine rechtliche Regelung dafür in einer Mietrechtsänderung im § 556c BGB. Mietende sollten vor finanzieller Überforderung geschützt werden. Allerdings kenne das BGB nicht den zu Jahresbeginn eingeführten CO2-Preis. Jeder neue Contractingvertrag beinhalte jedoch die CO2-Preise, die in den nächsten Jahren auch noch steigen werden, sodass Umstellungen auf gewerbliche Wärmelieferungen nur noch sehr schwer warmmietenneutral angeboten werden könnten. „Das konterkariert leider alle Klimaziele, weil gerade die gewerblichen Wärmelieferungen die regenerative Wärmeversorgung sichern können“, so Lowak. Bereits 2021 werden − bei gleichem Endenergieverbrauch − mit der ersten Stufe der CO2-Bepreisung Mehrkosten von bis zu 10 % anfallen. Die Folgen sind höhere Baukostenzuschüsse für den Gebäudeeigentümer und die Vermeidung von Anlagenmodernisierungen, so eine Getec-Rechnung.

Das Urteil des BVerfG zum Bundesklimaschutzgesetz ist für Lowak eine Zäsur. Es werde zwar für sich genommen keine Klimagerechtigkeit erzeugen. Als Beispiel nennt er den Streit, wer im vermieteten Bestand die Kosten tragen soll, Mietende oder Vermietende. „Wir glauben, dass es gerecht und für alle Akteure transparent wäre, die Kostenverteilung am energetischen Zustand des Gebäudes zu bemessen. Bei einem energetisch unzureichenden Stand sollte der Vermietende einen deutlich höheren Anteil an den CO2-Kosten tragen, um für Investitionen angereizt zu werden. Nach einer umfassenden Modernisierung sinkt der Energiebedarf deutlich und der Mietende kann auch unter Wahrung seiner finanziellen Möglichkeiten einen deutlich höheren Anteil tragen. Das schafft Klimagerechtigkeit, bei der alle mitgenommen werden“, so Lowak.

Auch das Problem der Kundenanlagen in Quartieren sieht Lowak kritisch: „Die Begrenzung der Kundenanlage mit flächenbezogenen Restriktionen sollte grundsätzlich entfallen. Auch die zusätzlichen Begrenzungen der Kundenanlagen mit mehreren Hundert Letztverbrauchern und 10.000 Quadratmetern versorgter Fläche sollten entfallen, da mit Elektromobilität und kleineren und sparsameren Haushalten auch bei 1.000 Megawattstunden Absatzmenge 400 bis 500 Zähler möglich sind.“

Zudem bedürfe es einer gesetzesübergreifenden Definition von Quartieren. Und: Die einzelnen Novellierungen des Energiewirtschaftsrechts, insbesondere in KWKG, EnWG und EEG, als auch das GEG 2.0 sollten über einen einheitlichen Quartiersbegriff verfügen. Hier sei dann eben auch zu klären, was eine Kundenanlage und räumlich zusammenhängende Gebiete sind.

Montag, 4.10.2021, 08:43 Uhr
Frank Urbansky

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