Quelle: Deutscher Bundestag / Achim Melde
Die Bundesregierung will eine Gas- und Strompreisbremse so rasch wie möglich umsetzen. Am 14. Oktober diskutierte der Bundestag die Vorschläge der Expertenkommission vom Wochenanfang.
Politiker der Ampel-Koalition wie auch der Opposition sehen Nachbesserungsbedarf bei den Vorschlägen der Expertenkommission für eine Gaspreisbremse, die am 10. Oktober vorgelegt worden waren. Im Mittelpunkt der Einwände stehen die hohen Kosten und die bessere Zielgenauigkeit der Preisentlastung für wirklich bedürftige Haushalte und Unternehmen.
Florian Toncar (FDP), parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, erläuterte, die Preisbremse sei "Herzstück" des Abwehrschirms gegen die hohen Energiepreise und solle verhindern, dass Existenzen gefährdet werden. Die hohen Energiepreise seien Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.
Die Bundesregierung hatte einen Abwehrschirm von bis zu 200 Mrd. Euro angekündigt, um Verbraucher und Unternehmen wegen der stark steigenden Energiepreise zu unterstützen. Finanziert werden soll dies über eine Wieder-Mobilisierung des zu Beginn der Corona-Pandemie geschaffenen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Die Gaspreisbremse könnte laut Kommission bis 2024 bis zu 96 Mrd. Euro kosten.
Stufenmodell mit Einmalzahlung und Preisdeckel
Laut dem Stufenmodell der Expertenkommission aus Verbänden, Wissenschaft und Unternehmen soll es im Dezember eine Einmalzahlung für Gaskunden in Privathaushalten und Gewerbe in Höhe des Septemberabschlags geben. Ab März 2023 soll ein Grundkontingent an Gas in Höhe von 80 % des bisher durchschnittlichen Verbrauchs zu einem staatlich gestützten Preis geliefert werden. Das solle zugleich die Gaseinsparung von 20 % im Vergleich zum Vorjahr stimulieren, weil Verbräuche über dem Grundbedarf zum hohen Preis abgerechnet werden. Für Großkunden in der Industrie soll es ab Januar 2023 einen Preisdeckel für einen Grundverbrauch geben.
Die Ampel-Koalition will umgehend ein Gesetz zur Preisbremse einbringen. "Es braucht eine schnelle Unterstützung, und deswegen werden wir das auch so schnell es irgend geht auf den Weg bringen", versicherte die stellvertretende Grünen-Fraktionschefin Julia Verlinden bei einer Aktuellen Stunde im Bundestag. Gleichzeitig kündigte das Regierungsbündnis aber auch Nachbesserungen an. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch stellte etwa in Aussicht, Härten bei den Nutzern von Holzpellets und Ölheizungen ebenfalls abzufedern.
Opposition kritiserte "Gießkannenzahlung"
Bei der Opposition stieß ein Großteil der Vorschläge auf Kritik. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Andreas Jung sagte, dass die Einmalzahlung "mehr Fragen aufwirft als beantwortet". Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch nannte es "absurd", dass die Gaspreisbremse erst am Ende der Heizsaison in Kraft treten soll, während es sich bei der Einmalzahlung im Dezember um eine "unsoziale Gießkanne" handle. Der AfD-Abgeordnete Rainer Kraft sprach von "blindem, teuren Aktionismus".
Zur Kritik, die Vorschläge der Expertenkommission seien sozial nicht ausbalanciert, nahm Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in dieser Woche Stellung. Er sagte, dies sei nicht anders möglich, wenn die Maßnahmen so schnell wie möglich greifen sollen. Die Gasversorger hätten nur Daten über den Verbrauch, nicht aber "ob hinter dem Anschluss ein Mehrfamilienhaus oder eine Villa mit beheiztem Pool" stehen. Die Gaspreisbremse sei "in dem Sinne ungerecht, als dass große Verbräuche, die meistens einhergehen mit hohen Einkommen, die gleiche Entlastung bekommen wie kleinere Einkommen und geringere Verbräuche", gab Habeck zu.
Liquiditätshilfen für Energieversorger gefordert
Angesichts der extrem gestiegenen Gaspreise benötigten die Stadtwerke Liquiditätshilfen der Bundesregierung. Das mahnte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer beim Verband kommunaler Unternehmen (VKU), in dieser Woche an. Andernfalls würden die Stadtwerke als Partner der Energiewende ausfallen. "Wir wollen mehr und nicht weniger erneuerbare Energien", sagte Liebing. Dies erfordere aber weitere gewaltige Investitionen, die derzeit durch die hohen Kosten für fossile Energieträger gebunden seien.
Freitag, 14.10.2022, 15:39 Uhr
Susanne Harmsen
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