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Energie & Management > Gasnetz - Bundesnetzagentur übernimmt deutsche Gazprom
Quelle: Fotolia / tomas
Gasnetz

Bundesnetzagentur übernimmt deutsche Gazprom

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat am 4. April überraschend die  Bundesnetzagentur als Treuhänderin der deutschen Gazprom-Tochter eingesetzt.
Mit einer rechtlichen Anordnung, hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) die Bundesnetzagentur vorübergehend als Treuhänderin der Gazprom Germania eingesetzt. Wie Minister Robert Habeck (Grüne) am 4. April verkündete, beruhe dies auf einer Regelung im Außenwirtschaftsgesetz. „Die Bundesnetzagentur wird Ordnung in die Verhältnisse bringen“, sagte Habeck. Die Treuhandschaft gelte einstweilen bis zum 30. September.

Hintergrund ist die überraschende Nachricht vom 29. März, dass sich der russische Mutterkonzern von seiner Tochter zurückzieht. Angeblich habe am 25. März ein „mittelbarer Erwerb“ der Gazprom Germania durch „JSC Palmary und Gazprom Business Export Services LLC“ stattgefunden. Beim Betrieb kritischer Infrastruktur müsse jeder Erwerb durch einen Nicht-EU-Investor vom Wirtschaftsministerium genehmigt werden. Es sei aber unklar, wer wirtschaftlich und rechtlich hinter den beiden Unternehmen steht.

Zudem habe der Erwerber die Liquidierung der Gazprom Germania angeordnet, was nicht rechtmäßig sei, solange der Erwerb nicht genehmigt sei.
Überdies solle Gazprom Germania nun „liquidiert werden“. Daher werde die Bundesnetzagentur nun die Kontrolle übernehmen, um die Sicherheit der Energieversorgung zu garantieren, sagte Habeck.

Weitreichende Vollmachten

Die Bundesnetzagentur könne Geschäftsführer abberufen und Anweisungen erteilen, so dass die Geschäfte der Gazprom Deutschland weiter laufen. Die Wahrnehmung der Stimmrechte anderer Gesellschafter sei ausgeschlossen. „Wir werden Energiedienstleistungen in Deutschland nicht willkürlichen Entscheidungen des Kremls überlassen“, sagte der Minister. Die Bundesnetzagentur als Gesellschafterin könne auch die Geschäfte der Gazprom Germania in Polen und Tschechien weiterbetreiben. „Wir arbeiten daran, uns weiter von russischen Energieimporten unabhängig zu machen“, versprach Habeck abschließend.

„Wir sind uns der Verantwortung für die sichere Gasversorgung bewusst, die mit dieser Aufgabe verbunden ist“, erklärte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. „Unser Ziel wird es sein, dass Gazprom Germania im Interesse Deutschlands und Europas geführt wird“, ergänzte er. Ziel sei die Versorgungssicherheit weiter zu gewährleisten und dafür die Geschäfte der Gazprom Germania und ihrer Tochterunternehmen kontrolliert weiterzuführen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte wegen der Ereignisse im ukrainischen Butscha weitere Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland angekündigt. Konkretere Entscheidungen dazu werden noch in dieser Woche erwartet. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat aber ein sofortiges Embargo von russischem Gas ausgeschlossen. „Wir müssen scharfe Sanktionen vorsehen, aber Gas ist kurzfristig nicht substituierbar“, sagte er am Rande eines Treffens der Eurogruppe am 4. April.

Hintergrund des Abschieds der Gazprom von der deutschen Tochter

Banken und Geschäftspartner der deutschen Gazprom und von Rosneft waren seit Inkrafttreten der Sanktionen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf Distanz zu Unternehmen mit russischen Eigentümern gegangen. Zwar sind Rosneft Deutschland und Gazprom Germania als Unternehmen der Energiebranche von den Sanktionen des Westens ausgenommen. Dennoch könnten beide Unternehmen dadurch Gefahr laufen, insolvent zu gehen. Dies könnte der Hintergrund für den überstürzten Abschied des russischen Gazprom Konzerns von seiner deutschen Tochter sein.

Gazprom Germania betreibt große Gasspeicher und -leitungen, Rosneft Deutschland steht für 25 % des deutschen Raffineriegeschäfts. Daher muss die Bundesregierung im Falle einer Schieflage dieser für Deutschland systemrelevanten Unternehmen eine Beeinträchtigung der Energieversorgung verhindern. Spitzenbeamte des Bundeswirtschaftsministeriums arbeiteten bereits intern an Szenarien für eine Enteignung und Verstaatlichung der deutschen Töchter der russischen Energiekonzerne Gazprom und Rosneft, berichteten Insider.

Montag, 4.04.2022, 17:08 Uhr
Susanne Harmsen
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Bundesnetzagentur übernimmt deutsche Gazprom
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat am 4. April überraschend die  Bundesnetzagentur als Treuhänderin der deutschen Gazprom-Tochter eingesetzt.
Mit einer rechtlichen Anordnung, hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) die Bundesnetzagentur vorübergehend als Treuhänderin der Gazprom Germania eingesetzt. Wie Minister Robert Habeck (Grüne) am 4. April verkündete, beruhe dies auf einer Regelung im Außenwirtschaftsgesetz. „Die Bundesnetzagentur wird Ordnung in die Verhältnisse bringen“, sagte Habeck. Die Treuhandschaft gelte einstweilen bis zum 30. September.

Hintergrund ist die überraschende Nachricht vom 29. März, dass sich der russische Mutterkonzern von seiner Tochter zurückzieht. Angeblich habe am 25. März ein „mittelbarer Erwerb“ der Gazprom Germania durch „JSC Palmary und Gazprom Business Export Services LLC“ stattgefunden. Beim Betrieb kritischer Infrastruktur müsse jeder Erwerb durch einen Nicht-EU-Investor vom Wirtschaftsministerium genehmigt werden. Es sei aber unklar, wer wirtschaftlich und rechtlich hinter den beiden Unternehmen steht.

Zudem habe der Erwerber die Liquidierung der Gazprom Germania angeordnet, was nicht rechtmäßig sei, solange der Erwerb nicht genehmigt sei.
Überdies solle Gazprom Germania nun „liquidiert werden“. Daher werde die Bundesnetzagentur nun die Kontrolle übernehmen, um die Sicherheit der Energieversorgung zu garantieren, sagte Habeck.

Weitreichende Vollmachten

Die Bundesnetzagentur könne Geschäftsführer abberufen und Anweisungen erteilen, so dass die Geschäfte der Gazprom Deutschland weiter laufen. Die Wahrnehmung der Stimmrechte anderer Gesellschafter sei ausgeschlossen. „Wir werden Energiedienstleistungen in Deutschland nicht willkürlichen Entscheidungen des Kremls überlassen“, sagte der Minister. Die Bundesnetzagentur als Gesellschafterin könne auch die Geschäfte der Gazprom Germania in Polen und Tschechien weiterbetreiben. „Wir arbeiten daran, uns weiter von russischen Energieimporten unabhängig zu machen“, versprach Habeck abschließend.

„Wir sind uns der Verantwortung für die sichere Gasversorgung bewusst, die mit dieser Aufgabe verbunden ist“, erklärte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. „Unser Ziel wird es sein, dass Gazprom Germania im Interesse Deutschlands und Europas geführt wird“, ergänzte er. Ziel sei die Versorgungssicherheit weiter zu gewährleisten und dafür die Geschäfte der Gazprom Germania und ihrer Tochterunternehmen kontrolliert weiterzuführen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte wegen der Ereignisse im ukrainischen Butscha weitere Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland angekündigt. Konkretere Entscheidungen dazu werden noch in dieser Woche erwartet. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat aber ein sofortiges Embargo von russischem Gas ausgeschlossen. „Wir müssen scharfe Sanktionen vorsehen, aber Gas ist kurzfristig nicht substituierbar“, sagte er am Rande eines Treffens der Eurogruppe am 4. April.

Hintergrund des Abschieds der Gazprom von der deutschen Tochter

Banken und Geschäftspartner der deutschen Gazprom und von Rosneft waren seit Inkrafttreten der Sanktionen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf Distanz zu Unternehmen mit russischen Eigentümern gegangen. Zwar sind Rosneft Deutschland und Gazprom Germania als Unternehmen der Energiebranche von den Sanktionen des Westens ausgenommen. Dennoch könnten beide Unternehmen dadurch Gefahr laufen, insolvent zu gehen. Dies könnte der Hintergrund für den überstürzten Abschied des russischen Gazprom Konzerns von seiner deutschen Tochter sein.

Gazprom Germania betreibt große Gasspeicher und -leitungen, Rosneft Deutschland steht für 25 % des deutschen Raffineriegeschäfts. Daher muss die Bundesregierung im Falle einer Schieflage dieser für Deutschland systemrelevanten Unternehmen eine Beeinträchtigung der Energieversorgung verhindern. Spitzenbeamte des Bundeswirtschaftsministeriums arbeiteten bereits intern an Szenarien für eine Enteignung und Verstaatlichung der deutschen Töchter der russischen Energiekonzerne Gazprom und Rosneft, berichteten Insider.

Montag, 4.04.2022, 17:08 Uhr
Susanne Harmsen

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