E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Gas - Brüssel will Termingeschäfte mit Gas deckeln
Quelle: Fotolia / WoGi
Gas

Brüssel will Termingeschäfte mit Gas deckeln

Die EU-Kommission hat den Entwurf eines "Marktkorrektur-Mechanismus" vorgelegt. Damit sollen die Preisschwankungen auf dem Gasmarkt begrenzt werden.
Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten die Kommission Ende Oktober aufgefordert, ein Instrument zu entwickeln, um gegen extrem hohe Gaspreise vorzugehen. Es sollte sich um eine zeitlich befristete Maßnahme handeln, die bei einem bestimmten Preisniveau aktiviert würde, wenn davon eine Gefahr für die Versorgungssicherheit ausgehe. Die Formulierung galt als Kompromiss zwischen den 15 Ländern, die einen Höchstpreis für Gas einführen wollen und Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden, die das für kontraproduktiv halten. Die Kommission hat den Mitgliedsstaaten jetzt den Entwurf einer Regelung zugeleitet, der aber noch nicht mit Zahlen versehen ist.

Danach würden die Energieminister, die in der nächsten Woche zusammenkommen, eine Obergrenze für Terminkontrakte festlegen, die am niederländischen Hub TTF notiert werden. Betroffen wären nur Abschlüsse, die Lieferungen in einem Monat vorsehen. Zur Begründung verweist die Kommission auf die Leitfunktion dieser Notierung (TTF-Preis) für den Gasmarkt. Langfristige Verträge und bilaterale Vereinbarungen(OTC) würden nicht unter die Regelung fallen.

Die Obergrenze würde aktiviert, wenn der TTF-Preis „ein definiertes Niveau erreicht und der Preisanstieg nicht mit einer entsprechenden Preisentwicklung auf dem Weltmarkt übereinstimmt“. Als Referenzpreis würde „ein Korb der Preise für Flüssiggas“ verwendet. Der Abstand zwischen dem TTF-Preis und dem Weltmarkt-Preis würde auf dem Spotmarkt gemessen. Der Schwellenwert X, der die Aktivierung des Mechanismus auslöst, sollte in der Verordnung festgelegt werden, um schnell auf die Preisentwicklung reagieren zu können. Die Entscheidung könnte dann die Kommission treffen.

Monatliche Überprüfung geplant

Gleichzeitig sollte sichergestellt sein, dass der Mechanismus jederzeit wieder außer Kraft gesetzt werden kann, wenn negative Folgen des Markteingriffs sichtbar werden. Eine monatliche Überprüfung würde sicherstellen, dass Marktverzerrungen nicht unbemerkt bleiben. Die Preis-Obergrenze würde automatisch beseitigt, wenn die Voraussetzungen nicht länger gegeben wären. Dabei sollten die Einsparvorschriften der EU berücksichtigt werden. Die Überwachung würde von der Kommission durchgeführt, die dabei eng mit der Regulierungsbehörde ACER, der Börsenaufsicht ESMA und der Europäischen Zentralbank EZB zusammenarbeiten würde.

Ein solcher Mechanismus habe Vor- und Nachteile, schreibt die Kommission an die Mitgliedsstaaten. Er könne verhindern, dass wenige Marktteilnehmer das Preisniveau bestimmten. Spitzenpreise wie im August könnten so abgewendet werden. Eine dauerhafte Absenkung des Preisniveaus sei damit aber nicht möglich. Allerdings könne sich ein Höchstpreis positiv auf die Preiserwartungen auswirken und die Spekulation eindämmen.

Zu den Nachteilen gehöre, dass sich ein Teil des Gashandels voraussichtlich vom TTF auf bilaterale Verträge(OTC) verlagern werde. Das beeinträchtige die Transparenz des Gashandels und erhöhe die Risiken. Je nachdem, wo der Höchstpreis festgelegt werde, könnten Termingeschäfte verhindert werden. Händler, die sich gegen Preisschwankungen absichern wollten („hedging“), könnten versuchen, dafür auf Märkte in Drittstaaten auszuweichen. In jedem Fall erwartet die Kommission einen Rückgang des Terminhandels, was zu mehr Stress und Volatilität auf dem Spotmarkt führen könne.

Höchstpreis der EU muss sicher höher sein als der Weltmarktpreis

Es müsse sichgestellt werden, dass der Höchstpreis der EU höher sei als der Weltmarktpreis für LNG, heißt es in der Vorlage der Kommission. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die europäischen Importeure nicht genug Gas einkaufen könnten. Importeure könnten Lieferungen auch zurückhalten, solange der Höchstpreis aktiviert sei, um danach höhere Einnahmen zu erzielen. Probleme könnte es auch für Investitionen geben, weil sich die Investoren an den Termingeschäften orientierten.

Die Bundesregeirung werde genau prüfen, ob der Vorschlag der Kommission den Anforderungen der Staats- und Regierungschefs entsprächen, sagten deutsche Diplomaten in Brüssel. In Berlin ist man nicht davon überzeugt, dass der Mechanismus ohne negative Folgen für die Versorgungssicherheit bleiben würde. Dafür ähnele er zu sehr einem „Gaspreisdeckel“, der von der Bundesregierung abgelehnt wird. Eine Situation, in der auf EU-Ebene politisch entschieden werde, welches Land wieviel Gas bekomme, müsse unter allen Umständen vermieden werden.

Donnerstag, 17.11.2022, 16:00 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Gas - Brüssel will Termingeschäfte mit Gas deckeln
Quelle: Fotolia / WoGi
Gas
Brüssel will Termingeschäfte mit Gas deckeln
Die EU-Kommission hat den Entwurf eines "Marktkorrektur-Mechanismus" vorgelegt. Damit sollen die Preisschwankungen auf dem Gasmarkt begrenzt werden.
Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten die Kommission Ende Oktober aufgefordert, ein Instrument zu entwickeln, um gegen extrem hohe Gaspreise vorzugehen. Es sollte sich um eine zeitlich befristete Maßnahme handeln, die bei einem bestimmten Preisniveau aktiviert würde, wenn davon eine Gefahr für die Versorgungssicherheit ausgehe. Die Formulierung galt als Kompromiss zwischen den 15 Ländern, die einen Höchstpreis für Gas einführen wollen und Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden, die das für kontraproduktiv halten. Die Kommission hat den Mitgliedsstaaten jetzt den Entwurf einer Regelung zugeleitet, der aber noch nicht mit Zahlen versehen ist.

Danach würden die Energieminister, die in der nächsten Woche zusammenkommen, eine Obergrenze für Terminkontrakte festlegen, die am niederländischen Hub TTF notiert werden. Betroffen wären nur Abschlüsse, die Lieferungen in einem Monat vorsehen. Zur Begründung verweist die Kommission auf die Leitfunktion dieser Notierung (TTF-Preis) für den Gasmarkt. Langfristige Verträge und bilaterale Vereinbarungen(OTC) würden nicht unter die Regelung fallen.

Die Obergrenze würde aktiviert, wenn der TTF-Preis „ein definiertes Niveau erreicht und der Preisanstieg nicht mit einer entsprechenden Preisentwicklung auf dem Weltmarkt übereinstimmt“. Als Referenzpreis würde „ein Korb der Preise für Flüssiggas“ verwendet. Der Abstand zwischen dem TTF-Preis und dem Weltmarkt-Preis würde auf dem Spotmarkt gemessen. Der Schwellenwert X, der die Aktivierung des Mechanismus auslöst, sollte in der Verordnung festgelegt werden, um schnell auf die Preisentwicklung reagieren zu können. Die Entscheidung könnte dann die Kommission treffen.

Monatliche Überprüfung geplant

Gleichzeitig sollte sichergestellt sein, dass der Mechanismus jederzeit wieder außer Kraft gesetzt werden kann, wenn negative Folgen des Markteingriffs sichtbar werden. Eine monatliche Überprüfung würde sicherstellen, dass Marktverzerrungen nicht unbemerkt bleiben. Die Preis-Obergrenze würde automatisch beseitigt, wenn die Voraussetzungen nicht länger gegeben wären. Dabei sollten die Einsparvorschriften der EU berücksichtigt werden. Die Überwachung würde von der Kommission durchgeführt, die dabei eng mit der Regulierungsbehörde ACER, der Börsenaufsicht ESMA und der Europäischen Zentralbank EZB zusammenarbeiten würde.

Ein solcher Mechanismus habe Vor- und Nachteile, schreibt die Kommission an die Mitgliedsstaaten. Er könne verhindern, dass wenige Marktteilnehmer das Preisniveau bestimmten. Spitzenpreise wie im August könnten so abgewendet werden. Eine dauerhafte Absenkung des Preisniveaus sei damit aber nicht möglich. Allerdings könne sich ein Höchstpreis positiv auf die Preiserwartungen auswirken und die Spekulation eindämmen.

Zu den Nachteilen gehöre, dass sich ein Teil des Gashandels voraussichtlich vom TTF auf bilaterale Verträge(OTC) verlagern werde. Das beeinträchtige die Transparenz des Gashandels und erhöhe die Risiken. Je nachdem, wo der Höchstpreis festgelegt werde, könnten Termingeschäfte verhindert werden. Händler, die sich gegen Preisschwankungen absichern wollten („hedging“), könnten versuchen, dafür auf Märkte in Drittstaaten auszuweichen. In jedem Fall erwartet die Kommission einen Rückgang des Terminhandels, was zu mehr Stress und Volatilität auf dem Spotmarkt führen könne.

Höchstpreis der EU muss sicher höher sein als der Weltmarktpreis

Es müsse sichgestellt werden, dass der Höchstpreis der EU höher sei als der Weltmarktpreis für LNG, heißt es in der Vorlage der Kommission. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die europäischen Importeure nicht genug Gas einkaufen könnten. Importeure könnten Lieferungen auch zurückhalten, solange der Höchstpreis aktiviert sei, um danach höhere Einnahmen zu erzielen. Probleme könnte es auch für Investitionen geben, weil sich die Investoren an den Termingeschäften orientierten.

Die Bundesregeirung werde genau prüfen, ob der Vorschlag der Kommission den Anforderungen der Staats- und Regierungschefs entsprächen, sagten deutsche Diplomaten in Brüssel. In Berlin ist man nicht davon überzeugt, dass der Mechanismus ohne negative Folgen für die Versorgungssicherheit bleiben würde. Dafür ähnele er zu sehr einem „Gaspreisdeckel“, der von der Bundesregierung abgelehnt wird. Eine Situation, in der auf EU-Ebene politisch entschieden werde, welches Land wieviel Gas bekomme, müsse unter allen Umständen vermieden werden.

Donnerstag, 17.11.2022, 16:00 Uhr
Tom Weingärtner

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.