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Energie & Management > Elektrofahrzeuge - Booster für die Niederspannung
Bild: ADS-TEC energy GmbH, TEAG Thüringer Energie AG
Elektrofahrzeuge

Booster für die Niederspannung

Schnellladestationen lassen sich mittlerweile sehr effizient ins Niederspannungsnetz integrieren. Die Teag in Erfurt will daraus ein Geschäftsfeld machen.
Im Juli 2020 hat die TEN Thüringer Energienetze in Erfurt eine weitere Schnellladestation für E-Autos in Betrieb genommen. Mit einem dreitägigen Porsche-Kundenevent wurden die zwei HPC-Ladesäulen − das Akronym steht für High Power Charging − dabei gleich richtig gefordert. „Wir hatten es durchaus für möglich gehalten, dass das System an diesem Wochenende an seine technischen Grenzen stößt“, erklärt Benjamin Constantin im Rückblick.

Der Fachgebietsleiter Ladeinfrastruktur bei der Netztochter der Teag Thüringer Energie AG war dann doch beruhigt, dass der Härtetest mit vier Porsche Taycan, die jeweils bis zu 270 kW laden können, die Anlage vor keine Probleme stellte. Hauptgrund dafür war die Kopplung der HPC-Ladestation von Ads-Tec mit einem Power Booster des schwäbischen Ladetechnik- und Batterieherstellers, an dem der Technologiekonzern Bosch beteiligt ist. Es handelt sich dabei um eine Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 140 kWh.
 
Geeignete Kombi für ländliche Gegenden und innerstädtische Netze
 
„Damit lässt sich eine Schnellladestation auch in der Niederspannung betreiben“, erläutert der Diplom-Ingenieur Elektrotechnik Constantin und verdeutlicht das mit Zahlen. Die 320-kW-Station mit zwei Ladepunkten kann mit einer Netzanschlussleistung zwischen 50 und 110 kW angebunden werden. Was diesen Netzanschluss überlasten würde, wird von der Batterie gepuffert und gestützt.

Deshalb eignet sich eine solche Kombination einerseits für ländliche Gegenden mit weniger gut ausgebauten Netzen, aber auch für innerstädtische Netze, die schon sehr stark beansprucht sind. Hier kommt der relativ geringe Platzbedarf des Speichers zum Tragen, der in einem Würfel mit 1,5 Quadratmetern Grundfläche steckt.

„Mit diesen Maßen stoßen wir im urbanen Umfeld natürlich viel seltener an städtebauliche Grenzen als bei der Installation einer Trafostation“, so Benjamin Constantin. Eine Trafostation sei aber bei herkömmlichen Ladestationen mit 320 kW ohne Batterie fast immer notwendig, um die erforderliche Netzanschlussleistung in Höhe der Ladeleistung zu gewährleisten. In Wohngebieten ist die Errichtung eines Transformators allerdings keine gangbare Option.

Dagegen sind Autobahnraststätten in der Regel mit einem 20-kV-Mittelspannungsanschluss ausgestattet. Aber auch hier könnten in Zukunft Lithium-Ionen-Batterien − dann als Großspeicher − wertvolle Dienste leisten, wenn statt vier oder sechs Schnellladesäulen gleich große Ladeparks an den zentralen Verkehrsknotenpunkten den elektrifizierten Langstreckenverkehr beflügeln sollen.

Im Grunde lässt sich die Arbeitsweise der Batterie mit einem Spülkasten vergleichen. Das Wasserreservoir wird über die normale Anschlussleitung gefüllt, sodass im Bedarfsfall in sehr kurzer Zeit eine große Menge zur Verfügung steht. Sofort nach der Nutzung läuft Wasser nach und füllt den Behälter wieder. Damit sind viele Zyklen in kurzer Zeit möglich. Die Alternative wäre, das Wasser direkt aus der Anschlussleitung zu entnehmen, die dann aber deutlich größer dimensioniert sein müsste, um die nötige Menge ebenfalls in kurzer Zeit bereitzustellen.

Seit knapp einem Jahr läuft die HPC-Anlage mit Batteriespeicher in Erfurt nun im Alltagsbetrieb. Die Zwischenbilanz des TEN-Fachgebietsleiters fällt durchweg positiv aus. „Es ist sehr beeindruckend, wie das Speichersystem den Netzanschluss entlastet“, sagt er. Die Lithium-Ionen-Batterie eigne sich bestens dafür, Lastspitzen zu glätten. Damit werde das Gesamtpaket grundsätzlich auch für Gewerbe- und Industriekunden interessant, so Constantin.
 
Der HPC-Booster steckt in einem Würfel mit einer Grundfläche von 1,5 Quadratmetern
Bild: Ads-Tec Energy GmbH

Deshalb wird sich nach Ansicht des Ladenetzspezialisten Constantin die politische Diskussion, ob die Verteilnetze überhaupt dem Hochlaufen der Elektromobilität gewachsen sind oder ob zwangsläufig hohe Netzausbauinvestitionen erforderlich sind, künftig in anderen Bahnen bewegen. Denn eine Entlastung der Netze sei auf sehr effiziente Weise möglich. „Die Technologie ist wegweisend. Sie hat uns sehr überzeugt“, sagt er. Die konkrete Investitionssumme nennt er zwar nicht. Man kann aber davon ausgehen, dass ein niedriger sechsstelliger Betrag für das Gesamtvorhaben der HPC-Ladestation mit Batteriepuffer investiert wurde.

Speichersystem entlastet den Netzanschluss

Die Anlage auf dem TEAG Campus im Erfurter Norden hat angesichts des stabilen Testbetriebs und der verheißungsvollen Messreihen weitere Pläne beim thüringischen Energieversorger reifen lassen. Es ist inzwischen konkret vorstellbar, das gepufferte Schnellladen in der Niederspannung als Geschäftsfeld zu etablieren und ein Hardware- und Dienstleistungspaket als Vertriebsprodukt zu schnüren. Da die EU-Binnenmarktrichtlinie Netzbetreibern verbietet, als sogenannte Charge Point Operators aufzutreten und die Gebiets- und Vorplanung im Vertrieb liegt, fällt diese Rolle der TEAG zu.

Die Ausführungsplanung, die Lieferung und Installation der Technik übernimmt − im Rahmen der geltenden EU-Vorgaben − die Netztochter TEN. „Und wenn wir zum Zug gekommen sind und die Ladestation gebaut haben, übernehmen wir auch die Servicekomponenten wie Wartung und Entstörung im Auftrag der TEAG“, so Constantin abschließend.

Dienstag, 1.06.2021, 09:40 Uhr
Fritz Wilhelm
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Bild: ADS-TEC energy GmbH, TEAG Thüringer Energie AG
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Booster für die Niederspannung
Schnellladestationen lassen sich mittlerweile sehr effizient ins Niederspannungsnetz integrieren. Die Teag in Erfurt will daraus ein Geschäftsfeld machen.
Im Juli 2020 hat die TEN Thüringer Energienetze in Erfurt eine weitere Schnellladestation für E-Autos in Betrieb genommen. Mit einem dreitägigen Porsche-Kundenevent wurden die zwei HPC-Ladesäulen − das Akronym steht für High Power Charging − dabei gleich richtig gefordert. „Wir hatten es durchaus für möglich gehalten, dass das System an diesem Wochenende an seine technischen Grenzen stößt“, erklärt Benjamin Constantin im Rückblick.

Der Fachgebietsleiter Ladeinfrastruktur bei der Netztochter der Teag Thüringer Energie AG war dann doch beruhigt, dass der Härtetest mit vier Porsche Taycan, die jeweils bis zu 270 kW laden können, die Anlage vor keine Probleme stellte. Hauptgrund dafür war die Kopplung der HPC-Ladestation von Ads-Tec mit einem Power Booster des schwäbischen Ladetechnik- und Batterieherstellers, an dem der Technologiekonzern Bosch beteiligt ist. Es handelt sich dabei um eine Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 140 kWh.
 
Geeignete Kombi für ländliche Gegenden und innerstädtische Netze
 
„Damit lässt sich eine Schnellladestation auch in der Niederspannung betreiben“, erläutert der Diplom-Ingenieur Elektrotechnik Constantin und verdeutlicht das mit Zahlen. Die 320-kW-Station mit zwei Ladepunkten kann mit einer Netzanschlussleistung zwischen 50 und 110 kW angebunden werden. Was diesen Netzanschluss überlasten würde, wird von der Batterie gepuffert und gestützt.

Deshalb eignet sich eine solche Kombination einerseits für ländliche Gegenden mit weniger gut ausgebauten Netzen, aber auch für innerstädtische Netze, die schon sehr stark beansprucht sind. Hier kommt der relativ geringe Platzbedarf des Speichers zum Tragen, der in einem Würfel mit 1,5 Quadratmetern Grundfläche steckt.

„Mit diesen Maßen stoßen wir im urbanen Umfeld natürlich viel seltener an städtebauliche Grenzen als bei der Installation einer Trafostation“, so Benjamin Constantin. Eine Trafostation sei aber bei herkömmlichen Ladestationen mit 320 kW ohne Batterie fast immer notwendig, um die erforderliche Netzanschlussleistung in Höhe der Ladeleistung zu gewährleisten. In Wohngebieten ist die Errichtung eines Transformators allerdings keine gangbare Option.

Dagegen sind Autobahnraststätten in der Regel mit einem 20-kV-Mittelspannungsanschluss ausgestattet. Aber auch hier könnten in Zukunft Lithium-Ionen-Batterien − dann als Großspeicher − wertvolle Dienste leisten, wenn statt vier oder sechs Schnellladesäulen gleich große Ladeparks an den zentralen Verkehrsknotenpunkten den elektrifizierten Langstreckenverkehr beflügeln sollen.

Im Grunde lässt sich die Arbeitsweise der Batterie mit einem Spülkasten vergleichen. Das Wasserreservoir wird über die normale Anschlussleitung gefüllt, sodass im Bedarfsfall in sehr kurzer Zeit eine große Menge zur Verfügung steht. Sofort nach der Nutzung läuft Wasser nach und füllt den Behälter wieder. Damit sind viele Zyklen in kurzer Zeit möglich. Die Alternative wäre, das Wasser direkt aus der Anschlussleitung zu entnehmen, die dann aber deutlich größer dimensioniert sein müsste, um die nötige Menge ebenfalls in kurzer Zeit bereitzustellen.

Seit knapp einem Jahr läuft die HPC-Anlage mit Batteriespeicher in Erfurt nun im Alltagsbetrieb. Die Zwischenbilanz des TEN-Fachgebietsleiters fällt durchweg positiv aus. „Es ist sehr beeindruckend, wie das Speichersystem den Netzanschluss entlastet“, sagt er. Die Lithium-Ionen-Batterie eigne sich bestens dafür, Lastspitzen zu glätten. Damit werde das Gesamtpaket grundsätzlich auch für Gewerbe- und Industriekunden interessant, so Constantin.
 
Der HPC-Booster steckt in einem Würfel mit einer Grundfläche von 1,5 Quadratmetern
Bild: Ads-Tec Energy GmbH

Deshalb wird sich nach Ansicht des Ladenetzspezialisten Constantin die politische Diskussion, ob die Verteilnetze überhaupt dem Hochlaufen der Elektromobilität gewachsen sind oder ob zwangsläufig hohe Netzausbauinvestitionen erforderlich sind, künftig in anderen Bahnen bewegen. Denn eine Entlastung der Netze sei auf sehr effiziente Weise möglich. „Die Technologie ist wegweisend. Sie hat uns sehr überzeugt“, sagt er. Die konkrete Investitionssumme nennt er zwar nicht. Man kann aber davon ausgehen, dass ein niedriger sechsstelliger Betrag für das Gesamtvorhaben der HPC-Ladestation mit Batteriepuffer investiert wurde.

Speichersystem entlastet den Netzanschluss

Die Anlage auf dem TEAG Campus im Erfurter Norden hat angesichts des stabilen Testbetriebs und der verheißungsvollen Messreihen weitere Pläne beim thüringischen Energieversorger reifen lassen. Es ist inzwischen konkret vorstellbar, das gepufferte Schnellladen in der Niederspannung als Geschäftsfeld zu etablieren und ein Hardware- und Dienstleistungspaket als Vertriebsprodukt zu schnüren. Da die EU-Binnenmarktrichtlinie Netzbetreibern verbietet, als sogenannte Charge Point Operators aufzutreten und die Gebiets- und Vorplanung im Vertrieb liegt, fällt diese Rolle der TEAG zu.

Die Ausführungsplanung, die Lieferung und Installation der Technik übernimmt − im Rahmen der geltenden EU-Vorgaben − die Netztochter TEN. „Und wenn wir zum Zug gekommen sind und die Ladestation gebaut haben, übernehmen wir auch die Servicekomponenten wie Wartung und Entstörung im Auftrag der TEAG“, so Constantin abschließend.

Dienstag, 1.06.2021, 09:40 Uhr
Fritz Wilhelm

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