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Energie & Management > Stromnetz -
Quelle: Shutterstock / Penofoto
Stromnetz

"Blackout ist kein unabwendbares Schicksal"

Die Netzbetreiber in Österreich sind gut auf die Bewältigung von Krisensituationen vorbereitet. Sie brauchen aber die Unterstützung der Politik, betont das Forum Versorgungssicherheit.
„Ein Blackout ist kein unabwendbares Schicksal. Er wird nicht zwangsläufig passieren.“ Das betonte der Geschäftsführer der Wiener Netze, Thomas Maderbacher, bei einem Hintergrundgespräch des Netzbetreiberverbands „Forum Versorgungssicherheit“ am 11. Oktober in Wien.

Maderbacher erläuterte, die österreichischen Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber investieren erhebliche Summen in die Resilienz ihrer Infrastrukturen und sorgen für die Verfügbarkeit ausreichender Kapazitäten, einschließlich Reserven. Wie international üblich orientieren sie sich dabei am N-1-Kriterium. Es besagt: Der sichere Netzbetrieb muss auch dann gewährleistet sein, wenn ein wesentliches Element zur Stromversorgung ausfällt, etwa ein großes Kraftwerk, ein Umspannwerk oder eine wichtige Leitung.

Ferner investieren die österreichischen Netzbetreiber in die Cybersicherheit. Die Energiewirtschaft etablierte bereits vor Jahren ein eigenes „Computer Emergency Response Team“ (CERT), wo die Strom- und die Gasversorger zusammenarbeiten. Überdies können die Netzbetreiber auf schwarzstartfähige Kraftwerke zurückgreifen, die ohne Unterstützung von außen elektrische Energie erzeugen können.

Weiters verwies Maderbacher auf die regelmäßigen Krisenübungen, bei denen die E-Wirtschaft in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden, insbesondere dem Regulator E-Control, die Bewältigung von Krisenfällen sowie den Wiederaufbau der Stromversorgung nach einem Blackout übt. „Eine solche Übung findet derzeit statt“, berichtete Maderbacher.

Allein bei den Wiener Netzen stehen etwa 130 bis 150 Personen für die Bewältigung von Störungen im Netzbetrieb zur Verfügung. Maderbacher geht davon aus, die Stromversorgung nach einem Blackout binnen weniger Stunden wieder herstellen zu können. Österreichweit würde das über kleinräumige Netzinseln erfolgen.
 
Versorgungssicherheit in Österreich sehr hoch

Maderbacher zufolge ist die Versorgungssicherheit in Österreich im internationalen Vergleich sehr hoch. Zuletzt verzeichnete die E-Control pro Jahr ungeplante Stromausfälle mit nicht mehr als 23 Minuten Dauer. Laut Maderbacher unterboten die Wiener Netze diesen Wert mit 19,5 Minuten.

Um die zufriedenstellende Situation aufrecht zu halten, sieht Maderbacher die Politik gefordert. Diese muss mittels Flächenwidmung die Verfügbarkeit ausreichender Areale zum Ausbau der Infrastruktur für die Energieversorgung gewährleisten. Dringend beschleunigt werden müssen Maderbacher zufolge die Genehmigungsverfahren für Erzeugungsanlagen und Leitungen. Wie berichtet, ist eine Novelle zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Gesetz) im Kommen.

Wichtig wäre laut Maderbacher weiters die Schaffung der Rahmenbedingungen für den künftigen Einsatz gasförmiger Energieträger wie Biomethan und Wasserstoff sowie für die „Sektorintegration“ von Energie, Verkehr und Industrie. Auch hierzu sind gesetzliche Vorgaben in Ausarbeitung, aber noch nicht finalisiert.
 
Ein wesentlicher Wunsch der Netzbetreiber zielt laut Maderbacher darauf, erforderlichenfalls in die Steuerung von Erzeugung und Verbrauch eingreifen zu dürfen. Wie er der Redaktion erläuterte, bezieht sich dies unter anderem darauf, die Ladeleistung von Elektroautos zeitweilig zu begrenzen, um das jeweilige örtliche Netz nicht zu überlasten: „Wenn man ein E-Auto binnen einer halben Stunde aufladen will, braucht man eben mehr Leistung, als wenn man sich über Nacht Zeit nehmen kann.“

Auf der Erzeugungsseite wiederum handelt es sich um die Begrenzung der Einspeiseleistung. Große Kraftwerke werden üblicherweise nicht mit 100 % ihrer Nennleistung gefahren, sondern nur mit 90 bis 95 %. So stehen ausreichende Reservekapazitäten für kritische Netzsituationen zur Verfügung. Eine ähnliche Regelung sollte laut Maderbacher für Ökostromanlagen eingeführt werden.

Netzgesellschaften wollen Stromspeicher betreiben

Außerdem möchten die Verteilnetzbetreiber zum Zweck des stabilen Netzbetriebs selbst Stromspeicher betreiben. „Da geht es um Fragen wie das Blindleistungsmanagement. Mit Strom handeln wollen wir sicher nicht“, erläuterte Maderbacher der Redaktion. Die diesbezügliche Skepsis der E-Control ist für Maderbacher unverständlich: „Einen Trafo dürfen wir ja auch betreiben.“ EU-rechtlich gebe es für den Speicherbetrieb durch die Netzgesellschaften zwar gewisse Einschränkungen: „Aber grundsätzlich könnte man das auf nationaler Ebene durchaus erlauben.“
 

Dienstag, 11.10.2022, 13:56 Uhr
Klaus Fischer
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Stromnetz
"Blackout ist kein unabwendbares Schicksal"
Die Netzbetreiber in Österreich sind gut auf die Bewältigung von Krisensituationen vorbereitet. Sie brauchen aber die Unterstützung der Politik, betont das Forum Versorgungssicherheit.
„Ein Blackout ist kein unabwendbares Schicksal. Er wird nicht zwangsläufig passieren.“ Das betonte der Geschäftsführer der Wiener Netze, Thomas Maderbacher, bei einem Hintergrundgespräch des Netzbetreiberverbands „Forum Versorgungssicherheit“ am 11. Oktober in Wien.

Maderbacher erläuterte, die österreichischen Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber investieren erhebliche Summen in die Resilienz ihrer Infrastrukturen und sorgen für die Verfügbarkeit ausreichender Kapazitäten, einschließlich Reserven. Wie international üblich orientieren sie sich dabei am N-1-Kriterium. Es besagt: Der sichere Netzbetrieb muss auch dann gewährleistet sein, wenn ein wesentliches Element zur Stromversorgung ausfällt, etwa ein großes Kraftwerk, ein Umspannwerk oder eine wichtige Leitung.

Ferner investieren die österreichischen Netzbetreiber in die Cybersicherheit. Die Energiewirtschaft etablierte bereits vor Jahren ein eigenes „Computer Emergency Response Team“ (CERT), wo die Strom- und die Gasversorger zusammenarbeiten. Überdies können die Netzbetreiber auf schwarzstartfähige Kraftwerke zurückgreifen, die ohne Unterstützung von außen elektrische Energie erzeugen können.

Weiters verwies Maderbacher auf die regelmäßigen Krisenübungen, bei denen die E-Wirtschaft in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden, insbesondere dem Regulator E-Control, die Bewältigung von Krisenfällen sowie den Wiederaufbau der Stromversorgung nach einem Blackout übt. „Eine solche Übung findet derzeit statt“, berichtete Maderbacher.

Allein bei den Wiener Netzen stehen etwa 130 bis 150 Personen für die Bewältigung von Störungen im Netzbetrieb zur Verfügung. Maderbacher geht davon aus, die Stromversorgung nach einem Blackout binnen weniger Stunden wieder herstellen zu können. Österreichweit würde das über kleinräumige Netzinseln erfolgen.
 
Versorgungssicherheit in Österreich sehr hoch

Maderbacher zufolge ist die Versorgungssicherheit in Österreich im internationalen Vergleich sehr hoch. Zuletzt verzeichnete die E-Control pro Jahr ungeplante Stromausfälle mit nicht mehr als 23 Minuten Dauer. Laut Maderbacher unterboten die Wiener Netze diesen Wert mit 19,5 Minuten.

Um die zufriedenstellende Situation aufrecht zu halten, sieht Maderbacher die Politik gefordert. Diese muss mittels Flächenwidmung die Verfügbarkeit ausreichender Areale zum Ausbau der Infrastruktur für die Energieversorgung gewährleisten. Dringend beschleunigt werden müssen Maderbacher zufolge die Genehmigungsverfahren für Erzeugungsanlagen und Leitungen. Wie berichtet, ist eine Novelle zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Gesetz) im Kommen.

Wichtig wäre laut Maderbacher weiters die Schaffung der Rahmenbedingungen für den künftigen Einsatz gasförmiger Energieträger wie Biomethan und Wasserstoff sowie für die „Sektorintegration“ von Energie, Verkehr und Industrie. Auch hierzu sind gesetzliche Vorgaben in Ausarbeitung, aber noch nicht finalisiert.
 
Ein wesentlicher Wunsch der Netzbetreiber zielt laut Maderbacher darauf, erforderlichenfalls in die Steuerung von Erzeugung und Verbrauch eingreifen zu dürfen. Wie er der Redaktion erläuterte, bezieht sich dies unter anderem darauf, die Ladeleistung von Elektroautos zeitweilig zu begrenzen, um das jeweilige örtliche Netz nicht zu überlasten: „Wenn man ein E-Auto binnen einer halben Stunde aufladen will, braucht man eben mehr Leistung, als wenn man sich über Nacht Zeit nehmen kann.“

Auf der Erzeugungsseite wiederum handelt es sich um die Begrenzung der Einspeiseleistung. Große Kraftwerke werden üblicherweise nicht mit 100 % ihrer Nennleistung gefahren, sondern nur mit 90 bis 95 %. So stehen ausreichende Reservekapazitäten für kritische Netzsituationen zur Verfügung. Eine ähnliche Regelung sollte laut Maderbacher für Ökostromanlagen eingeführt werden.

Netzgesellschaften wollen Stromspeicher betreiben

Außerdem möchten die Verteilnetzbetreiber zum Zweck des stabilen Netzbetriebs selbst Stromspeicher betreiben. „Da geht es um Fragen wie das Blindleistungsmanagement. Mit Strom handeln wollen wir sicher nicht“, erläuterte Maderbacher der Redaktion. Die diesbezügliche Skepsis der E-Control ist für Maderbacher unverständlich: „Einen Trafo dürfen wir ja auch betreiben.“ EU-rechtlich gebe es für den Speicherbetrieb durch die Netzgesellschaften zwar gewisse Einschränkungen: „Aber grundsätzlich könnte man das auf nationaler Ebene durchaus erlauben.“
 

Dienstag, 11.10.2022, 13:56 Uhr
Klaus Fischer

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