E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Beim LNG ist Lichtgeschwindigkeit angesagt
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe

Beim LNG ist Lichtgeschwindigkeit angesagt

Die Bestrebungen, von russischem Erdgas wegzukommen, sind vielfältig. Und: Es geht alles ziemlich schnell.
Das Ziel, unabhängig von russischen Gaslieferungen zu werden, ist ambitioniert. Umso erstaunlicher, was Politik und Wirtschaft, die das Thema gerade ziemlich konsequent verfolgen, bereits gelungen ist. Klar ist aber auch: Die Sache wird teuer. Für alle.

Was Wirtschaftsminister Robert Habeck da Anfang Mai verkündet hat, war eine faustdicke Ãœberraschung: Hat die Bundesrepublik ihren gesamten Gasbedarf eben noch zu 55 % aus Russland gedeckt, stand jetzt die Zahl 35 vor dem Prozentzeichen. Allerdings beließ es der Grünen-Politiker nicht bei der eindrucksvollen Erfolgsmeldung: „All diese Schritte bedeuten auch Kosten, die sowohl die Wirtschaft als auch die Verbraucher spüren“, kommentierte er im Fortschrittsbericht Energiesicherheit, den sein Ministerium gerade veröffentlicht hatte. Sie seien aber, so Habeck, notwendig, um nicht länger von Russland erpressbar zu sein. Klare Ansage.

Die Reduzierung der Gaslieferungen aus Russland war möglich geworden, weil Norwegen und die Niederlande mehr Brennstoff über die Pipelines schickten.

Gleichzeitig hatte man mehr LNG importiert. Flüssigerdgas ist überhaupt das Zauberwort, wenn es um die Unabhängigkeit von Russland geht, da sind sich alle Akteure einig. Zum einen sind an den Terminals, wo das LNG ankommt, noch Kapazitäten frei: Die 27 europäischen Anlaufstellen waren im vergangenen Jahr nur zu 39 % ausgelastet, wie der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) der Redaktion mitteilte. Der Haken ist allerdings, dass Deutschland selbst bisher über gar keines dieser Terminals verfügt. Das aber soll sich ändern − und zwar ebenfalls schnell: Schon für Ende des Jahres ist geplant, ein erstes schwimmendes Terminal in Wilhelmshaven ans Gasnetz anzuschließen. Habeck sprach von Lichtgeschwindigkeit im Hinblick auf Planungs- und Genehmigungszeit, die solche Projekte normalerweise haben.

Das mobile Terminal kann Tankschiffe mit dem auf minus 160 Grad abgekühlten Flüssigerdgas entladen und dieses nach der Erwärmung und Regasifizierung ins Netz einspeisen. Rund 8,5 % des deutschen Erdgasbedarfs könnten darüber allein in Wilhelmshaven angelandet werden. Auch in Stade und Brunsbüttel sind entsprechende Entladestationen geplant, im Gespräch sind darüber hinaus Rostock und Hamburg-Moorburg.

Die Bundesregierung hat dafür nicht nur fast 3 Mrd. Euro gesetzt, sondern sie will mit einem speziellen LNG-Beschleunigungsgesetz auch dafür sorgen, dass der ehrgeizige Zeitplan gehalten und schon im nächsten Winter mehr Unabhängigkeit von Russland erreicht wird. So sollen zum Beispiel bestimmte Schritte im Genehmigungsverfahren − vor allem bei der Umweltverträglichkeitsprüfung − ausgelassen werden können. Dabei geht es auch um die Verbindung der Floating Terminals zum Erdgasnetz. In Wilhelmshaven ist dafür eine 28 Kilometer lange Leitung erforderlich, die auch den Anschluss an den Erdgasspeicher Etzel ermöglicht.

Was zum Thema Gasbevorratung führt, bei dem sich in den letzten Wochen ebenfalls einschneidende Dinge verändert haben. Die Bundesregierung schreibt jetzt Mindestfüllstände bei den Erdgasspeichern vor. Zum 1. Oktober müssen diese zu 80 % gefüllt sein, 90 % sind zum 1. November festgelegt und am 1. Februar 2023 40 %. Für den Fall, dass die Werte nicht erreicht werden, hat der Gesetzgeber den Marktgebietsverantwortlichen THE (Trading Hub Europe) mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet, um in den bis dahin weitgehend unregulierten Markt einzugreifen.

Mitte Mai hat sich der Staat schließlich mit einer Reform des Energiesicherungsgesetzes noch weitgehendere Möglichkeiten verschafft, um auf Energieunternehmen zugreifen zu können, wenn erhebliche Engpässe bei der Versorgung drohen. Als letztes Mittel ist dann auch die Enteignung möglich.

Donnerstag, 2.06.2022, 09:00 Uhr
Günter Drewnitzky
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Beim LNG ist Lichtgeschwindigkeit angesagt
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe
Beim LNG ist Lichtgeschwindigkeit angesagt
Die Bestrebungen, von russischem Erdgas wegzukommen, sind vielfältig. Und: Es geht alles ziemlich schnell.
Das Ziel, unabhängig von russischen Gaslieferungen zu werden, ist ambitioniert. Umso erstaunlicher, was Politik und Wirtschaft, die das Thema gerade ziemlich konsequent verfolgen, bereits gelungen ist. Klar ist aber auch: Die Sache wird teuer. Für alle.

Was Wirtschaftsminister Robert Habeck da Anfang Mai verkündet hat, war eine faustdicke Ãœberraschung: Hat die Bundesrepublik ihren gesamten Gasbedarf eben noch zu 55 % aus Russland gedeckt, stand jetzt die Zahl 35 vor dem Prozentzeichen. Allerdings beließ es der Grünen-Politiker nicht bei der eindrucksvollen Erfolgsmeldung: „All diese Schritte bedeuten auch Kosten, die sowohl die Wirtschaft als auch die Verbraucher spüren“, kommentierte er im Fortschrittsbericht Energiesicherheit, den sein Ministerium gerade veröffentlicht hatte. Sie seien aber, so Habeck, notwendig, um nicht länger von Russland erpressbar zu sein. Klare Ansage.

Die Reduzierung der Gaslieferungen aus Russland war möglich geworden, weil Norwegen und die Niederlande mehr Brennstoff über die Pipelines schickten.

Gleichzeitig hatte man mehr LNG importiert. Flüssigerdgas ist überhaupt das Zauberwort, wenn es um die Unabhängigkeit von Russland geht, da sind sich alle Akteure einig. Zum einen sind an den Terminals, wo das LNG ankommt, noch Kapazitäten frei: Die 27 europäischen Anlaufstellen waren im vergangenen Jahr nur zu 39 % ausgelastet, wie der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) der Redaktion mitteilte. Der Haken ist allerdings, dass Deutschland selbst bisher über gar keines dieser Terminals verfügt. Das aber soll sich ändern − und zwar ebenfalls schnell: Schon für Ende des Jahres ist geplant, ein erstes schwimmendes Terminal in Wilhelmshaven ans Gasnetz anzuschließen. Habeck sprach von Lichtgeschwindigkeit im Hinblick auf Planungs- und Genehmigungszeit, die solche Projekte normalerweise haben.

Das mobile Terminal kann Tankschiffe mit dem auf minus 160 Grad abgekühlten Flüssigerdgas entladen und dieses nach der Erwärmung und Regasifizierung ins Netz einspeisen. Rund 8,5 % des deutschen Erdgasbedarfs könnten darüber allein in Wilhelmshaven angelandet werden. Auch in Stade und Brunsbüttel sind entsprechende Entladestationen geplant, im Gespräch sind darüber hinaus Rostock und Hamburg-Moorburg.

Die Bundesregierung hat dafür nicht nur fast 3 Mrd. Euro gesetzt, sondern sie will mit einem speziellen LNG-Beschleunigungsgesetz auch dafür sorgen, dass der ehrgeizige Zeitplan gehalten und schon im nächsten Winter mehr Unabhängigkeit von Russland erreicht wird. So sollen zum Beispiel bestimmte Schritte im Genehmigungsverfahren − vor allem bei der Umweltverträglichkeitsprüfung − ausgelassen werden können. Dabei geht es auch um die Verbindung der Floating Terminals zum Erdgasnetz. In Wilhelmshaven ist dafür eine 28 Kilometer lange Leitung erforderlich, die auch den Anschluss an den Erdgasspeicher Etzel ermöglicht.

Was zum Thema Gasbevorratung führt, bei dem sich in den letzten Wochen ebenfalls einschneidende Dinge verändert haben. Die Bundesregierung schreibt jetzt Mindestfüllstände bei den Erdgasspeichern vor. Zum 1. Oktober müssen diese zu 80 % gefüllt sein, 90 % sind zum 1. November festgelegt und am 1. Februar 2023 40 %. Für den Fall, dass die Werte nicht erreicht werden, hat der Gesetzgeber den Marktgebietsverantwortlichen THE (Trading Hub Europe) mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet, um in den bis dahin weitgehend unregulierten Markt einzugreifen.

Mitte Mai hat sich der Staat schließlich mit einer Reform des Energiesicherungsgesetzes noch weitgehendere Möglichkeiten verschafft, um auf Energieunternehmen zugreifen zu können, wenn erhebliche Engpässe bei der Versorgung drohen. Als letztes Mittel ist dann auch die Enteignung möglich.

Donnerstag, 2.06.2022, 09:00 Uhr
Günter Drewnitzky

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.