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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - Bei LNG geht jetzt (fast) alles
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe

Bei LNG geht jetzt (fast) alles

Schwimmende LNG-Terminals sollen helfen, die Erdgasversorgung sicherzustellen. Zwei könnten noch dieses Jahr in Betrieb gehen. Doch es gibt auch langfristigere Pläne. Etwa in Stade.
Fast alle europäischen Länder mit Meerzugang haben sie: Terminals, an denen verflüssigtes Erdgas (LNG) angelandet wird. Nur Deutschland nicht. Es kann LNG, das in Belgien, den Niederlanden oder Frankreich ankommt, lediglich indirekt über Pipelines beziehen. Das Vertrauen auf die sichere Versorgung mit billigem Gas aus Russland war groß, das Interesse an Alternativen gering − beides ein Fehler, wie sich herausstellt. Zwar zeigen die Füllstände der Speicher derzeit die gewünschten Werte. Das allein wird aber trotzdem nicht reichen, um über diesen und den nächsten Winter zu kommen. Zumal niemand weiß, wie sich die Belieferung aus Russland entwickeln wird.

Deshalb muss jetzt alles ziemlich schnell gehen. An vier Standorten sollen LNG-Terminals aus dem Boden gestampft werden, zwei davon als Ãœbergangslösung vielleicht noch diesen Winter in Betrieb gehen: in Wilhelmshaven und Brunsbüttel. Weitere könnten schon 2023 folgen. Eines davon in Stade, wo man allerdings − wie in Brunsbüttel − noch viel weitreichendere Pläne hat.

Bei den schnellen schwimmenden Zwischenlösungen handelt es sich um sogenannte Floating Storage and Regasification Units (FSRU). An diesen Schiffen, die von der Bundesrepublik mit Milliardenaufwand gechartert wurden, machen die LNG-Tanker fest. Das zur Volumenreduzierung bei minus 162 Grad Celsius verflüssigte Erdgas wird von der FSRU aufgenommen, dort regasifiziert und an Land gebracht. Dort muss dann nur eine Leitung zur Verfügung stehen, die mit dem Gasnetz verbunden ist.

Johann Killinger: „Stade ist ein idealer Standort.
Gäbe es ihn nicht, müsste man ihn erfinden“


Doch die Methode hat Vor- und Nachteile. Zum einen ist es zwar günstiger, die Spezialschiffe zu chartern, als ein komplettes LNG-Terminal an Land zu bauen. Allerdings sind bei FSRU die Kapazitäten geringer und die Betriebskosten höher, vor allem wenn man zum Vergleich ein Konzept heranzieht, wie es in Stade die Hanseatic Energy Hub GmbH (HEH) umsetzen will. Johann Killinger, deren Geschäftsführer, ist jedenfalls vollständig überzeugt von dem, was in der niedersächsischen Hansestadt geplant ist: „Stade ist ein idealer Standort. Gäbe es ihn nicht, müsste man ihn erfinden“, erklärte er. Man habe schon vier Jahre daran gearbeitet, das Vorhaben sei technisch ausgereift und bestens geeignet, die Diversifizierung der Gasversorgung in Deutschland zu ermöglichen.
 
Visualisierung des künftigen LNG-Terminals in Stade 
Quelle: Hanseatic Energy Hub

Dabei hat Killinger insbesondere langfristige Perspektiven im Sinn: Im Industriepark Stade ist neben einem FSRU ein festes LNG-Terminal geplant. Für rund 1 Mrd. Euro soll bis 2026 eine Anlage an Land entstehen, die mit einer Regasifizierungskapazität von rund 13,3 Mrd. Kubikmeter im Jahr und einer Ausspeiseleistung von 21.700 MW rund 15 % des deutschen Gasbedarfs decken könnte. Am Terminal werden zwei Lagertanks mit einem Volumen von je 240.000 Kubikmetern errichtet, zudem eine Verdampfungsanlage, in der das flüssige LNG erwärmt und wieder in Gas umgewandelt wird.

Dafür soll die Abwärme des amerikanischen Chemiekonzerns Dow genutzt werden, der im Industriepark ein großes Werk betreibt. Doch das ist nicht der einzige Vorteil des Standorts, für den Killinger so schwärmt. Es ist einfach alles vorhanden, was gebraucht wird. Das Wichtigste: ein direkter Anschluss ans deutsche Gasnetz. Deshalb ist nur eine neue zwei Kilometer lange neue Pipeline erforderlich und Großabnehmer gibt es vor Ort ebenfalls reichlich. Vor allem die Regasifizierung durch Abwärme, die übrigens bereits bei der FSRU-Ãœbergangslösung zum Einsatz kommt, ist ein großer Pluspunkt und soll einen emissionsfreien Betrieb ermöglichen.

Bedeutender Umschlagplatz für Wasserstoff

Auch wird die Anlage für den Import von Energieträgern auf Wasserstoffbasis ausgelegt. Der Standort könnte sich zu einem bedeutenden Umschlagplatz für Wasserstoff entwickeln. Der wird schon heute vor Ort produziert und Grünstrom aus Offshore-Windparks in der Nordsee zur klimaneutralen Herstellung steht über ein im Industriegebiet stehendes Umspannwerk reichlich zur Verfügung.
 
 Antragsunterlagen für LNG-Terminal und Hafen in Stade eingereicht, v.l.: Knut Kokkelink (NPorts), Holger Banik (NPorts), Olaf Lies (Umweltminister Niedersachsen), Bernd Althusmann (Wirtschaftsminister Niedersachsen), Johann Killinger (Hanseatic Energy Hub)
Quelle: Hanseatic Energy Hub

HEH-Gesellschafter sind der Logistiker Buss Group, der belgische Gasinfrastrukturbetreiber Fluxys, das Investmentunternehmen Partners Group aus der Schweiz sowie Dow. Endgültig grünes Licht für den Ausbau als FSRU-Standort hatten das Bundeswirtschaftsministerium und das niedersächsische Umweltministerium im Juli gegeben. Eine nautische Simulation, so heißt es dazu von der Betreibergesellschaft, habe gezeigt, dass alle Voraussetzungen für den Betrieb voll erfüllt sind.

Georg Stamatelopoulos: „Das Projekt verfügt technisch, genehmigungsseitig und kommerziell über einen hohen Reifegrad“

Für das landbasierte Terminal läuft das Genehmigungsverfahren, das voraussichtlich Ende 2023 abgeschlossen werden kann. Auch einen Großabnehmer hat HEH schon gefunden. Wie der baden-württembergische Energieversorger EnBW mitteilte, will man jährlich mindestens 3 Mrd. Kubikmeter LNG über Stade beziehen. Georg Stamatelopoulos, Vorstand für Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur bei EnBW, erklärte: „Wir haben uns ganz gezielt für Stade entschieden. Das Projekt verfügt technisch, genehmigungsseitig und kommerziell über einen hohen Reifegrad. Aus unserer Sicht zudem besonders relevant: das Zero-Emission-Konzept sowie die kurze Anschlussdistanz an das deutsche Gastransportnetz.“

Ende Juli hatte die Bundesnetzagentur das Terminal für 25 Jahre von der Tarif- und Netzzugangsregulierung freigestellt. Wie die Behörde dazu mitteilte, konnte man keine nachteiligen Auswirkungen auf den Wettbewerb feststellen. Gutachten hätten vielmehr ergeben, dass der HEH die Versorgungssicherheit und den Wettbewerb in Europa stärkt, indem er die Flexibilität bei der Gasversorgung durch eine Vielzahl an Transportrouten zu unterschiedlichsten Gasquellen weltweit erhöht. Bereits in den Wochen davor hatte die Bundesnetzagentur auf die deutlich gestiegene LNG-Nachfrage in Deutschland reagiert und die Einspeisetarife für die Hubs um 40 % gesenkt.

An den anderen Standorten für LNG-Terminals sind die Arbeiten ebenfalls in vollem Gange: Bei Mannesmann zum Beispiel wurden 3,3 Kilometer der Gashochdruckrohre mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern produziert, die das Flüssigerdgas in Wilhelmshaven (Niedersachsen) vom FSRU an Land bringen sollen. Gebaut werden muss darüber hinaus eine 26 Kilometer lange Leitung, die den Anschluss an die Kavernenspeicher Etzel im Bereich der Gemeinde Friedeburg bildet. Nach der Genehmigung in Blitzgeschwindigkeit sind zurzeit mehrere Hundert Arbeiter damit beschäftigt, diese Pipeline zu verlegen, in die der Fernleitungsnetzbetreiber OGE 150 Mio. Euro investiert. Eine Kapazität von 9 Mrd. Kubikmetern im Jahr soll die von Uniper betriebene Anlage haben.

In Brunsbüttel (Schleswig-Holstein), wo ebenfalls noch in diesem Jahr eine schwimmende Ãœbergangslösung startklar sein soll, ist zunächst eine drei Kilometer lange Leitung ins SH-Netz geplant, später − auch im Hinblick auf ein geplantes festes Terminal − eine 54 Kilometer lange Verbindung nach Uetersen im Landkreis Pinneberg, wo der Anschluss ans europäische Fernleitungsnetz möglich ist. Die maximale Kapazität beträgt hier 5 Mrd. Kubikmeter im Jahr. Diese wird allerdings erst mit der langen Pipeline erreicht, die Ende 2023 fertig sein soll. Bis dahin beträgt die Kapazität 3,5 Mrd. Kubikmeter.

Bis 2026 soll wie in Stade das schwimmende durch ein festes Terminal an Land mit Tanks ersetzt werden. Dann könnte die Kapazität auf 10 Mrd. Kubikmeter im Jahr gesteigert werden. Auch hier ist später der Umschlag von Wasserstoff vorgesehen. Betreiberin ist Gasunie.

Grünes Licht von der Bundesregierung gibt es mittlerweile auch für zwei FSRU-Anlagen in Lubmin bei Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern), wo Nord Stream 1 anlandet. Eines der beiden Terminals soll privat vom Unternehmen Deutsche Regas finanziert werden und den Betrieb schon am 1. Dezember 2022 aufnehmen. Geplant ist, von hier aus jährlich 4,5 Mrd. Kubikmeter von Tankern angeliefertes LNG ins deutsche Netz einzuspeisen.

Das zweite Flüssigerdgasterminal vor Lubmin soll vom deutschen Energiekonzern RWE und der norwegischen Stena Power betrieben werden. Fertig sein wird es frühestens Ende 2023. Zwar bietet sich Lubmin als bisheriger Einspeisepunkt der russisch-deutschen Ostseepipeline Nord Stream 1 wegen der bestehenden Infrastruktur und der hervorragenden Anbindung an das Fernleitungsnetz für das LNG-Projekt an. Ein Problem ist allerdings die geringe Wassertiefe. Die Tanker sollen deshalb vor dem Greifswalder Bodden in der Ostsee ankern. Hier wird das LNG, so die Regas-Pläne, in kleinere Tanker umgeladen und nach Lubmin gebracht. Drei Shuttle-Schiffe sind dafür vorgesehen.
 

Verflüssigtes Erdgas
LNG ist verflüssigtes Erdgas, das diesen Zustand bei einer Abkühlung auf minus 162 Grad Celsius erreicht und dabei auf ein Sechshundertstel seines Volumens schrumpft. So kann es mit Spezialschiffen transportiert werden. Die Abkürzung steht für Liquefied Natural Gas. Vor der Verflüssigung wird das Erdgas gereinigt, sodass es danach aus fast reinem Methan besteht. Zu den Hauptempfängern zählen asiatische Länder, weltweit größter Exporteur ist Katar.

Dienstag, 6.09.2022, 09:27 Uhr
Günter Drewnitzky
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - Bei LNG geht jetzt (fast) alles
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe
Bei LNG geht jetzt (fast) alles
Schwimmende LNG-Terminals sollen helfen, die Erdgasversorgung sicherzustellen. Zwei könnten noch dieses Jahr in Betrieb gehen. Doch es gibt auch langfristigere Pläne. Etwa in Stade.
Fast alle europäischen Länder mit Meerzugang haben sie: Terminals, an denen verflüssigtes Erdgas (LNG) angelandet wird. Nur Deutschland nicht. Es kann LNG, das in Belgien, den Niederlanden oder Frankreich ankommt, lediglich indirekt über Pipelines beziehen. Das Vertrauen auf die sichere Versorgung mit billigem Gas aus Russland war groß, das Interesse an Alternativen gering − beides ein Fehler, wie sich herausstellt. Zwar zeigen die Füllstände der Speicher derzeit die gewünschten Werte. Das allein wird aber trotzdem nicht reichen, um über diesen und den nächsten Winter zu kommen. Zumal niemand weiß, wie sich die Belieferung aus Russland entwickeln wird.

Deshalb muss jetzt alles ziemlich schnell gehen. An vier Standorten sollen LNG-Terminals aus dem Boden gestampft werden, zwei davon als Ãœbergangslösung vielleicht noch diesen Winter in Betrieb gehen: in Wilhelmshaven und Brunsbüttel. Weitere könnten schon 2023 folgen. Eines davon in Stade, wo man allerdings − wie in Brunsbüttel − noch viel weitreichendere Pläne hat.

Bei den schnellen schwimmenden Zwischenlösungen handelt es sich um sogenannte Floating Storage and Regasification Units (FSRU). An diesen Schiffen, die von der Bundesrepublik mit Milliardenaufwand gechartert wurden, machen die LNG-Tanker fest. Das zur Volumenreduzierung bei minus 162 Grad Celsius verflüssigte Erdgas wird von der FSRU aufgenommen, dort regasifiziert und an Land gebracht. Dort muss dann nur eine Leitung zur Verfügung stehen, die mit dem Gasnetz verbunden ist.

Johann Killinger: „Stade ist ein idealer Standort.
Gäbe es ihn nicht, müsste man ihn erfinden“


Doch die Methode hat Vor- und Nachteile. Zum einen ist es zwar günstiger, die Spezialschiffe zu chartern, als ein komplettes LNG-Terminal an Land zu bauen. Allerdings sind bei FSRU die Kapazitäten geringer und die Betriebskosten höher, vor allem wenn man zum Vergleich ein Konzept heranzieht, wie es in Stade die Hanseatic Energy Hub GmbH (HEH) umsetzen will. Johann Killinger, deren Geschäftsführer, ist jedenfalls vollständig überzeugt von dem, was in der niedersächsischen Hansestadt geplant ist: „Stade ist ein idealer Standort. Gäbe es ihn nicht, müsste man ihn erfinden“, erklärte er. Man habe schon vier Jahre daran gearbeitet, das Vorhaben sei technisch ausgereift und bestens geeignet, die Diversifizierung der Gasversorgung in Deutschland zu ermöglichen.
 
Visualisierung des künftigen LNG-Terminals in Stade 
Quelle: Hanseatic Energy Hub

Dabei hat Killinger insbesondere langfristige Perspektiven im Sinn: Im Industriepark Stade ist neben einem FSRU ein festes LNG-Terminal geplant. Für rund 1 Mrd. Euro soll bis 2026 eine Anlage an Land entstehen, die mit einer Regasifizierungskapazität von rund 13,3 Mrd. Kubikmeter im Jahr und einer Ausspeiseleistung von 21.700 MW rund 15 % des deutschen Gasbedarfs decken könnte. Am Terminal werden zwei Lagertanks mit einem Volumen von je 240.000 Kubikmetern errichtet, zudem eine Verdampfungsanlage, in der das flüssige LNG erwärmt und wieder in Gas umgewandelt wird.

Dafür soll die Abwärme des amerikanischen Chemiekonzerns Dow genutzt werden, der im Industriepark ein großes Werk betreibt. Doch das ist nicht der einzige Vorteil des Standorts, für den Killinger so schwärmt. Es ist einfach alles vorhanden, was gebraucht wird. Das Wichtigste: ein direkter Anschluss ans deutsche Gasnetz. Deshalb ist nur eine neue zwei Kilometer lange neue Pipeline erforderlich und Großabnehmer gibt es vor Ort ebenfalls reichlich. Vor allem die Regasifizierung durch Abwärme, die übrigens bereits bei der FSRU-Ãœbergangslösung zum Einsatz kommt, ist ein großer Pluspunkt und soll einen emissionsfreien Betrieb ermöglichen.

Bedeutender Umschlagplatz für Wasserstoff

Auch wird die Anlage für den Import von Energieträgern auf Wasserstoffbasis ausgelegt. Der Standort könnte sich zu einem bedeutenden Umschlagplatz für Wasserstoff entwickeln. Der wird schon heute vor Ort produziert und Grünstrom aus Offshore-Windparks in der Nordsee zur klimaneutralen Herstellung steht über ein im Industriegebiet stehendes Umspannwerk reichlich zur Verfügung.
 
 Antragsunterlagen für LNG-Terminal und Hafen in Stade eingereicht, v.l.: Knut Kokkelink (NPorts), Holger Banik (NPorts), Olaf Lies (Umweltminister Niedersachsen), Bernd Althusmann (Wirtschaftsminister Niedersachsen), Johann Killinger (Hanseatic Energy Hub)
Quelle: Hanseatic Energy Hub

HEH-Gesellschafter sind der Logistiker Buss Group, der belgische Gasinfrastrukturbetreiber Fluxys, das Investmentunternehmen Partners Group aus der Schweiz sowie Dow. Endgültig grünes Licht für den Ausbau als FSRU-Standort hatten das Bundeswirtschaftsministerium und das niedersächsische Umweltministerium im Juli gegeben. Eine nautische Simulation, so heißt es dazu von der Betreibergesellschaft, habe gezeigt, dass alle Voraussetzungen für den Betrieb voll erfüllt sind.

Georg Stamatelopoulos: „Das Projekt verfügt technisch, genehmigungsseitig und kommerziell über einen hohen Reifegrad“

Für das landbasierte Terminal läuft das Genehmigungsverfahren, das voraussichtlich Ende 2023 abgeschlossen werden kann. Auch einen Großabnehmer hat HEH schon gefunden. Wie der baden-württembergische Energieversorger EnBW mitteilte, will man jährlich mindestens 3 Mrd. Kubikmeter LNG über Stade beziehen. Georg Stamatelopoulos, Vorstand für Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur bei EnBW, erklärte: „Wir haben uns ganz gezielt für Stade entschieden. Das Projekt verfügt technisch, genehmigungsseitig und kommerziell über einen hohen Reifegrad. Aus unserer Sicht zudem besonders relevant: das Zero-Emission-Konzept sowie die kurze Anschlussdistanz an das deutsche Gastransportnetz.“

Ende Juli hatte die Bundesnetzagentur das Terminal für 25 Jahre von der Tarif- und Netzzugangsregulierung freigestellt. Wie die Behörde dazu mitteilte, konnte man keine nachteiligen Auswirkungen auf den Wettbewerb feststellen. Gutachten hätten vielmehr ergeben, dass der HEH die Versorgungssicherheit und den Wettbewerb in Europa stärkt, indem er die Flexibilität bei der Gasversorgung durch eine Vielzahl an Transportrouten zu unterschiedlichsten Gasquellen weltweit erhöht. Bereits in den Wochen davor hatte die Bundesnetzagentur auf die deutlich gestiegene LNG-Nachfrage in Deutschland reagiert und die Einspeisetarife für die Hubs um 40 % gesenkt.

An den anderen Standorten für LNG-Terminals sind die Arbeiten ebenfalls in vollem Gange: Bei Mannesmann zum Beispiel wurden 3,3 Kilometer der Gashochdruckrohre mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern produziert, die das Flüssigerdgas in Wilhelmshaven (Niedersachsen) vom FSRU an Land bringen sollen. Gebaut werden muss darüber hinaus eine 26 Kilometer lange Leitung, die den Anschluss an die Kavernenspeicher Etzel im Bereich der Gemeinde Friedeburg bildet. Nach der Genehmigung in Blitzgeschwindigkeit sind zurzeit mehrere Hundert Arbeiter damit beschäftigt, diese Pipeline zu verlegen, in die der Fernleitungsnetzbetreiber OGE 150 Mio. Euro investiert. Eine Kapazität von 9 Mrd. Kubikmetern im Jahr soll die von Uniper betriebene Anlage haben.

In Brunsbüttel (Schleswig-Holstein), wo ebenfalls noch in diesem Jahr eine schwimmende Ãœbergangslösung startklar sein soll, ist zunächst eine drei Kilometer lange Leitung ins SH-Netz geplant, später − auch im Hinblick auf ein geplantes festes Terminal − eine 54 Kilometer lange Verbindung nach Uetersen im Landkreis Pinneberg, wo der Anschluss ans europäische Fernleitungsnetz möglich ist. Die maximale Kapazität beträgt hier 5 Mrd. Kubikmeter im Jahr. Diese wird allerdings erst mit der langen Pipeline erreicht, die Ende 2023 fertig sein soll. Bis dahin beträgt die Kapazität 3,5 Mrd. Kubikmeter.

Bis 2026 soll wie in Stade das schwimmende durch ein festes Terminal an Land mit Tanks ersetzt werden. Dann könnte die Kapazität auf 10 Mrd. Kubikmeter im Jahr gesteigert werden. Auch hier ist später der Umschlag von Wasserstoff vorgesehen. Betreiberin ist Gasunie.

Grünes Licht von der Bundesregierung gibt es mittlerweile auch für zwei FSRU-Anlagen in Lubmin bei Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern), wo Nord Stream 1 anlandet. Eines der beiden Terminals soll privat vom Unternehmen Deutsche Regas finanziert werden und den Betrieb schon am 1. Dezember 2022 aufnehmen. Geplant ist, von hier aus jährlich 4,5 Mrd. Kubikmeter von Tankern angeliefertes LNG ins deutsche Netz einzuspeisen.

Das zweite Flüssigerdgasterminal vor Lubmin soll vom deutschen Energiekonzern RWE und der norwegischen Stena Power betrieben werden. Fertig sein wird es frühestens Ende 2023. Zwar bietet sich Lubmin als bisheriger Einspeisepunkt der russisch-deutschen Ostseepipeline Nord Stream 1 wegen der bestehenden Infrastruktur und der hervorragenden Anbindung an das Fernleitungsnetz für das LNG-Projekt an. Ein Problem ist allerdings die geringe Wassertiefe. Die Tanker sollen deshalb vor dem Greifswalder Bodden in der Ostsee ankern. Hier wird das LNG, so die Regas-Pläne, in kleinere Tanker umgeladen und nach Lubmin gebracht. Drei Shuttle-Schiffe sind dafür vorgesehen.
 

Verflüssigtes Erdgas
LNG ist verflüssigtes Erdgas, das diesen Zustand bei einer Abkühlung auf minus 162 Grad Celsius erreicht und dabei auf ein Sechshundertstel seines Volumens schrumpft. So kann es mit Spezialschiffen transportiert werden. Die Abkürzung steht für Liquefied Natural Gas. Vor der Verflüssigung wird das Erdgas gereinigt, sodass es danach aus fast reinem Methan besteht. Zu den Hauptempfängern zählen asiatische Länder, weltweit größter Exporteur ist Katar.

Dienstag, 6.09.2022, 09:27 Uhr
Günter Drewnitzky

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