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Energie & Management > Strom - Bedarfsgerechte Erzeugung neue Leitwährung im Marktdesign
Quelle: Pixabay / Markus Distelrath
Strom

Bedarfsgerechte Erzeugung neue Leitwährung im Marktdesign

Am 30. November hat eine Plattform von Erzeugerverbänden, Netzbetreibern sowie Industrie eigene Vorschläge für ein neues Strommarktdesign vorgestellt.
Vertreter von mehr als einem Dutzend Beteiligten am Stromsystem trafen sich seit Juli 2022 zu einer Stakeholder-Plattform für ein neues Strommarktdesign. Die Ergebnisse ihrer Beratungen stellten sie am 30. November in Berlin vor. Der Energy-only-Markt solle fortbestehen und nur um ein Entgelt für Verfügbarkeit und Systemdienlichkeit ergänzt werden, so der Kern der Empfehlungen. Im Februar 2023 soll vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) eine Plattform für ein neues Strommarktdesign gestartet werden.

Volker Oschmann, Abteilungsleiter im BMWK, sagte, Strom werde in einem klimaneutralen Energiesystem die dominierende Energieform. Dies geschehe, weil auch im Verkehr und Wärmemarkt und - über die Erzeugung grünen Wasserstoffs - auch in der Industrie mehr Strom zum Einsatz komme. „Der Stromsektor wird nach der Industrie zweitgrößter Abnehmer für Wasserstoff als Speicher erneuerbaren Stroms für Zeiten mit wenig Sonnen- und Windstrom“, sagte Oschmann.

Netze und erneuerbare Anlagen schnell ausbauen

„Jetzt muss der Ausbau bei den erneuerbaren Anlagen, den Speichern und bei den Netzen kommen“, appellierte er an die im Allianz-Forum versammelten Vertreter der Stromerzeuger und Netzbetreiber. Etwa 70.000 MW wasserstofffähige Gaskraftwerke würden laut Oschmann als Rückhalt eines klimaneutralen Stromsystems benötigt. In der kurzen Frist sollten 30.000 MW Gaskraftwerke errichtet werden, um das Netz stabil zu halten. Bis 2035 solle das gesamte Stromsystem trotz erhöhtem Bedarf komplett erneuerbar werden, nannte er als Ziel.

Der Strommarkt hat laut Oschmann zwei Funktionen:
zum einen, Erzeugung und Verbrauch kurzfristig abzustimmen.
Zum anderen müsste er langfristige Anreize setzen, das System versorgungssicher umzugestalten. Kraftwerke könnten sich künftig nicht mehr über ein Maximum an Volllaststunden refinanzieren. Dafür müssten neue Marktinstrumente installiert werden.
 
Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer VDMA Power Systems, bei der Vorstellung des Fazits der Stakeholder-Plattform Strommarktdesign am 30. November 2022 in Berlin
Quelle: E&M / Harmsen

Alexander Götz, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), erklärte, Maßnahmen wie die Erlösabschöpfung (siehe separaten Bericht) und die Streichung der vermiedenen Netzentgelte (wir berichteten) sowie steigende Zinsen verunsicherten Investoren. Nur mit hohen Investitionen aber seien die ehrgeizigen Ausbauziele für erneuerbare Energieanlagen, Speicher oder Netze umsetzbar, argumentierte er.

Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), hob die große Einigkeit der Stakeholder in der Plattform hervor. Nicht allein Kapazitäten, sondern die Verfügbarkeit und Flexibilität seien künftig die Währung im Strommarkt. Das werde aber nur funktionieren, wenn staatliche Eingriffe, wie aktuell wegen der hohen Preise, nicht den Markt verzerren. „Wir wollen unter der Ägide des Klimaschutzes ein technologieoffenes Ausschreibungsdesign“, so Andreaes Fazit des Stakeholderprozesses. Ein zusätzliches Entgelt solle Investitionen in dargebotsabhängige und steuerbare Anlagen ermöglichen, die das Stromsystem stabilisieren.

Mehr Strom ins Netz statt abregeln

Als Vertreterin der erneuerbaren Stromerzeuger appellierte Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE), dafür, möglichst wenig abzuregeln, durch Speicher und ein Stromnetz, das mehr aufnehmen kann. Außerdem sollten Strafzahlungen (Pönalen) für Ökostrom bei negativen Marktpreisen abgeschafft werden, forderte sie. Aktuell müssten Benachteiligungen der erneuerbaren Erzeuger gegenüber fossilen bei der Erlösabschöpfung der Strompreisbremse geändert werden, schloss Peter.

Für die Übertragungsnetzbetreiber sagte Stefan Kapferer, Chef von 50 Hertz, es seien schnelle Entscheidungen über das neue Strommarktdesign nötig, weil die Investitionen Jahre benötigten. Auch der innereuropäische Stromaustausch müsse durch Netzausbau verbessert werden.

An der Plattform zum neuen Strommarktdesign waren beteiligt: VDMA Power Systems, BEE, BDEW, VKU, BDI, Efet Deutschland (Verband deutscher Energiehändler), VIK, RWE, Amprion und 50 Hertz sowie Gewerkschaftsvertreter.

Das Ergebnispapier der Stakeholder Plattform steht als PDF zum Download bereit.

Mittwoch, 30.11.2022, 16:16 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Strom - Bedarfsgerechte Erzeugung neue Leitwährung im Marktdesign
Quelle: Pixabay / Markus Distelrath
Strom
Bedarfsgerechte Erzeugung neue Leitwährung im Marktdesign
Am 30. November hat eine Plattform von Erzeugerverbänden, Netzbetreibern sowie Industrie eigene Vorschläge für ein neues Strommarktdesign vorgestellt.
Vertreter von mehr als einem Dutzend Beteiligten am Stromsystem trafen sich seit Juli 2022 zu einer Stakeholder-Plattform für ein neues Strommarktdesign. Die Ergebnisse ihrer Beratungen stellten sie am 30. November in Berlin vor. Der Energy-only-Markt solle fortbestehen und nur um ein Entgelt für Verfügbarkeit und Systemdienlichkeit ergänzt werden, so der Kern der Empfehlungen. Im Februar 2023 soll vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) eine Plattform für ein neues Strommarktdesign gestartet werden.

Volker Oschmann, Abteilungsleiter im BMWK, sagte, Strom werde in einem klimaneutralen Energiesystem die dominierende Energieform. Dies geschehe, weil auch im Verkehr und Wärmemarkt und - über die Erzeugung grünen Wasserstoffs - auch in der Industrie mehr Strom zum Einsatz komme. „Der Stromsektor wird nach der Industrie zweitgrößter Abnehmer für Wasserstoff als Speicher erneuerbaren Stroms für Zeiten mit wenig Sonnen- und Windstrom“, sagte Oschmann.

Netze und erneuerbare Anlagen schnell ausbauen

„Jetzt muss der Ausbau bei den erneuerbaren Anlagen, den Speichern und bei den Netzen kommen“, appellierte er an die im Allianz-Forum versammelten Vertreter der Stromerzeuger und Netzbetreiber. Etwa 70.000 MW wasserstofffähige Gaskraftwerke würden laut Oschmann als Rückhalt eines klimaneutralen Stromsystems benötigt. In der kurzen Frist sollten 30.000 MW Gaskraftwerke errichtet werden, um das Netz stabil zu halten. Bis 2035 solle das gesamte Stromsystem trotz erhöhtem Bedarf komplett erneuerbar werden, nannte er als Ziel.

Der Strommarkt hat laut Oschmann zwei Funktionen:
zum einen, Erzeugung und Verbrauch kurzfristig abzustimmen.
Zum anderen müsste er langfristige Anreize setzen, das System versorgungssicher umzugestalten. Kraftwerke könnten sich künftig nicht mehr über ein Maximum an Volllaststunden refinanzieren. Dafür müssten neue Marktinstrumente installiert werden.
 
Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer VDMA Power Systems, bei der Vorstellung des Fazits der Stakeholder-Plattform Strommarktdesign am 30. November 2022 in Berlin
Quelle: E&M / Harmsen

Alexander Götz, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), erklärte, Maßnahmen wie die Erlösabschöpfung (siehe separaten Bericht) und die Streichung der vermiedenen Netzentgelte (wir berichteten) sowie steigende Zinsen verunsicherten Investoren. Nur mit hohen Investitionen aber seien die ehrgeizigen Ausbauziele für erneuerbare Energieanlagen, Speicher oder Netze umsetzbar, argumentierte er.

Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), hob die große Einigkeit der Stakeholder in der Plattform hervor. Nicht allein Kapazitäten, sondern die Verfügbarkeit und Flexibilität seien künftig die Währung im Strommarkt. Das werde aber nur funktionieren, wenn staatliche Eingriffe, wie aktuell wegen der hohen Preise, nicht den Markt verzerren. „Wir wollen unter der Ägide des Klimaschutzes ein technologieoffenes Ausschreibungsdesign“, so Andreaes Fazit des Stakeholderprozesses. Ein zusätzliches Entgelt solle Investitionen in dargebotsabhängige und steuerbare Anlagen ermöglichen, die das Stromsystem stabilisieren.

Mehr Strom ins Netz statt abregeln

Als Vertreterin der erneuerbaren Stromerzeuger appellierte Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE), dafür, möglichst wenig abzuregeln, durch Speicher und ein Stromnetz, das mehr aufnehmen kann. Außerdem sollten Strafzahlungen (Pönalen) für Ökostrom bei negativen Marktpreisen abgeschafft werden, forderte sie. Aktuell müssten Benachteiligungen der erneuerbaren Erzeuger gegenüber fossilen bei der Erlösabschöpfung der Strompreisbremse geändert werden, schloss Peter.

Für die Übertragungsnetzbetreiber sagte Stefan Kapferer, Chef von 50 Hertz, es seien schnelle Entscheidungen über das neue Strommarktdesign nötig, weil die Investitionen Jahre benötigten. Auch der innereuropäische Stromaustausch müsse durch Netzausbau verbessert werden.

An der Plattform zum neuen Strommarktdesign waren beteiligt: VDMA Power Systems, BEE, BDEW, VKU, BDI, Efet Deutschland (Verband deutscher Energiehändler), VIK, RWE, Amprion und 50 Hertz sowie Gewerkschaftsvertreter.

Das Ergebnispapier der Stakeholder Plattform steht als PDF zum Download bereit.

Mittwoch, 30.11.2022, 16:16 Uhr
Susanne Harmsen

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