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Energie & Management > Gas - BDEW-Diskussion: Welche Zukunft für welches Gas?
Quelle: Shutterstock / Visionsi
Gas

BDEW-Diskussion: Welche Zukunft für welches Gas?

Auf dem BDEW-Kongress in Berlin ging es um die Zukunft der Gaswirtschaft vor dem Hintergrund des möglichen Wegfalls von russischem Erdgas und den Klimaschutzzielen Deutschlands.
Die Energiewirtschaft tue alles, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Abhängigkeit von fossilen Importen aus Russland schnellstmöglich zu reduzieren, versicherte BDEW-Chefin Kerstin Andreae bei der Eröffnung des Jahreskongresses am 1. Juni. Die Energiebranche arbeite dabei sehr eng mit der Bundesregierung zusammen, um vorbereitet zu sein, wenn es zu Engpässen bei den Gaslieferungen aus Russland kommen sollte. Allerdings brauche die Branche auch Vertrauen der Politik und keine angedrohten Strafzahlungen auf Gasverstromung, appellierte sie zugleich.

Oliver Krischer, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), versprach weiter ein hohes Tempo in den Gesetzesvorhaben für mehr erneuerbare Erzeugung und die Entwicklung einer Wasserstoffwirtschaft. Bei der EU würden die IPCEI-Projekte zum Beispiel für Elektrolyseure zur Genehmigung eingereicht und internationale Lieferanten für Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen mit "H2Global" gesucht. Es solle im Gasbereich keine "Stranded Investments" wie bei Kohlekraftwerken geben, versprach Krischer. Die kritisierten Regelungen seien einzig für den Notfall einer ausbleibenden russischen Gaslieferung gedacht und sollten keine Investitionsentscheidungen verzögern oder verhindern.

Mehr Biogas wäre nutzbar

Kurzfristig wäre viel mehr Biogas als Ersatz für Erdgas zu nutzen, als es bisher passiert, sagte Gundolf Schweppe, Vorsitzender der Geschäftsführung von Uniper Energy Sales. Er begrüßte das hohe Tempo der Bundesregierung beim Ausbau von LNG-Terminals angesichts der Notwendigkeit, von russischem Pipeline-Erdgas unabhängiger zu werden. Dort könnte auch Biogas aus anderen Ländern ankommen. Zugleich wünschte er sich mehr Pragmatismus − "weg von der Ideologie".
 
 
Deutschland brauche schnell Gaskraftwerke mit einer Leistung zwischen 15.000 und 40.000 MW für das Stromsystem, um den Kohleausstieg zu kompensieren. "Dafür müssen wir morgen anfangen mit dem Bau, auch wenn es noch keine komplett wasserstofffähigen Gaskraftwerke von der Stange gibt", sagte Schweppe. Für Investoren seien Äußerungen aus dem Bundeswirtschaftsministerium, die Verstromung von Gas mit Strafzahlungen zu verhindern, kein Anreiz, warnte er.

Gasinfrastruktur nicht vergeuden

"Das Gasnetz ist schon da und liegt bis in unsere Städte", sagte Thomas Hüwener, CTO von Open Grid Europe. Diese Infrastruktur sollte nicht verschwendet werden. Auch Planungen für ein europaweites Wasserstoffnetz seien schon weit vorangeschritten. Für die Umsetzung fehle aber im EU-Gasmarktpaketentwurf ein realistischer Rahmen. Wegen des vorgesehenen vertikalen Unbundlings, würden heutige Betreiber nicht in Netze investieren, die sie später nicht nutzen dürfen. Auch das horizontale Unbundling, das verlangt, verschiedene Gase getrennt zu transportieren, wäre kontraproduktiv und müsse in der Endfassung des Gesetzes noch korrigiert werden. Die Bundesregierung müsse verhindern helfen, dass Erdgas- und Wasserstoffnetz getrennt geplant werden, appellierte Hüwener.

Martin O'Neill, Leiter Produktionsmanagement und Strategie GE Gas Power, hält Gasturbinen weiter für ein unabdingbares Rückgrat der Stromerzeugung oder für Industriedampf. Allerdings sei es eine Frage, welches Gas, mit welchem Treibhausgasausstoß die Turbinen antreibt. Hierfür sei von fossilem Erdgas bis zu biogenem Methan oder Wasserstoff vieles möglich. Die Infrastruktur der Gasbranche sei aber weiter unverzichtbar, betonte O'Neill. Industrie stoße die meisten Treibhausgase aus, daher sei es am einfachsten, hier die Produktion auf erneuerbare Energie umzustellen, um große Klimaschutzerfolge zu erzielen, regte er an.

Bastian Olzem, Referent für Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und Wärmenetzsysteme im BDEW, beklagte aktuell die unzureichende Sicherheit in der Förderung und Flexibilisierung der KWK. Auch die geplanten Ersatzkraftwerke hätten noch keine verlässlichen Geschäftsmodelle und damit keine Investoren. "Wir arbeiten im Ministerium mit Hochdruck daran, dass in der Industrie Produktion und damit Nachfrage für Wasserstoff entsteht", versprach Krischer. Damit würden sichere Geschäftsmodelle für Gasproduzenten entstehen. Allerdings könne zu viel Druck auf die EU auch kontraproduktiv wirken, warnte er. "Wir werden ein Strommarktdesign schaffen, das auch die Reservekraftwerke wirtschaftlich macht", versprach Krischer. Dafür hoffe er auch auf Pragmatismus der Energiebranche.

Mittwoch, 1.06.2022, 16:13 Uhr
Susanne Harmsen
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BDEW-Diskussion: Welche Zukunft für welches Gas?
Auf dem BDEW-Kongress in Berlin ging es um die Zukunft der Gaswirtschaft vor dem Hintergrund des möglichen Wegfalls von russischem Erdgas und den Klimaschutzzielen Deutschlands.
Die Energiewirtschaft tue alles, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Abhängigkeit von fossilen Importen aus Russland schnellstmöglich zu reduzieren, versicherte BDEW-Chefin Kerstin Andreae bei der Eröffnung des Jahreskongresses am 1. Juni. Die Energiebranche arbeite dabei sehr eng mit der Bundesregierung zusammen, um vorbereitet zu sein, wenn es zu Engpässen bei den Gaslieferungen aus Russland kommen sollte. Allerdings brauche die Branche auch Vertrauen der Politik und keine angedrohten Strafzahlungen auf Gasverstromung, appellierte sie zugleich.

Oliver Krischer, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), versprach weiter ein hohes Tempo in den Gesetzesvorhaben für mehr erneuerbare Erzeugung und die Entwicklung einer Wasserstoffwirtschaft. Bei der EU würden die IPCEI-Projekte zum Beispiel für Elektrolyseure zur Genehmigung eingereicht und internationale Lieferanten für Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen mit "H2Global" gesucht. Es solle im Gasbereich keine "Stranded Investments" wie bei Kohlekraftwerken geben, versprach Krischer. Die kritisierten Regelungen seien einzig für den Notfall einer ausbleibenden russischen Gaslieferung gedacht und sollten keine Investitionsentscheidungen verzögern oder verhindern.

Mehr Biogas wäre nutzbar

Kurzfristig wäre viel mehr Biogas als Ersatz für Erdgas zu nutzen, als es bisher passiert, sagte Gundolf Schweppe, Vorsitzender der Geschäftsführung von Uniper Energy Sales. Er begrüßte das hohe Tempo der Bundesregierung beim Ausbau von LNG-Terminals angesichts der Notwendigkeit, von russischem Pipeline-Erdgas unabhängiger zu werden. Dort könnte auch Biogas aus anderen Ländern ankommen. Zugleich wünschte er sich mehr Pragmatismus − "weg von der Ideologie".
 
 
Deutschland brauche schnell Gaskraftwerke mit einer Leistung zwischen 15.000 und 40.000 MW für das Stromsystem, um den Kohleausstieg zu kompensieren. "Dafür müssen wir morgen anfangen mit dem Bau, auch wenn es noch keine komplett wasserstofffähigen Gaskraftwerke von der Stange gibt", sagte Schweppe. Für Investoren seien Äußerungen aus dem Bundeswirtschaftsministerium, die Verstromung von Gas mit Strafzahlungen zu verhindern, kein Anreiz, warnte er.

Gasinfrastruktur nicht vergeuden

"Das Gasnetz ist schon da und liegt bis in unsere Städte", sagte Thomas Hüwener, CTO von Open Grid Europe. Diese Infrastruktur sollte nicht verschwendet werden. Auch Planungen für ein europaweites Wasserstoffnetz seien schon weit vorangeschritten. Für die Umsetzung fehle aber im EU-Gasmarktpaketentwurf ein realistischer Rahmen. Wegen des vorgesehenen vertikalen Unbundlings, würden heutige Betreiber nicht in Netze investieren, die sie später nicht nutzen dürfen. Auch das horizontale Unbundling, das verlangt, verschiedene Gase getrennt zu transportieren, wäre kontraproduktiv und müsse in der Endfassung des Gesetzes noch korrigiert werden. Die Bundesregierung müsse verhindern helfen, dass Erdgas- und Wasserstoffnetz getrennt geplant werden, appellierte Hüwener.

Martin O'Neill, Leiter Produktionsmanagement und Strategie GE Gas Power, hält Gasturbinen weiter für ein unabdingbares Rückgrat der Stromerzeugung oder für Industriedampf. Allerdings sei es eine Frage, welches Gas, mit welchem Treibhausgasausstoß die Turbinen antreibt. Hierfür sei von fossilem Erdgas bis zu biogenem Methan oder Wasserstoff vieles möglich. Die Infrastruktur der Gasbranche sei aber weiter unverzichtbar, betonte O'Neill. Industrie stoße die meisten Treibhausgase aus, daher sei es am einfachsten, hier die Produktion auf erneuerbare Energie umzustellen, um große Klimaschutzerfolge zu erzielen, regte er an.

Bastian Olzem, Referent für Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und Wärmenetzsysteme im BDEW, beklagte aktuell die unzureichende Sicherheit in der Förderung und Flexibilisierung der KWK. Auch die geplanten Ersatzkraftwerke hätten noch keine verlässlichen Geschäftsmodelle und damit keine Investoren. "Wir arbeiten im Ministerium mit Hochdruck daran, dass in der Industrie Produktion und damit Nachfrage für Wasserstoff entsteht", versprach Krischer. Damit würden sichere Geschäftsmodelle für Gasproduzenten entstehen. Allerdings könne zu viel Druck auf die EU auch kontraproduktiv wirken, warnte er. "Wir werden ein Strommarktdesign schaffen, das auch die Reservekraftwerke wirtschaftlich macht", versprach Krischer. Dafür hoffe er auch auf Pragmatismus der Energiebranche.

Mittwoch, 1.06.2022, 16:13 Uhr
Susanne Harmsen

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