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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Bakred gibt sich pragmatisch
Quelle: E&M
E&M Vor 20 Jahren

Bakred gibt sich pragmatisch

Vor 20 Jahren steckte der Energiehandel noch in den Kinderschuhen. Sowohl die Händler als auch das Finanzaufsicht tasteten sich auf neues Terrain vor.
Die Ankündigung der damals noch zwei Energiebörsen, LPX und EEX, einen Terminmarkt für Stromkontrakte etablieren zu wollen, zog im Jahr 2000 die Aufmerksamkeit des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen (Bakred) auf sich und führte schließlich zu einer in Fachkreisen schon legendären Pressemitteilung der Behörde, die heute Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) heißt. Darin wiesen die Beamten potenzielle Handelsteilnehmer auf notwendige Lizenzen hin. Wer börslich oder außerbörslich Stromterminkontrakte vermitteln oder im Eigenhandel oder als Kommissionsgeschäft solche Kontrakte abschließen wolle, benötige eine Lizenz des Bakred.

In den folgenden Monaten wurde viel diskutiert, sowohl intern in der Branche als auch extern mit der Behörde. Arbeitsgruppen wurden eingerichtet, Definitionen für bisher aufsichtsrechtlich unbekannte Sachverhalte erarbeitet und Vorschläge für die tägliche Praxis mit den Vorgaben des Kreditwesengesetzes abgeglichen.

Am Ende richteten sich aber alle Augen auf das Bakred. Dessen damaliger Präsident Jochen Sanio hatte 2002 einen mit Spannung erwarteten Auftritt bei der E-world, den damals auch E&M-Redakteur Fritz Wilhelm erlebte. Daraufhin entstand die folgende Meldung.


Das Bundesamt für das Kreditwesen (BAKred) will die Aufsicht über den Stromterminmarkt praxisorientiert führen, versicherte BAKred-Präsident Jochen Sanio bei der E-world in Essen.
 
Sanio betonte, das BAKred wolle die Marktteilnehmer nicht mit einem von der Praxis losgelösten Regelwerk überziehen, sondern sich möglichst eng an die Markterfordernisse anlehnen. Als weitere Maxime der Aufsichtspraxis bezeichnete der Präsident das Ziel, den Anknüpfungspunkten zum KonTraG besondere Beachtung zu schenken.

„Wir haben den Marktteilnehmern zunächst einmal einen Vertrauensvorschuss gegeben“, sagte Sanio. Das Amt habe nicht von Anfang an die Aktivitäten hemmen wollen, beispielsweise mit außerordentlichen Eigenkapitalanforderungen. Nun hoffe er allerdings, dass die Marktteilnehmer das Gespräch mit seiner Behörde suchen und „ihre Karten auf den Tisch legen und ihren rechtlichen Status klären“. Angesichts der großen Zahl an Unternehmen, die mittlerweile bereits Termingeschäfte an den Strombörsen betreiben, dränge sich ihm allerdings der Eindruck auf, viele Unternehmen würden noch den Kontakt zum BAKred scheuen, da bisher erst zwölf Unternehmen eine Genehmigung zur Erbringung von Finanzdienstleistungen beantragt hätten. Im Jahr 2000 sei eine davon erteilt worden, 2001 insgesamt fünf. Sanio gab sich optimistisch, dass die restlichen sechs Anträge in diesem Jahr positiv beschieden werden könnten.

Seit dem Sommer des letzten Jahres steht eine Gruppe von mittlerweile 15 Unternehmen – hierzu gehören zum Beispiel Aare Tessin, Aquila Energie, Kom-Strom, Nuon, powerITS, Stadtwerke Leipzig und Trianel – in Begleitung der Anwaltskanzlei Becker Büttner Held einem engen Meinungsaustausch mit dem Bundesamt. Sie versuchen im Dialog wichtige Fragen der Aufsichtspraxis zu klären, zum Beispiel die Definition der Begriffe „Derivat“ oder „Termingeschäft“ und energiewirtschaftlichen Kontext.

Hinsichtlich des Derivat-Begriffs fordert die „BAKred-Gruppe“ vor allem, den spekulativen Charakter von Termingeschäften zu einem wesentlichen Typenmerkmal zu machen. Ganz in diesem Sinne unterstrich Sanio bei der E-world-Konferenz, keine Geschäfte, die auf eine physische Lieferung gerichtet seien, würden aufsichtsrechtlich relevant werden. Lediglich Kontrakte mit finanzieller Glattstellung würden betrachtet. Zur Abgrenzung von Termin- zu Spotgeschäften sagte der Behörden-Chef, der Erfüllungszeitraum von zwei Werktagen sei im Strommarkt sicherlich noch als Kassageschäft zu betrachten. Zur Abgrenzung des Eigengeschäfts, um eigene Risiken abzusichern, vom Eigenhandel, als kommerzieller Dienstleistung für Dritte, äußerte sich Sanio wie bisher: Nur der Eigenhandel ist erlaubnispflichtig.

Bei der Pflicht der Unternehmen, die Marktpreisrisiken des laufenden Geschäftes mit Eigenmitteln zu unterlegen – Sanio sprach von einem Anteil von zwölf Prozent – überlegt das Bundesamt, sich bei der Ermittlung der Risiken an den im Markt üblichen Methoden zu orientieren, das heißt beispielsweise Standardabweichungen zur Risikomessung heranzuziehen.

Abschließend appellierte Sanio noch einmal eindringlich an die Marktteilnehmer, die Zeit zu nutzen und das innerbetriebliche Risikomanagement zu optimieren und die Voraussetzungen für ein Genehmigungsverfahren zu schaffen. Ausländischen Marktteilnehmern dürfte dieses nach Auffassung von Rainer Wiegelmann, Referatsleiter beim BAKred, nicht erspart bleiben. Stellungnahmen aus Großbritannien und Schweden, die kürzlich bei ihm eingegangen seien, würden den Schluss nahelegen, dass der so genannte Europäische Pass – wenn eine Genehmigung in einem europäischen Land erteilt wurde, gilt sie auch für die übrigen Staaten – nicht zur Anwendung kommen werde.
 
 

Freitag, 18.02.2022, 14:48 Uhr
Fritz Wilhelm
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Bakred gibt sich pragmatisch
Vor 20 Jahren steckte der Energiehandel noch in den Kinderschuhen. Sowohl die Händler als auch das Finanzaufsicht tasteten sich auf neues Terrain vor.
Die Ankündigung der damals noch zwei Energiebörsen, LPX und EEX, einen Terminmarkt für Stromkontrakte etablieren zu wollen, zog im Jahr 2000 die Aufmerksamkeit des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen (Bakred) auf sich und führte schließlich zu einer in Fachkreisen schon legendären Pressemitteilung der Behörde, die heute Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) heißt. Darin wiesen die Beamten potenzielle Handelsteilnehmer auf notwendige Lizenzen hin. Wer börslich oder außerbörslich Stromterminkontrakte vermitteln oder im Eigenhandel oder als Kommissionsgeschäft solche Kontrakte abschließen wolle, benötige eine Lizenz des Bakred.

In den folgenden Monaten wurde viel diskutiert, sowohl intern in der Branche als auch extern mit der Behörde. Arbeitsgruppen wurden eingerichtet, Definitionen für bisher aufsichtsrechtlich unbekannte Sachverhalte erarbeitet und Vorschläge für die tägliche Praxis mit den Vorgaben des Kreditwesengesetzes abgeglichen.

Am Ende richteten sich aber alle Augen auf das Bakred. Dessen damaliger Präsident Jochen Sanio hatte 2002 einen mit Spannung erwarteten Auftritt bei der E-world, den damals auch E&M-Redakteur Fritz Wilhelm erlebte. Daraufhin entstand die folgende Meldung.


Das Bundesamt für das Kreditwesen (BAKred) will die Aufsicht über den Stromterminmarkt praxisorientiert führen, versicherte BAKred-Präsident Jochen Sanio bei der E-world in Essen.
 
Sanio betonte, das BAKred wolle die Marktteilnehmer nicht mit einem von der Praxis losgelösten Regelwerk überziehen, sondern sich möglichst eng an die Markterfordernisse anlehnen. Als weitere Maxime der Aufsichtspraxis bezeichnete der Präsident das Ziel, den Anknüpfungspunkten zum KonTraG besondere Beachtung zu schenken.

„Wir haben den Marktteilnehmern zunächst einmal einen Vertrauensvorschuss gegeben“, sagte Sanio. Das Amt habe nicht von Anfang an die Aktivitäten hemmen wollen, beispielsweise mit außerordentlichen Eigenkapitalanforderungen. Nun hoffe er allerdings, dass die Marktteilnehmer das Gespräch mit seiner Behörde suchen und „ihre Karten auf den Tisch legen und ihren rechtlichen Status klären“. Angesichts der großen Zahl an Unternehmen, die mittlerweile bereits Termingeschäfte an den Strombörsen betreiben, dränge sich ihm allerdings der Eindruck auf, viele Unternehmen würden noch den Kontakt zum BAKred scheuen, da bisher erst zwölf Unternehmen eine Genehmigung zur Erbringung von Finanzdienstleistungen beantragt hätten. Im Jahr 2000 sei eine davon erteilt worden, 2001 insgesamt fünf. Sanio gab sich optimistisch, dass die restlichen sechs Anträge in diesem Jahr positiv beschieden werden könnten.

Seit dem Sommer des letzten Jahres steht eine Gruppe von mittlerweile 15 Unternehmen – hierzu gehören zum Beispiel Aare Tessin, Aquila Energie, Kom-Strom, Nuon, powerITS, Stadtwerke Leipzig und Trianel – in Begleitung der Anwaltskanzlei Becker Büttner Held einem engen Meinungsaustausch mit dem Bundesamt. Sie versuchen im Dialog wichtige Fragen der Aufsichtspraxis zu klären, zum Beispiel die Definition der Begriffe „Derivat“ oder „Termingeschäft“ und energiewirtschaftlichen Kontext.

Hinsichtlich des Derivat-Begriffs fordert die „BAKred-Gruppe“ vor allem, den spekulativen Charakter von Termingeschäften zu einem wesentlichen Typenmerkmal zu machen. Ganz in diesem Sinne unterstrich Sanio bei der E-world-Konferenz, keine Geschäfte, die auf eine physische Lieferung gerichtet seien, würden aufsichtsrechtlich relevant werden. Lediglich Kontrakte mit finanzieller Glattstellung würden betrachtet. Zur Abgrenzung von Termin- zu Spotgeschäften sagte der Behörden-Chef, der Erfüllungszeitraum von zwei Werktagen sei im Strommarkt sicherlich noch als Kassageschäft zu betrachten. Zur Abgrenzung des Eigengeschäfts, um eigene Risiken abzusichern, vom Eigenhandel, als kommerzieller Dienstleistung für Dritte, äußerte sich Sanio wie bisher: Nur der Eigenhandel ist erlaubnispflichtig.

Bei der Pflicht der Unternehmen, die Marktpreisrisiken des laufenden Geschäftes mit Eigenmitteln zu unterlegen – Sanio sprach von einem Anteil von zwölf Prozent – überlegt das Bundesamt, sich bei der Ermittlung der Risiken an den im Markt üblichen Methoden zu orientieren, das heißt beispielsweise Standardabweichungen zur Risikomessung heranzuziehen.

Abschließend appellierte Sanio noch einmal eindringlich an die Marktteilnehmer, die Zeit zu nutzen und das innerbetriebliche Risikomanagement zu optimieren und die Voraussetzungen für ein Genehmigungsverfahren zu schaffen. Ausländischen Marktteilnehmern dürfte dieses nach Auffassung von Rainer Wiegelmann, Referatsleiter beim BAKred, nicht erspart bleiben. Stellungnahmen aus Großbritannien und Schweden, die kürzlich bei ihm eingegangen seien, würden den Schluss nahelegen, dass der so genannte Europäische Pass – wenn eine Genehmigung in einem europäischen Land erteilt wurde, gilt sie auch für die übrigen Staaten – nicht zur Anwendung kommen werde.
 
 

Freitag, 18.02.2022, 14:48 Uhr
Fritz Wilhelm

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