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Energie & Management > Wärme - Bad Bramstedts Versorger rückt von Fernwärme-Konzept ab
Wärmepumpe. Quelle: BWP
Wärme

Bad Bramstedts Versorger rückt von Fernwärme-Konzept ab

Aus „erfreulich günstig“ wird Fehlkalkulation: Beim Anschluss eines Wohngebiets in Bad Bramstedt sind die örtlichen Stadtwerke in Erklärungsnöten. Ihr Fernwärme-Plan geht nicht auf.
Ein Zeit- und Imageverlust droht den Stadtwerken Bad Bramstedt. Die Norddeutschen hatten im April 2023 vehement auf ihr Recht gepocht, im gesamten Bereich der schleswig-holsteinischen Kleinstadt allein die Fernwärme ausbauen zu dürfen. Damit stoppten sie ein vorliegendes Konzept für ein Neubaugebiet. Jetzt stoppt der Versorger sich selbst.

Die Stadtwerke treten beim Fernwärme-Konzept für künftig etwa 600 Menschen im Baugebiet an der Bimöhler Straße aktuell auf die Bremse, da die Wirtschaftlichkeit ihres Ansatzes offenbar auf der Kippe steht. Ursprünglich hatte der Versorger damit geworben, mit der Versorgung über eine zentrale Wärmepumpe „erfreulicherweise sogar günstiger“ als ein Konkurrenzkonzept zu sein.

Die Konkurrenz bestand bis ins Frühjahr 2023 in dem Entwickler des Baugebiets, der „Big Bau Investitionsgesellschaft GmbH“ aus Kronshagen bei Kiel und dem Hamburger Unternehmen „GETEC Wärme & Effizienz GmbH“. Diese hatten mit der gemeinsamen Tochter „GDB Infra GmbH“ (GDB) auf eine Wärmeversorgung aus einem mit Erdgas betriebenen Blockheizkraftwerk samt Kessel gesetzt.

Ein Jahr Streit zwischen Versorger und Bauträger - und kein Ende

Da die Stadtwerke die Lokalpolitik auf ihr Monopol hinwiesen, lief der Wärmeplan der GDB ins Leere. Seither pflegen der Fernwärme-Platzhirsch und die Big Bau augenscheinlich eine intensive Diskussionskultur. Von einem „einjährigen Streit“ schreibt etwa die Segeberger Zeitung. Die Stadtwerke sprechen öffentlich davon, auf ihr vorgelegtes Wärmekonzept von September 2023 bis Anfang des laufenden Jahres keinerlei Reaktion des Projektentwicklers Big Bau erhalten zu haben.

Im März 2024 schien der Knoten durchschlagen. Für 2,19 Euro je Quadratmeter Wohnfläche wollten die Stadtwerke den Fernwärmeanschluss im Baugebiet ermöglichen. Doch der entsprechende Vertrag zwischen Versorger und Bauträger ist nach wie vor nicht unterschrieben.

Dafür macht Stadtwerke-Aufsichtsratschef Gilbert Sieckmann-Joucken (Grüne) Formalien verantwortlich. Big Bau wolle keine „Dienstbarkeit“ in die Verträge mit den designierten Grundstückskäufern eintragen, also keine Fernwärme-Anschlusspflicht über diesen Weg festschreiben. Der Bauträger verlange vielmehr eine entsprechende Satzung der Kommune für das Baugebiet.

Zentrale Wärmepumpe wohl nicht zu refinanzieren - und zu laut

Vermutlich wird nichts davon geschehen. Denn nach seiner persönlichen Auffassung, so Gilbert Sieckmann-Joucken gegenüber E&M, werde der Plan einer zentralen Großwärmepumpe ohnehin aufgegeben. Sie sei nicht refinanzierbar, sollten Grundeigentümer das Recht auf eine eigene Wärmepumpe durchsetzen und lediglich 60 Prozent der Haushalte mitmachen. Und außerdem sei die Pumpe in dieser Größenordnung nach den Bestimmungen der Technischen Anleitung (TA) Lärm vermutlich auch nicht leise genug.

Von einem Versäumnis in den Berechnungen der Stadtwerke will der Aufsichtsratsvorsitzende indes nichts wissen. Je Kilowattstunde Wärme sollten bei 100 Prozent Anschlusspflicht künftig bis zu 49 Cent fällig werden, teils könnte das zu monatlichen Heizkosten von bis zu 300 Euro führen. „Eins muss jedem klar sein: Die Preise werden nie wieder günstiger als vor der Energiekrise mit Erdgas sein“, so Gilbert Sieckmann-Joucken. Zudem habe die Kalkulation von GDB für deren zentrales Wärmekonzept noch höher gelegen – und dieses zudem auf der Basis fossiler Energieträger. Das sei mit den Klimaschutzzielen der Kommune nicht (mehr) vereinbar und damit ohnehin keine Alternative gewesen.

Der Aufsichtsratschef setzt nun auf Gespräche mit dem Bauträger und der örtlichen Politik. Es werde wohl darauf hinauslaufen, dass beide vom Plan einer zentralen Wärmelieferung absehen und damit auch individuelle Lösungen an der Bimöhler Straße möglich werden. Wann die Arbeiten für den Bau einer Kita und der vorgesehenen Wohnhäuser beginnen kann, ist wegen ungelöster Fragen der Erschließung im Zusammenhang mit den ursprünglich gedachten Wärmeleitungen weiter offen.

Mittwoch, 24.04.2024, 14:04 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Wärme - Bad Bramstedts Versorger rückt von Fernwärme-Konzept ab
Wärmepumpe. Quelle: BWP
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Bad Bramstedts Versorger rückt von Fernwärme-Konzept ab
Aus „erfreulich günstig“ wird Fehlkalkulation: Beim Anschluss eines Wohngebiets in Bad Bramstedt sind die örtlichen Stadtwerke in Erklärungsnöten. Ihr Fernwärme-Plan geht nicht auf.
Ein Zeit- und Imageverlust droht den Stadtwerken Bad Bramstedt. Die Norddeutschen hatten im April 2023 vehement auf ihr Recht gepocht, im gesamten Bereich der schleswig-holsteinischen Kleinstadt allein die Fernwärme ausbauen zu dürfen. Damit stoppten sie ein vorliegendes Konzept für ein Neubaugebiet. Jetzt stoppt der Versorger sich selbst.

Die Stadtwerke treten beim Fernwärme-Konzept für künftig etwa 600 Menschen im Baugebiet an der Bimöhler Straße aktuell auf die Bremse, da die Wirtschaftlichkeit ihres Ansatzes offenbar auf der Kippe steht. Ursprünglich hatte der Versorger damit geworben, mit der Versorgung über eine zentrale Wärmepumpe „erfreulicherweise sogar günstiger“ als ein Konkurrenzkonzept zu sein.

Die Konkurrenz bestand bis ins Frühjahr 2023 in dem Entwickler des Baugebiets, der „Big Bau Investitionsgesellschaft GmbH“ aus Kronshagen bei Kiel und dem Hamburger Unternehmen „GETEC Wärme & Effizienz GmbH“. Diese hatten mit der gemeinsamen Tochter „GDB Infra GmbH“ (GDB) auf eine Wärmeversorgung aus einem mit Erdgas betriebenen Blockheizkraftwerk samt Kessel gesetzt.

Ein Jahr Streit zwischen Versorger und Bauträger - und kein Ende

Da die Stadtwerke die Lokalpolitik auf ihr Monopol hinwiesen, lief der Wärmeplan der GDB ins Leere. Seither pflegen der Fernwärme-Platzhirsch und die Big Bau augenscheinlich eine intensive Diskussionskultur. Von einem „einjährigen Streit“ schreibt etwa die Segeberger Zeitung. Die Stadtwerke sprechen öffentlich davon, auf ihr vorgelegtes Wärmekonzept von September 2023 bis Anfang des laufenden Jahres keinerlei Reaktion des Projektentwicklers Big Bau erhalten zu haben.

Im März 2024 schien der Knoten durchschlagen. Für 2,19 Euro je Quadratmeter Wohnfläche wollten die Stadtwerke den Fernwärmeanschluss im Baugebiet ermöglichen. Doch der entsprechende Vertrag zwischen Versorger und Bauträger ist nach wie vor nicht unterschrieben.

Dafür macht Stadtwerke-Aufsichtsratschef Gilbert Sieckmann-Joucken (Grüne) Formalien verantwortlich. Big Bau wolle keine „Dienstbarkeit“ in die Verträge mit den designierten Grundstückskäufern eintragen, also keine Fernwärme-Anschlusspflicht über diesen Weg festschreiben. Der Bauträger verlange vielmehr eine entsprechende Satzung der Kommune für das Baugebiet.

Zentrale Wärmepumpe wohl nicht zu refinanzieren - und zu laut

Vermutlich wird nichts davon geschehen. Denn nach seiner persönlichen Auffassung, so Gilbert Sieckmann-Joucken gegenüber E&M, werde der Plan einer zentralen Großwärmepumpe ohnehin aufgegeben. Sie sei nicht refinanzierbar, sollten Grundeigentümer das Recht auf eine eigene Wärmepumpe durchsetzen und lediglich 60 Prozent der Haushalte mitmachen. Und außerdem sei die Pumpe in dieser Größenordnung nach den Bestimmungen der Technischen Anleitung (TA) Lärm vermutlich auch nicht leise genug.

Von einem Versäumnis in den Berechnungen der Stadtwerke will der Aufsichtsratsvorsitzende indes nichts wissen. Je Kilowattstunde Wärme sollten bei 100 Prozent Anschlusspflicht künftig bis zu 49 Cent fällig werden, teils könnte das zu monatlichen Heizkosten von bis zu 300 Euro führen. „Eins muss jedem klar sein: Die Preise werden nie wieder günstiger als vor der Energiekrise mit Erdgas sein“, so Gilbert Sieckmann-Joucken. Zudem habe die Kalkulation von GDB für deren zentrales Wärmekonzept noch höher gelegen – und dieses zudem auf der Basis fossiler Energieträger. Das sei mit den Klimaschutzzielen der Kommune nicht (mehr) vereinbar und damit ohnehin keine Alternative gewesen.

Der Aufsichtsratschef setzt nun auf Gespräche mit dem Bauträger und der örtlichen Politik. Es werde wohl darauf hinauslaufen, dass beide vom Plan einer zentralen Wärmelieferung absehen und damit auch individuelle Lösungen an der Bimöhler Straße möglich werden. Wann die Arbeiten für den Bau einer Kita und der vorgesehenen Wohnhäuser beginnen kann, ist wegen ungelöster Fragen der Erschließung im Zusammenhang mit den ursprünglich gedachten Wärmeleitungen weiter offen.

Mittwoch, 24.04.2024, 14:04 Uhr
Volker Stephan

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