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Energie & Management > Regenerative - Ausgelaufene EEG-Umlage im Schatten der Energiekrise
Quelle: Shutterstock / PopTika
Regenerative

Ausgelaufene EEG-Umlage im Schatten der Energiekrise

Zum 1. Juli verschwindet die EEG-Umlage auf den Stromrechnungen der deutschen Haushalte. Inwieweit dies tatsächlich die Verbrauchenden entlastet, ist fraglich. 
3,7 Cent brutto − diesen Betrag zahlen die Verbraucherinnen und Verbraucher vom 1. Juli an pro Kilowattstunde weniger. Insgesamt werden die Haushalte damit um 5,1 Mrd. Euro entlastet. So hat es das Verbraucherportal Check 24 errechnet. Für einen Singlehaushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 1.500 kWh ergeben sich darauf etwa 66 Euro Einsparung. Eine vierköpfige Familie (5.000 kWh) hat demnach etwa 222 Euro mehr in der Tasche.

Die Höhe der Preissenkung entspricht der EEG-Umlage, die zum 1. Juli wegfälltViele Energieversorger machen diese Preissenkungen über ihre Mitteilungen publik. Das vom Bundestag im April beschlossene Gesetz verpflichtet sie dazu, den Wegfall der EEG-Umlage an ihre Kundinnen und Kunden weiterzugeben. Der parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Oliver Krischer (Grüne), der nach NRW als Landesumweltminister wechselt, sprach damals von "der größten Strompreisentlastung der letzten Jahrzehnte".

Ob die Haushalte dadurch mehr Geld zu Verfügung haben, ist freilich umstritten. Vielmehr bezeichnete Kerstin Andreae den Wegfall der Umlage als "einen Tropfen auf dem heißen Stein". "In den vergangenen eineinhalb Jahren sind die Preise im Stromgroßhandel extrem gestiegen", verdeutlichte die BDEW-Hauptgeschäftsführerin, in einer Stellungnahme. Zuerst habe die konjunkturelle Erholung nach der Hochphase der Coronapandemie die Preise in die Höhe getrieben. Der Angriffskrieg auf die Ukraine habe dann die Situation weiter verschärft. Andreae: "Aktuell zahlen Stromversorger im Großhandel für eine Kilowattstunde Strom viereinhalbmal so viel wie noch Anfang 2021 und fast doppelt so viel wie zu Anfang dieses Jahres."
 
Die Höhe der EEG-Umlage im Lauf der Zeit
(zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken)
Quelle: Statista

Preiserhöhungen spätestens zum Jahreswechsel befürchtet

Diese Preissteigerungen werden Stromunternehmen überproportional weitergeben, prophezeit Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Energieprofessorin geht davon aus, dass die Absenkung der EEG-Umlage lediglich dazu führen wird, dass die Strompreise kurzfristig weniger stark steigen. Nur ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien würde strompreissenkend wirken, meint sie.

Mit einer nur kurzfristigen Preisdämpfung rechnet auch das Vergleichsportal Verivox aus. "Spätestens zum Jahreswechsel rechnen wir erneut mit flächendeckenden Strompreiserhöhungen für Millionen Haushalte", so Thorsten Storck.

"Je länger das Preisniveau so hoch bleibt, desto weniger können Energieversorger die Kostenanstiege durch vorausschauende Beschaffung ausgleichen und desto stärker schlagen sie sich in den Verbraucherpreisen nieder", erläutert BDEW-Chefin Andreae. Die Abschaffung der EEG-Umlage allein könne die hohen Börsenpreise nicht abfedern.

BDEW: Steuern senken

Längst gibt es eine Debatte darüber, die Bürgerinnen und Bürger stärker bei ihren Energiekosten entlastet werden können. Der BDEW etwa fordert die Bundesregierung dazu auf, die Senkung der Stromsteuer auf das europarechtlich zulässige Mindestmaß und die Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas von 19 auf 7 % zu prüfen.

VIK: Industriestrom regulieren

Auch der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) mahnte weitere Schritte gegen die hohen Energiepreise an. Hauptgeschäftsführer Christian Seyfert sagte: "Ein wettbewerbsfähiger Strompreis ist eine der Grundvoraussetzungen für das Gelingen der industriellen Transformation unter Einsatz strombasierter Technologien und somit für die Erreichung der Klimaziele." Deshalb sollten weitere Maßnahmen - wie etwa ein verbessertes Marktdesign oder ein regulierter Industriestrompreis - ergriffen werden.
 

Die EEG-Umlage als "Starthilfe"

Im Jahr 2000 wurde die Umlage über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eingeführt, um dem noch in den Kinderschuhen steckenden Ausbau der erneuerbaren Energien auf die Sprünge zu helfen. 

Die Umlage garantierte den Betreibern von Erneuerbare-Energie-Anlagen eine feste technologiespezifische Einspeisevergütung, die damals durchgehend über den Markt erzielbaren Preisen für Strom lag. Die Differenz zu den Marktpreisen wurde über die EEG-Umlage von allen Stromverbrauchenden gezahlt. Eine Ausnahme bildeten stromintensive Unternehmen, die nur eine reduzierte Umlage zahlten.

Eigentlich sollte die EEG-Umlage erst Anfang 2023 fallen. Aufgrund der rasant gestiegenen Energiekosten stimmte der Bundestag aber dem vorgezogenen Ende der EEG-Umlage zum 1. Juli 2022 zu. Mit dem Wegfall der Umlage wird auch der Aufwand für Administration, Erhebung und Abrechnung deutlich gemindert. Der BDEW spricht von einer "erheblichen Bürokratieentlastung" aller Beteiligten. Anlagenbetreiber müssen ihre Meldungen für die Ausschüttung der EEG-Umlage nach wie vor abgeben.

Das EEG-Umlagekonto besteht ebenfalls fort. Es hat sich bis Ende Mai wegen höherer Vermarktungserlöse auf 15,7 Mrd. Euro Guthaben gefüllt. Traditionell sinkt dieses in den Sommermonaten. Sollte ein Soll drohen, wird das Konto künftig aus dem Bundesetat aufgefüllt.
 

Donnerstag, 30.06.2022, 16:40 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Regenerative - Ausgelaufene EEG-Umlage im Schatten der Energiekrise
Quelle: Shutterstock / PopTika
Regenerative
Ausgelaufene EEG-Umlage im Schatten der Energiekrise
Zum 1. Juli verschwindet die EEG-Umlage auf den Stromrechnungen der deutschen Haushalte. Inwieweit dies tatsächlich die Verbrauchenden entlastet, ist fraglich. 
3,7 Cent brutto − diesen Betrag zahlen die Verbraucherinnen und Verbraucher vom 1. Juli an pro Kilowattstunde weniger. Insgesamt werden die Haushalte damit um 5,1 Mrd. Euro entlastet. So hat es das Verbraucherportal Check 24 errechnet. Für einen Singlehaushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 1.500 kWh ergeben sich darauf etwa 66 Euro Einsparung. Eine vierköpfige Familie (5.000 kWh) hat demnach etwa 222 Euro mehr in der Tasche.

Die Höhe der Preissenkung entspricht der EEG-Umlage, die zum 1. Juli wegfälltViele Energieversorger machen diese Preissenkungen über ihre Mitteilungen publik. Das vom Bundestag im April beschlossene Gesetz verpflichtet sie dazu, den Wegfall der EEG-Umlage an ihre Kundinnen und Kunden weiterzugeben. Der parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Oliver Krischer (Grüne), der nach NRW als Landesumweltminister wechselt, sprach damals von "der größten Strompreisentlastung der letzten Jahrzehnte".

Ob die Haushalte dadurch mehr Geld zu Verfügung haben, ist freilich umstritten. Vielmehr bezeichnete Kerstin Andreae den Wegfall der Umlage als "einen Tropfen auf dem heißen Stein". "In den vergangenen eineinhalb Jahren sind die Preise im Stromgroßhandel extrem gestiegen", verdeutlichte die BDEW-Hauptgeschäftsführerin, in einer Stellungnahme. Zuerst habe die konjunkturelle Erholung nach der Hochphase der Coronapandemie die Preise in die Höhe getrieben. Der Angriffskrieg auf die Ukraine habe dann die Situation weiter verschärft. Andreae: "Aktuell zahlen Stromversorger im Großhandel für eine Kilowattstunde Strom viereinhalbmal so viel wie noch Anfang 2021 und fast doppelt so viel wie zu Anfang dieses Jahres."
 
Die Höhe der EEG-Umlage im Lauf der Zeit
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Quelle: Statista

Preiserhöhungen spätestens zum Jahreswechsel befürchtet

Diese Preissteigerungen werden Stromunternehmen überproportional weitergeben, prophezeit Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Energieprofessorin geht davon aus, dass die Absenkung der EEG-Umlage lediglich dazu führen wird, dass die Strompreise kurzfristig weniger stark steigen. Nur ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien würde strompreissenkend wirken, meint sie.

Mit einer nur kurzfristigen Preisdämpfung rechnet auch das Vergleichsportal Verivox aus. "Spätestens zum Jahreswechsel rechnen wir erneut mit flächendeckenden Strompreiserhöhungen für Millionen Haushalte", so Thorsten Storck.

"Je länger das Preisniveau so hoch bleibt, desto weniger können Energieversorger die Kostenanstiege durch vorausschauende Beschaffung ausgleichen und desto stärker schlagen sie sich in den Verbraucherpreisen nieder", erläutert BDEW-Chefin Andreae. Die Abschaffung der EEG-Umlage allein könne die hohen Börsenpreise nicht abfedern.

BDEW: Steuern senken

Längst gibt es eine Debatte darüber, die Bürgerinnen und Bürger stärker bei ihren Energiekosten entlastet werden können. Der BDEW etwa fordert die Bundesregierung dazu auf, die Senkung der Stromsteuer auf das europarechtlich zulässige Mindestmaß und die Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas von 19 auf 7 % zu prüfen.

VIK: Industriestrom regulieren

Auch der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) mahnte weitere Schritte gegen die hohen Energiepreise an. Hauptgeschäftsführer Christian Seyfert sagte: "Ein wettbewerbsfähiger Strompreis ist eine der Grundvoraussetzungen für das Gelingen der industriellen Transformation unter Einsatz strombasierter Technologien und somit für die Erreichung der Klimaziele." Deshalb sollten weitere Maßnahmen - wie etwa ein verbessertes Marktdesign oder ein regulierter Industriestrompreis - ergriffen werden.
 

Die EEG-Umlage als "Starthilfe"

Im Jahr 2000 wurde die Umlage über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eingeführt, um dem noch in den Kinderschuhen steckenden Ausbau der erneuerbaren Energien auf die Sprünge zu helfen. 

Die Umlage garantierte den Betreibern von Erneuerbare-Energie-Anlagen eine feste technologiespezifische Einspeisevergütung, die damals durchgehend über den Markt erzielbaren Preisen für Strom lag. Die Differenz zu den Marktpreisen wurde über die EEG-Umlage von allen Stromverbrauchenden gezahlt. Eine Ausnahme bildeten stromintensive Unternehmen, die nur eine reduzierte Umlage zahlten.

Eigentlich sollte die EEG-Umlage erst Anfang 2023 fallen. Aufgrund der rasant gestiegenen Energiekosten stimmte der Bundestag aber dem vorgezogenen Ende der EEG-Umlage zum 1. Juli 2022 zu. Mit dem Wegfall der Umlage wird auch der Aufwand für Administration, Erhebung und Abrechnung deutlich gemindert. Der BDEW spricht von einer "erheblichen Bürokratieentlastung" aller Beteiligten. Anlagenbetreiber müssen ihre Meldungen für die Ausschüttung der EEG-Umlage nach wie vor abgeben.

Das EEG-Umlagekonto besteht ebenfalls fort. Es hat sich bis Ende Mai wegen höherer Vermarktungserlöse auf 15,7 Mrd. Euro Guthaben gefüllt. Traditionell sinkt dieses in den Sommermonaten. Sollte ein Soll drohen, wird das Konto künftig aus dem Bundesetat aufgefüllt.
 

Donnerstag, 30.06.2022, 16:40 Uhr
Davina Spohn

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