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Mit einem verbesserten Klimaschutzgesetz und einer neuen Landesgesellschaft für Klima und Energie will das Land NRW neue Akzente bei der Energiewende und der Klimaneutralität setzen.
Nordrhein-Westfalen, das Bundesland mit den höchsten Treibhausgasemissionen, will mehr Tempo beim Klimaschutz machen. Die schwarz-gelbe Landesregierung hat angekündigt, die vorliegende Novelle für das Klimaschutzgesetz nachzubessern.
Ein Entschließungsantrag des Regierungsbündnisses sieht vor, sich an den Eckpunkten der vom Bundeskabinett in der vergangenen Woche beschlossenen Novelle des Bundesklimaschutzgesetzes zu orientieren. „Damit sind wir das erste Bundesland, das sich solche ambitionierte Klimaziele setzt“, betonte Landeswirtschafts- und Energieminister Andreas Pinkwart (FDP) bei einer digitalen Pressekonferenz.
Bis 2030 will NRW seine CO2-Emissionen, so wie auf Bundesebene auch, um 65 Prozent senken. Um dieses Ziel zu erreichen, sei nach Worten des FDP-Politikers kein stärkerer Wind- und Solarausbau notwendig. Es bleibe bei der in der Energieversorgungsstrategie 2019 angekündigten Verdoppelung der Solar- und Windkapazität bis Ende dieser Dekade. „Nicht in der Energiewirtschaft, sondern vor allem in den Sektoren Wärme und Verkehr sehe ich noch große Potenziale, die wir endlich anpacken müssen“, so Pinkwart.
Für Christian Mildenberger, den Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE) NRW, ist diese Haltung unverständlich: „Ohne einen starken Zubau von erneuerbaren Energien mit den dafür notwendigen administrativen Rahmenbedingungen sind die neuen ehrgeizigeren Klimaschutzziele nicht erreichbar“, lautet sein Credo. Vorschläge für dieses Ausbauplus hat der LEE NRW einige im Köcher: „Wir brauchen beispielsweise ein klares Bekenntnis von der Landesregierung, dass zwei Prozent der Landesfläche für die Windenergienutzung zur Verfügung stehen und dass die aktuell geplanten Abstandsrestriktionen für neue Windenergieanlagen erst gar nicht umgesetzt werden“, so Mildenberger.
Als zweite Säule, um Klimaneutralität voranzubringen, setzt die Düsseldorfer Regierung von Ministerpräsident und Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet auf die neue Landesgesellschaft für Energie und Klimaschutz. Dieses neue Konstrukt mit dem Namen „NRW.Energy4Climate“ ersetzt mit Beginn 2022 die seit Jahrzehnten bekannte Energieagentur.NRW, die rechtlich von zwei privaten Beratungsunternehmen getragen wird.
Warum das Land deren Verträge gekündigt hat, begründete Pinkwart so: „Für die Mammutaufgabe Klimaschutz und Umbau der Energieversorgung brauchen wir professionelle und hinreichend flexible Strukturen.“
Zwar lobte der NRW-Energieminister die Arbeit der 1990 gegründeten Energieagentur.NRW mehrmals über den grünen Klee, bezeichnete deren Organisationsform aber als „Provisorium“: „Auch infolge der Mitfinanzierung aus EU-Geldern und der damit verbundenen Vergaberichtlinien konnten wir nicht immer die Themen anpacken, die wir für notwendig erachtet haben.“
Das haben alle bisherigen Landesregierungen seit Johannes Rau (SPD) ganz anders gesehen, auch die in den Jahren 2005 bis 2010 amtierende CDU/FDP-Regierung von Jürgen Rüttgers, der Andreas Pinkwart als Wissenschaftsminister angehört hat. Und auch die Gutachter der Partnerschaft Deutschland, die 2010 und 2015 für die damals zuständigen Landesministerien die Arbeit der NRW-Energieagentur untersucht hatten, kamen stets zu dem Ergebnis, dass die Lösung mit externen Beratungsfirmen die effizienteste sei. Die gleichen Gutachter kamen in ihrem nächsten, im Frühjahr 2020 abgeschlossenen Gutachten zu einem völlig anderen Ergebnis.
Ulf Reichardt, der neue Geschäftsführer von NRW.Energy4Climate, kündigte hehre Ziele an: Die neue Landesgesellschaft solle zum „zentralen Treiber“ für die Energiewende und das Erreichen der neuen Klimaschutzziele avancieren. Dabei kann der frühere Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Köln, der bislang in der Energiewirtschaft noch nicht besonders aufgefallen ist, auf jährlich 17 Mio. Euro Unterstützung aus dem Landesetat bauen.
Und nicht nur das: Bis Ende 2022 soll es rund 100 Vollzeitstellen bei der neuen Agentur geben. Bei dieser Zahl hat Reichardt allerdings die Mitarbeiter externer Dienstleister, die vergebene Gutachten bearbeiten, und die bisher rund 20 Mitarbeiter der Brancheninitiative „IN4Climate.NRW“ (die frühere Landesgesellschaft KlimaExpo.NRW) mitgezählt. Selbst bei großzügigen Rundungen dürfte Reichardts Landesagentur erst einmal wesentlich weniger Mitarbeiter haben als die heutige Energieagentur.NRW mit ihren aktuell rund160 Beschäftigen.
Energieminister Pinkwart ließ keinen Zweifel aufkommen, dass diese Mitarbeiter nicht alle bei der neuen Landesgesellschaft unterkommen können: „Für deren Weiterbeschäftigung sind die beiden bisherigen Trägerunternehmen der Energieagentur verantwortlich.“
Aktuell haben einige Kommunen eine Internet-Petition gegen die Auflösung der Energieagentur gestartet. Große Chancen, deren Zerschlagung noch zu verhindern, wird der Initiative aber nicht eingeräumt.
Donnerstag, 20.05.2021, 15:51 Uhr
Ralf Köpke
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