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Energie & Management > Biogas - Aus Biomasse das Maximum an Energie herausholen
Komplexe Technik: Die Hydropilot-Anlage des PSI, Quelle: Paul Scherrer Institut / Markus Fischer
Biogas

Aus Biomasse das Maximum an Energie herausholen

Forschende des Paul-Scherrer-Instituts PSI in der Schweiz starten den Betrieb einer revolutionären Pilotanlage zur hocheffizienten Produktion von synthetischem Biogas.
Das Schweizer Forschungsprojekt "HydroPilot" soll Methan in Erdgas-Qualität aus nasser Biomasse wie Gülle, Klärschlamm oder Algen herstellen – und zwar weit effizienter als herkömmliche Biogasanlagen.

Biomasse steckt voller Energie. Doch obwohl die Energie aus Biomasse erneuerbar und klimaschonend ist, bleibt sie zu einem großen Teil ungenutzt. Beim Verbrennen wird nur gut die Hälfte extrahiert, der Rest landet im Müll. Daneben lässt sich aus Biomasse Methan gewinnen, das der Hauptbestandteil von Erdgas ist. Herkömmliche Biogasanlagen arbeiten dabei aber vergleichsweise ineffizient. Im günstigsten Fall gewinnen sie damit nur etwa 30 % der Nettoenergie, die in der Biomasse steckt.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass Biomasse zumeist in nasser Form vorliegt, also als Gülle, Klärschlamm, Bioabfall oder Speisereste. Diese kann man nicht wie trockene Holz- oder Erntereste einfach verbrennen, um die dabei entstehende Wärme zu nutzen. Die wässrigen organischen Abfälle muss man zuvor aufwendig trocknen. Das lohnt sich kaum.

Am PSI geht nun eine neu entwickelte Anlage in Betrieb, die in ersten Testläufen dagegen 60 bis 75  % der in nasser Biomasse enthaltenen Energie nutzbar machen konnte – die Ausbeute also mehr als verdoppelt. Diese Effizienzsteigerung ist das Ergebnis eines langwierigen Entwicklungsprozesses, der schon vor 20 Jahren begonnen hat.

Besonderer Umgang mit dem Wasser

Die besondere Qualität der neuartigen Anlage liegt in ihrem Umgang mit dem Wasser aus der Biomasse. Dieses wird hier nicht als Hindernis für die energetische Nutzung gesehen, sondern trägt sogar als Reaktionsmedium dazu bei.

Bei der sogenannten hydrothermalen Vergasung wird der Schlamm unter 280 bis 300 bar Druck gesetzt und auf gut 400 Grad Celsius erhitzt. "Unter diesen Umständen bleibt das Wasser trotz der hohen Temperatur flüssig und erreicht schließlich einen überkritischen Zustand", erklärt der Chemie-Ingenieur Frederic Vogel, Leiter der Gruppe Katalytische Verfahrenstechnik im Labor für Bioenergie und Katalyse des PSI.

In dieser Form habe es besonders gute Eigenschaften, um die Biomasse aufzuschließen – also aus großen Molekülen kleine zu machen, die besonders reaktionsfreudig sind. Diese hydrothermale Zerlegung bereitet die Biomasse auf den nächsten Schritt vor, bei dem ein spezieller Katalysator als Reaktionsbeschleuniger zum Einsatz kommt.

Gefördert wird die Umwandlung in Biogas auch durch ein ordentliches Durchmischen in den Rohren der Anlage, bevor die Moleküle auf den Katalysator treffen. "So sorgen wir dafür, dass die Feststoffpartikel rundherum von Wasser umgeben sind, mit dem sie dann unter Mithilfe des Katalysators reagieren können", sagt Vogel. Die Biomasse gleiche in diesem Stadium Erdöl. Sie wird dann durch einen Aktivkohlefilter geleitet, in dessen feinen Poren das aktive katalytische Material, in diesem Fall Ruthenium, auf die kleinen Biomassemoleküle wartet, um daraus Methan zu erzeugen.

Vor sechs Jahren demonstrierten die Forschenden mit einer kleinen Laboranlage namens Konti-C, dass es möglich ist, damit ein Kilogramm Biomasse pro Stunde zu verarbeiten. Inzwischen haben sie die größere Pilotanlage konstruiert, die 100 Kilogramm pro Stunde bewältigt. "Damit werden wir all das testen, was später eine industrielle Anlage können soll, die zwei bis fünf Tonnen Biomasse pro Stunde verarbeiten wird", sagt Chemie-Ingenieur Vogel.

Am Ende des komplexen Vorgangs produziert die Hydropilotanlage, wie Biogasanlagen, ein Gemisch aus Methan, Kohlendioxid und Wasserstoff, von denen die beiden Letztgenannten großteils abgetrennt werden, um das Methan ins Erdgasnetz einzuspeisen. Darüber hinaus fallen nur die rückgewonnenen Nährstoffe sowie reines Wasser an. Reste von Mineralien und Schwermetallen werden in Zementwerken verarbeitet oder deponiert.

Die Anlage läuft weitgehend energieautark – sie braucht nur den Strom für den elektrischen Betrieb der Pumpe. Den Druck erzeugt sie mit der gleichen Pumpe, die auch den Schlamm befördert. Die Hitze erzeugt ein Gasbrenner, der dafür etwas von dem Produktgas abzweigt. Unabhängig davon liegt die Ausbeute bei 60 bis 75 %.

Neben der üblichen Biomasse kann der Hydropilot auch die Gärreste von Biogasanlagen verarbeiten und aus diesen den darin verbliebenen Energiegehalt ziehen. Die Anlage könnte aber auch mit energiereichen Algen gefüttert werden, die man anders als etwa Mais sehr effizient produzieren kann, ohne damit in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion zu geraten.


Donnerstag, 28.10.2021, 12:10 Uhr
Peter Koller
Energie & Management > Biogas - Aus Biomasse das Maximum an Energie herausholen
Komplexe Technik: Die Hydropilot-Anlage des PSI, Quelle: Paul Scherrer Institut / Markus Fischer
Biogas
Aus Biomasse das Maximum an Energie herausholen
Forschende des Paul-Scherrer-Instituts PSI in der Schweiz starten den Betrieb einer revolutionären Pilotanlage zur hocheffizienten Produktion von synthetischem Biogas.
Das Schweizer Forschungsprojekt "HydroPilot" soll Methan in Erdgas-Qualität aus nasser Biomasse wie Gülle, Klärschlamm oder Algen herstellen – und zwar weit effizienter als herkömmliche Biogasanlagen.

Biomasse steckt voller Energie. Doch obwohl die Energie aus Biomasse erneuerbar und klimaschonend ist, bleibt sie zu einem großen Teil ungenutzt. Beim Verbrennen wird nur gut die Hälfte extrahiert, der Rest landet im Müll. Daneben lässt sich aus Biomasse Methan gewinnen, das der Hauptbestandteil von Erdgas ist. Herkömmliche Biogasanlagen arbeiten dabei aber vergleichsweise ineffizient. Im günstigsten Fall gewinnen sie damit nur etwa 30 % der Nettoenergie, die in der Biomasse steckt.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass Biomasse zumeist in nasser Form vorliegt, also als Gülle, Klärschlamm, Bioabfall oder Speisereste. Diese kann man nicht wie trockene Holz- oder Erntereste einfach verbrennen, um die dabei entstehende Wärme zu nutzen. Die wässrigen organischen Abfälle muss man zuvor aufwendig trocknen. Das lohnt sich kaum.

Am PSI geht nun eine neu entwickelte Anlage in Betrieb, die in ersten Testläufen dagegen 60 bis 75  % der in nasser Biomasse enthaltenen Energie nutzbar machen konnte – die Ausbeute also mehr als verdoppelt. Diese Effizienzsteigerung ist das Ergebnis eines langwierigen Entwicklungsprozesses, der schon vor 20 Jahren begonnen hat.

Besonderer Umgang mit dem Wasser

Die besondere Qualität der neuartigen Anlage liegt in ihrem Umgang mit dem Wasser aus der Biomasse. Dieses wird hier nicht als Hindernis für die energetische Nutzung gesehen, sondern trägt sogar als Reaktionsmedium dazu bei.

Bei der sogenannten hydrothermalen Vergasung wird der Schlamm unter 280 bis 300 bar Druck gesetzt und auf gut 400 Grad Celsius erhitzt. "Unter diesen Umständen bleibt das Wasser trotz der hohen Temperatur flüssig und erreicht schließlich einen überkritischen Zustand", erklärt der Chemie-Ingenieur Frederic Vogel, Leiter der Gruppe Katalytische Verfahrenstechnik im Labor für Bioenergie und Katalyse des PSI.

In dieser Form habe es besonders gute Eigenschaften, um die Biomasse aufzuschließen – also aus großen Molekülen kleine zu machen, die besonders reaktionsfreudig sind. Diese hydrothermale Zerlegung bereitet die Biomasse auf den nächsten Schritt vor, bei dem ein spezieller Katalysator als Reaktionsbeschleuniger zum Einsatz kommt.

Gefördert wird die Umwandlung in Biogas auch durch ein ordentliches Durchmischen in den Rohren der Anlage, bevor die Moleküle auf den Katalysator treffen. "So sorgen wir dafür, dass die Feststoffpartikel rundherum von Wasser umgeben sind, mit dem sie dann unter Mithilfe des Katalysators reagieren können", sagt Vogel. Die Biomasse gleiche in diesem Stadium Erdöl. Sie wird dann durch einen Aktivkohlefilter geleitet, in dessen feinen Poren das aktive katalytische Material, in diesem Fall Ruthenium, auf die kleinen Biomassemoleküle wartet, um daraus Methan zu erzeugen.

Vor sechs Jahren demonstrierten die Forschenden mit einer kleinen Laboranlage namens Konti-C, dass es möglich ist, damit ein Kilogramm Biomasse pro Stunde zu verarbeiten. Inzwischen haben sie die größere Pilotanlage konstruiert, die 100 Kilogramm pro Stunde bewältigt. "Damit werden wir all das testen, was später eine industrielle Anlage können soll, die zwei bis fünf Tonnen Biomasse pro Stunde verarbeiten wird", sagt Chemie-Ingenieur Vogel.

Am Ende des komplexen Vorgangs produziert die Hydropilotanlage, wie Biogasanlagen, ein Gemisch aus Methan, Kohlendioxid und Wasserstoff, von denen die beiden Letztgenannten großteils abgetrennt werden, um das Methan ins Erdgasnetz einzuspeisen. Darüber hinaus fallen nur die rückgewonnenen Nährstoffe sowie reines Wasser an. Reste von Mineralien und Schwermetallen werden in Zementwerken verarbeitet oder deponiert.

Die Anlage läuft weitgehend energieautark – sie braucht nur den Strom für den elektrischen Betrieb der Pumpe. Den Druck erzeugt sie mit der gleichen Pumpe, die auch den Schlamm befördert. Die Hitze erzeugt ein Gasbrenner, der dafür etwas von dem Produktgas abzweigt. Unabhängig davon liegt die Ausbeute bei 60 bis 75 %.

Neben der üblichen Biomasse kann der Hydropilot auch die Gärreste von Biogasanlagen verarbeiten und aus diesen den darin verbliebenen Energiegehalt ziehen. Die Anlage könnte aber auch mit energiereichen Algen gefüttert werden, die man anders als etwa Mais sehr effizient produzieren kann, ohne damit in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion zu geraten.


Donnerstag, 28.10.2021, 12:10 Uhr
Peter Koller

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