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Energie & Management > Politik - Attac will die
Quelle: Pixabay / Uwe Hoh
Politik

Attac will die "Energieversorgung demokratisieren"

Die globalisierungskritische NGO Attac macht gegen das neue EU-Strommarktdesign mobil – vorerst in Österreich, in den kommenden Monaten voraussichtlich auch in anderen EU-Staaten.
„Energieversorgung demokratisieren!“ ist der Titel einer Kampagne der österreichischen Vertretung der globalisierungskritischen Nichtregierungsorganisation (NGO) Attac, die am 6. Mai in Wien begann. Sie soll auf die nach Ansicht von Attac unzureichende Reform des europäischen Strommarktdesigns hinweisen.

Die Laufzeit der Kampagne ist auf „mehrere Monate“ angesetzt, jedenfalls aber bis zum endgültigen Beschluss des im März von der EU-Kommission präsentierten Konzepts für das neue Marktdesign, berichtete der Pressesprecher von Attac in Österreich, David Walch, der Redaktion. Vorgesehen ist, auch in anderen Ländern gegen das Design zu mobilisieren, darunter Deutschland und Frankreich. Ferner will Attac bei den EU-Gremien selbst vorstellig werden. Diesbezügliche Gespräche mit den betreffenden Schwesterorganisationen sowie anderen Institutionen, darunter Gewerkschaften, laufen.

Im Zuge der Kampagne erhebt Attac vier Forderungen.

Die erste Forderung: 
  • Erstens müsse der weitgehend „spekulative“ Börsenhandel mit Energie beendet werden. Stattdessen sollten der „notwendige Ausgleich und der Handel mit Energie über öffentlich kontrollierte Einrichtungen erfolgen, welche die notwendigen Sicherheiten garantieren.“ Walch räumte gegenüber der Redaktion ein, dass der Energiehandel im Rahmen der Regulation on Energy Market Integrity and Transparency (Remit) bereits seit langem öffentlich kontrolliert wird. Dies genüge indessen nicht. Durch welche „Einrichtungen“ Attac die Börsen ersetzen möchte, steht laut Walch nicht fest: Es handle sich um eine „grundsätzliche Forderung.“

Die zweite Forderung:
  • Zweitens müssten Energieversorger verpflichtet werden, „gemeinnützig zu agieren und saubere Energie zu leistbaren Preisen bereitzustellen.“ Nötig sei „eine gesetzliche Verankerung von Versorgungssicherheit, Leistbarkeit und Klimagerechtigkeit als oberstes Ziel ihrer Tätigkeit.“

Die dritte Forderung:
  • Drittens verlangt Attac die Einführung „progressiver Energietarife“: Ein gewisser Grundbedarf für Haushalte sowie kleine und mittelgroße Unternehmen sei „günstig“ abzudecken, „verschwenderischer Luxuskonsum“ dagegen entsprechend hoch zu bepreisen.

Die vierte Forderung:
  • Viertens schließlich habe der „Aufbau eines klima- und sozial gerechten Energiesystems“ Priorität: „Ein koordinierter Plan für den massiven Ausbau erneuerbarer Energien und den raschen Ausstieg aus Gas, Öl und Kohle ist nötig.“ Der ohnehin in Erstellung befindliche Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) genügt diesem Anspruch Walch zufolge nicht, weil seine Umsetzung weitgehend privatwirtschaftlichen und damit zwangsläufig „profitorientierten“ Unternehmen obliegt. Statt dessen sollten im Sinne der „Demokratisierung“ der Energieversorgung Einrichtungen wie Energiegemeinschaften mehr Gewicht erhalten.

Walch betonte der Redaktion gegenüber, Attac wolle keineswegs zu den Zeiten vor der Liberalisierung der Energiemärkte zurück: „Damals war ja auch nicht alles perfekt.“ Angestrebt werde vielmehr, die Energiewirtschaft zu gemeinnützigem Handeln zu verpflichten, etwa im Sinne gemeinnütziger Wohnbaugesellschaften. Eine „völlige Verstaatlichung“ der Energiebranche strebe Attac nicht an.

Preisbildung nach Gestehungskosten

Bei einer Pressekonferenz zum Auftakt der Kampagne konstatierte der Ökonom Stephan Schulmeister, die Energieversorgung sei eine „fundamentale Komponente der Daseinsvorsorge“ und habe daher eine soziale, aber auch eine ökologische „Sonderstellung“. In sozialer Hinsicht gelte es, die Versorgungssicherheit „zu leistbaren und stabilen Preisen“ zu gewährleisten.

In Bezug auf die Ökologie wiederum müssten die Preise für fossile Energieträger stärker steigen als jene für „erneuerbare Quellen“. Schulmeister empfahl, das Merit-Order-Prinzip grundsätzlich beizubehalten, bei seiner Anwendung künftig aber auch die Kapitalkosten für die jeweilige Technologie zur Energiebereitstellung zu berücksichtigen. Letztlich laufe dies auf eine Strompreisbildung entsprechend der durchschnittlichen Gestehungskosten je Kilowattstunde hinaus, erläuterte Schulmeister.

Ähnlich argumentierte Helene Schuberth, die Chefökonomin des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), der die Attac-Kampagne unterstützt. Als Teil der Daseinsvorsorge dürfe die Energieversorgung „nicht ausschließlich auf Profite ausgerichtet sein. Versorgungssicherheit, Leistbarkeit und Klimagerechtigkeit müssen als oberste Ziele der Energieversorger gesetzlich verankert werden – EU-weit wie national.“

Dienstag, 6.06.2023, 12:42 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Politik - Attac will die
Quelle: Pixabay / Uwe Hoh
Politik
Attac will die "Energieversorgung demokratisieren"
Die globalisierungskritische NGO Attac macht gegen das neue EU-Strommarktdesign mobil – vorerst in Österreich, in den kommenden Monaten voraussichtlich auch in anderen EU-Staaten.
„Energieversorgung demokratisieren!“ ist der Titel einer Kampagne der österreichischen Vertretung der globalisierungskritischen Nichtregierungsorganisation (NGO) Attac, die am 6. Mai in Wien begann. Sie soll auf die nach Ansicht von Attac unzureichende Reform des europäischen Strommarktdesigns hinweisen.

Die Laufzeit der Kampagne ist auf „mehrere Monate“ angesetzt, jedenfalls aber bis zum endgültigen Beschluss des im März von der EU-Kommission präsentierten Konzepts für das neue Marktdesign, berichtete der Pressesprecher von Attac in Österreich, David Walch, der Redaktion. Vorgesehen ist, auch in anderen Ländern gegen das Design zu mobilisieren, darunter Deutschland und Frankreich. Ferner will Attac bei den EU-Gremien selbst vorstellig werden. Diesbezügliche Gespräche mit den betreffenden Schwesterorganisationen sowie anderen Institutionen, darunter Gewerkschaften, laufen.

Im Zuge der Kampagne erhebt Attac vier Forderungen.

Die erste Forderung: 
  • Erstens müsse der weitgehend „spekulative“ Börsenhandel mit Energie beendet werden. Stattdessen sollten der „notwendige Ausgleich und der Handel mit Energie über öffentlich kontrollierte Einrichtungen erfolgen, welche die notwendigen Sicherheiten garantieren.“ Walch räumte gegenüber der Redaktion ein, dass der Energiehandel im Rahmen der Regulation on Energy Market Integrity and Transparency (Remit) bereits seit langem öffentlich kontrolliert wird. Dies genüge indessen nicht. Durch welche „Einrichtungen“ Attac die Börsen ersetzen möchte, steht laut Walch nicht fest: Es handle sich um eine „grundsätzliche Forderung.“

Die zweite Forderung:
  • Zweitens müssten Energieversorger verpflichtet werden, „gemeinnützig zu agieren und saubere Energie zu leistbaren Preisen bereitzustellen.“ Nötig sei „eine gesetzliche Verankerung von Versorgungssicherheit, Leistbarkeit und Klimagerechtigkeit als oberstes Ziel ihrer Tätigkeit.“

Die dritte Forderung:
  • Drittens verlangt Attac die Einführung „progressiver Energietarife“: Ein gewisser Grundbedarf für Haushalte sowie kleine und mittelgroße Unternehmen sei „günstig“ abzudecken, „verschwenderischer Luxuskonsum“ dagegen entsprechend hoch zu bepreisen.

Die vierte Forderung:
  • Viertens schließlich habe der „Aufbau eines klima- und sozial gerechten Energiesystems“ Priorität: „Ein koordinierter Plan für den massiven Ausbau erneuerbarer Energien und den raschen Ausstieg aus Gas, Öl und Kohle ist nötig.“ Der ohnehin in Erstellung befindliche Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) genügt diesem Anspruch Walch zufolge nicht, weil seine Umsetzung weitgehend privatwirtschaftlichen und damit zwangsläufig „profitorientierten“ Unternehmen obliegt. Statt dessen sollten im Sinne der „Demokratisierung“ der Energieversorgung Einrichtungen wie Energiegemeinschaften mehr Gewicht erhalten.

Walch betonte der Redaktion gegenüber, Attac wolle keineswegs zu den Zeiten vor der Liberalisierung der Energiemärkte zurück: „Damals war ja auch nicht alles perfekt.“ Angestrebt werde vielmehr, die Energiewirtschaft zu gemeinnützigem Handeln zu verpflichten, etwa im Sinne gemeinnütziger Wohnbaugesellschaften. Eine „völlige Verstaatlichung“ der Energiebranche strebe Attac nicht an.

Preisbildung nach Gestehungskosten

Bei einer Pressekonferenz zum Auftakt der Kampagne konstatierte der Ökonom Stephan Schulmeister, die Energieversorgung sei eine „fundamentale Komponente der Daseinsvorsorge“ und habe daher eine soziale, aber auch eine ökologische „Sonderstellung“. In sozialer Hinsicht gelte es, die Versorgungssicherheit „zu leistbaren und stabilen Preisen“ zu gewährleisten.

In Bezug auf die Ökologie wiederum müssten die Preise für fossile Energieträger stärker steigen als jene für „erneuerbare Quellen“. Schulmeister empfahl, das Merit-Order-Prinzip grundsätzlich beizubehalten, bei seiner Anwendung künftig aber auch die Kapitalkosten für die jeweilige Technologie zur Energiebereitstellung zu berücksichtigen. Letztlich laufe dies auf eine Strompreisbildung entsprechend der durchschnittlichen Gestehungskosten je Kilowattstunde hinaus, erläuterte Schulmeister.

Ähnlich argumentierte Helene Schuberth, die Chefökonomin des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), der die Attac-Kampagne unterstützt. Als Teil der Daseinsvorsorge dürfe die Energieversorgung „nicht ausschließlich auf Profite ausgerichtet sein. Versorgungssicherheit, Leistbarkeit und Klimagerechtigkeit müssen als oberste Ziele der Energieversorger gesetzlich verankert werden – EU-weit wie national.“

Dienstag, 6.06.2023, 12:42 Uhr
Klaus Fischer

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