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Energie & Management > Windkraft Onshore - Artenschützer im Ländle sagen Ja zu 1.000 neuen Windturbinen
Quelle: Fotolia / psdesign1
Windkraft Onshore

Artenschützer im Ländle sagen Ja zu 1.000 neuen Windturbinen

Umweltverbände in Baden-Württemberg begrüßen das Ziel der Landesregierung zum Windkraftausbau. Auch in Niedersachsen sind Branche und Artenschutz versöhnt, nur in NRW noch nicht.
Beim Ausbau der Windenergie müssen Artenschutz und Klimaschutz nicht in Konkurrenz zueinander stehen. Baden-Württemberg und Niedersachsen üben gerade den Schulterschluss von Politik, Umweltschutzverbänden und Windkraftbranche. In Nordrhein-Westfalen dagegen müssen zunächst noch Kommunikationsbrücken entstehen, bevor überhaupt an gemeinsame inhaltliche Positionen zu denken ist.

1.000 neue Windenergieanlagen empfinden Naturschutzbund (Nabu) und Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) im Ländle nicht als Angriff auf den Artenschutz. „Wir machen uns das Ziel der Landesregierung zu eigen“, sagt Nabu-Landesvorsitzender Johannes Enssle im Gespräch mit unserer Redaktion. Diese Haltung erarbeiteten Nabu und BUND jüngst während der Naturschutztage.

Nabu sieht Verantwortung für die Energiewende

Mit 1.000 zusätzlichen Turbinen im Laufe dieses Jahrzehnts würde Baden-Württemberg seinen Bestand mehr als verdoppeln. Jürgen Quentin von der Fachagentur Wind an Land beziffert die aktuelle Menge der Windkraftanlagen auf 767. Sie kommen – nach einem Nettozubau 2021 von 24 Anlagen und 108,2 MW – auf eine Leistung von 1.701 MW. Bei einer durchschnittlichen Anlagengröße von derzeit bis zu 5 MW würde die installierte Leistung sich auf etwa 6.800 MW ungefähr vervierfachen.

Auch der Nabu im Ländle vergisst den schützenswerten Rotmilan nicht. Der Eisbrecher dort aber ist ein Fachkonzept für artenschutzrechtliche Ausnahmen, das Politik, Branche und Verbände gemeinsam erarbeiten wollen. „Das Konzept ist entscheidend für den naturverträglichen Ausbau und Erfolg der Energiewende“, so Johannes Enssle.

Im Kern versammeln die Beteiligten sich hinter dem Ziel, 2 % der Landesfläche für Windenergie über Vorranggebiete auszuweisen. Es sollen windhöffige Flächen mit den geringsten Folgen für schützenswerte Vögel sein. Für Arten wie den Rotmilan soll allerdings gelten, dass der Schutz ihrer Population im Vordergrund steht und nicht des einzelnen Individuums. Zudem sollen Millionenbeträge in andere Flächen fließen, um sie attraktiv für diese Vogelarten zu machen.

„Natur- und Artenschützer müssen sich die Frage stellen, wie die Energiewende gelingen soll“, sagt Johannes Enssler auf die Frage, warum Nabu und BUND in Baden-Württemberg ein konkretes Ausbauziel nennen. Das Bundesland hat erst nach der Regierungsübernahme der Grünen ab Mitte der Zehner-Jahre ernsthaft Windkraft entwickelt und entsprechend Nachholbedarf: 3 % der in Deutschland installierten Leistung, so Jürgen Quentin, entfallen auf Baden-Württemberg.

Artenschutz und Klimaschutz seien „zwei Seiten einer Medaille“, so Johannes Enssle, das Vorgehen der Umweltverbände sei ein „Kompromiss“. Darin unterscheidet die Haltung sich deutlich vom Nabu-Schwesterverband in Nordrhein-Westfalen. Dort schwelt der Konflikt mit dem Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW). Dessen Chef Reiner Priggen blickt ein wenig neidisch auf die Zusammenarbeit im Ländle. „Bei uns denkt der Nabu leider fundamental anders“, so Priggen zu unserer Redaktion.

Kooperation in Niedersachsen für schnellere Genehmigungsprozesse

Die 1.000 zusätzlichen Windturbinen in Baden-Württemberg seien unter anderem nur zu realisieren, weil die dortige Regierung aus Grünen und CDU auch den Staatswald als mögliche Standorte miteinbeziehe. „Das hat der Nabu in NRW komplett ausgeschlossen, weil Windenergie angeblich nicht nachhaltig sei“, so Priggen. So lange der Nabu seine Position in diesem Punkt nicht „verbessere“, werde ein gemeinsamer Fortschritt bei der Energiewende schwierig.

Im ersten Quartal wollen LEE und Nabu NRW das Gespräch wieder aufnehmen, nachdem eine Demonstration von Windkraft-Unternehmern vor der Landesgeschäftsstelle in Düsseldorf die Fronten eher verhärtet hatte (wir berichteten).

Als Blaupause für eine Kooperation könnte derweil Niedersachsen dienen. Nachhilfe beim Windkraftausbau benötigt das Land ohnehin nicht, hat es doch das Jahr 2021 als Spitzenreiter abgeschlossen. Mit einem Nettozubau von 82 Turbinen und einer Kapazität von 401,5 MW hält es die knappe Führung vor Brandenburg (89/395,9 MW), auf Platz drei folgt Nordrhein-Westfalen (46/286,3 MW).

Das nördliche Bundesland geht das leidige Thema der ausufernden Genehmigungsverfahren an, die auch die Ampelkoalition in Berlin deutlich beschleunigen will. Im gemeinsamen Projekt „Integrative Genehmigungspraxis“ entwickeln der Erneuerbaren-Verband für Niedersachsen und Bremen sowie der Nabu-Landesverband Niedersachsen gemeinsam einen Leitfaden für die Genehmigung von Windenergieanlagen.

Dienstag, 11.01.2022, 15:53 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Windkraft Onshore - Artenschützer im Ländle sagen Ja zu 1.000 neuen Windturbinen
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Windkraft Onshore
Artenschützer im Ländle sagen Ja zu 1.000 neuen Windturbinen
Umweltverbände in Baden-Württemberg begrüßen das Ziel der Landesregierung zum Windkraftausbau. Auch in Niedersachsen sind Branche und Artenschutz versöhnt, nur in NRW noch nicht.
Beim Ausbau der Windenergie müssen Artenschutz und Klimaschutz nicht in Konkurrenz zueinander stehen. Baden-Württemberg und Niedersachsen üben gerade den Schulterschluss von Politik, Umweltschutzverbänden und Windkraftbranche. In Nordrhein-Westfalen dagegen müssen zunächst noch Kommunikationsbrücken entstehen, bevor überhaupt an gemeinsame inhaltliche Positionen zu denken ist.

1.000 neue Windenergieanlagen empfinden Naturschutzbund (Nabu) und Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) im Ländle nicht als Angriff auf den Artenschutz. „Wir machen uns das Ziel der Landesregierung zu eigen“, sagt Nabu-Landesvorsitzender Johannes Enssle im Gespräch mit unserer Redaktion. Diese Haltung erarbeiteten Nabu und BUND jüngst während der Naturschutztage.

Nabu sieht Verantwortung für die Energiewende

Mit 1.000 zusätzlichen Turbinen im Laufe dieses Jahrzehnts würde Baden-Württemberg seinen Bestand mehr als verdoppeln. Jürgen Quentin von der Fachagentur Wind an Land beziffert die aktuelle Menge der Windkraftanlagen auf 767. Sie kommen – nach einem Nettozubau 2021 von 24 Anlagen und 108,2 MW – auf eine Leistung von 1.701 MW. Bei einer durchschnittlichen Anlagengröße von derzeit bis zu 5 MW würde die installierte Leistung sich auf etwa 6.800 MW ungefähr vervierfachen.

Auch der Nabu im Ländle vergisst den schützenswerten Rotmilan nicht. Der Eisbrecher dort aber ist ein Fachkonzept für artenschutzrechtliche Ausnahmen, das Politik, Branche und Verbände gemeinsam erarbeiten wollen. „Das Konzept ist entscheidend für den naturverträglichen Ausbau und Erfolg der Energiewende“, so Johannes Enssle.

Im Kern versammeln die Beteiligten sich hinter dem Ziel, 2 % der Landesfläche für Windenergie über Vorranggebiete auszuweisen. Es sollen windhöffige Flächen mit den geringsten Folgen für schützenswerte Vögel sein. Für Arten wie den Rotmilan soll allerdings gelten, dass der Schutz ihrer Population im Vordergrund steht und nicht des einzelnen Individuums. Zudem sollen Millionenbeträge in andere Flächen fließen, um sie attraktiv für diese Vogelarten zu machen.

„Natur- und Artenschützer müssen sich die Frage stellen, wie die Energiewende gelingen soll“, sagt Johannes Enssler auf die Frage, warum Nabu und BUND in Baden-Württemberg ein konkretes Ausbauziel nennen. Das Bundesland hat erst nach der Regierungsübernahme der Grünen ab Mitte der Zehner-Jahre ernsthaft Windkraft entwickelt und entsprechend Nachholbedarf: 3 % der in Deutschland installierten Leistung, so Jürgen Quentin, entfallen auf Baden-Württemberg.

Artenschutz und Klimaschutz seien „zwei Seiten einer Medaille“, so Johannes Enssle, das Vorgehen der Umweltverbände sei ein „Kompromiss“. Darin unterscheidet die Haltung sich deutlich vom Nabu-Schwesterverband in Nordrhein-Westfalen. Dort schwelt der Konflikt mit dem Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW). Dessen Chef Reiner Priggen blickt ein wenig neidisch auf die Zusammenarbeit im Ländle. „Bei uns denkt der Nabu leider fundamental anders“, so Priggen zu unserer Redaktion.

Kooperation in Niedersachsen für schnellere Genehmigungsprozesse

Die 1.000 zusätzlichen Windturbinen in Baden-Württemberg seien unter anderem nur zu realisieren, weil die dortige Regierung aus Grünen und CDU auch den Staatswald als mögliche Standorte miteinbeziehe. „Das hat der Nabu in NRW komplett ausgeschlossen, weil Windenergie angeblich nicht nachhaltig sei“, so Priggen. So lange der Nabu seine Position in diesem Punkt nicht „verbessere“, werde ein gemeinsamer Fortschritt bei der Energiewende schwierig.

Im ersten Quartal wollen LEE und Nabu NRW das Gespräch wieder aufnehmen, nachdem eine Demonstration von Windkraft-Unternehmern vor der Landesgeschäftsstelle in Düsseldorf die Fronten eher verhärtet hatte (wir berichteten).

Als Blaupause für eine Kooperation könnte derweil Niedersachsen dienen. Nachhilfe beim Windkraftausbau benötigt das Land ohnehin nicht, hat es doch das Jahr 2021 als Spitzenreiter abgeschlossen. Mit einem Nettozubau von 82 Turbinen und einer Kapazität von 401,5 MW hält es die knappe Führung vor Brandenburg (89/395,9 MW), auf Platz drei folgt Nordrhein-Westfalen (46/286,3 MW).

Das nördliche Bundesland geht das leidige Thema der ausufernden Genehmigungsverfahren an, die auch die Ampelkoalition in Berlin deutlich beschleunigen will. Im gemeinsamen Projekt „Integrative Genehmigungspraxis“ entwickeln der Erneuerbaren-Verband für Niedersachsen und Bremen sowie der Nabu-Landesverband Niedersachsen gemeinsam einen Leitfaden für die Genehmigung von Windenergieanlagen.

Dienstag, 11.01.2022, 15:53 Uhr
Volker Stephan

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