E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Recht - Angegriffener Energievertrieb: Preisgarantien sind Geschichte
Quelle: Pixabay / Sang Hyun Cho
Recht

Angegriffener Energievertrieb: Preisgarantien sind Geschichte

Die Verbraucherzentrale Niedersachsen hat den Energieanbieter Firstcon mit der Vertriebsmarke „Lünestrom“ abgemahnt. Der sagt: "Die Zeit der Energiepreisgarantie ist vorbei."
Steigende Beschaffungspreise, steigende Verbraucherpreise – so unweigerlich sich dieser Marktmechanismus seit geraumer in der Vertriebspraxis zeigt, so fragwürdig erscheint die eine oder andere Volte mancher Energieanbieter. Jüngstes Beispiel sind Preiserhöhungen von „Lünestrom“, einer Vertriebsmarke der Firstcon GmbH in Lüneburg.

Die Verbraucherzentrale (VZ) Niedersachsen hat das Unternehmen abgemahnt. Die Preiserhöhungen für Strom und Gas seien „aus mehreren Gründen unzulässig“. Bis zum 23. Dezember 2022 habe Firstcon Zeit, eine Unterlassungserklärung abzugeben, teilt die Verbraucherzentrale mit.

Das Schreiben zeigt Wirkung. „Wir sind bemüht, eine Lösung zu finden“, sagt Jowana Lohmöller, Geschäftsführerin des Energieanbieters, auf Anfrage dieser Redaktion. Die Abmahnung werde derzeit geprüft. „Für uns ist das ein Novum“, sagt Lohmöller und ergänzt, sie könne den Ärger der Kunden verstehen und auch den „Reflex“, die VZ einzuschalten. Doch „wir sind in unseren Handlungsoptionen beschnitten, wir haben keine andere Wahl“, so erklärt sie die Preisanpassungen. Mit der VZ wolle man sich „gegebenenfalls austauschen“.

„Das Unternehmen versucht, Preiserhöhungen trotz bestehender Preisgarantien durchzusetzen“, sagt Julia Schröder, Energierechts-Referentin der VZ. Begründet wird dies mit gestiegenen Beschaffungskosten. „Vertraglich ist jedoch geregelt, dass nur steigende Netznutzungsentgelte, Steuern und Abgaben sowie andere hoheitliche Belastungen an Kundinnen und Kunden weitergegeben werden können“, sagt Schröder. Der Fall liege klar auf der Hand: „Eine Erhöhung der Kosten aufgrund teurerer Energiebeschaffung ist nicht möglich, solange die Preisgarantie läuft.“

Sonderkündigungsrecht "unzulässig verkürzt"

Darüber hinaus genüge das Kundenschreiben auch nicht den formalen Anforderungen. Aufgeführt sei nur der Preis, der ab Januar 2023 gelten solle. „Kundinnen und Kunden können aus der Mitteilung nicht erkennen, wie hoch die Anpassung tatsächlich ist“, moniert die Rechtsexpertin. Sie berichtet von Preisanhebungen auf 70 Cent/kWh für Strom und knapp 30 Cent/kWh für Gas. Das bedeute jeweils etwa eine Verdoppelung, in einem Fall sogar eine Verfünffachung.

Auch das Sonderkündigungsrecht werde unzulässig verkürzt, so Schröder. In dem Schreiben heiße es: „Natürlich haben Sie für zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens ein Sonderkündigungsrecht Ihres Versorgungsvertrags.“ Preiserhöhungen müssten jedoch mindestens vier Wochen vorher angekündigt werden, das Sonderkündigungsrecht bestehe grundsätzlich fristlos, bis die neuen Preise greifen. „Daran ändert auch eine anderslautende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nichts, die unserer Ansicht nach unzulässig ist.“

Firstcon-Chefin Jowana Lohmüller meint dagegen, „die Zeit der Energiepreisgarantie ist vorbei“. „Als die Verträge vor anderthalb, zwei Jahren abgeschlossen wurden, hatten wir eine andere Welt.“ Niemand habe absehen können, was seit der Energiepreisrallye passiert ist. Längerfristige Preisversprechen seien mit Blick auf die aktuelle Situation an den Beschaffungsmärkten gegen jede Logik. Lünestrom habe sein Möglichstes getan, um Preise zu halten, "viele unserer Kunden wissen das". Lohmüllers Prognose: „Die Energiewirtschaft wird sich verändern, die Vertragskonstruktionen werden sich an den Markt anpassen, das ist ein Prozess.“

Donnerstag, 15.12.2022, 15:41 Uhr
Manfred Fischer
Energie & Management > Recht - Angegriffener Energievertrieb: Preisgarantien sind Geschichte
Quelle: Pixabay / Sang Hyun Cho
Recht
Angegriffener Energievertrieb: Preisgarantien sind Geschichte
Die Verbraucherzentrale Niedersachsen hat den Energieanbieter Firstcon mit der Vertriebsmarke „Lünestrom“ abgemahnt. Der sagt: "Die Zeit der Energiepreisgarantie ist vorbei."
Steigende Beschaffungspreise, steigende Verbraucherpreise – so unweigerlich sich dieser Marktmechanismus seit geraumer in der Vertriebspraxis zeigt, so fragwürdig erscheint die eine oder andere Volte mancher Energieanbieter. Jüngstes Beispiel sind Preiserhöhungen von „Lünestrom“, einer Vertriebsmarke der Firstcon GmbH in Lüneburg.

Die Verbraucherzentrale (VZ) Niedersachsen hat das Unternehmen abgemahnt. Die Preiserhöhungen für Strom und Gas seien „aus mehreren Gründen unzulässig“. Bis zum 23. Dezember 2022 habe Firstcon Zeit, eine Unterlassungserklärung abzugeben, teilt die Verbraucherzentrale mit.

Das Schreiben zeigt Wirkung. „Wir sind bemüht, eine Lösung zu finden“, sagt Jowana Lohmöller, Geschäftsführerin des Energieanbieters, auf Anfrage dieser Redaktion. Die Abmahnung werde derzeit geprüft. „Für uns ist das ein Novum“, sagt Lohmöller und ergänzt, sie könne den Ärger der Kunden verstehen und auch den „Reflex“, die VZ einzuschalten. Doch „wir sind in unseren Handlungsoptionen beschnitten, wir haben keine andere Wahl“, so erklärt sie die Preisanpassungen. Mit der VZ wolle man sich „gegebenenfalls austauschen“.

„Das Unternehmen versucht, Preiserhöhungen trotz bestehender Preisgarantien durchzusetzen“, sagt Julia Schröder, Energierechts-Referentin der VZ. Begründet wird dies mit gestiegenen Beschaffungskosten. „Vertraglich ist jedoch geregelt, dass nur steigende Netznutzungsentgelte, Steuern und Abgaben sowie andere hoheitliche Belastungen an Kundinnen und Kunden weitergegeben werden können“, sagt Schröder. Der Fall liege klar auf der Hand: „Eine Erhöhung der Kosten aufgrund teurerer Energiebeschaffung ist nicht möglich, solange die Preisgarantie läuft.“

Sonderkündigungsrecht "unzulässig verkürzt"

Darüber hinaus genüge das Kundenschreiben auch nicht den formalen Anforderungen. Aufgeführt sei nur der Preis, der ab Januar 2023 gelten solle. „Kundinnen und Kunden können aus der Mitteilung nicht erkennen, wie hoch die Anpassung tatsächlich ist“, moniert die Rechtsexpertin. Sie berichtet von Preisanhebungen auf 70 Cent/kWh für Strom und knapp 30 Cent/kWh für Gas. Das bedeute jeweils etwa eine Verdoppelung, in einem Fall sogar eine Verfünffachung.

Auch das Sonderkündigungsrecht werde unzulässig verkürzt, so Schröder. In dem Schreiben heiße es: „Natürlich haben Sie für zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens ein Sonderkündigungsrecht Ihres Versorgungsvertrags.“ Preiserhöhungen müssten jedoch mindestens vier Wochen vorher angekündigt werden, das Sonderkündigungsrecht bestehe grundsätzlich fristlos, bis die neuen Preise greifen. „Daran ändert auch eine anderslautende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nichts, die unserer Ansicht nach unzulässig ist.“

Firstcon-Chefin Jowana Lohmüller meint dagegen, „die Zeit der Energiepreisgarantie ist vorbei“. „Als die Verträge vor anderthalb, zwei Jahren abgeschlossen wurden, hatten wir eine andere Welt.“ Niemand habe absehen können, was seit der Energiepreisrallye passiert ist. Längerfristige Preisversprechen seien mit Blick auf die aktuelle Situation an den Beschaffungsmärkten gegen jede Logik. Lünestrom habe sein Möglichstes getan, um Preise zu halten, "viele unserer Kunden wissen das". Lohmüllers Prognose: „Die Energiewirtschaft wird sich verändern, die Vertragskonstruktionen werden sich an den Markt anpassen, das ist ein Prozess.“

Donnerstag, 15.12.2022, 15:41 Uhr
Manfred Fischer

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.