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E&M Vor 20 Jahren

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Ende 2003 arbeitete die Bundesregierung gerade am Nationalen Allokationsplan für den Emissionshandel – auf einer zunächst vagen Grundlage.
Seit seiner Einführung im Jahr 2005 hat sich der Handel mit EU-Emissionszertifikaten stark verändert. Beispielsweise ist seither der Kreis der Unternehmen und Anlagenbetreiber, die zum Nachweis von Emissionsberechtigung und damit zur Teilnahme am Handel verpflichtet sind, immer weiter gewachsen. Im Jahr 2012 wurde der innereuropäische Luftverkehr in das EU-Handelssystem integriert. Eine Verlinkung mit dem Emissionshandelssystem der Schweiz erfolgte 2020. Nun, zum 1. Januar 2024, wird auch der Seeverkehr integriert. Von 2027 an soll es in Ergänzung zum bisherigen Handel mit Emissionsberechtigungen auch einen Emissionshandel für Brennstoffe geben, die insbesondere im Verkehrs- und Gebäudesektor zum Einsatz kommen.

Zu Anfang fielen nur Anlagen aus bestimmten Branchen, etwa der Energiewirtschaft, der Zementindustrie oder der Papierindustrie, und auch nur ab einer Feuerungswärmleistung über 20 MW unter die EU-Emissionshandelsrichtlinie beziehungsweise den nationalen Rechtsrahmen, das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz.

E&M-Redakteur Fritz Wilhelm berichtete vor 20
 Jahren über die Einführung des neuen Klimaschutzinstruments und erlebte, wie lobbyiert und gefeilscht wurde, etwa um die initiale Zuteilung der Emissionsberechtigungen.

Die fristgerechte Erfassung von mehreren Tausend Anlagen, die der EU-Richtlinie zum CO2-Emissionshandel unterliegen, ist ein ehrgeiziges Projekt. In einem ersten Schritt haben die Landesimmissionsschutzbehörden, entsprechend ihrer erteilten Genehmigungen, Anlagendaten an das Bundesumweltministerium (BMU) geliefert, wo sie auf Plausibilität geprüft wurden. Mittlerweile haben auch bereits die Länder die Anlagenbetreiber mit der Bitte angeschrieben, alle Angaben zu überprüfen, für die Jahre 2001 und 2002 zu ergänzen und gegebenenfalls gleich auf Vermeidungsmaßnahmen vor der Basisperiode 2000 bis 2002 hinzuweisen. Dieser Prozess sollte eigentlich abgeschlossen sein.

Für das nähere Verständnis des Anlagenbegriffs – eine Feuerungswärmeleistung von über 20 MW vorausgesetzt – empfiehlt das BMU einen Blick in die 4. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV). Sind einmal alle Daten vorhanden und erneut einem Plausibilitäts-Check unterzogen, steht das Mengengerüst für den Nationalen Allokationsplan (NAP) fest und das BMU kann zur Tat schreiten, diesen aufzustellen. Soweit die Theorie.

Wer jemals eine Fragebogenaktion durchgeführt hat, weiß allerdings sicherlich über termingerechte Rücksendung, Rücklaufquoten, korrektes Ausfüllen, vielleicht sogar noch leserliche Schrift, ein Lied zu singen. Einige Experten haben auch ihre Zweifel, dass tatsächlich alle relevanten Anlagen erfasst werden. Schließlich stehen solche auch im einen oder anderen Krankenhaus, der einen oder anderen Justizvollzugsanstalt oder einer ähnlichen Einrichtung. Am Mengengerüst könnte also noch einige Zeit herumgeschraubt werden.

Mitte Dezember hat das Bundesumweltministerium (BMU) auf seiner Internet-Seite eine vorläufige Liste mit 2.631 Anlagen veröffentlicht, die vom Emissionshandel betroffen sein werden. Viel mehr als die dort aufgeführten dürften es nun nach Schätzung des BMU auch nicht mehr werden.

Franzjosef Schafhausen, Leiter der Arbeitsgruppe Emissionshandel beim BMU, hat bereits bei verschiedenen Konferenzen die ursprüngliche Zahl von 6.000 nach unten korrigiert und von „möglicherweise 4.000 betroffenen Anlagen“ gesprochen. Nun teilte BMU-Sprecher Jürgen Maaß mit, dass letztendlich in Deutschland wohl nicht mehr als 3.000 Anlagen unter das europäische Emissionshandelsregime fallen werden. Eine konkrete Erklärung für die Halbierung der ursprünglich genannten Anzahl konnte Maaß nicht geben. Im Laufe der Zeit habe die EU-Kommission allerdings ihre Vorstellungen stetig präzisiert, sodass auch die datenerhebenden Landesbehörden möglicherweise genauere Anhaltspunkte hätten, welche Anlagen wie zu erfassen seien.

„Geeignete Maßnahmen“ in anderen Sektoren

Die aktuelle Liste des BMU ist noch bis zum 31. Dezember dieses Jahres für die Öffentlichkeit einsehbar. Vor allem Betreiber sind aufgefordert, zu prüfen, ob ihre Anlagen korrekt erfasst worden sind. Morgen soll das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG), das die Rechtsgrundlage für den Nationalen Allokationsplan und damit auch für die Zuteilung der Emissionszertifikate sein wird, im Bundeskabinett verabschiedet und dann an den Bundestag weitergeleitet werden.

Derweil sind schon einige Eckpfeiler des nationalen Allokationsplans eingeschlagen. So steht beispielsweise fest: Die Zuteilung der Zertifikate wird kostenlos erfolgen. Bei einem Euroforum-Seminar zum Emissionshandel hat BMU-Ministerialrat Franzjosef Schafhausen auch noch einmal bekräftigt: „Wir werden keine Auktion durchführen, weder für die Periode 2005 bis 2007 noch 2008 bis 2012.“ Als wahrscheinlich sieht er es allerdings an, dass zumindest in der zweiten Periode ein Mischsystem aus Grandfathering, der Zuteilung auf Basis historischer Emissionswerte, und Benchmarking zum Tragen kommt. Ziel sei es sogar, im Zeitablauf das Benchmarking auszudehnen. Innerhalb der Arbeitsgemeinschaft Emissionshandel beim BMU, der Schafhausen ebenfalls vorsitzt, habe eine Umfrage ein prinzipielles „Ja“ zum Benchmarking ergeben. Grundsätzlich sei es jedoch nur für homogene Wirtschaftszweige anwendbar, so der Tenor der Antworten.

Nach Ansicht von Hans-Joachim Ziesing, Leiter der Abteilung Umwelt, Energie und Verkehr beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, wäre mit dem Benchmarking das Problem der Early Actions noch am elegantesten zu lösen. Würde sich die Zuteilung nach einem durchschnittlichen Referenz-Emissionswert richten, wären diejenigen, die beispielsweise schon ihren Kraftwerkspark modernisiert haben, möglicherweise recht nahe an diesem Wert, während diejenigen mit altem Bestand eventuell sogar richtige Anstrengungen unternehmen müssten, um mit der Zuteilung auszukommen.

Auch die Diskussion, nach welchem Verfahren Zertifikate an Neuemittenten herausgegeben werden sollen, läuft auf das Benchmarking hinaus. Die Emissionsdaten kommen aber letztlich vom Betreiber. Deshalb müsse sichergestellt werden, gibt Ziesing zu bedenken, dass die Anlage beispielsweise auch mit der angegebenen Stundenzahl gefahren werde und nicht mit weniger, und fordert: „Das Verhalten der Neuemittenten muss sanktionsbewehrt sein.“

Während die Bundesregierung sich um die Aufstellung des Nationalen Allokationsplans bemüht, darf sie jedoch nicht die Sektoren außer Acht lassen, die nicht am Emissionshandel beteiligt sind. Nach dem Willen der Kommission sollen sich die nationalen Regierungen geeignete „Policies and Measures“ für die Bereiche Haushalte und Verkehr überlegen, damit diese auch ihr Scherflein zum Klimaschutz beitragen. Ob das 3-Liter-Auto einen neuen Schub bekommen wird? Ob die Haushalte zum Stromsparen animiert werden können? Letztlich würden davon allerdings auch erst einmal wieder die Kraftwerksbetreiber profitieren, da weniger Produktion weniger Emissionen und damit überzählige Zertifikate bedeuten würden.

Samstag, 16.12.2023, 17:08 Uhr
Fritz Wilhelm
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Ende 2003 arbeitete die Bundesregierung gerade am Nationalen Allokationsplan für den Emissionshandel – auf einer zunächst vagen Grundlage.
Seit seiner Einführung im Jahr 2005 hat sich der Handel mit EU-Emissionszertifikaten stark verändert. Beispielsweise ist seither der Kreis der Unternehmen und Anlagenbetreiber, die zum Nachweis von Emissionsberechtigung und damit zur Teilnahme am Handel verpflichtet sind, immer weiter gewachsen. Im Jahr 2012 wurde der innereuropäische Luftverkehr in das EU-Handelssystem integriert. Eine Verlinkung mit dem Emissionshandelssystem der Schweiz erfolgte 2020. Nun, zum 1. Januar 2024, wird auch der Seeverkehr integriert. Von 2027 an soll es in Ergänzung zum bisherigen Handel mit Emissionsberechtigungen auch einen Emissionshandel für Brennstoffe geben, die insbesondere im Verkehrs- und Gebäudesektor zum Einsatz kommen.

Zu Anfang fielen nur Anlagen aus bestimmten Branchen, etwa der Energiewirtschaft, der Zementindustrie oder der Papierindustrie, und auch nur ab einer Feuerungswärmleistung über 20 MW unter die EU-Emissionshandelsrichtlinie beziehungsweise den nationalen Rechtsrahmen, das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz.

E&M-Redakteur Fritz Wilhelm berichtete vor 20
 Jahren über die Einführung des neuen Klimaschutzinstruments und erlebte, wie lobbyiert und gefeilscht wurde, etwa um die initiale Zuteilung der Emissionsberechtigungen.

Die fristgerechte Erfassung von mehreren Tausend Anlagen, die der EU-Richtlinie zum CO2-Emissionshandel unterliegen, ist ein ehrgeiziges Projekt. In einem ersten Schritt haben die Landesimmissionsschutzbehörden, entsprechend ihrer erteilten Genehmigungen, Anlagendaten an das Bundesumweltministerium (BMU) geliefert, wo sie auf Plausibilität geprüft wurden. Mittlerweile haben auch bereits die Länder die Anlagenbetreiber mit der Bitte angeschrieben, alle Angaben zu überprüfen, für die Jahre 2001 und 2002 zu ergänzen und gegebenenfalls gleich auf Vermeidungsmaßnahmen vor der Basisperiode 2000 bis 2002 hinzuweisen. Dieser Prozess sollte eigentlich abgeschlossen sein.

Für das nähere Verständnis des Anlagenbegriffs – eine Feuerungswärmeleistung von über 20 MW vorausgesetzt – empfiehlt das BMU einen Blick in die 4. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV). Sind einmal alle Daten vorhanden und erneut einem Plausibilitäts-Check unterzogen, steht das Mengengerüst für den Nationalen Allokationsplan (NAP) fest und das BMU kann zur Tat schreiten, diesen aufzustellen. Soweit die Theorie.

Wer jemals eine Fragebogenaktion durchgeführt hat, weiß allerdings sicherlich über termingerechte Rücksendung, Rücklaufquoten, korrektes Ausfüllen, vielleicht sogar noch leserliche Schrift, ein Lied zu singen. Einige Experten haben auch ihre Zweifel, dass tatsächlich alle relevanten Anlagen erfasst werden. Schließlich stehen solche auch im einen oder anderen Krankenhaus, der einen oder anderen Justizvollzugsanstalt oder einer ähnlichen Einrichtung. Am Mengengerüst könnte also noch einige Zeit herumgeschraubt werden.

Mitte Dezember hat das Bundesumweltministerium (BMU) auf seiner Internet-Seite eine vorläufige Liste mit 2.631 Anlagen veröffentlicht, die vom Emissionshandel betroffen sein werden. Viel mehr als die dort aufgeführten dürften es nun nach Schätzung des BMU auch nicht mehr werden.

Franzjosef Schafhausen, Leiter der Arbeitsgruppe Emissionshandel beim BMU, hat bereits bei verschiedenen Konferenzen die ursprüngliche Zahl von 6.000 nach unten korrigiert und von „möglicherweise 4.000 betroffenen Anlagen“ gesprochen. Nun teilte BMU-Sprecher Jürgen Maaß mit, dass letztendlich in Deutschland wohl nicht mehr als 3.000 Anlagen unter das europäische Emissionshandelsregime fallen werden. Eine konkrete Erklärung für die Halbierung der ursprünglich genannten Anzahl konnte Maaß nicht geben. Im Laufe der Zeit habe die EU-Kommission allerdings ihre Vorstellungen stetig präzisiert, sodass auch die datenerhebenden Landesbehörden möglicherweise genauere Anhaltspunkte hätten, welche Anlagen wie zu erfassen seien.

„Geeignete Maßnahmen“ in anderen Sektoren

Die aktuelle Liste des BMU ist noch bis zum 31. Dezember dieses Jahres für die Öffentlichkeit einsehbar. Vor allem Betreiber sind aufgefordert, zu prüfen, ob ihre Anlagen korrekt erfasst worden sind. Morgen soll das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG), das die Rechtsgrundlage für den Nationalen Allokationsplan und damit auch für die Zuteilung der Emissionszertifikate sein wird, im Bundeskabinett verabschiedet und dann an den Bundestag weitergeleitet werden.

Derweil sind schon einige Eckpfeiler des nationalen Allokationsplans eingeschlagen. So steht beispielsweise fest: Die Zuteilung der Zertifikate wird kostenlos erfolgen. Bei einem Euroforum-Seminar zum Emissionshandel hat BMU-Ministerialrat Franzjosef Schafhausen auch noch einmal bekräftigt: „Wir werden keine Auktion durchführen, weder für die Periode 2005 bis 2007 noch 2008 bis 2012.“ Als wahrscheinlich sieht er es allerdings an, dass zumindest in der zweiten Periode ein Mischsystem aus Grandfathering, der Zuteilung auf Basis historischer Emissionswerte, und Benchmarking zum Tragen kommt. Ziel sei es sogar, im Zeitablauf das Benchmarking auszudehnen. Innerhalb der Arbeitsgemeinschaft Emissionshandel beim BMU, der Schafhausen ebenfalls vorsitzt, habe eine Umfrage ein prinzipielles „Ja“ zum Benchmarking ergeben. Grundsätzlich sei es jedoch nur für homogene Wirtschaftszweige anwendbar, so der Tenor der Antworten.

Nach Ansicht von Hans-Joachim Ziesing, Leiter der Abteilung Umwelt, Energie und Verkehr beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, wäre mit dem Benchmarking das Problem der Early Actions noch am elegantesten zu lösen. Würde sich die Zuteilung nach einem durchschnittlichen Referenz-Emissionswert richten, wären diejenigen, die beispielsweise schon ihren Kraftwerkspark modernisiert haben, möglicherweise recht nahe an diesem Wert, während diejenigen mit altem Bestand eventuell sogar richtige Anstrengungen unternehmen müssten, um mit der Zuteilung auszukommen.

Auch die Diskussion, nach welchem Verfahren Zertifikate an Neuemittenten herausgegeben werden sollen, läuft auf das Benchmarking hinaus. Die Emissionsdaten kommen aber letztlich vom Betreiber. Deshalb müsse sichergestellt werden, gibt Ziesing zu bedenken, dass die Anlage beispielsweise auch mit der angegebenen Stundenzahl gefahren werde und nicht mit weniger, und fordert: „Das Verhalten der Neuemittenten muss sanktionsbewehrt sein.“

Während die Bundesregierung sich um die Aufstellung des Nationalen Allokationsplans bemüht, darf sie jedoch nicht die Sektoren außer Acht lassen, die nicht am Emissionshandel beteiligt sind. Nach dem Willen der Kommission sollen sich die nationalen Regierungen geeignete „Policies and Measures“ für die Bereiche Haushalte und Verkehr überlegen, damit diese auch ihr Scherflein zum Klimaschutz beitragen. Ob das 3-Liter-Auto einen neuen Schub bekommen wird? Ob die Haushalte zum Stromsparen animiert werden können? Letztlich würden davon allerdings auch erst einmal wieder die Kraftwerksbetreiber profitieren, da weniger Produktion weniger Emissionen und damit überzählige Zertifikate bedeuten würden.

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Fritz Wilhelm

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