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Energie & Management > Klimaschutz - Alarmierende Prognosen des Weltklimarats veröffentlicht
Quelle: Fotolia/malp
Klimaschutz

Alarmierende Prognosen des Weltklimarats veröffentlicht

Der Weltklimarat hat seinen Bericht über die physikalischen Grundlagen des Klimawandels in Genf veröffentlicht. Die menschengemachte Erderwärmung hat demnach immer extremere Folgen.
Meeresspiegelanstieg, Eisschmelze, mehr Hitzewellen, Dürren und Starkregen lassen sich nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen deutlich sicherer vorhersagen als bisher. So schreibt der Weltklimarat (IPCC) in seinem aktuellen Bericht vom 9. August. Selbst wenn es gelingen sollte, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, dürfte der Meeresspiegel Ende des Jahrhunderts um bis zu 62 Zentimeter höher sein als 1995 bis 2014, so der IPCC.

Der Rat beleuchtete die physikalischen Grundlagen des Weltklimas zuletzt 2013. Seitdem hätten sich die Unsicherheiten in den Klimamodellen deutlich reduziert. Anders als damals stellt die Wissenschaft jetzt klar fest: Wenn die Treibhausgasemissionen nicht sehr schnell heruntergefahren werden, wird das Ziel scheitern, die Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius über vorindustriellem Niveau zu begrenzen. Zudem könnten mehr Klimaveränderungen nachweislich direkt auf den Einfluss des Menschen zurückgeführt werden, sagte Mitautorin Veronika Eyring von der Universität Bremen.

Klimaschutzabkommen von Paris unbedingt einhalten

„2019 war die CO2-Konzentration in der Atmosphäre höher als zu jedem anderen Zeitpunkt seit mindestens zwei Millionen Jahren“, stellen die Forscher fest. Die Auswirkungen seien inzwischen in allen Regionen der Welt zu spüren. „In der Arktis sind drei Viertel des Meereisvolumens im Sommer schon abgeschmolzen“, sagte Mitautor Dirk Notz vom Max-Planck-Institut für Meteorologie. „Wir werden es vermutlich nicht mehr verhindern können, dass das Nordpolarmeer bis 2050 im Sommer zumindest in einzelnen Jahren weitgehend eisfrei sein wird“, ergänzte er.

Die globale Mitteltemperatur liegt nach diesem Bericht für den Zeitraum 2011 bis 2020 knapp 1,1 Grad über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900). Laut Pariser Klimaabkommen wollen die Staaten die Erderwärmung unter zwei Grad halten, möglichst bei 1,5 Grad. Das soll die größten Extremwetterkatastrophen verhindern. „Wenn wir die Emissionen nicht schnell genug herunterfahren und bis etwa 2050 bis 2070 netto-null erreicht haben, werden wir beide Pariser Klimaziele verfehlen“, warnte Mitautor Douglas Maraun von der Universität Graz.

Fünf Szenarien untersucht

Der Weltklimarat entwarf fünf Szenarien. In zwei erreicht die Welt etwa 2050 Klimaneutralität und speichert danach mehr CO2, als sie ausstößt. Nur damit könnte der Anstieg der Mitteltemperatur Ende dieses Jahrhunderts bei 1,8 Grad oder darunter bleiben. Bei gleichbleibenden Emissionen bis 2050 würde die Temperatur Ende dieses Jahrhunderts um 2,1 bis 3,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegen.

In zwei weiteren Szenarien mit mindestens der Verdopplung der CO2-Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts wäre ein Anstieg der Temperatur um bis 5,7 Grad möglich. „Wenn man sich anschaut, was die einzelnen Regierungen für den Klimaschutz zugesagt haben, würde man im Moment am ehesten im mittleren Szenario landen“, sagte Notz.

Der Weltklimarat nennt auch zwei Szenarien, die zwar unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen seien. Zum einen ist das ein Anstieg des Meeresspiegels um zwei Meter bis Ende des Jahrhunderts, je nachdem, wie der Eisschild der Antarktis weiter schmilzt. Zum anderen ist das ein Kollaps der Atlantischen Umwälzströmung (Amoc), die schon an Fahrt verloren hat. Sie verteilt kaltes und warmes Wasser im Atlantik und beeinflusst etwa den für Milliarden Menschen wichtigen Monsun in Afrika und Asien. Ein Zusammenbruch des Systems, zu dem auch der Golfstrom gehört, hätte auch Auswirkungen auf Europa.
 
Veronika Eyring (Universtät Bremen) bei der Präsentation
des 6. IPCC-Berichts am 9. August 2021
Quelle: BMU

Politische Maßnahmen ergreifen

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) betonte in diesem Zusammenhang die bereits beschlossenen Treibhausgasminderungsmaßnahmen der Bundesregierung. Zugleich forderte sie eine Grundgesetzänderung, um den Bund beim Schutz Deutschlands vor den Folgen des Klimawandels einbinden zu können. „Die Anpassung an Hochwasser und Dürre wird uns in den nächsten Jahren weiter begleiten“, sagte sie zum IPCC-Bericht. Bisher seien dafür die Länder und Kommunen zuständig. „Ich plädiere für eine Finanzierung gemeinsam mit dem Bund, weil wir uns dauerhaft auf häufigere Extremwetterereignisse vorbereiten müssen“, sagte Schulze.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) will den Preis für CO2-Zertifikate erhöhen, wenn die Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele nicht ausreichen. „Mit dem CO2-Preis haben wir ein wirkungsvolles Instrument geschaffen, mit dem wir jederzeit nachsteuern können“, sagte sie. Das könne auch dazu führen, dass Flüge innerhalb Deutschlands nicht mehr stattfinden.

Der Bericht wurde von mehr als 230 Forschenden aus 66 Ländern verfasst. Die Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger wurde von den 195 IPCC-Mitgliedsländern einstimmig bestätigt. „Die Regierungen sitzen also mit im Boot, keiner kann hinterher sagen: ‚Ich habe damit nichts zu tun‘“, sagte Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie.

Montag, 9.08.2021, 12:39 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Klimaschutz - Alarmierende Prognosen des Weltklimarats veröffentlicht
Quelle: Fotolia/malp
Klimaschutz
Alarmierende Prognosen des Weltklimarats veröffentlicht
Der Weltklimarat hat seinen Bericht über die physikalischen Grundlagen des Klimawandels in Genf veröffentlicht. Die menschengemachte Erderwärmung hat demnach immer extremere Folgen.
Meeresspiegelanstieg, Eisschmelze, mehr Hitzewellen, Dürren und Starkregen lassen sich nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen deutlich sicherer vorhersagen als bisher. So schreibt der Weltklimarat (IPCC) in seinem aktuellen Bericht vom 9. August. Selbst wenn es gelingen sollte, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, dürfte der Meeresspiegel Ende des Jahrhunderts um bis zu 62 Zentimeter höher sein als 1995 bis 2014, so der IPCC.

Der Rat beleuchtete die physikalischen Grundlagen des Weltklimas zuletzt 2013. Seitdem hätten sich die Unsicherheiten in den Klimamodellen deutlich reduziert. Anders als damals stellt die Wissenschaft jetzt klar fest: Wenn die Treibhausgasemissionen nicht sehr schnell heruntergefahren werden, wird das Ziel scheitern, die Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius über vorindustriellem Niveau zu begrenzen. Zudem könnten mehr Klimaveränderungen nachweislich direkt auf den Einfluss des Menschen zurückgeführt werden, sagte Mitautorin Veronika Eyring von der Universität Bremen.

Klimaschutzabkommen von Paris unbedingt einhalten

„2019 war die CO2-Konzentration in der Atmosphäre höher als zu jedem anderen Zeitpunkt seit mindestens zwei Millionen Jahren“, stellen die Forscher fest. Die Auswirkungen seien inzwischen in allen Regionen der Welt zu spüren. „In der Arktis sind drei Viertel des Meereisvolumens im Sommer schon abgeschmolzen“, sagte Mitautor Dirk Notz vom Max-Planck-Institut für Meteorologie. „Wir werden es vermutlich nicht mehr verhindern können, dass das Nordpolarmeer bis 2050 im Sommer zumindest in einzelnen Jahren weitgehend eisfrei sein wird“, ergänzte er.

Die globale Mitteltemperatur liegt nach diesem Bericht für den Zeitraum 2011 bis 2020 knapp 1,1 Grad über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900). Laut Pariser Klimaabkommen wollen die Staaten die Erderwärmung unter zwei Grad halten, möglichst bei 1,5 Grad. Das soll die größten Extremwetterkatastrophen verhindern. „Wenn wir die Emissionen nicht schnell genug herunterfahren und bis etwa 2050 bis 2070 netto-null erreicht haben, werden wir beide Pariser Klimaziele verfehlen“, warnte Mitautor Douglas Maraun von der Universität Graz.

Fünf Szenarien untersucht

Der Weltklimarat entwarf fünf Szenarien. In zwei erreicht die Welt etwa 2050 Klimaneutralität und speichert danach mehr CO2, als sie ausstößt. Nur damit könnte der Anstieg der Mitteltemperatur Ende dieses Jahrhunderts bei 1,8 Grad oder darunter bleiben. Bei gleichbleibenden Emissionen bis 2050 würde die Temperatur Ende dieses Jahrhunderts um 2,1 bis 3,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegen.

In zwei weiteren Szenarien mit mindestens der Verdopplung der CO2-Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts wäre ein Anstieg der Temperatur um bis 5,7 Grad möglich. „Wenn man sich anschaut, was die einzelnen Regierungen für den Klimaschutz zugesagt haben, würde man im Moment am ehesten im mittleren Szenario landen“, sagte Notz.

Der Weltklimarat nennt auch zwei Szenarien, die zwar unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen seien. Zum einen ist das ein Anstieg des Meeresspiegels um zwei Meter bis Ende des Jahrhunderts, je nachdem, wie der Eisschild der Antarktis weiter schmilzt. Zum anderen ist das ein Kollaps der Atlantischen Umwälzströmung (Amoc), die schon an Fahrt verloren hat. Sie verteilt kaltes und warmes Wasser im Atlantik und beeinflusst etwa den für Milliarden Menschen wichtigen Monsun in Afrika und Asien. Ein Zusammenbruch des Systems, zu dem auch der Golfstrom gehört, hätte auch Auswirkungen auf Europa.
 
Veronika Eyring (Universtät Bremen) bei der Präsentation
des 6. IPCC-Berichts am 9. August 2021
Quelle: BMU

Politische Maßnahmen ergreifen

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) betonte in diesem Zusammenhang die bereits beschlossenen Treibhausgasminderungsmaßnahmen der Bundesregierung. Zugleich forderte sie eine Grundgesetzänderung, um den Bund beim Schutz Deutschlands vor den Folgen des Klimawandels einbinden zu können. „Die Anpassung an Hochwasser und Dürre wird uns in den nächsten Jahren weiter begleiten“, sagte sie zum IPCC-Bericht. Bisher seien dafür die Länder und Kommunen zuständig. „Ich plädiere für eine Finanzierung gemeinsam mit dem Bund, weil wir uns dauerhaft auf häufigere Extremwetterereignisse vorbereiten müssen“, sagte Schulze.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) will den Preis für CO2-Zertifikate erhöhen, wenn die Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele nicht ausreichen. „Mit dem CO2-Preis haben wir ein wirkungsvolles Instrument geschaffen, mit dem wir jederzeit nachsteuern können“, sagte sie. Das könne auch dazu führen, dass Flüge innerhalb Deutschlands nicht mehr stattfinden.

Der Bericht wurde von mehr als 230 Forschenden aus 66 Ländern verfasst. Die Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger wurde von den 195 IPCC-Mitgliedsländern einstimmig bestätigt. „Die Regierungen sitzen also mit im Boot, keiner kann hinterher sagen: ‚Ich habe damit nichts zu tun‘“, sagte Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie.

Montag, 9.08.2021, 12:39 Uhr
Susanne Harmsen

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