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Energie & Management > Wasserkraft - Abschied von der kleinen Wasserkraft?
Quelle: Fotolia / colluceo
Wasserkraft

Abschied von der kleinen Wasserkraft?

Das Aussterben der kleinen Wasserkraft befürchten Verbände durch die anstehende Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes 2023 (Osterpaket).
Der Gesetzesentwurf des Anfang April verabschiedeten Gesetzesentwurfs, gemeinhin als "Osterpaket" bezeichnet, sieht klare Restriktionen bei der weiteren Förderung für Wasserkraftanlagen mit unter 500 kW installierter Leistung vor. Dies lässt den Wasserkraftverband Mitteldeutschland erschreckt aufhorchen. So sprach Martin Richter, Präsident des Verbandes, von "gravierenden Auswirkungen". Richter rechnet mit einem Anlagensterben von Kleinwasserkraftwerken und einer Stagnation bei den ökologischen Modernisierungen der Anlagen.

Der vorliegende Kabinettsentwurf der Bundesregierung sieht vor, ab dem kommenden Jahr die garantierte Vergütung nach dem EEG von Wasserkraftanlagen mit einer Leistung von bis zu 500 kW ersatzlos zu streichen. Der Gesetzesentwurf begründet dies mit "besonderen gewässerökologischen Auswirkungen kleinerer Anlagen". Davon betroffen sind bestehende Wasserkraftwerke dieser Leistungsklasse, die modernisiert, sprich deren Leistungsvolumen erhöht werden soll. Die Errichtung neuer Anlagen, etwa an bestehenden Wehren, ist komplett ausgeschlossen. 

Über eine Million deutsche Haushalte werden aktuell aus der Wasserkraft kleiner Anlagen gespeist, wie der Wasserkraftverband Mitteldeutschland und der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) anführen. Über 6.500 Anlagen an deutschen Flüssen, zumeist in den Mittelgebirgen erzeugen pro Jahr 2,88 Mrd. kWh regenerativen Strom, so der Wasserkraftverband Mitteldeutschland. "Von den bundesweit rund 7.300 Wasserkraftwerken haben rund 90 Prozent eine Leistung von wenig als 500 Kilowatt", ergänzt der LEE NRW in einer Mitteilung vom 19. April.

20 % mehr Strom durch technische Erneuerung

Gerade das Repowering sei von besonderer Bedeutung, wie Reiner Priggen, der Vorsitzende des LEE NRW, unterstreicht. Wegen langer Genehmigungszeiten und hoher naturschutzrechtlicher Auflagen sei der Neubau von Wasserkraftanlagen in den vergangenen Jahren fast zum Erliegen gekommen. "Daher setzen die meisten Betreiber auf das Repowering", so Priggen. Rund 20 % mehr Strom ließen sich durch eine Modernisierung gewinnen. 

Wie auch Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group, sieht Priggen in den Gesetzesplänen "politische Willkür". Sie widersprächen den politischen Zielen des Klimaschutzes und der Erhöhung der Energieunabhängigkeit Deutschlands von fossilen Energieimporten. Dass sich die Bundesregierung vor diesem Hintergrund von der kleinen Wasserkraft verabschieden will, passe nicht ins Bild. Zudem: Neue Turbinentypen würden nicht nur leistungsstärker, sondern auch für Fische und andere Organismen durchlässig, versichert der einstige Grünen-Politiker Fell. 

Ohnehin habe der ökologische Aspekt laut Priggen nichts im EEG zu suchen. Priggen: "Die ökologische Verträglichkeit von Wasserkraftanlagen wird bereits von den zuständigen Wasserbehörden auf Basis des Wasserhaushaltsgesetzes und den Landeswassergesetzen geprüft und bewertet." Bei keinem anderen regenerativen Energieträger werde die Erfüllung naturschutzrechtlicher Anforderungen an die Vergütung im EEG geknüpft. "Warum dieser Schritt jetzt erfolgt, ist in keinster Weise nachvollziehbar", moniert der LEE-NRW-Vorsitzende. 

Eine variable anstelle der garantierten Vergütung hätte zudem ein Wegfall der für einen sicheren Betrieb notwendigen Einnahmen zur Folge, wie der Wasserkraftverband Mitteldeutschland anführt.Verbandspräsident Martin Richter erklärt, Banken hätten bereits angemerkt, dass die Kreditvergabe schwieriger werde, sollten Kleinwasserkraftanlagen allein auf Direkvermarktungserlöse angewiesen sein. Gewässerökologische Verbesserungen würden dadurch noch schwerer finanzier- und realisierbar. 

Der Verband verweist auf die Vorteile der Wasserkraft: So handele es sich um eine regenerative, nachhaltige und emissionsfreie Energie, die auch nachts und bei Windstille planbar und zuverlässig Energie erzeuge. Sie sei langlebig, dezentral, flexibel regelbar und netzstabilisierend. 

Kritiker der Wasserkraft ziehen den ökologischen Aspekt der Wasserkraft in Zweifel. Anlagen, gleich welcher Größe, würden etwa den Fischzug flussaufwärts behindern. Auch Fischaufstiegshilfen − sogenannte Fischtreppen − würden daran nichts ändern. Die Mehrheit der Fische würden diese nicht nutzen, heißt es.

Dienstag, 19.04.2022, 12:48 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Wasserkraft - Abschied von der kleinen Wasserkraft?
Quelle: Fotolia / colluceo
Wasserkraft
Abschied von der kleinen Wasserkraft?
Das Aussterben der kleinen Wasserkraft befürchten Verbände durch die anstehende Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes 2023 (Osterpaket).
Der Gesetzesentwurf des Anfang April verabschiedeten Gesetzesentwurfs, gemeinhin als "Osterpaket" bezeichnet, sieht klare Restriktionen bei der weiteren Förderung für Wasserkraftanlagen mit unter 500 kW installierter Leistung vor. Dies lässt den Wasserkraftverband Mitteldeutschland erschreckt aufhorchen. So sprach Martin Richter, Präsident des Verbandes, von "gravierenden Auswirkungen". Richter rechnet mit einem Anlagensterben von Kleinwasserkraftwerken und einer Stagnation bei den ökologischen Modernisierungen der Anlagen.

Der vorliegende Kabinettsentwurf der Bundesregierung sieht vor, ab dem kommenden Jahr die garantierte Vergütung nach dem EEG von Wasserkraftanlagen mit einer Leistung von bis zu 500 kW ersatzlos zu streichen. Der Gesetzesentwurf begründet dies mit "besonderen gewässerökologischen Auswirkungen kleinerer Anlagen". Davon betroffen sind bestehende Wasserkraftwerke dieser Leistungsklasse, die modernisiert, sprich deren Leistungsvolumen erhöht werden soll. Die Errichtung neuer Anlagen, etwa an bestehenden Wehren, ist komplett ausgeschlossen. 

Über eine Million deutsche Haushalte werden aktuell aus der Wasserkraft kleiner Anlagen gespeist, wie der Wasserkraftverband Mitteldeutschland und der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) anführen. Über 6.500 Anlagen an deutschen Flüssen, zumeist in den Mittelgebirgen erzeugen pro Jahr 2,88 Mrd. kWh regenerativen Strom, so der Wasserkraftverband Mitteldeutschland. "Von den bundesweit rund 7.300 Wasserkraftwerken haben rund 90 Prozent eine Leistung von wenig als 500 Kilowatt", ergänzt der LEE NRW in einer Mitteilung vom 19. April.

20 % mehr Strom durch technische Erneuerung

Gerade das Repowering sei von besonderer Bedeutung, wie Reiner Priggen, der Vorsitzende des LEE NRW, unterstreicht. Wegen langer Genehmigungszeiten und hoher naturschutzrechtlicher Auflagen sei der Neubau von Wasserkraftanlagen in den vergangenen Jahren fast zum Erliegen gekommen. "Daher setzen die meisten Betreiber auf das Repowering", so Priggen. Rund 20 % mehr Strom ließen sich durch eine Modernisierung gewinnen. 

Wie auch Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group, sieht Priggen in den Gesetzesplänen "politische Willkür". Sie widersprächen den politischen Zielen des Klimaschutzes und der Erhöhung der Energieunabhängigkeit Deutschlands von fossilen Energieimporten. Dass sich die Bundesregierung vor diesem Hintergrund von der kleinen Wasserkraft verabschieden will, passe nicht ins Bild. Zudem: Neue Turbinentypen würden nicht nur leistungsstärker, sondern auch für Fische und andere Organismen durchlässig, versichert der einstige Grünen-Politiker Fell. 

Ohnehin habe der ökologische Aspekt laut Priggen nichts im EEG zu suchen. Priggen: "Die ökologische Verträglichkeit von Wasserkraftanlagen wird bereits von den zuständigen Wasserbehörden auf Basis des Wasserhaushaltsgesetzes und den Landeswassergesetzen geprüft und bewertet." Bei keinem anderen regenerativen Energieträger werde die Erfüllung naturschutzrechtlicher Anforderungen an die Vergütung im EEG geknüpft. "Warum dieser Schritt jetzt erfolgt, ist in keinster Weise nachvollziehbar", moniert der LEE-NRW-Vorsitzende. 

Eine variable anstelle der garantierten Vergütung hätte zudem ein Wegfall der für einen sicheren Betrieb notwendigen Einnahmen zur Folge, wie der Wasserkraftverband Mitteldeutschland anführt.Verbandspräsident Martin Richter erklärt, Banken hätten bereits angemerkt, dass die Kreditvergabe schwieriger werde, sollten Kleinwasserkraftanlagen allein auf Direkvermarktungserlöse angewiesen sein. Gewässerökologische Verbesserungen würden dadurch noch schwerer finanzier- und realisierbar. 

Der Verband verweist auf die Vorteile der Wasserkraft: So handele es sich um eine regenerative, nachhaltige und emissionsfreie Energie, die auch nachts und bei Windstille planbar und zuverlässig Energie erzeuge. Sie sei langlebig, dezentral, flexibel regelbar und netzstabilisierend. 

Kritiker der Wasserkraft ziehen den ökologischen Aspekt der Wasserkraft in Zweifel. Anlagen, gleich welcher Größe, würden etwa den Fischzug flussaufwärts behindern. Auch Fischaufstiegshilfen − sogenannte Fischtreppen − würden daran nichts ändern. Die Mehrheit der Fische würden diese nicht nutzen, heißt es.

Dienstag, 19.04.2022, 12:48 Uhr
Davina Spohn

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