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Energie & Management > Windkraft  - 302-MW-Nordsee-Windpark stellt Regelleistung bereit
Seit 2015 voll in Betrieb: der Windpark Amrumbank West. Quelle: RWE
Windkraft

302-MW-Nordsee-Windpark stellt Regelleistung bereit

Der Energiekonzern RWE vermarktet künftig Sekundärreserve aus dem Windpark Amrumbank West. Dessen Leistung soll um bis zu 60 MW heruntergefahren werden können.
Der Nordsee-Windpark Amrumbank West von RWE bekommt in seinem zehnten Betriebsjahr eine zusätzliche Funktion. Wie der Essener Konzern mitteilte, soll der Windpark, der im Oktober 2015 vollständig in Betrieb gegangen war, künftig Systemleistung zur Stabilisierung des Stromnetzes bereitstellen.

Amrumbank West befindet sich 37 Kilometer westlich der nordfriesischen Insel Amrum und 35 Kilometer nördlich von Helgoland. 80 Turbinen liefern laut RWE eine Gesamtleistung von 302 MW. Auf Anforderung des Übertragungsnetzbetreibers Tennet könne die Leistung binnen fünf Minuten um 60 MW reduziert werden. Die erforderliche Präqualifikation habe der Netzbetreiber kürzlich erhalten, heißt es.

RWE will mit der Vermarktung der Sekundärreserve noch im ersten Quartal dieses Jahres beginnen. Diese Sekundärregelleistung, kurz SRL genannt, wird abgerufen, wenn die Frequenz von 50 Hertz im Übertragungsnetz aufgrund von Lastschwankungen unzureichend gehalten werden kann. Die SRL muss innerhalb von fünf Minuten erbracht werden können.

Künftig als Dienstleistung für externe Kunden

Windturbinen müssen den Sollwertvorgaben der Netzbetreiber bei gleichzeitig wechselnden Windgeschwindigkeiten exakt folgen können, betont RWE. Dazu gelte es, die Rotorblätter „maßgenau“ aus dem Wind zu drehen. Um das zu bewerkstelligen, nutzt RWE eine „hochautomatisierte und skalierbare Infrastruktur“. Das Leitsystem dafür stamme von Generac Energy Services.

Betreiber des Parks ist die Amrum-Offshore West, eine 100-prozentige Tochter der RWE Offshore Wind. Die RWE-Handelstochter RWE Supply & Trading will im nächsten Schritt weitere Wind- und Solarparks des Energieriesen für das Produkt „Regelleistung“ qualifizieren und diese Dienstleistung auch externen Kunden anbieten.

Wenn Wind- und Sonnenkraftwerke am Regelenergiemarkt teilnehmen, werden sie vom Problem - spontane Einspeisung, spontaner Wegfall einer prognostizierten Einspeisung - zum Teil der Lösung. Das Herausfordernde angesichts der Wetterabhängigkeit ist bei der Sekundärregelenergie, am Vortag vorherzusehen, dass man im gewählten Vier-Stunden-Abschnitt stets genug Strom einspeisen würde, damit diese Einspeisung auf Abruf wegfallen könnte. Dies erfordert gute Wetterprognosen und natürlich die technische Anbindung an die Leitstelle des ÜNB.

Eine Mehreinspeisung bei Abruf, also positive Regelenergie, ist dagegen bei Wind und PV nirgends vorgesehen, weil die Einspeiseprognosen noch zu ungenau sind.

Was der „Regelenergiemarkt“ ist

Im Stromsystem müssen Angebot und Nachfrage zu jeder Sekunde übereinstimmen, andernfalls würde es zusammenbrechen. Wenn der Spotmarkt mit dem Ausgleich überfordert ist, greift der sogenannte Regelenergiemarkt, der nicht so heißt, weil er die Regel ist. Vielmehr soll er die Ausnahme bleiben und nur das System spontan „ausregeln“. Die Regelenergie wird von den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) marktlich ausgeschrieben, und zwar derzeit 22.500 MW positive Regelenergie (Strom-Mehreinspeisung) und 23.700 MW negative Regelenergie (Stromentnahme). Der Markt besteht aus drei Segmenten:
  • Bei der Primärregelleistung (PRL / FCR) als dem schnellsten Segment steuern die ÜNB rauf- und runterregelbare Kraftwerke, zumeist fossile, aber mittlerweile auch etwa Batterien des Herstellers Sonnen, binnen Sekunden.
  • Reicht PRL nicht aus, wird Sekundärregelleistung (SRL / aFFR) abgerufen. Ausgeschrieben wird sie täglich bis 9.30 Uhr für Vier-Stunden-Abschnitte des Folgetages. Binnen 30 Sekunden müssen die unter Vertrag genommenen Bieter auf einen automatischen Abruf des ÜNB reagieren, binnen 5 Minuten muss die gesamte Ausschreibungsleistung, mindestens 5 MW, hoch- oder runtergefahren sein und dann 15 Minuten lang gehalten werden. In dem vertraglich gebundenen Vier-Stunden-Abschnitt dürfen die ÜNB später noch mehrmals SRL abrufen. Die SRL ist damit anspruchsvoller als
  • das in der Abrufreihenfolge hinten stehende Regelenergie-Segment, die Minutenreserveleistung (MRL / mFFR).
 

Offshore gibt es schon mindestens einen Anbieter

Der erste Anbieter von Sekundärreserve aus Offshore-Windparks ist RWE allerdings nicht. Schon seit 2022 vermarktet Orsted aus ihrem Windpark „Borkum Riffgrund 1“ über den Direktvermarkter und Virtuelles-Kraftwerk-Betreiber Energy 2 Market - eine deutsche Konzerngesellschaft der französischen EDF - Sekundärregelleistung.

Bei Sekundärreserve und Onshore-Wind dürfte MVV Trading deutscher Pionier sein. Ende 2024 meldeten die Mannheimer die ersten erfolgreichen Tests mit Windparks an Land von anderen Betreibern.

Von weiteren Versorgern gibt es zwar viele Pilotprojekte, sie bewegen sich aber in der weniger anspruchsvollen Minutenreserve. Baywa Re und Enertrag hatten 2023 unabhängig voneinander zwar die Qualifizierung von PV-Hybridparks zur SRL gemeldet, diese bezog sich aber auf den Batterieteil (wir berichteten).

Freitag, 7.02.2025, 15:45 Uhr
Manfred Fischer und Georg Eble
Energie & Management > Windkraft  - 302-MW-Nordsee-Windpark stellt Regelleistung bereit
Seit 2015 voll in Betrieb: der Windpark Amrumbank West. Quelle: RWE
Windkraft
302-MW-Nordsee-Windpark stellt Regelleistung bereit
Der Energiekonzern RWE vermarktet künftig Sekundärreserve aus dem Windpark Amrumbank West. Dessen Leistung soll um bis zu 60 MW heruntergefahren werden können.
Der Nordsee-Windpark Amrumbank West von RWE bekommt in seinem zehnten Betriebsjahr eine zusätzliche Funktion. Wie der Essener Konzern mitteilte, soll der Windpark, der im Oktober 2015 vollständig in Betrieb gegangen war, künftig Systemleistung zur Stabilisierung des Stromnetzes bereitstellen.

Amrumbank West befindet sich 37 Kilometer westlich der nordfriesischen Insel Amrum und 35 Kilometer nördlich von Helgoland. 80 Turbinen liefern laut RWE eine Gesamtleistung von 302 MW. Auf Anforderung des Übertragungsnetzbetreibers Tennet könne die Leistung binnen fünf Minuten um 60 MW reduziert werden. Die erforderliche Präqualifikation habe der Netzbetreiber kürzlich erhalten, heißt es.

RWE will mit der Vermarktung der Sekundärreserve noch im ersten Quartal dieses Jahres beginnen. Diese Sekundärregelleistung, kurz SRL genannt, wird abgerufen, wenn die Frequenz von 50 Hertz im Übertragungsnetz aufgrund von Lastschwankungen unzureichend gehalten werden kann. Die SRL muss innerhalb von fünf Minuten erbracht werden können.

Künftig als Dienstleistung für externe Kunden

Windturbinen müssen den Sollwertvorgaben der Netzbetreiber bei gleichzeitig wechselnden Windgeschwindigkeiten exakt folgen können, betont RWE. Dazu gelte es, die Rotorblätter „maßgenau“ aus dem Wind zu drehen. Um das zu bewerkstelligen, nutzt RWE eine „hochautomatisierte und skalierbare Infrastruktur“. Das Leitsystem dafür stamme von Generac Energy Services.

Betreiber des Parks ist die Amrum-Offshore West, eine 100-prozentige Tochter der RWE Offshore Wind. Die RWE-Handelstochter RWE Supply & Trading will im nächsten Schritt weitere Wind- und Solarparks des Energieriesen für das Produkt „Regelleistung“ qualifizieren und diese Dienstleistung auch externen Kunden anbieten.

Wenn Wind- und Sonnenkraftwerke am Regelenergiemarkt teilnehmen, werden sie vom Problem - spontane Einspeisung, spontaner Wegfall einer prognostizierten Einspeisung - zum Teil der Lösung. Das Herausfordernde angesichts der Wetterabhängigkeit ist bei der Sekundärregelenergie, am Vortag vorherzusehen, dass man im gewählten Vier-Stunden-Abschnitt stets genug Strom einspeisen würde, damit diese Einspeisung auf Abruf wegfallen könnte. Dies erfordert gute Wetterprognosen und natürlich die technische Anbindung an die Leitstelle des ÜNB.

Eine Mehreinspeisung bei Abruf, also positive Regelenergie, ist dagegen bei Wind und PV nirgends vorgesehen, weil die Einspeiseprognosen noch zu ungenau sind.

Was der „Regelenergiemarkt“ ist

Im Stromsystem müssen Angebot und Nachfrage zu jeder Sekunde übereinstimmen, andernfalls würde es zusammenbrechen. Wenn der Spotmarkt mit dem Ausgleich überfordert ist, greift der sogenannte Regelenergiemarkt, der nicht so heißt, weil er die Regel ist. Vielmehr soll er die Ausnahme bleiben und nur das System spontan „ausregeln“. Die Regelenergie wird von den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) marktlich ausgeschrieben, und zwar derzeit 22.500 MW positive Regelenergie (Strom-Mehreinspeisung) und 23.700 MW negative Regelenergie (Stromentnahme). Der Markt besteht aus drei Segmenten:
  • Bei der Primärregelleistung (PRL / FCR) als dem schnellsten Segment steuern die ÜNB rauf- und runterregelbare Kraftwerke, zumeist fossile, aber mittlerweile auch etwa Batterien des Herstellers Sonnen, binnen Sekunden.
  • Reicht PRL nicht aus, wird Sekundärregelleistung (SRL / aFFR) abgerufen. Ausgeschrieben wird sie täglich bis 9.30 Uhr für Vier-Stunden-Abschnitte des Folgetages. Binnen 30 Sekunden müssen die unter Vertrag genommenen Bieter auf einen automatischen Abruf des ÜNB reagieren, binnen 5 Minuten muss die gesamte Ausschreibungsleistung, mindestens 5 MW, hoch- oder runtergefahren sein und dann 15 Minuten lang gehalten werden. In dem vertraglich gebundenen Vier-Stunden-Abschnitt dürfen die ÜNB später noch mehrmals SRL abrufen. Die SRL ist damit anspruchsvoller als
  • das in der Abrufreihenfolge hinten stehende Regelenergie-Segment, die Minutenreserveleistung (MRL / mFFR).
 

Offshore gibt es schon mindestens einen Anbieter

Der erste Anbieter von Sekundärreserve aus Offshore-Windparks ist RWE allerdings nicht. Schon seit 2022 vermarktet Orsted aus ihrem Windpark „Borkum Riffgrund 1“ über den Direktvermarkter und Virtuelles-Kraftwerk-Betreiber Energy 2 Market - eine deutsche Konzerngesellschaft der französischen EDF - Sekundärregelleistung.

Bei Sekundärreserve und Onshore-Wind dürfte MVV Trading deutscher Pionier sein. Ende 2024 meldeten die Mannheimer die ersten erfolgreichen Tests mit Windparks an Land von anderen Betreibern.

Von weiteren Versorgern gibt es zwar viele Pilotprojekte, sie bewegen sich aber in der weniger anspruchsvollen Minutenreserve. Baywa Re und Enertrag hatten 2023 unabhängig voneinander zwar die Qualifizierung von PV-Hybridparks zur SRL gemeldet, diese bezog sich aber auf den Batterieteil (wir berichteten).

Freitag, 7.02.2025, 15:45 Uhr
Manfred Fischer und Georg Eble

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