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Energie & Management > Wärme - 12 Mrd. Euro jährlich für eine gerechte Wärmewende
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Wärme

12 Mrd. Euro jährlich für eine gerechte Wärmewende

Der Gebäudesektor soll bis 2045 klimaneutral sein. Wie dieser Umbau sozial gerecht geschehen kann, haben die Stiftung Klimaneutralität und der Thinktank Agora vorgestellt.
Der „schlafende Riese wurde von der Politik lange vernachlässigt“, sagte Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende am 10. Juni in einer Onlinepressekonferenz. Agora Energiewende und die Stiftung Klimaneutralität haben ein Sofortprogramm für eine sozialverträgliche Wärmewende vorgestellt, mit dem bezahlbarer Wohnraum und Klimaneutralität 2045 zusammen erreicht werden können. Dafür braucht es viel Geld vom Staat, ein klares Ordnungsrecht, höhere CO2-Preise und soziale Ausgleichsmaßnahmen.

„Die Sanierungswelle lostreten, Wärmepumpen in die Ein- und Mehrfamilienhäuser und in den Ballungsgebieten die grüne Nah- und Fernwärme ausbauen – das sind die Grundpfeiler der Klimapolitik für den Gebäudesektor“, sagte Rainer Baake, Direktor der Stiftung Klimaneutralität. Die Regierung müsse sowohl die Standards für energetische Sanierungen als auch die Förderprogramme im Gebäudebereich konsequent auf das Klimaneutralitätsziel 2045 ausrichten. „Klimaneutralität bedeutet das absehbare Ende von fossilen Heizanlagen. Da muss sich die Regierung ehrlich machen und das Enddatum 2024 für neue Öl- und Gaskessel in Ein- und Zweifamilienhäusern gesetzlich verankern“, sagt Baake.

CO2-Preis massiv rauf, Strompreis runter

Dem Vorschlag beider Organisationen zufolge soll die Zahl der Gas- und Ölkessel bundesweit verringert werden; ab sofort sollten daher keine fossilen Heizsysteme mehr gefördert werden, ab spätestens 2024 sollen diese zudem nicht mehr in Neubauten eingebaut werden dürfen. Dieses Einbauverbot sollte ab dann auch für Ein- und Zweifamilienhäuser im Bestand gelten. Zugleich soll das Fördervolumen für energetische Gebäudesanierungen auf 12 Mrd. Euro jährlich verfünffacht werden.
 
Die Publikation „10 Eckpunkte, wie wir bezahlbaren Wohnraum und Klimaneutralität 2045 zusammen erreichen“ als PDF.
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Quelle: Agora Energiewende

Der Staat darf laut Graichen die Menschen nicht allein lassen und sollte mit entsprechenden Geldern den Umstieg massiv fördern. Zudem müssten die Preise stimmen: „Der CO2-Preis muss bis 2025 auf mindestens 80 Euro je Tonne steigen, zugleich muss aber der Strompreis runter.“

Daher fordern die beiden Organisationen, die Einnahmen aus dem CO2-Preis dafür zu nutzen, die EEG-Umlage auf null zu senken. „So erreichen wir zwei Dinge auf einmal: Erstens wird Strom billiger und entlastet die Haushalte sozial gerecht von steigenden CO2-Preisen. Zweitens verhilft das der Wärmepumpe zum Durchbruch, die sich mit sinkenden Stromkosten gegenüber der fossilen Heizungsanlage durchsetzen kann“, sagte Baake.

Um auch einen sozialen Ausgleich schaffen zu können, muss zugleich dringend das Dilemma zwischen Mietenden und Vermietenden aufgelöst werden. Graichen: „Mietende können nicht entscheiden, ob ihr Haus gedämmt oder mit klimafreundlicher Heizung warm wird. Sie tragen aber die Kosten, wenn das Heizen mit Öl oder Gas künftig teurer wird. Für Vermietende hingegen rechnet sich ein klimafreundlicher Umbau oft schlichtweg nicht.“

Agora plädiert daher für „Warmmieten“, damit bei Vermietern der Anreiz entsteht, ein Gebäude zu sanieren. „Denn dann profitieren sie von den Kosteneinsparungen durch klimafreundlicheres und – mit neuen Fenstern oder durch Dämmung – effizienteres Heizen“, erklärte Graichen. Ab 2023 sollte der CO2-Preis nicht mehr auf Mieter umgelegt werden dürfen. Neben einem Rückerstattungsanspruch müsse daher bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode eine Warmmieten-Option geschaffen werden.

Damit Deutschland bis 2045 klimaneutral ist, müssen laut Agora bis 2030 6 Mio. und bis 2045 14 Mio. Wärmepumpen eingebaut sein. Die übrigen gut 40 % der Häuser müssen an grüne Nah- und Fernwärmenetze angeschlossen werden. „Neben Förderprogrammen und starkem CO2-Preis brauchen wir auch eine intelligente kommunale Wärmeplanung“, sagte Agora-Direktor Graichen. „Größere Kommunen und Städte müssen ihren lokalen Gegebenheiten entsprechend festlegen, welche Häuser künftig an die Wärmeversorgung angeschlossen werden und wo der Einsatz einer Wärmepumpe im gedämmten Haus in Frage kommt.“

„Aus dem vernachlässigten Bereich muss ein Ziehkind der Energiewende werden“, so Graichen. Dies müsse laut Baake und Graichen jedoch jetzt passieren. „Je länger die Regierung wartet, desto größer wird die Belastung für Hausbewohnerinnen und -bewohner“, sagte Baake. „Jetzt muss was passieren, dass es noch sozialverträglich gestaltet werden kann.“

Das Gutachten „Agenda Wärmewende 2021“ und die Publikation „Ein Gebäudekonsens für Klimaneutralität. 10 Eckpunkte, wie wir bezahlbaren Wohnraum und Klimaneutralität 2045 zusammen erreichen" stehen auf den Webseiten von Agora Energiewende und Stiftung Klimaneutralität als Download zur Verfügung.

Donnerstag, 10.06.2021, 14:17 Uhr
Heidi Roider
Energie & Management > Wärme - 12 Mrd. Euro jährlich für eine gerechte Wärmewende
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12 Mrd. Euro jährlich für eine gerechte Wärmewende
Der Gebäudesektor soll bis 2045 klimaneutral sein. Wie dieser Umbau sozial gerecht geschehen kann, haben die Stiftung Klimaneutralität und der Thinktank Agora vorgestellt.
Der „schlafende Riese wurde von der Politik lange vernachlässigt“, sagte Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende am 10. Juni in einer Onlinepressekonferenz. Agora Energiewende und die Stiftung Klimaneutralität haben ein Sofortprogramm für eine sozialverträgliche Wärmewende vorgestellt, mit dem bezahlbarer Wohnraum und Klimaneutralität 2045 zusammen erreicht werden können. Dafür braucht es viel Geld vom Staat, ein klares Ordnungsrecht, höhere CO2-Preise und soziale Ausgleichsmaßnahmen.

„Die Sanierungswelle lostreten, Wärmepumpen in die Ein- und Mehrfamilienhäuser und in den Ballungsgebieten die grüne Nah- und Fernwärme ausbauen – das sind die Grundpfeiler der Klimapolitik für den Gebäudesektor“, sagte Rainer Baake, Direktor der Stiftung Klimaneutralität. Die Regierung müsse sowohl die Standards für energetische Sanierungen als auch die Förderprogramme im Gebäudebereich konsequent auf das Klimaneutralitätsziel 2045 ausrichten. „Klimaneutralität bedeutet das absehbare Ende von fossilen Heizanlagen. Da muss sich die Regierung ehrlich machen und das Enddatum 2024 für neue Öl- und Gaskessel in Ein- und Zweifamilienhäusern gesetzlich verankern“, sagt Baake.

CO2-Preis massiv rauf, Strompreis runter

Dem Vorschlag beider Organisationen zufolge soll die Zahl der Gas- und Ölkessel bundesweit verringert werden; ab sofort sollten daher keine fossilen Heizsysteme mehr gefördert werden, ab spätestens 2024 sollen diese zudem nicht mehr in Neubauten eingebaut werden dürfen. Dieses Einbauverbot sollte ab dann auch für Ein- und Zweifamilienhäuser im Bestand gelten. Zugleich soll das Fördervolumen für energetische Gebäudesanierungen auf 12 Mrd. Euro jährlich verfünffacht werden.
 
Die Publikation „10 Eckpunkte, wie wir bezahlbaren Wohnraum und Klimaneutralität 2045 zusammen erreichen“ als PDF.
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Quelle: Agora Energiewende

Der Staat darf laut Graichen die Menschen nicht allein lassen und sollte mit entsprechenden Geldern den Umstieg massiv fördern. Zudem müssten die Preise stimmen: „Der CO2-Preis muss bis 2025 auf mindestens 80 Euro je Tonne steigen, zugleich muss aber der Strompreis runter.“

Daher fordern die beiden Organisationen, die Einnahmen aus dem CO2-Preis dafür zu nutzen, die EEG-Umlage auf null zu senken. „So erreichen wir zwei Dinge auf einmal: Erstens wird Strom billiger und entlastet die Haushalte sozial gerecht von steigenden CO2-Preisen. Zweitens verhilft das der Wärmepumpe zum Durchbruch, die sich mit sinkenden Stromkosten gegenüber der fossilen Heizungsanlage durchsetzen kann“, sagte Baake.

Um auch einen sozialen Ausgleich schaffen zu können, muss zugleich dringend das Dilemma zwischen Mietenden und Vermietenden aufgelöst werden. Graichen: „Mietende können nicht entscheiden, ob ihr Haus gedämmt oder mit klimafreundlicher Heizung warm wird. Sie tragen aber die Kosten, wenn das Heizen mit Öl oder Gas künftig teurer wird. Für Vermietende hingegen rechnet sich ein klimafreundlicher Umbau oft schlichtweg nicht.“

Agora plädiert daher für „Warmmieten“, damit bei Vermietern der Anreiz entsteht, ein Gebäude zu sanieren. „Denn dann profitieren sie von den Kosteneinsparungen durch klimafreundlicheres und – mit neuen Fenstern oder durch Dämmung – effizienteres Heizen“, erklärte Graichen. Ab 2023 sollte der CO2-Preis nicht mehr auf Mieter umgelegt werden dürfen. Neben einem Rückerstattungsanspruch müsse daher bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode eine Warmmieten-Option geschaffen werden.

Damit Deutschland bis 2045 klimaneutral ist, müssen laut Agora bis 2030 6 Mio. und bis 2045 14 Mio. Wärmepumpen eingebaut sein. Die übrigen gut 40 % der Häuser müssen an grüne Nah- und Fernwärmenetze angeschlossen werden. „Neben Förderprogrammen und starkem CO2-Preis brauchen wir auch eine intelligente kommunale Wärmeplanung“, sagte Agora-Direktor Graichen. „Größere Kommunen und Städte müssen ihren lokalen Gegebenheiten entsprechend festlegen, welche Häuser künftig an die Wärmeversorgung angeschlossen werden und wo der Einsatz einer Wärmepumpe im gedämmten Haus in Frage kommt.“

„Aus dem vernachlässigten Bereich muss ein Ziehkind der Energiewende werden“, so Graichen. Dies müsse laut Baake und Graichen jedoch jetzt passieren. „Je länger die Regierung wartet, desto größer wird die Belastung für Hausbewohnerinnen und -bewohner“, sagte Baake. „Jetzt muss was passieren, dass es noch sozialverträglich gestaltet werden kann.“

Das Gutachten „Agenda Wärmewende 2021“ und die Publikation „Ein Gebäudekonsens für Klimaneutralität. 10 Eckpunkte, wie wir bezahlbaren Wohnraum und Klimaneutralität 2045 zusammen erreichen" stehen auf den Webseiten von Agora Energiewende und Stiftung Klimaneutralität als Download zur Verfügung.

Donnerstag, 10.06.2021, 14:17 Uhr
Heidi Roider

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