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Energie & Management > Interview -
Ben Schlemmermeier ist Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft LBD. Quelle: LBD/Daniel Hofer
Interview

"Wir hätten diversifizieren müssen"

Im Interview mit E&M blickt Ben Schlemmermeier auf die Energiepolitik der Bundesregierung in Krisenzeiten und erläutert, woran es beim Ausbau der Erneuerbaren noch hapert.
In gewisser Weise ist die gegenwärtige Gaskrise hausgemacht. „Wir hätten diversifizieren müssen“, sagt Ben Schlemmermeier im Gespräch mit E&M. Doch die Gasimporteure Ruhrgas und Wintershall hätten sich vor Jahren gegen LNG-Importe stark gemacht. „Und jetzt haben wir den Treppenwitz, dass genau deren Nachfolgegesellschaften − Uniper und Gazprom Germania − vom Staat gerettet werden mussten“, so der Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft LBD.

Das vermeintliche Gleichgewicht der Interessenlagen – Deutschland braucht Gas und Russland braucht das Geld aus Deutschland – sei ein Trugschluss gewesen, gibt Schlemmermeier zu bedenken. Nach dem Rückgang und dem vollständigen Stopp der russischen Gaslieferungen habe die Bundesregierung richtigerweise eingegriffen. „Zu kaufen, auf Teufel komm raus, egal um welchen Preis, ohne ordnungspolitische Leitplanken zu setzen“, hält der LBD-Chef allerdings für einen Fehler.

Die 200 Milliarden Euro an Subventionen für private Verbraucher, was nichts anderes als ein riesiger Umverteilungsprozess hin zu den Gasproduzenten sei, hält er für „absoluten Irrsinn“. Für dieses Geld könnten 150.000 MW Windkraftkapazitäten errichtet oder 1 Million Kilometer Radwege gebaut werden. Stattdessen werde das Geld nach Norwegen, Aserbaidschan und andere LNG-Lieferländer transferiert.

Besser wäre es aus seiner Sicht, am Gaspreis selbst etwas zu ändern. Der Vorschlag von LBD: Ein Gaspreisdeckel für europäisches Pipelinegas von 30 Euro pro Megawattstunde und für LNG von etwa 60 Euro pro Megawattstunde. „Das wäre der Preis, um einen Fuel Switch im Kraftwerksbereich von Kohle auf Gas zu vermeiden“, sagt Schlemmermeier. Darüber hinaus sieht er die Notwendigkeit für einen europäischen Single Buyer zur zentralen Steuerung des Erdgaseinkaufs. Zwar sei es nicht möglich, schnell eine eigene Behörde aufzubauen. Kurzfristig könnte man jedoch eine Organisation, die über eine eigenen Handelsraum verfügt, beauftragen. Dem Einwand, dass der Preis als Knappheitssignal nur noch bedingt funktioniert, hält Schlemmermeier entgegen: „Um eine Mengensteuerung zu organisieren, brauche ich keinen Gaspreis von 300 Euro pro Megawattstunde. Wir brauchen keine Verzehnfachung der Gaspreise, eine Verdopplung oder auch Verdreifachung sind Anreiz zum Sparen genug.“

Eigene Online-Plattform für Windkraftflächen

Die bisherigen Bemühungen der Bundesregierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien – insbesondere das Oster- und das Sommerpaket – hält der LBD-Geschäftsführer allenfalls für erste Schritte. „Klimaschutz muss Vorrang vor Naturschutz bekommen“, fordert er. „Wir müssen viel mehr Eingriffe in Raum und Natur zulassen, ohne im Einzelfall alles zu analysieren. Es sollte möglich sein, pauschalisiert Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einzuführen“, so Schlemmermeier.

Mit dem eigenen Start-up „Caeli Wind“ – einem Online-Marktplatz für Windkraftflächen – versucht LBD den Ausbau zu unterstützen. Im Interview mit E&M berichtet Schlemmermeier von einem „positiven Feedback“.

Das vollständige Gespräch lesen Sie im Jahresmagazin von E&M, das auch bereits als E-Paper verfügbar ist.

Donnerstag, 1.12.2022, 13:37 Uhr
Fritz Wilhelm
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Ben Schlemmermeier ist Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft LBD. Quelle: LBD/Daniel Hofer
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"Wir hätten diversifizieren müssen"
Im Interview mit E&M blickt Ben Schlemmermeier auf die Energiepolitik der Bundesregierung in Krisenzeiten und erläutert, woran es beim Ausbau der Erneuerbaren noch hapert.
In gewisser Weise ist die gegenwärtige Gaskrise hausgemacht. „Wir hätten diversifizieren müssen“, sagt Ben Schlemmermeier im Gespräch mit E&M. Doch die Gasimporteure Ruhrgas und Wintershall hätten sich vor Jahren gegen LNG-Importe stark gemacht. „Und jetzt haben wir den Treppenwitz, dass genau deren Nachfolgegesellschaften − Uniper und Gazprom Germania − vom Staat gerettet werden mussten“, so der Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft LBD.

Das vermeintliche Gleichgewicht der Interessenlagen – Deutschland braucht Gas und Russland braucht das Geld aus Deutschland – sei ein Trugschluss gewesen, gibt Schlemmermeier zu bedenken. Nach dem Rückgang und dem vollständigen Stopp der russischen Gaslieferungen habe die Bundesregierung richtigerweise eingegriffen. „Zu kaufen, auf Teufel komm raus, egal um welchen Preis, ohne ordnungspolitische Leitplanken zu setzen“, hält der LBD-Chef allerdings für einen Fehler.

Die 200 Milliarden Euro an Subventionen für private Verbraucher, was nichts anderes als ein riesiger Umverteilungsprozess hin zu den Gasproduzenten sei, hält er für „absoluten Irrsinn“. Für dieses Geld könnten 150.000 MW Windkraftkapazitäten errichtet oder 1 Million Kilometer Radwege gebaut werden. Stattdessen werde das Geld nach Norwegen, Aserbaidschan und andere LNG-Lieferländer transferiert.

Besser wäre es aus seiner Sicht, am Gaspreis selbst etwas zu ändern. Der Vorschlag von LBD: Ein Gaspreisdeckel für europäisches Pipelinegas von 30 Euro pro Megawattstunde und für LNG von etwa 60 Euro pro Megawattstunde. „Das wäre der Preis, um einen Fuel Switch im Kraftwerksbereich von Kohle auf Gas zu vermeiden“, sagt Schlemmermeier. Darüber hinaus sieht er die Notwendigkeit für einen europäischen Single Buyer zur zentralen Steuerung des Erdgaseinkaufs. Zwar sei es nicht möglich, schnell eine eigene Behörde aufzubauen. Kurzfristig könnte man jedoch eine Organisation, die über eine eigenen Handelsraum verfügt, beauftragen. Dem Einwand, dass der Preis als Knappheitssignal nur noch bedingt funktioniert, hält Schlemmermeier entgegen: „Um eine Mengensteuerung zu organisieren, brauche ich keinen Gaspreis von 300 Euro pro Megawattstunde. Wir brauchen keine Verzehnfachung der Gaspreise, eine Verdopplung oder auch Verdreifachung sind Anreiz zum Sparen genug.“

Eigene Online-Plattform für Windkraftflächen

Die bisherigen Bemühungen der Bundesregierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien – insbesondere das Oster- und das Sommerpaket – hält der LBD-Geschäftsführer allenfalls für erste Schritte. „Klimaschutz muss Vorrang vor Naturschutz bekommen“, fordert er. „Wir müssen viel mehr Eingriffe in Raum und Natur zulassen, ohne im Einzelfall alles zu analysieren. Es sollte möglich sein, pauschalisiert Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einzuführen“, so Schlemmermeier.

Mit dem eigenen Start-up „Caeli Wind“ – einem Online-Marktplatz für Windkraftflächen – versucht LBD den Ausbau zu unterstützen. Im Interview mit E&M berichtet Schlemmermeier von einem „positiven Feedback“.

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