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Energie & Management > Gas - Verbände fordern praktikable Lösungen für Gaspreisbremse
Quelle: Fotolia / WoGi
Gas

Verbände fordern praktikable Lösungen für Gaspreisbremse

Das ZEW warnt davor, dass die Hilfen für Gasverbraucher letztendlich zu höheren Preisen führen könnten. Die Versorger wollen Geld vom Staat, bevor sie ihre Kunden entlasten.
Die Ökonomen des Leibnitz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsförderung ZEW sehen die Gefahr, dass das zweistuftige Entlastungsverfahren für Gasverbraucher, das die Bundesregierung vorsieht, nach Hinten losgehen könnte. Durch die direkte Subvention der Haushalte würden auch die Anreize für die Kunden verringert, sich nach günstigen Angeboten umzusehen, heißt es in einer Mitteilung des Instituts.

Der Vorschlag der Gaskommission besteht einerseits aus der finanziellen Unterstützung ab Dezember 2022 und andererseits aus der Einführung von Preissubventionen ab März 2023 bis mindestens April 2024. „Die Entlastungen verringern die Anreize für Verbraucherinnen und Verbraucher, nach einem günstigeren Anbieter zu suchen und zu diesem zu wechseln", erklärte dazu Atabek Atayev, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Marktdesign“. Wenn aber Kunden nicht nach einem günstigeren Tarif suchten, seien die Anbieter von Erdgas in einer besseren Position, um höhere Preise zu verlangen. Die Subvention könnte dadurch sogar zu einem gegenteiligen Effekt führen und Erdgas teurer machen. 

 „Die Kosten, die den Verbraucherinnen und Verbrauchern bei der Suche nach einem neuen Anbieter und dem Wechsel zu einem anderen Anbieter entstehen, sollten die politischen Entscheidungsträger stärker in den Blick nehmen. Es sollten Maßnahmen erwogen werden, die die Wechselkosten senken oder die Anreize für einen Wechsel zu günstigeren Anbietern verstärken“, so ZEW-Wissenschaftler Prof. Dr. Adrian Hillenbrand.

Nur einfach geht schnell

Anlässlich der öffentlichen Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestages zur Gaspreisbremse am Montag, 7. November äußerten sich auch die Vertreter der Brachenverbände zu den Plänen der Regierung.

So fordert der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), dass das staatliche Entlastungsgeld noch vor dem 1. Dezember auf den Konten der Versorger landen müsse. Die könnten die geschätzten 9 Milliarden Euro an Hilfsgeldern nicht vorfinanzieren. VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Für Stadtwerke und Energieversorger ist das enge Zeitfenster extrem herausfordernd. Deshalb appellieren wir, im Gesetz jeden überflüssigen Aufwand zu vermeiden. Die Faustregel lautet nach wie vor: Wer es schnell will, muss es einfach machen.“

Das gelte auch für die nach wie vor offene Diskussion, wann die nächsten Entlastungsstufen wirken sollen. Das komplexe Kontingent-Modell sei weder für Strom noch für Gas und Wärme früher als im März umsetzbar. Wenn vorher weitere Entlastungen gewünscht seien, müssten das einfachste Lösungen sein, so der VKU. Die gegebenenfalls anteilige Wiederholung der Dezember-Lösung wäre wohl machbar, „wenn die Entscheidung jetzt schnell fällt und keine neue Berechnung erforderlich wird“.

Für Strom sei die Senkung der Umsatzsteuer wie bei Gas und Fernwärme von 19 auf 7 Prozent und die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum ganz schnell möglich.

Beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sieht man das genauso. Auch der BDEW verweist auf die extrem knappe Zeit für die Umsetzung der Entlastungen. Die Diskussion über ein Vorziehen der Gaspreisbremse vom 1. März auf 1. Februar sei ebenso verfehlt wie eine Strompreisbremse ab dem 1. Januar. Die Implementierung sei enorm aufwendig, da bei hunderten Unternehmen komplexe IT-Systeme umprogrammiert werden müssten. Auch hier verweist man darauf, dass allenfalls die Abschlagserstattung vom Dezember im Januar wiederholt werden könne.

Auch Fernwärmeversorger wollen vorab Geld vom Staat

Der Branchenverband für Fernwärme (AGFW) sieht ebenfalls Anpassungsbedarf bei dem Gesetzesentwurf zur geplanten Wärmepreisbremse. Es sei, so eine Verbandsmitteilung, „dringend geboten“, dass die Wärmeversorgungsunternehmen eine finanzielle Unterstützung durch den Staat erhalten, bevor sie ihre Kunden entlasten. „Andernfalls fehlt das Geld bei den Wärmeversorgern und sorgt dort für Liquiditätsprobleme“, betonte Geschäftsführer Werner Lutsch.

Außerdem fordert der Verband, die notwendigen Anträge in ihrem Umfang deutlich zu reduzieren. Umfang und Anforderung der staatlichen Prüfung müssten zum knappen Zeitplan der Wärmepreisbremse im Dezember passen. In Deutschland sind nach AGFW-Angaben etwa 14 Prozent der Haushalte an Fernwärmenetze angeschlossen, vor allem im städtischen Raum. Weil fast 50 Prozent dieser Wärme mit Gas als Brennstoff erzeugt wird, ist die Branche von der aktuellen Gasmangellage besonders betroffen.

Montag, 7.11.2022, 15:00 Uhr
Günter Drewnitzky
Energie & Management > Gas - Verbände fordern praktikable Lösungen für Gaspreisbremse
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Gas
Verbände fordern praktikable Lösungen für Gaspreisbremse
Das ZEW warnt davor, dass die Hilfen für Gasverbraucher letztendlich zu höheren Preisen führen könnten. Die Versorger wollen Geld vom Staat, bevor sie ihre Kunden entlasten.
Die Ökonomen des Leibnitz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsförderung ZEW sehen die Gefahr, dass das zweistuftige Entlastungsverfahren für Gasverbraucher, das die Bundesregierung vorsieht, nach Hinten losgehen könnte. Durch die direkte Subvention der Haushalte würden auch die Anreize für die Kunden verringert, sich nach günstigen Angeboten umzusehen, heißt es in einer Mitteilung des Instituts.

Der Vorschlag der Gaskommission besteht einerseits aus der finanziellen Unterstützung ab Dezember 2022 und andererseits aus der Einführung von Preissubventionen ab März 2023 bis mindestens April 2024. „Die Entlastungen verringern die Anreize für Verbraucherinnen und Verbraucher, nach einem günstigeren Anbieter zu suchen und zu diesem zu wechseln", erklärte dazu Atabek Atayev, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Marktdesign“. Wenn aber Kunden nicht nach einem günstigeren Tarif suchten, seien die Anbieter von Erdgas in einer besseren Position, um höhere Preise zu verlangen. Die Subvention könnte dadurch sogar zu einem gegenteiligen Effekt führen und Erdgas teurer machen. 

 „Die Kosten, die den Verbraucherinnen und Verbrauchern bei der Suche nach einem neuen Anbieter und dem Wechsel zu einem anderen Anbieter entstehen, sollten die politischen Entscheidungsträger stärker in den Blick nehmen. Es sollten Maßnahmen erwogen werden, die die Wechselkosten senken oder die Anreize für einen Wechsel zu günstigeren Anbietern verstärken“, so ZEW-Wissenschaftler Prof. Dr. Adrian Hillenbrand.

Nur einfach geht schnell

Anlässlich der öffentlichen Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestages zur Gaspreisbremse am Montag, 7. November äußerten sich auch die Vertreter der Brachenverbände zu den Plänen der Regierung.

So fordert der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), dass das staatliche Entlastungsgeld noch vor dem 1. Dezember auf den Konten der Versorger landen müsse. Die könnten die geschätzten 9 Milliarden Euro an Hilfsgeldern nicht vorfinanzieren. VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Für Stadtwerke und Energieversorger ist das enge Zeitfenster extrem herausfordernd. Deshalb appellieren wir, im Gesetz jeden überflüssigen Aufwand zu vermeiden. Die Faustregel lautet nach wie vor: Wer es schnell will, muss es einfach machen.“

Das gelte auch für die nach wie vor offene Diskussion, wann die nächsten Entlastungsstufen wirken sollen. Das komplexe Kontingent-Modell sei weder für Strom noch für Gas und Wärme früher als im März umsetzbar. Wenn vorher weitere Entlastungen gewünscht seien, müssten das einfachste Lösungen sein, so der VKU. Die gegebenenfalls anteilige Wiederholung der Dezember-Lösung wäre wohl machbar, „wenn die Entscheidung jetzt schnell fällt und keine neue Berechnung erforderlich wird“.

Für Strom sei die Senkung der Umsatzsteuer wie bei Gas und Fernwärme von 19 auf 7 Prozent und die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum ganz schnell möglich.

Beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sieht man das genauso. Auch der BDEW verweist auf die extrem knappe Zeit für die Umsetzung der Entlastungen. Die Diskussion über ein Vorziehen der Gaspreisbremse vom 1. März auf 1. Februar sei ebenso verfehlt wie eine Strompreisbremse ab dem 1. Januar. Die Implementierung sei enorm aufwendig, da bei hunderten Unternehmen komplexe IT-Systeme umprogrammiert werden müssten. Auch hier verweist man darauf, dass allenfalls die Abschlagserstattung vom Dezember im Januar wiederholt werden könne.

Auch Fernwärmeversorger wollen vorab Geld vom Staat

Der Branchenverband für Fernwärme (AGFW) sieht ebenfalls Anpassungsbedarf bei dem Gesetzesentwurf zur geplanten Wärmepreisbremse. Es sei, so eine Verbandsmitteilung, „dringend geboten“, dass die Wärmeversorgungsunternehmen eine finanzielle Unterstützung durch den Staat erhalten, bevor sie ihre Kunden entlasten. „Andernfalls fehlt das Geld bei den Wärmeversorgern und sorgt dort für Liquiditätsprobleme“, betonte Geschäftsführer Werner Lutsch.

Außerdem fordert der Verband, die notwendigen Anträge in ihrem Umfang deutlich zu reduzieren. Umfang und Anforderung der staatlichen Prüfung müssten zum knappen Zeitplan der Wärmepreisbremse im Dezember passen. In Deutschland sind nach AGFW-Angaben etwa 14 Prozent der Haushalte an Fernwärmenetze angeschlossen, vor allem im städtischen Raum. Weil fast 50 Prozent dieser Wärme mit Gas als Brennstoff erzeugt wird, ist die Branche von der aktuellen Gasmangellage besonders betroffen.

Montag, 7.11.2022, 15:00 Uhr
Günter Drewnitzky

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