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Energie & Management > Vertrieb - Und wieder locken unbegrenzt die Boni
Quelle: Pixabay / Stefan Schweihofer
Vertrieb

Und wieder locken unbegrenzt die Boni

Energieversorger dürfen um Neukunden jetzt wieder mit hohen Boni-Versprechen werben. Ein kleiner Einschub in die Preisbremsengesetze macht es möglich.
Der Halbsatz scheint sich noch nicht groß herumgesprochen zu haben. Jedenfalls nicht in Discounter-Kreisen beim Energievertrieb. Die Strom- und Gastarife auf den vorderen Rängen in einschlägigen Vergleichsportalen werden aktuell mit Boni bis zu 50 Euro beworben. Bei diesem Betrag hatte der Gesetzgeber mit der Einführung der Energiepreisbremsen eine Obergrenze für Boni gezogen. Jetzt eröffnet ein Einschub in den Gesetzestext neue Spielräume für die Neukundengewinnung.

Wie der Hamburger Anbieter-Wechselservice „Wechselpilot“ mitteilt, ist etwa in Paragraf 12 des Gesetzes zur Einführung der Strompreisbremse unter Punkt 1 die Einschränkung hinzugekommen: „... zumindest zeitweise einen Arbeitspreis über dem Referenzpreis nach § 5 Absatz 2 oder Absatz 3 vorsieht ...“. Das bedeutet, liegt der Arbeitspreis unter der Preisbremse, darf der Anbieter mit einem Bonus nach Gusto werben. Ähnlich verhält sich beim Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz.

Kehrseite der Medaille

Der Bundestag hatte im Mai Entwürfe zur Änderung der Preisbremsengesetze veröffentlicht. Im Juni wurden sie abgenickt, am 2. August veröffentlicht, seither gelten die neuen Regeln. Bei Wechselpilot rechnet man damit, dass noch im August eine ganze Reihe Anbieter den Spielraum nutzen werden. Und das nicht nur allein von den Energiediscountern. „Wir gehen davon aus, dass auch große Versorger davon Gebrauch machen werden.“

Wechselpilot weist auch auf die Kehrseite der Medaille hin. Geschäftsführer Maximilian Both: „Aus Sicht der Verbraucher und Verbraucherinnen war der Markt durch die Bonusbremse transparent. Jetzt sind wieder hohe Vergütungen möglich – dadurch können aber auch hohe Abschlagszahlungen und Arbeitspreise kaschiert werden. Es kann also wieder undurchsichtiger beim Tarifvergleich werden.“ Das Kaschieren könne, wie die Praxis lehrt, rechtlich fragwürdige Ausmaße annehmen.

Der Westdeutsche Rundfunk berichtete im vergangenen Jahr über den Energieanbieter Immergrün. Laut Recherche hatte ein Großteil der Kunden ihnen zustehende Guthaben nicht ausgezahlt bekommen. In vielen Fällen soll es um Beträge in Höhe einiger Hundert Euro gegangen sein. Die Staatsanwaltschaft in Köln ermittelt seit geraumer Zeit gegen Immergrün.

„Die Ermittlungen wurden aufgenommen aufgrund eines Anfangsverdachts des Betruges zum Nachteil von Stromkunden durch Abrechnungsmanipulation und Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit vertraglich vereinbarten Boni“, teilte eine Sprecherin der Staatsanwalts vergangenen November gegenüber E&M mit. Ob Anklage erhoben wird, sei offen, betonte die Sprecherin diesen August.

Auch andere Anbieter sind der Vergangenheit auffällig geworden. Das Verbraucherportal Finanztip wies im Jahr 2017 auf die fragwürdigen Bonus-Praktiken von Energiediscountern hin.

Gleichwohl sind man Wechselpilot die neue Regelung insgesamt positiv. „Wir erwarten hohe Bonuszahlungen von einem Großteil der Versorger und vermuten, dass die Konditionen mit der Zeit eher besser als schlechter werden“, sagt Both.

 

Freitag, 4.08.2023, 15:56 Uhr
Manfred Fischer
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Quelle: Pixabay / Stefan Schweihofer
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Energieversorger dürfen um Neukunden jetzt wieder mit hohen Boni-Versprechen werben. Ein kleiner Einschub in die Preisbremsengesetze macht es möglich.
Der Halbsatz scheint sich noch nicht groß herumgesprochen zu haben. Jedenfalls nicht in Discounter-Kreisen beim Energievertrieb. Die Strom- und Gastarife auf den vorderen Rängen in einschlägigen Vergleichsportalen werden aktuell mit Boni bis zu 50 Euro beworben. Bei diesem Betrag hatte der Gesetzgeber mit der Einführung der Energiepreisbremsen eine Obergrenze für Boni gezogen. Jetzt eröffnet ein Einschub in den Gesetzestext neue Spielräume für die Neukundengewinnung.

Wie der Hamburger Anbieter-Wechselservice „Wechselpilot“ mitteilt, ist etwa in Paragraf 12 des Gesetzes zur Einführung der Strompreisbremse unter Punkt 1 die Einschränkung hinzugekommen: „... zumindest zeitweise einen Arbeitspreis über dem Referenzpreis nach § 5 Absatz 2 oder Absatz 3 vorsieht ...“. Das bedeutet, liegt der Arbeitspreis unter der Preisbremse, darf der Anbieter mit einem Bonus nach Gusto werben. Ähnlich verhält sich beim Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz.

Kehrseite der Medaille

Der Bundestag hatte im Mai Entwürfe zur Änderung der Preisbremsengesetze veröffentlicht. Im Juni wurden sie abgenickt, am 2. August veröffentlicht, seither gelten die neuen Regeln. Bei Wechselpilot rechnet man damit, dass noch im August eine ganze Reihe Anbieter den Spielraum nutzen werden. Und das nicht nur allein von den Energiediscountern. „Wir gehen davon aus, dass auch große Versorger davon Gebrauch machen werden.“

Wechselpilot weist auch auf die Kehrseite der Medaille hin. Geschäftsführer Maximilian Both: „Aus Sicht der Verbraucher und Verbraucherinnen war der Markt durch die Bonusbremse transparent. Jetzt sind wieder hohe Vergütungen möglich – dadurch können aber auch hohe Abschlagszahlungen und Arbeitspreise kaschiert werden. Es kann also wieder undurchsichtiger beim Tarifvergleich werden.“ Das Kaschieren könne, wie die Praxis lehrt, rechtlich fragwürdige Ausmaße annehmen.

Der Westdeutsche Rundfunk berichtete im vergangenen Jahr über den Energieanbieter Immergrün. Laut Recherche hatte ein Großteil der Kunden ihnen zustehende Guthaben nicht ausgezahlt bekommen. In vielen Fällen soll es um Beträge in Höhe einiger Hundert Euro gegangen sein. Die Staatsanwaltschaft in Köln ermittelt seit geraumer Zeit gegen Immergrün.

„Die Ermittlungen wurden aufgenommen aufgrund eines Anfangsverdachts des Betruges zum Nachteil von Stromkunden durch Abrechnungsmanipulation und Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit vertraglich vereinbarten Boni“, teilte eine Sprecherin der Staatsanwalts vergangenen November gegenüber E&M mit. Ob Anklage erhoben wird, sei offen, betonte die Sprecherin diesen August.

Auch andere Anbieter sind der Vergangenheit auffällig geworden. Das Verbraucherportal Finanztip wies im Jahr 2017 auf die fragwürdigen Bonus-Praktiken von Energiediscountern hin.

Gleichwohl sind man Wechselpilot die neue Regelung insgesamt positiv. „Wir erwarten hohe Bonuszahlungen von einem Großteil der Versorger und vermuten, dass die Konditionen mit der Zeit eher besser als schlechter werden“, sagt Both.

 

Freitag, 4.08.2023, 15:56 Uhr
Manfred Fischer

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