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Energie & Management > Bilanz - Trotz höherem Gewinn: Enervie hält das Geld zusammen
Quelle: Fotolia / Andrey Popov
Bilanz

Trotz höherem Gewinn: Enervie hält das Geld zusammen

Als „turbulentes, aber sehr erfolgreiches“ Jahr geht 2022 in die Annalen des südwestfälischen Regionalversorgers Enervie ein. Die Dividende steigt trotz verbesserten Gewinns nicht.
So ganz traut man in Südwestfalen dem Braten nicht. Obwohl der regionale Energieversorger Enervie im Krisenjahr den Gewinn noch einmal gesteigert hat, gibt man sich in Hagen vergleichsweise sparsam. Die Aktionäre, überwiegend Kommunen und dazu der Entsorgungsmulti Remondis (19,06 Prozent der Anteile), erhalten unverändert 14 Millionen Euro vom üppigen Kuchen.

Die Enervie – Südwestfalen Energie und Wasser AG, 2006 durch die Fusion von Mark-E und Stadtwerken Lüdenscheid entstanden, schüttet damit genau so viel Geld an die Anteilseigner aus wie 2021. Damals hatte der Gewinn nach Steuern allerdings noch um 6,1 Millionen Euro niedriger gelegen (siehe Tabelle). Das Ergebnis 2022 fuhren per saldo acht Beschäftigte weniger eingefahren als 2021, nämlich 1.085.

"Der kommende Winter wird entscheidend"

Erik Höhne begründete die Zurückhaltung beim Bilanzpressegespräch am 25. April mit der unsicheren Weltlage. „Erst der kommende Winter 2023/24 wird entscheidend“, so der Vorstandssprecher mit Blick auf die Versorgungssicherheit etwa beim knappen und teuren Gas. Es sei wichtig, in "unsicheren und turbulenten" Zeiten vorzusorgen und für die Folgezeit Liquidität im Handelsgeschäft zu sichern. „Die Krise geht ja weiter“, sagt Erik Höhne.

Außerdem hätten Einmaleffekte neben dem „robusten Geschäftsmodell“ zum „sehr guten Ergebnis“ beigetragen. Zuvorderst nennt Höhne hier die Vermarktung eines Teils des Kraftwerksgeländes in Werdohl-Elverlingsen. Dort hatte Enervie 2016 und 2018 die beiden Steinkohleblöcke stillgelegt. Verfügbaren Grund will das Unternehmen 2027 neu entwickeln – oder eben veräußern.

Auch spülten die teils hohen Preise im Großhandel den Südwestfalen unerwartet viel Geld in die Kassen. Im operativen Geschäft „haben wir die Chancen genutzt, wo sie sich auftaten“, so Erik Höhne. Den um 700 Millionen Euro angestiegenen Umsatz wollte er nicht überbewert wissen. Tatsächlich setzte Enervie in allen Sparten – Strom, Gas, Wärme – geringere Energiemengen ab, was mit hohen Arbeitspreisen, aber auch im Zusammenhang mit dem politischen Appell zum Energiesparen zu erklären sei.
 
Enervies Geschäftsjahr 2022
Kennzahlen20222021
Umsatzerlöse (Mio. Euro)1.8561.181
Ergebnis vor Steuern (Mio. Euro)53,347,2
Stromabsatz (Mio. kWh)6.5157.227
Gasabsatz (Mio. kWh)6.7667.897
Absatz Wärme, Dampf (Mio. kWh)6272
Quelle: Enervie

Dabei nimmt Enervie für sich in Anspruch, erst spät die Preise erhöht zu haben – zum 1. Januar 2023. Auch an dieser Stelle wollte der Vorstandschef keine Entwarnung geben. Zwar profitierten alle aktuell von der langfristigen Beschaffungsstrategie des Unternehmens. Aber die teuer eingekaufte Tranche sei in die kommenden Tarife einzurechnen.

Enervie "braucht kein weiteres Geld" der Kommunen

Das leichte Sinken der Eigenkapitalquote auf 26 Prozent erklärt Höhne unter anderem mit der Resttilgung eines Gesellschafterdarlehens. Enervie hatte sich im vergangenen Jahrzehnt Geld geborgt, um entstandene Verluste der eigenen Kohle- und Gasblöcke aufzufangen. 2022 zahlte das Unternehmen die verbliebenen 30 Millionen Euro zurück.

Auf frisches Geld der Gesellschafter sei Enervie aktuell nicht mehr angewiesen, auch weil Enervie bei der Dividende „konservativ“ vorgehe, sagte Erik Höhne. 2021 hatte eine Finanzierungsrunde 170 Millionen Euro erbracht. „Wir sind nun auch in schwierigen Zeiten ausreichend durchfinanziert“, so der Vorstandssprecher.

Um die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, hat Enervie zwei Ansätze: den Umbau des Kraftwerksparks und den Ausbau Erneuerbarer. An der Stelle des alten Kohleblocks „Cuno“ in Herdecke könnten künftig Photovoltaikanlagen stehen. Volker Neumann, Vorstand für Netze, Personal und kommunales Netzwerkmanagement, hofft auf entsprechendes Entwicklungspotenzial für diese Fläche.

Er verwies ferner auf das Geschäftsfeld E-Mobilität. Südwestfalen verfüge durch Enervie über eine bundesweit „überdurchschnittliche“ Abdeckung mit inzwischen 200 öffentlichen Ladepunkten und 500 Wallboxen. Weitere Projekte, von denen das Unternehmen sich gute Geschäfte verspricht, sind der Ausbau der „Smart City“ etwa mit intelligenter Hochwasser-Messung und Verkehrszählung (über Lorawan-Funknetz) oder die kommunale Wärmeplanung. Auch kündigte Neumann eigene Mieterstrom-Modelle an. Im ersten Quartal lief dazu ein Pilot, der derzeit für ein konkretes Angebot ausgewertet werde.

70 Millionen Euro hat das Unternehmen investiert, davon etwa 40 Millionen Euro die Netztochter Enervie Vernetzt in den Ausbau der Strom-, Gas- und Wassernetze. 2023 wollen die Südwestfalen diesen Betrag auf 42 Millionen Euro steigern.

Dienstag, 25.04.2023, 16:51 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Bilanz - Trotz höherem Gewinn: Enervie hält das Geld zusammen
Quelle: Fotolia / Andrey Popov
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Trotz höherem Gewinn: Enervie hält das Geld zusammen
Als „turbulentes, aber sehr erfolgreiches“ Jahr geht 2022 in die Annalen des südwestfälischen Regionalversorgers Enervie ein. Die Dividende steigt trotz verbesserten Gewinns nicht.
So ganz traut man in Südwestfalen dem Braten nicht. Obwohl der regionale Energieversorger Enervie im Krisenjahr den Gewinn noch einmal gesteigert hat, gibt man sich in Hagen vergleichsweise sparsam. Die Aktionäre, überwiegend Kommunen und dazu der Entsorgungsmulti Remondis (19,06 Prozent der Anteile), erhalten unverändert 14 Millionen Euro vom üppigen Kuchen.

Die Enervie – Südwestfalen Energie und Wasser AG, 2006 durch die Fusion von Mark-E und Stadtwerken Lüdenscheid entstanden, schüttet damit genau so viel Geld an die Anteilseigner aus wie 2021. Damals hatte der Gewinn nach Steuern allerdings noch um 6,1 Millionen Euro niedriger gelegen (siehe Tabelle). Das Ergebnis 2022 fuhren per saldo acht Beschäftigte weniger eingefahren als 2021, nämlich 1.085.

"Der kommende Winter wird entscheidend"

Erik Höhne begründete die Zurückhaltung beim Bilanzpressegespräch am 25. April mit der unsicheren Weltlage. „Erst der kommende Winter 2023/24 wird entscheidend“, so der Vorstandssprecher mit Blick auf die Versorgungssicherheit etwa beim knappen und teuren Gas. Es sei wichtig, in "unsicheren und turbulenten" Zeiten vorzusorgen und für die Folgezeit Liquidität im Handelsgeschäft zu sichern. „Die Krise geht ja weiter“, sagt Erik Höhne.

Außerdem hätten Einmaleffekte neben dem „robusten Geschäftsmodell“ zum „sehr guten Ergebnis“ beigetragen. Zuvorderst nennt Höhne hier die Vermarktung eines Teils des Kraftwerksgeländes in Werdohl-Elverlingsen. Dort hatte Enervie 2016 und 2018 die beiden Steinkohleblöcke stillgelegt. Verfügbaren Grund will das Unternehmen 2027 neu entwickeln – oder eben veräußern.

Auch spülten die teils hohen Preise im Großhandel den Südwestfalen unerwartet viel Geld in die Kassen. Im operativen Geschäft „haben wir die Chancen genutzt, wo sie sich auftaten“, so Erik Höhne. Den um 700 Millionen Euro angestiegenen Umsatz wollte er nicht überbewert wissen. Tatsächlich setzte Enervie in allen Sparten – Strom, Gas, Wärme – geringere Energiemengen ab, was mit hohen Arbeitspreisen, aber auch im Zusammenhang mit dem politischen Appell zum Energiesparen zu erklären sei.
 
Enervies Geschäftsjahr 2022
Kennzahlen20222021
Umsatzerlöse (Mio. Euro)1.8561.181
Ergebnis vor Steuern (Mio. Euro)53,347,2
Stromabsatz (Mio. kWh)6.5157.227
Gasabsatz (Mio. kWh)6.7667.897
Absatz Wärme, Dampf (Mio. kWh)6272
Quelle: Enervie

Dabei nimmt Enervie für sich in Anspruch, erst spät die Preise erhöht zu haben – zum 1. Januar 2023. Auch an dieser Stelle wollte der Vorstandschef keine Entwarnung geben. Zwar profitierten alle aktuell von der langfristigen Beschaffungsstrategie des Unternehmens. Aber die teuer eingekaufte Tranche sei in die kommenden Tarife einzurechnen.

Enervie "braucht kein weiteres Geld" der Kommunen

Das leichte Sinken der Eigenkapitalquote auf 26 Prozent erklärt Höhne unter anderem mit der Resttilgung eines Gesellschafterdarlehens. Enervie hatte sich im vergangenen Jahrzehnt Geld geborgt, um entstandene Verluste der eigenen Kohle- und Gasblöcke aufzufangen. 2022 zahlte das Unternehmen die verbliebenen 30 Millionen Euro zurück.

Auf frisches Geld der Gesellschafter sei Enervie aktuell nicht mehr angewiesen, auch weil Enervie bei der Dividende „konservativ“ vorgehe, sagte Erik Höhne. 2021 hatte eine Finanzierungsrunde 170 Millionen Euro erbracht. „Wir sind nun auch in schwierigen Zeiten ausreichend durchfinanziert“, so der Vorstandssprecher.

Um die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, hat Enervie zwei Ansätze: den Umbau des Kraftwerksparks und den Ausbau Erneuerbarer. An der Stelle des alten Kohleblocks „Cuno“ in Herdecke könnten künftig Photovoltaikanlagen stehen. Volker Neumann, Vorstand für Netze, Personal und kommunales Netzwerkmanagement, hofft auf entsprechendes Entwicklungspotenzial für diese Fläche.

Er verwies ferner auf das Geschäftsfeld E-Mobilität. Südwestfalen verfüge durch Enervie über eine bundesweit „überdurchschnittliche“ Abdeckung mit inzwischen 200 öffentlichen Ladepunkten und 500 Wallboxen. Weitere Projekte, von denen das Unternehmen sich gute Geschäfte verspricht, sind der Ausbau der „Smart City“ etwa mit intelligenter Hochwasser-Messung und Verkehrszählung (über Lorawan-Funknetz) oder die kommunale Wärmeplanung. Auch kündigte Neumann eigene Mieterstrom-Modelle an. Im ersten Quartal lief dazu ein Pilot, der derzeit für ein konkretes Angebot ausgewertet werde.

70 Millionen Euro hat das Unternehmen investiert, davon etwa 40 Millionen Euro die Netztochter Enervie Vernetzt in den Ausbau der Strom-, Gas- und Wassernetze. 2023 wollen die Südwestfalen diesen Betrag auf 42 Millionen Euro steigern.

Dienstag, 25.04.2023, 16:51 Uhr
Volker Stephan

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