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Energie & Management > Recht - Senec-Kunden pochen auf Gewährleistungsansprüche
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Recht

Senec-Kunden pochen auf Gewährleistungsansprüche

Viele Kunden mit gedrosselten Sence-PV-Speichern gehen per Anwalt gegen Händler vor. Vor dem Landgericht Münster ist jetzt ein „Anerkenntnisurteil“ erwirkt worden.
Der „Konditionierungsbetrieb“ des PV-Speicherherstellers Senec bringt Händler der Produkte zunehmend unter Druck. Tausende Kunden, bei deren Heimspeichern Senec aus Sicherheitsgründen die Kapazität eingeschränkt hat, haben sich an Rechtsanwälte gewandt. Die sehen Gewährleistungsansprüche ihrer Mandanten, und die Fälle, die vor Gericht landen, häufen sich.

Wolf von Buttlar zählt mehr als 1.000 betroffenen Senec-Kunden, die sich in seiner Kanzlei gemeldet haben. Die ersten Anrufe habe er im März 2022 erhalten, sagt der Stuttgarter Rechtsanwalt. Damals hatten sich drei Brandunfälle ereignet, in deren Folge Senec Speicher der Typen Home V3 und Home V2.1 per Fernabschaltung in den Stand-by-Modus versetzt hatte. Schrittweise nahm Senec danach die Speicher wieder voll in Betrieb. Nach einem Brand im März 2023 und zwei weiteren im August dieses Jahres schaltete das Unternehmen Speicher in den „Konditionierungsbetrieb“. Die Strom-Speicherung dieser Geräte ist seither auf maximal 70 Prozent der Kapazität gedrosselt.

„Dass das Problem nach mehr als anderthalb Jahren offensichtlich noch immer besteht, spricht dafür, dass etwas Grundlegendes nicht stimmt“, sagt Wolf von Buttlar über die PV-Speicher des Leipziger Tochterunternehmens von EnBW. Er und seine Kanzleikollegen klagen für Mandanten entweder auf Rückabwicklung des Kaufvertrages oder – wenn der Kunde den Speicher behalten will – auf Minderung des Kaufpreises.

Senec: „Reine Vorsichtsmaßnahme“

Senec erklärt die Fernabschaltung als „Wahrnehmung produktsicherheitsrechtlicher Pflichten“. Man sei berechtigt, beim „Auftreten eines (extrem seltenen) Brandfalles die Speicher insoweit einzuschränken, dass von ihnen definitiv kein Risiko ausgeht“, bis feststehe, dass es sich um einen isolierten Einzelfall handle, heißt es in einer E-Mail der Senec-Rechtssabteilung. Solange die Fernüberwachung nur dann erfolgte, wenn dies aus Sicherheitsgründen geboten sei, lasse sich hieraus ein Sachmangel grundsätzlich nicht herleiten. „Bei dem Konditionierungsbetrieb handelt es sich insoweit um eine reine Vorsichtsmaßnahme“, betont Senec.

„Wir haben eine ganze Reihe Fälle durch einen Vergleich mit dem Händler erledigt“, sagt von Buttlar. Für Mandanten, die auf einen fehlerfreien Speicher bestehen, habe man Senec mit Hinweis auf die Garantie angeschrieben. „Daraufhin ist das Modul getauscht worden.“ Erste Gerichtsentscheidungen erwartet er erst für das nächste Jahr. Denn in den strittigen Fällen laufe es auf ein Sachverständigen-Gutachten hinaus, erklärt er.

„Made in Germany“ mit Batteriezellen aus China

Der Anwalt sieht Gewährleistungsansprüche auch darin begründet, dass Senec ein Werbesprechen gebrochen habe: „In einem von uns geführten Verfahren geht aus Dokumenten von Senec hervor, dass ein Brand im März 2022 auf die Schädigung einer Batteriezelle von einem chinesischen Zulieferbetrieb aus Tianjin zurückzuführen sei“, sagt von Buttlar. In dem Verfahren geht es um einen PV-Speicher, den der Kunde im Oktober 2020 erworben hat, das technische Datenblatt, das er dazu erhalten habe, stamme aus dem Jahr 2019. Und darin stehe: Made in Germany.

Jochen Schanbacher erkennt Ungereimtheiten auch bei Speichern des Typs Home V2.1. Allein seit August dieses Jahres hätten sich „mehr als 1.800 Verbraucher aus ganz Deutschland“ in seiner Kanzlei in Stuttgart gemeldet, sagt der Jurist. In seinen Klageschriften weist er auf eine Änderung im technischen Datenblatt im Jahr 2021 hin: Im Datenblatt vom 11. Februar 2020 nenne Senec als Batterietechnologie „Samsung NCA-Zellen“.

Im Datenblatt vom 30. Juli 2021 tauche der Name Samsung nicht mehr auf, ein Hinweis auf den Zellenlieferanten findet sich nicht. Beide Datenblätter enthalten den Hinweis „Batterie- und Speicher-Technologie Made in Germany“. Das ist inzwischen nicht mehr der Fall. In den neuen technischen Datenblättern für den V3 und V2.1 – jeweils datiert auf den 12. Juni 2023 – ist von „Batterie- und Speichertechnologie Engineered in Germany“ die Rede.

Schanbacher hat den Verdacht, dass Senec seinen Modul-Zulieferer in Deutschland angewiesen haben könnte, statt der Batteriezellen von Samsung „No-Name-Produkte chinesischer Produktion“ zu verbauen, um so beim „teuersten und sicherheitskritischsten Bestandteil des Batteriespeichers“ zu sparen. Ein Lieferantenwechsel würde für sich noch keinen Mangel darstellen, betont der Anwalt. Allerdings sollte dadurch nicht die Qualität und Sicherheit eines Produkts leiden. Er hält es für möglich, dass die Drosselungen der Speicher mit Problemen der Batteriezellen zusammenhängen.

Der Rechtsanwalt schreibt in seinen Klageschriften, dass von Kapazitätsbeschränkung in diesem Jahr vor allem Batteriespeicher mit Zellmodulen einer bestimmten Artikelnummer betroffen seien – „erkennbar am blauen Etikett“. Zellmodule des gleichen Typs, aber einer anderen Baureihe mit silbernem Etikett, befänden sich dagegen im ordnungsgemäßen Regelbetrieb.

Fehler in der Widerrufsbelehrung

Senec stellt in einigen Fällen technische Gründe für einen Modultausch fest: „Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass bei dem Speicher Ihres Mandanten ein Modultausch erforderlich ist“, heißt es in einer E-Mail der Senec-Rechtsabteilung vom 1. August dieses Jahres an Schanbacher. Nicht nur seine Module hat der Batteriehersteller im Auge. „Seit Juli werden auch vermehrt die integrierten Wechselrichter der Speicher der Baureihe V3 hybrid duo getauscht“, berichtet Schanbacher.

Das Leipziger Unternehmen weist darauf hin, dass es sich bei den Modultauschen um Ausnahmefälle handle. Bei Speichern, „die in sehr wenigen Ausnahmefällen Auffälligkeiten gezeigt hatten, wurden die Batteriemodule kostenlos ausgetauscht – und zwar gleichgültig, ob sich der Verdacht eines Defektes bei physischer Untersuchung der Module bestätigte, oder nicht“.

Im Oktober hat der Rechtsanwalt für einen Mandanten vor dem Landgericht Münster ein erstes „Anerkenntnisurteil“ erwirkt – ein Urteil, bei dem die Beklagte die eingeklagten Ansprüche eingesteht. Das Gericht verurteilte den Senec-Händler, den Speicher zurückzunehmen und den Kaufpreis in Höhe von 15.517,60 Euro zu erstatten (Az.: 212 O 68/23). Auschlaggebend für das Urteil waren Fehler in der Widerrufsbelehrung des Kaufvertrages. Über technische Mängel des Senec-Speichers musste in diesem gerichtlichen Verfahren damit gar nicht mehr entschieden werden, so Schanbacher.

Montag, 13.11.2023, 17:01 Uhr
Manfred Fischer
Energie & Management > Recht - Senec-Kunden pochen auf Gewährleistungsansprüche
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Recht
Senec-Kunden pochen auf Gewährleistungsansprüche
Viele Kunden mit gedrosselten Sence-PV-Speichern gehen per Anwalt gegen Händler vor. Vor dem Landgericht Münster ist jetzt ein „Anerkenntnisurteil“ erwirkt worden.
Der „Konditionierungsbetrieb“ des PV-Speicherherstellers Senec bringt Händler der Produkte zunehmend unter Druck. Tausende Kunden, bei deren Heimspeichern Senec aus Sicherheitsgründen die Kapazität eingeschränkt hat, haben sich an Rechtsanwälte gewandt. Die sehen Gewährleistungsansprüche ihrer Mandanten, und die Fälle, die vor Gericht landen, häufen sich.

Wolf von Buttlar zählt mehr als 1.000 betroffenen Senec-Kunden, die sich in seiner Kanzlei gemeldet haben. Die ersten Anrufe habe er im März 2022 erhalten, sagt der Stuttgarter Rechtsanwalt. Damals hatten sich drei Brandunfälle ereignet, in deren Folge Senec Speicher der Typen Home V3 und Home V2.1 per Fernabschaltung in den Stand-by-Modus versetzt hatte. Schrittweise nahm Senec danach die Speicher wieder voll in Betrieb. Nach einem Brand im März 2023 und zwei weiteren im August dieses Jahres schaltete das Unternehmen Speicher in den „Konditionierungsbetrieb“. Die Strom-Speicherung dieser Geräte ist seither auf maximal 70 Prozent der Kapazität gedrosselt.

„Dass das Problem nach mehr als anderthalb Jahren offensichtlich noch immer besteht, spricht dafür, dass etwas Grundlegendes nicht stimmt“, sagt Wolf von Buttlar über die PV-Speicher des Leipziger Tochterunternehmens von EnBW. Er und seine Kanzleikollegen klagen für Mandanten entweder auf Rückabwicklung des Kaufvertrages oder – wenn der Kunde den Speicher behalten will – auf Minderung des Kaufpreises.

Senec: „Reine Vorsichtsmaßnahme“

Senec erklärt die Fernabschaltung als „Wahrnehmung produktsicherheitsrechtlicher Pflichten“. Man sei berechtigt, beim „Auftreten eines (extrem seltenen) Brandfalles die Speicher insoweit einzuschränken, dass von ihnen definitiv kein Risiko ausgeht“, bis feststehe, dass es sich um einen isolierten Einzelfall handle, heißt es in einer E-Mail der Senec-Rechtssabteilung. Solange die Fernüberwachung nur dann erfolgte, wenn dies aus Sicherheitsgründen geboten sei, lasse sich hieraus ein Sachmangel grundsätzlich nicht herleiten. „Bei dem Konditionierungsbetrieb handelt es sich insoweit um eine reine Vorsichtsmaßnahme“, betont Senec.

„Wir haben eine ganze Reihe Fälle durch einen Vergleich mit dem Händler erledigt“, sagt von Buttlar. Für Mandanten, die auf einen fehlerfreien Speicher bestehen, habe man Senec mit Hinweis auf die Garantie angeschrieben. „Daraufhin ist das Modul getauscht worden.“ Erste Gerichtsentscheidungen erwartet er erst für das nächste Jahr. Denn in den strittigen Fällen laufe es auf ein Sachverständigen-Gutachten hinaus, erklärt er.

„Made in Germany“ mit Batteriezellen aus China

Der Anwalt sieht Gewährleistungsansprüche auch darin begründet, dass Senec ein Werbesprechen gebrochen habe: „In einem von uns geführten Verfahren geht aus Dokumenten von Senec hervor, dass ein Brand im März 2022 auf die Schädigung einer Batteriezelle von einem chinesischen Zulieferbetrieb aus Tianjin zurückzuführen sei“, sagt von Buttlar. In dem Verfahren geht es um einen PV-Speicher, den der Kunde im Oktober 2020 erworben hat, das technische Datenblatt, das er dazu erhalten habe, stamme aus dem Jahr 2019. Und darin stehe: Made in Germany.

Jochen Schanbacher erkennt Ungereimtheiten auch bei Speichern des Typs Home V2.1. Allein seit August dieses Jahres hätten sich „mehr als 1.800 Verbraucher aus ganz Deutschland“ in seiner Kanzlei in Stuttgart gemeldet, sagt der Jurist. In seinen Klageschriften weist er auf eine Änderung im technischen Datenblatt im Jahr 2021 hin: Im Datenblatt vom 11. Februar 2020 nenne Senec als Batterietechnologie „Samsung NCA-Zellen“.

Im Datenblatt vom 30. Juli 2021 tauche der Name Samsung nicht mehr auf, ein Hinweis auf den Zellenlieferanten findet sich nicht. Beide Datenblätter enthalten den Hinweis „Batterie- und Speicher-Technologie Made in Germany“. Das ist inzwischen nicht mehr der Fall. In den neuen technischen Datenblättern für den V3 und V2.1 – jeweils datiert auf den 12. Juni 2023 – ist von „Batterie- und Speichertechnologie Engineered in Germany“ die Rede.

Schanbacher hat den Verdacht, dass Senec seinen Modul-Zulieferer in Deutschland angewiesen haben könnte, statt der Batteriezellen von Samsung „No-Name-Produkte chinesischer Produktion“ zu verbauen, um so beim „teuersten und sicherheitskritischsten Bestandteil des Batteriespeichers“ zu sparen. Ein Lieferantenwechsel würde für sich noch keinen Mangel darstellen, betont der Anwalt. Allerdings sollte dadurch nicht die Qualität und Sicherheit eines Produkts leiden. Er hält es für möglich, dass die Drosselungen der Speicher mit Problemen der Batteriezellen zusammenhängen.

Der Rechtsanwalt schreibt in seinen Klageschriften, dass von Kapazitätsbeschränkung in diesem Jahr vor allem Batteriespeicher mit Zellmodulen einer bestimmten Artikelnummer betroffen seien – „erkennbar am blauen Etikett“. Zellmodule des gleichen Typs, aber einer anderen Baureihe mit silbernem Etikett, befänden sich dagegen im ordnungsgemäßen Regelbetrieb.

Fehler in der Widerrufsbelehrung

Senec stellt in einigen Fällen technische Gründe für einen Modultausch fest: „Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass bei dem Speicher Ihres Mandanten ein Modultausch erforderlich ist“, heißt es in einer E-Mail der Senec-Rechtsabteilung vom 1. August dieses Jahres an Schanbacher. Nicht nur seine Module hat der Batteriehersteller im Auge. „Seit Juli werden auch vermehrt die integrierten Wechselrichter der Speicher der Baureihe V3 hybrid duo getauscht“, berichtet Schanbacher.

Das Leipziger Unternehmen weist darauf hin, dass es sich bei den Modultauschen um Ausnahmefälle handle. Bei Speichern, „die in sehr wenigen Ausnahmefällen Auffälligkeiten gezeigt hatten, wurden die Batteriemodule kostenlos ausgetauscht – und zwar gleichgültig, ob sich der Verdacht eines Defektes bei physischer Untersuchung der Module bestätigte, oder nicht“.

Im Oktober hat der Rechtsanwalt für einen Mandanten vor dem Landgericht Münster ein erstes „Anerkenntnisurteil“ erwirkt – ein Urteil, bei dem die Beklagte die eingeklagten Ansprüche eingesteht. Das Gericht verurteilte den Senec-Händler, den Speicher zurückzunehmen und den Kaufpreis in Höhe von 15.517,60 Euro zu erstatten (Az.: 212 O 68/23). Auschlaggebend für das Urteil waren Fehler in der Widerrufsbelehrung des Kaufvertrages. Über technische Mängel des Senec-Speichers musste in diesem gerichtlichen Verfahren damit gar nicht mehr entschieden werden, so Schanbacher.

Montag, 13.11.2023, 17:01 Uhr
Manfred Fischer

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