E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Gas - Russisches Gas muss im Boden bleiben
Quelle: Shutterstock / Wojciech Wrzesien
Gas

Russisches Gas muss im Boden bleiben

Russland hat im ersten Quartal weniger Erdgas gefördert. Dies ist bekannt geworden, obwohl die dortige Regierung öffentliche Statistiken über Upstream-Öl und -Gas verboten hat.
Ungeachtet eines Beschlusses der russischen Regierung, Statistiken zur Öl- und Gasförderung bis April 2024 auszusetzen, berichtet die dortige Wirtschaftszeitung Kommersant über rückläufige Gasfördermengen in Russland. Der Rückgang betrug im ersten Quartal demnach 10 Prozent. 

Das russische Statistikamt Rosstat hatte am 26. April in einem Überblick der Industrieproduktion im ersten Quartal 2023 Zahlen zur Gasförderung veröffentlicht, während Ölfördermengen fehlen. Am selben Tag verabschiedete die russische Regierung einen Beschluss zum Aussetzen von statistischen Angaben zur Öl- und Gasproduktion im Land, der zwei Tage später veröffentlicht wurde.

In den Monatsberichten zur sozial-ökonomischen Lage Russlands weist Rosstat den Umfang für die Ölförderung bis Februar aus. Dieser sank im Februar im Vergleich zum Vormonat Januar um 8,5 Prozent auf 42,1 Millionen Tonnen. Für März liegen - anders als bei der Förderung von Erdgas und der Produktion von verflüssigtem Gas (LNG) - keine Daten mehr vor.

Im Februar hatte der russische Vizepremier Alexander Nowak russischen Medien zufolge angekündigt, dass Russland die Ölförderung im März freiwillig um 500.000 Barrel pro Tag kürzen werde, was zur Wiederherstellung der Marktbeziehungen beitragen soll. Diese Kürzung wurde später bis Ende 2023 verlängert. Daran wolle sich Russland entgegen Spekulationen in Medienberichten konsequent halten, erklärte Nowak am 4. Mai. Nur bei hohen Preisen sinken die Rabatte. Ein Datenleck kann da teuer werden. 

Gasförderdaten weiter zugänglich 

Auf den Gassektor scheint das offizielle Datenverbot derzeit noch keine strikte Anwendung zu finden. Zugleich veröffentlicht Gazprom seit Anfang 2023 keine Zahlen mehr zu Gasexporten und -produktion in diesem Jahr. Nach Angaben des Kommersant förderte vor allem der russische Gaskonzern weniger Gas, während Novatek und Rosneft sogar Zuwächse verzeichneten. Im Schnitt sei die russische Gasförderung
 
im ersten Quartal 2023 um 10 Prozent auf 180 Milliarden Kubikmeter gefallen. Allein Gazprom habe einen Rückgang von 18 Prozent verzeichnet.

Rosstat gibt mit gut 175 Milliarden Kubikmetern in Summe ein niedrigeres Fördervolumen an. Dieses setzt sich aus den geförderten Mengen an Gas- und Ölfeldern zusammen. Der Förderrückgang am Ölfeld betrug lediglich 1,3 Prozent gegenüber der Förderung am Gasfeld mit 14,1 ​Prozent. Das gibt einen Hinweis darauf, dass der größte russische Ölkonzern Rosneft im Vergleich zu Gazprom in der Gasförderung einen besseren Schnitt macht.

Europa steht weiter auf der Agenda 

Im ersten Quartal lag die Gasförderung beim unabhängigen Produzenten Novatek laut Kommersant bei 20 Milliarden Kubikmetern und legte somit 1 Prozent zu. Rosneft habe die Gasproduktion in diesem Zeitraum sogar um über 70 Prozent auf 19,7 Milliarden Kubikmeter gesteigert. Als Grund dafür hätten Experten den Zuwachs an Förderkapazitäten bei Rosneft genannt.

Dazu stellte Sergej Kondratjew vom Institut für Energie und Finanzen fest, dass sich der Markt derzeit in einer ungewöhnlichen Situation befinde. Mit einem starken Rückgang der Pipeline-Exporte und einer schwachen Binnennachfrage wachse die Erdgas-Produktion unabhängiger Produzenten weiter.

Auf das ganze Jahr 2023 gesehen könne die Gasproduktion von Rosneft 85 Milliarden Kubikmeter überschreiten. Novatek werde die Produktion auf bis zu 84 Milliarden Kubikmeter leicht erhöhen.

Auch wenn Gazprom die Lieferungen nach China von Gasfeldern in Ostsibirien erhöht, sind diese Mengen nicht mit früheren Gasexporten nach Europa vergleichbar. Die Röhre "Kraft Sibiriens" kann im Jahr 38 Milliarden Kubikmeter Gas transportieren. Im vergangenen Jahr betrug der Export über diese Pipeline noch nicht einmal ganz die Hälfte.

Daher hat der Ausbau von LNG-Kapazitäten strategische Bedeutung erlangt, um den europäischen Markt nach dem Wegfall der Nordstream-Gasleitungen in der Ostsee weiter zu bedienen. Im letzten Jahr exportierte Russland nach Europa 16 Millionen Tonnen LNG. Das entspricht rund 23 Milliarden Kubikmetern regasifizierten Erdgases.

Zusammen mit den Gaslieferungen über die Ukraine und die Schwarzmeer-Leitung Turkish Stream sind in diesem Jahr, gemessen daran, für Europa rund 50 Milliarden Kubikmeter drin. Das entspricht etwa einem Drittel der Vorkriegs-Lieferungen aus dem Jahr 2021.

Donnerstag, 4.05.2023, 13:59 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne
Energie & Management > Gas - Russisches Gas muss im Boden bleiben
Quelle: Shutterstock / Wojciech Wrzesien
Gas
Russisches Gas muss im Boden bleiben
Russland hat im ersten Quartal weniger Erdgas gefördert. Dies ist bekannt geworden, obwohl die dortige Regierung öffentliche Statistiken über Upstream-Öl und -Gas verboten hat.
Ungeachtet eines Beschlusses der russischen Regierung, Statistiken zur Öl- und Gasförderung bis April 2024 auszusetzen, berichtet die dortige Wirtschaftszeitung Kommersant über rückläufige Gasfördermengen in Russland. Der Rückgang betrug im ersten Quartal demnach 10 Prozent. 

Das russische Statistikamt Rosstat hatte am 26. April in einem Überblick der Industrieproduktion im ersten Quartal 2023 Zahlen zur Gasförderung veröffentlicht, während Ölfördermengen fehlen. Am selben Tag verabschiedete die russische Regierung einen Beschluss zum Aussetzen von statistischen Angaben zur Öl- und Gasproduktion im Land, der zwei Tage später veröffentlicht wurde.

In den Monatsberichten zur sozial-ökonomischen Lage Russlands weist Rosstat den Umfang für die Ölförderung bis Februar aus. Dieser sank im Februar im Vergleich zum Vormonat Januar um 8,5 Prozent auf 42,1 Millionen Tonnen. Für März liegen - anders als bei der Förderung von Erdgas und der Produktion von verflüssigtem Gas (LNG) - keine Daten mehr vor.

Im Februar hatte der russische Vizepremier Alexander Nowak russischen Medien zufolge angekündigt, dass Russland die Ölförderung im März freiwillig um 500.000 Barrel pro Tag kürzen werde, was zur Wiederherstellung der Marktbeziehungen beitragen soll. Diese Kürzung wurde später bis Ende 2023 verlängert. Daran wolle sich Russland entgegen Spekulationen in Medienberichten konsequent halten, erklärte Nowak am 4. Mai. Nur bei hohen Preisen sinken die Rabatte. Ein Datenleck kann da teuer werden. 

Gasförderdaten weiter zugänglich 

Auf den Gassektor scheint das offizielle Datenverbot derzeit noch keine strikte Anwendung zu finden. Zugleich veröffentlicht Gazprom seit Anfang 2023 keine Zahlen mehr zu Gasexporten und -produktion in diesem Jahr. Nach Angaben des Kommersant förderte vor allem der russische Gaskonzern weniger Gas, während Novatek und Rosneft sogar Zuwächse verzeichneten. Im Schnitt sei die russische Gasförderung
 
im ersten Quartal 2023 um 10 Prozent auf 180 Milliarden Kubikmeter gefallen. Allein Gazprom habe einen Rückgang von 18 Prozent verzeichnet.

Rosstat gibt mit gut 175 Milliarden Kubikmetern in Summe ein niedrigeres Fördervolumen an. Dieses setzt sich aus den geförderten Mengen an Gas- und Ölfeldern zusammen. Der Förderrückgang am Ölfeld betrug lediglich 1,3 Prozent gegenüber der Förderung am Gasfeld mit 14,1 ​Prozent. Das gibt einen Hinweis darauf, dass der größte russische Ölkonzern Rosneft im Vergleich zu Gazprom in der Gasförderung einen besseren Schnitt macht.

Europa steht weiter auf der Agenda 

Im ersten Quartal lag die Gasförderung beim unabhängigen Produzenten Novatek laut Kommersant bei 20 Milliarden Kubikmetern und legte somit 1 Prozent zu. Rosneft habe die Gasproduktion in diesem Zeitraum sogar um über 70 Prozent auf 19,7 Milliarden Kubikmeter gesteigert. Als Grund dafür hätten Experten den Zuwachs an Förderkapazitäten bei Rosneft genannt.

Dazu stellte Sergej Kondratjew vom Institut für Energie und Finanzen fest, dass sich der Markt derzeit in einer ungewöhnlichen Situation befinde. Mit einem starken Rückgang der Pipeline-Exporte und einer schwachen Binnennachfrage wachse die Erdgas-Produktion unabhängiger Produzenten weiter.

Auf das ganze Jahr 2023 gesehen könne die Gasproduktion von Rosneft 85 Milliarden Kubikmeter überschreiten. Novatek werde die Produktion auf bis zu 84 Milliarden Kubikmeter leicht erhöhen.

Auch wenn Gazprom die Lieferungen nach China von Gasfeldern in Ostsibirien erhöht, sind diese Mengen nicht mit früheren Gasexporten nach Europa vergleichbar. Die Röhre "Kraft Sibiriens" kann im Jahr 38 Milliarden Kubikmeter Gas transportieren. Im vergangenen Jahr betrug der Export über diese Pipeline noch nicht einmal ganz die Hälfte.

Daher hat der Ausbau von LNG-Kapazitäten strategische Bedeutung erlangt, um den europäischen Markt nach dem Wegfall der Nordstream-Gasleitungen in der Ostsee weiter zu bedienen. Im letzten Jahr exportierte Russland nach Europa 16 Millionen Tonnen LNG. Das entspricht rund 23 Milliarden Kubikmetern regasifizierten Erdgases.

Zusammen mit den Gaslieferungen über die Ukraine und die Schwarzmeer-Leitung Turkish Stream sind in diesem Jahr, gemessen daran, für Europa rund 50 Milliarden Kubikmeter drin. Das entspricht etwa einem Drittel der Vorkriegs-Lieferungen aus dem Jahr 2021.

Donnerstag, 4.05.2023, 13:59 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.