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Energie & Management > Politik - Reform des Klimaschutzgesetzes umstritten
Quelle: Deutscher Bundestag / Achim Melde
Politik

Reform des Klimaschutzgesetzes umstritten

Eine Reform des Klimaschutzgesetzes steht in erster Lesung im Bundestag an. Umweltverbände kritisieren sie als Verwässerung des ursprünglichen Gesetzes.
Die Ampel-Koalition hat eine Reform des Klimaschutzgesetzes von 2019 vorgelegt. Es wurde am 22. September in erster Lesung im Bundestag beraten. Danach geht es in die parlamentarischen Beratungen. Nach erfolgreichen Klagen von Umweltverbänden und jungen Bundesbürgern vor dem Bundesverfassungsgericht wurden 2021 erstmals verbindliche Klimaschutzziele für Deutschland geregelt. Im Gesetz sind seitdem für einzelne Sektoren wie Industrie, Energiewirtschaft, Verkehr und Gebäude bis 2030 zulässige Jahresemissionsmengen an Treibhausgasen festgelegt.

Wenn Sektoren Vorgaben verfehlen, müssen die zuständigen Ressorts der Bundesregierung in Form von Sofortprogrammen nachsteuern − um die Einhaltung der Emissionsmengen sicherzustellen. Im vergangenen Jahr überschritten die Sektoren Gebäude und Verkehr die gesetzlichen Zielwerte. Eine rasche Besserung ist nicht in Sicht, da zum Beispiel Gebäudesanierung und Ablösung fossiler Brennstoffe in Heizungen Jahre benötigen.

Daher legte die Regierung nun ein generelles Klimaschutzprogramm vor, mit dem die Einsparlücke von CO2 kleiner werden soll. Die Gesetzesreform streicht die sektorengenaue Abrechnung, sodass beispielsweise auch mehr erneuerbarer Strom statt Kohleverbrennung zur Erfüllung beitragen kann.

Klimaschutzziele bleiben

Bis 2030 will Deutschland 65 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990. Zurzeit beträgt die Minderung laut Umweltbundesamt (UBA) rund 41 Prozent. Die Jahresziele 2021 und 2022 wurden durch den Wirtschaftseinbruch durch Corona und den russischen Überfall auf die Ukraine knapp erreicht. Bis 2045 aber will Deutschland laut selbst gestecktem Ziel klimaneutral sein, also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als auch wieder gebunden werden können. Dies erscheint aktuell eine große Herausforderung.

Mit der Reform des Klimaschutzgesetzes der Bundesregierung soll die Einhaltung der Ziele nur noch in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend kontrolliert werden. Die Bundesregierung als Ganzes soll künftig entscheiden, in welchem Sektor und mit welchen Maßnahmen die zulässige CO2-Gesamtmenge bis 2030 erreicht werden soll – allerdings erst, wenn es zwei Jahre in Folge zu einer Zielverfehlung kommt.

Die Ressorts, in deren Zuständigkeit Klimaziele verfehlt werden, hätten weiter eine „politische Verantwortung“, sagte Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) im Juni bei der Vorlage der Pläne. Das bisherige Gesetz sehe auf dem Papier gut aus, habe in der Realität aber zu wenig bewirkt, sagte Habeck.

Vor allem die FDP drängte bereits während der Koalitionsverhandlungen 2021 auf eine Reform des Klimaschutzgesetzes. Die Grünen setzten im Gegenzug durch, dass der Kohleausstieg um acht Jahre auf 2030 vorgezogen werden soll. Die FDP stellt mit Volker Wissing den Verkehrsminister, der sich einem generellen Tempolimit verweigert, das viele Emissionen einsparen würde.

Massive Kritik der Klimaschutzverbände und vom BDI

Die Bewegung Fridays for Future kritisierte, das Klimaschutzgesetz solle durch die de facto Abschaffung der Sektorziele um sein Herzstück beraubt werden. Greenpeace-Sprecher Thilo Maack sagte: „Deutschland hängt beim Klimaschutz nachweislich hinterher und dieses Klimaschutzgesetz will das Tempo weiter drosseln − das darf nicht passieren.“ Die Politische Geschäftsleiterin der Klima-Allianz Deutschland, Stefanie Langkamp, sagte, das Klimaschutzgesetz müsse gestärkt und nicht geschwächt werden.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirft der Bundesregierung vor, mit der geplanten Reform gegen den historischen Klima-Beschluss des Verfassungsgerichts von 2019 und die Grundrechte aller künftigen Generationen zu verstoßen. „Schon jetzt ist das Klimaschutzgesetz nicht annähernd 1,5 Grad-kompatibel“, mahnte die DUH mit Bezug auf das Ziel der Pariser Weltklimakonferenz zur Begrenzung der globalen Erwärmung. Es müsse daher verschärft und nicht abgeschwächt werden.

Kritik kam auch vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Dieser sieht die Klimaschutzziele als zu ehrgeizig an. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer
Holger Lösch sagte: „Die hohen Energiekosten seien eine enorme Belastung für die
Industrie.“ Die Bundesregierung müsse schnell abgestimmte Antworten finden, um die drohenden Verlagerungen von Investitionen und Produktion ins Ausland zu verhindern.

Freitag, 22.09.2023, 11:23 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Politik - Reform des Klimaschutzgesetzes umstritten
Quelle: Deutscher Bundestag / Achim Melde
Politik
Reform des Klimaschutzgesetzes umstritten
Eine Reform des Klimaschutzgesetzes steht in erster Lesung im Bundestag an. Umweltverbände kritisieren sie als Verwässerung des ursprünglichen Gesetzes.
Die Ampel-Koalition hat eine Reform des Klimaschutzgesetzes von 2019 vorgelegt. Es wurde am 22. September in erster Lesung im Bundestag beraten. Danach geht es in die parlamentarischen Beratungen. Nach erfolgreichen Klagen von Umweltverbänden und jungen Bundesbürgern vor dem Bundesverfassungsgericht wurden 2021 erstmals verbindliche Klimaschutzziele für Deutschland geregelt. Im Gesetz sind seitdem für einzelne Sektoren wie Industrie, Energiewirtschaft, Verkehr und Gebäude bis 2030 zulässige Jahresemissionsmengen an Treibhausgasen festgelegt.

Wenn Sektoren Vorgaben verfehlen, müssen die zuständigen Ressorts der Bundesregierung in Form von Sofortprogrammen nachsteuern − um die Einhaltung der Emissionsmengen sicherzustellen. Im vergangenen Jahr überschritten die Sektoren Gebäude und Verkehr die gesetzlichen Zielwerte. Eine rasche Besserung ist nicht in Sicht, da zum Beispiel Gebäudesanierung und Ablösung fossiler Brennstoffe in Heizungen Jahre benötigen.

Daher legte die Regierung nun ein generelles Klimaschutzprogramm vor, mit dem die Einsparlücke von CO2 kleiner werden soll. Die Gesetzesreform streicht die sektorengenaue Abrechnung, sodass beispielsweise auch mehr erneuerbarer Strom statt Kohleverbrennung zur Erfüllung beitragen kann.

Klimaschutzziele bleiben

Bis 2030 will Deutschland 65 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990. Zurzeit beträgt die Minderung laut Umweltbundesamt (UBA) rund 41 Prozent. Die Jahresziele 2021 und 2022 wurden durch den Wirtschaftseinbruch durch Corona und den russischen Überfall auf die Ukraine knapp erreicht. Bis 2045 aber will Deutschland laut selbst gestecktem Ziel klimaneutral sein, also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als auch wieder gebunden werden können. Dies erscheint aktuell eine große Herausforderung.

Mit der Reform des Klimaschutzgesetzes der Bundesregierung soll die Einhaltung der Ziele nur noch in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend kontrolliert werden. Die Bundesregierung als Ganzes soll künftig entscheiden, in welchem Sektor und mit welchen Maßnahmen die zulässige CO2-Gesamtmenge bis 2030 erreicht werden soll – allerdings erst, wenn es zwei Jahre in Folge zu einer Zielverfehlung kommt.

Die Ressorts, in deren Zuständigkeit Klimaziele verfehlt werden, hätten weiter eine „politische Verantwortung“, sagte Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) im Juni bei der Vorlage der Pläne. Das bisherige Gesetz sehe auf dem Papier gut aus, habe in der Realität aber zu wenig bewirkt, sagte Habeck.

Vor allem die FDP drängte bereits während der Koalitionsverhandlungen 2021 auf eine Reform des Klimaschutzgesetzes. Die Grünen setzten im Gegenzug durch, dass der Kohleausstieg um acht Jahre auf 2030 vorgezogen werden soll. Die FDP stellt mit Volker Wissing den Verkehrsminister, der sich einem generellen Tempolimit verweigert, das viele Emissionen einsparen würde.

Massive Kritik der Klimaschutzverbände und vom BDI

Die Bewegung Fridays for Future kritisierte, das Klimaschutzgesetz solle durch die de facto Abschaffung der Sektorziele um sein Herzstück beraubt werden. Greenpeace-Sprecher Thilo Maack sagte: „Deutschland hängt beim Klimaschutz nachweislich hinterher und dieses Klimaschutzgesetz will das Tempo weiter drosseln − das darf nicht passieren.“ Die Politische Geschäftsleiterin der Klima-Allianz Deutschland, Stefanie Langkamp, sagte, das Klimaschutzgesetz müsse gestärkt und nicht geschwächt werden.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirft der Bundesregierung vor, mit der geplanten Reform gegen den historischen Klima-Beschluss des Verfassungsgerichts von 2019 und die Grundrechte aller künftigen Generationen zu verstoßen. „Schon jetzt ist das Klimaschutzgesetz nicht annähernd 1,5 Grad-kompatibel“, mahnte die DUH mit Bezug auf das Ziel der Pariser Weltklimakonferenz zur Begrenzung der globalen Erwärmung. Es müsse daher verschärft und nicht abgeschwächt werden.

Kritik kam auch vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Dieser sieht die Klimaschutzziele als zu ehrgeizig an. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer
Holger Lösch sagte: „Die hohen Energiekosten seien eine enorme Belastung für die
Industrie.“ Die Bundesregierung müsse schnell abgestimmte Antworten finden, um die drohenden Verlagerungen von Investitionen und Produktion ins Ausland zu verhindern.

Freitag, 22.09.2023, 11:23 Uhr
Susanne Harmsen

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