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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - RechtEck: Die vielen Wege zum Glasfaserausbau
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

RechtEck: Die vielen Wege zum Glasfaserausbau

Überbau, Mitverlegung, Kooperation oder Fördermittel: Viele Wege führen zum flächendeckenden Glasfaserausbau − oder nicht? Eine Wegbeschreibung von
Axel Kafka und Julien Wilmes-Horvath*.
In den vergangenen Wochen haben sich die Meldungen überhäuft: Von kommunalen Netzbetreibern eigenwirtschaftlich errichtete Glasfasernetze wurden überbaut. Adressen wurden doppelt gefördert und nachträglich aberkannt. Gleichzeitig wurden andernorts Ausbaukooperationen verkündet. Zum 1. April wird die neue Förderrichtlinie des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) erwartet.

Und auch aus Brüssel gibt es Neuigkeiten: Die Kommission hat einen Entwurf des Gigabit Infrastructure Act veröffentlicht. Zudem schwebt die Idee eines Fair Share durch die europäischen Schlagzeilen − eine Infrastrukturabgabe, die von den Big-Tech-Unternehmen wie Netflix oder Google an die ausbauenden Unternehmen zum Zwecke der Mitfinanzierung des flächendeckenden Netzes entrichtet werden soll. Auf den Fiberdays, einem der größten Branchenkongresse, gab es also jüngst einiges an Gesprächsstoff. Dabei dürften die meisten kommunalen Telekommunikationsnetzbetreiber noch mit anderen Themen beschäftigt sein (zum Beispiel Preissteigerungen, Prozessumstellungen, ganz zu schweigen von Strompreisbremse & Co. im Stadtwerkeumfeld).

Im Hinblick auf die öffentlichkeitswirksamen Überbaufälle wurden zuletzt Forderungen nach einer Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) laut. Ob eine solche Beschränkung des Infrastrukturwettbewerbs tatsächlich hilft, ist fraglich.

Auf den Fiberdays haben sich die überregionalen Telekommunikationsunternehmen geschlossen dagegen ausgesprochen. Bislang halten Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt auch weiterhin am Schutz des Infrastrukturwettbewerbs fest. In der Praxis wird man das mit gemischten Gefühlen aufnehmen, erst recht, wenn der Überbau nicht nur auf der Netzebene 3, sondern auch in Mehrfamilienhäusern auf der Netzebene 4 stattfindet. Es spricht aber einiges dafür, dass wir auch in naher Zukunft kein gesetzliches Überbauverbot (abseits des geförderten Ausbaus) sehen werden. Denn am Markt finden und suchen sich aktuell immer mehr Kooperationspartner, sei es beim reinen Glasfaserausbau oder beim Bitstream Access.

Die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim etwa haben gezeigt, dass es sogar im Rahmen eines Zwei-Betreiber-Modells funktioniert, bei dem sowohl die Stadtwerke als auch die Telekom nebst Wholesale-Partner ihre Dienste auf demselben Netz anbieten können. Wichtig ist, dass etwa kommunale Netzbetreiber ihre eigenen Interessen auch in Kooperationsprojekten schützen. Gerade in den heutigen Zeiten kann eine Preisgleitklausel bei langfristigen Verträgen im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert sein.

Je nach Kooperationsform sollte auch ein Überbauverzicht oder ein Verzicht auf Ausübung von Mitnutzungsansprüchen nach dem Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) mitgedacht werden, soweit kartellrechtlich möglich.

Bitstrom-Preise von teils 25 Euro (aus dem Markt bekannt) können vielerorts für funkelnde Augen sorgen, es sollte aber je nach eigenem Geschäftsmodell darauf geachtet werden, dass es nicht zu Kannibalisierungseffekten durch die Kooperation kommt. Ausbauende Unternehmen sollten also ihre eigene Marktposition beziehungsweise -macht kennen und sorgfältig abwägen, ob sich eine Öffnung des Netzes schon jetzt lohnt.

Anders sieht es beim geförderten Ausbau aus, wo eine Netzöffnung regelmäßig umfassend (BSA, Dark Fiber, Leerrohr) verpflichtend vorgeschrieben ist. Hier hat die Bundesnetzagentur zum Ende des vergangenen Jahres eine erste Regulierungsentscheidung getroffen. Auch die neue, für den 1. April angekündigte Förderrichtlinie des BMDV im Graue-Flecken-Programm wird daran nichts ändern. Es ist aber bereits klar, dass die Anforderungen, einen erfolgreichen Förderbescheid zu erhalten, künftig steigen werden.

Blickt man auf Europa, so zeichnen sich auch dort weitere Impulse ab, den Glasfaserausbau voranzutreiben. Die Kommission hat jüngst den Entwurf des Gigabit Infrastructure Act vorgestellt, der unmittelbar in allen Mitgliedstaaten Wirkung entfaltet und die Regelungen der Kostensenkungsrichtlinie noch einmal enger und verbindlicher fasst. Mitnutzung von passiven Infrastrukturen und Mitverlegung sollen also weiterhin das Ziel des Vollausbaus unterstützen.

Gleichzeitig wird über eine Infrastrukturabgabe für große Digitalunternehmen diskutiert. Eine solche kann zwar sinnvoll sein, sind diese Unternehmen doch größter Nutznießer des Ausbaus, allerdings ist die Abgabe kein Allheilmittel. Sie wird voraussichtlich kaum wesentliche Auswirkungen auf Ausbauentscheidungen oder Business Cases haben. Statt also große Digitalunternehmen für ihre Anreize, dass Kunden von Kupfer auf Glas wechseln, zu bestrafen, sollte sich die EU besser eine andere Lösung ausdenken.

Am Ende des Tages gibt es kein „Schema F“ für erfolgreiche Ausbauprojekte. Hilft alles nichts und bleibt auch die Wirtschaftlichkeit hinter den Erwartungen zurück, bleibt als Ultima Ratio nur die Veräußerung des Netzes.

* Axel Kafka, Julien Wilmes-Horvath, Rechtsanwälte, Becker Büttner Held (BBH), Berlin und Köln

Freitag, 28.04.2023, 09:12 Uhr
Redaktion
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Überbau, Mitverlegung, Kooperation oder Fördermittel: Viele Wege führen zum flächendeckenden Glasfaserausbau − oder nicht? Eine Wegbeschreibung von
Axel Kafka und Julien Wilmes-Horvath*.
In den vergangenen Wochen haben sich die Meldungen überhäuft: Von kommunalen Netzbetreibern eigenwirtschaftlich errichtete Glasfasernetze wurden überbaut. Adressen wurden doppelt gefördert und nachträglich aberkannt. Gleichzeitig wurden andernorts Ausbaukooperationen verkündet. Zum 1. April wird die neue Förderrichtlinie des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) erwartet.

Und auch aus Brüssel gibt es Neuigkeiten: Die Kommission hat einen Entwurf des Gigabit Infrastructure Act veröffentlicht. Zudem schwebt die Idee eines Fair Share durch die europäischen Schlagzeilen − eine Infrastrukturabgabe, die von den Big-Tech-Unternehmen wie Netflix oder Google an die ausbauenden Unternehmen zum Zwecke der Mitfinanzierung des flächendeckenden Netzes entrichtet werden soll. Auf den Fiberdays, einem der größten Branchenkongresse, gab es also jüngst einiges an Gesprächsstoff. Dabei dürften die meisten kommunalen Telekommunikationsnetzbetreiber noch mit anderen Themen beschäftigt sein (zum Beispiel Preissteigerungen, Prozessumstellungen, ganz zu schweigen von Strompreisbremse & Co. im Stadtwerkeumfeld).

Im Hinblick auf die öffentlichkeitswirksamen Überbaufälle wurden zuletzt Forderungen nach einer Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) laut. Ob eine solche Beschränkung des Infrastrukturwettbewerbs tatsächlich hilft, ist fraglich.

Auf den Fiberdays haben sich die überregionalen Telekommunikationsunternehmen geschlossen dagegen ausgesprochen. Bislang halten Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt auch weiterhin am Schutz des Infrastrukturwettbewerbs fest. In der Praxis wird man das mit gemischten Gefühlen aufnehmen, erst recht, wenn der Überbau nicht nur auf der Netzebene 3, sondern auch in Mehrfamilienhäusern auf der Netzebene 4 stattfindet. Es spricht aber einiges dafür, dass wir auch in naher Zukunft kein gesetzliches Überbauverbot (abseits des geförderten Ausbaus) sehen werden. Denn am Markt finden und suchen sich aktuell immer mehr Kooperationspartner, sei es beim reinen Glasfaserausbau oder beim Bitstream Access.

Die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim etwa haben gezeigt, dass es sogar im Rahmen eines Zwei-Betreiber-Modells funktioniert, bei dem sowohl die Stadtwerke als auch die Telekom nebst Wholesale-Partner ihre Dienste auf demselben Netz anbieten können. Wichtig ist, dass etwa kommunale Netzbetreiber ihre eigenen Interessen auch in Kooperationsprojekten schützen. Gerade in den heutigen Zeiten kann eine Preisgleitklausel bei langfristigen Verträgen im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert sein.

Je nach Kooperationsform sollte auch ein Überbauverzicht oder ein Verzicht auf Ausübung von Mitnutzungsansprüchen nach dem Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) mitgedacht werden, soweit kartellrechtlich möglich.

Bitstrom-Preise von teils 25 Euro (aus dem Markt bekannt) können vielerorts für funkelnde Augen sorgen, es sollte aber je nach eigenem Geschäftsmodell darauf geachtet werden, dass es nicht zu Kannibalisierungseffekten durch die Kooperation kommt. Ausbauende Unternehmen sollten also ihre eigene Marktposition beziehungsweise -macht kennen und sorgfältig abwägen, ob sich eine Öffnung des Netzes schon jetzt lohnt.

Anders sieht es beim geförderten Ausbau aus, wo eine Netzöffnung regelmäßig umfassend (BSA, Dark Fiber, Leerrohr) verpflichtend vorgeschrieben ist. Hier hat die Bundesnetzagentur zum Ende des vergangenen Jahres eine erste Regulierungsentscheidung getroffen. Auch die neue, für den 1. April angekündigte Förderrichtlinie des BMDV im Graue-Flecken-Programm wird daran nichts ändern. Es ist aber bereits klar, dass die Anforderungen, einen erfolgreichen Förderbescheid zu erhalten, künftig steigen werden.

Blickt man auf Europa, so zeichnen sich auch dort weitere Impulse ab, den Glasfaserausbau voranzutreiben. Die Kommission hat jüngst den Entwurf des Gigabit Infrastructure Act vorgestellt, der unmittelbar in allen Mitgliedstaaten Wirkung entfaltet und die Regelungen der Kostensenkungsrichtlinie noch einmal enger und verbindlicher fasst. Mitnutzung von passiven Infrastrukturen und Mitverlegung sollen also weiterhin das Ziel des Vollausbaus unterstützen.

Gleichzeitig wird über eine Infrastrukturabgabe für große Digitalunternehmen diskutiert. Eine solche kann zwar sinnvoll sein, sind diese Unternehmen doch größter Nutznießer des Ausbaus, allerdings ist die Abgabe kein Allheilmittel. Sie wird voraussichtlich kaum wesentliche Auswirkungen auf Ausbauentscheidungen oder Business Cases haben. Statt also große Digitalunternehmen für ihre Anreize, dass Kunden von Kupfer auf Glas wechseln, zu bestrafen, sollte sich die EU besser eine andere Lösung ausdenken.

Am Ende des Tages gibt es kein „Schema F“ für erfolgreiche Ausbauprojekte. Hilft alles nichts und bleibt auch die Wirtschaftlichkeit hinter den Erwartungen zurück, bleibt als Ultima Ratio nur die Veräußerung des Netzes.

* Axel Kafka, Julien Wilmes-Horvath, Rechtsanwälte, Becker Büttner Held (BBH), Berlin und Köln

Freitag, 28.04.2023, 09:12 Uhr
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