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Energie & Management > Wasserstoff - Österreichs Gaswirtschaft fordert raschen Netzausbau
Quelle: Shutterstock / r.classen
Wasserstoff

Österreichs Gaswirtschaft fordert raschen Netzausbau

Notwendig sind eine staatliche Anschubfinanzierung sowie anfängliche staatlich beauftragte Kapazitätsbuchungen auf den Leitungen, hieß es beim „Zunkunftsforum Grünes Gas“ in Wien.
Ihre Forderung nach dem zügigen Auf- und Ausbau eines österreichischen „Startnetzes“ für den Wasserstofftransport wiederholten Vertreter der Gaswirtschaft beim „Zukunftsforum Grünes Gas“ am 22. Mai in Wien. Der Vizepräsident der primär für technische Fragen verantwortlichen Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVWG), Stefan Wagenhofer, warnte, das Startnetz werde „nicht von selber“ entstehen. Die Politik müsse eine Anschubfinanzierung bereitstellen. Außerdem müsse sie eine Institution benennen, die anfänglich Kapazität im künftigen Wasserstoffnetz bucht, da nicht mit ausreichender Nachfrage von den Marktteilnehmern zu rechnen sei.

Laut Wagenhofer ist Eile geboten. Kroatien beispielsweise fördere den Ausbau des LNG-Terminals auf der Adria-Insel Krk sowie die Anpassung seiner Gasleitungen an den Wasserstofftransport mit rund 900 Millionen Euro: „Warum macht Österreich nicht etwas Vergleichbares?“ Wenn es Österreich früher als anderen Ländern in der Region gelinge, seine Wasserstoff-Infrastruktur aufzubauen, „wird der Transit über unser Land laufen, wenn nicht, läuft er an uns vorbei.“

Gaspaket rasch umsetzen

Ähnlich argumentierte Bernhard Painz, der Vorstand der für den übergeordneten Ausbau der österreichischen Gasnetze sowie für deren Steuerung zuständigen Austrian Gas Grid Management AG (AGGM). Er verwies auf das kürzlich finalisierte „Gaspaket“ der EU. Deutschland habe bei dessen Umsetzung bereits vorgearbeitet: „Österreich hat sich das leider nicht getraut.“ Aus diesem Grund stocke die Realisierung von Pilotprojekten wie dem H2-Collector Ost.

Dabei handelt es sich um eine rund 60 Kilometer lange Wasserstoffleitung zwischen einem leistungsstarken Windpark im Nordburgenland, in dem bis 2030 Elektrolyseure mit insgesamt rund 300 MW errichtet werden sollen, und dem Großraum Wien. Über den H2-Collector könnte die Raffinerie Schwechat des Öl-, Gas- und Chemiekonzerns OMV ebenso beliefert werden wie das Gaskraftwerk Simmering der Wien Energie. Painz erläuterte, der H2-Collector sei von der Regulierungsbehörde E-Control als „Planungsprojekt“ genehmigt worden. Die Finanzierung des Baus habe die Behörde aber mangels Rechtsgrundlage nicht gewährleisten können: „Daher dürfen wir das Vorhaben vorerst nicht vorantreiben.“

Laut Painz hätte Österreich die Chance, zu einer „Wasserstoffdrehscheibe“ in Zentraleuropa zu werden, „ähnlich, wie wir ja eine Erdgasdrehscheibe waren.“ Aber dafür müssten mit der Umsetzung des Gaspakets rasch die rechtlichen sowie regulatorischen Bedingungen geschaffen werden. Laut den Plänen der AGGM würde das österreichische Startnetz für Wasserstoff Leitungen mit insgesamt 1.700 Kilometern Länge umfassen. Davon entfielen 300 Kilometer auf Neubauten und 1.400 Kilometer auf Umwidmungen. Zu investieren wären rund zwei Milliarden Euro.

Deutschland „nicht sehr viel schneller“

Die Leiterin der Abteilung Gas der E-Control, Carola Millgramm, konterte, Deutschland sei mit der Planung seines „Kernnetzes“ für Wasserstoff zwar weiter als Österreich: „Das heißt aber nicht, dass dieses Netz rascher gebaut wird als das österreichische Startnetz. Mit den Plänen sind wir ja auch schon ziemlich weit. Und ich glaube nicht, die Deutschen werden mit der Umsetzung sehr viel schneller sein als wir.“

Die Leiterin der Abteilung „Strategische Energiepolitik“ im Energieministerium (BMK), Judith Neyer, betonte, Österreich sei bei der vorzeitigen Umsetzung des EU-Gaspakets „bewusst nicht voraus geprescht. Wir sind aber extrem früh dran und werden sie bald auf den Weg bringen.“ Was den H2-Collector Ost betreffe, bemühe sich das BMK um eine Zwischenlösung: „Dafür brauchen wir aber eine politische Mehrheit.“ Und diese zu erreichen, sei gerade in Vorwahlzeiten nicht einfach. Wie berichtet, wird spätestens Ende September das österreichische Bundesparlament neu gewählt.

Überdies engagiere sich Österreich bei der Schaffung von Infrastrukturen zum Import von Wasserstoff in die EU, ergänzte Neyer. Das BMK habe eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit den zuständigen Ministerien Deutschlands und Italiens initiiert. Sie diene der Realisierung des „Südkorridors“ zur Einfuhr von Wasserstoff aus Nordafrika nach Zentraleuropa.

Unterdessen arbeitet die Regierung aus den Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und den Grünen intensiv daran, den Beschluss des „Erneuerbares-Gas-Gesetzes“ (EGG) zur Förderung der Produktion grüner Gase noch vor dem Sommer zustande zu bringen, versicherte ÖVP-Energiesprecherin Tanja Graf. Verhandlungen mit den Sozialdemokraten seien im Gange. Ohne deren Zustimmung ist die notwendige Zweidrittelmehrheit nicht zu erreichen, weil die rechtsgerichteten Freiheitlichen das EEG ablehnen und die liberalen Neos nicht über eine ausreichende Zahl an Mandaten verfügen.

Donnerstag, 23.05.2024, 10:46 Uhr
Klaus Fischer
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Österreichs Gaswirtschaft fordert raschen Netzausbau
Notwendig sind eine staatliche Anschubfinanzierung sowie anfängliche staatlich beauftragte Kapazitätsbuchungen auf den Leitungen, hieß es beim „Zunkunftsforum Grünes Gas“ in Wien.
Ihre Forderung nach dem zügigen Auf- und Ausbau eines österreichischen „Startnetzes“ für den Wasserstofftransport wiederholten Vertreter der Gaswirtschaft beim „Zukunftsforum Grünes Gas“ am 22. Mai in Wien. Der Vizepräsident der primär für technische Fragen verantwortlichen Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVWG), Stefan Wagenhofer, warnte, das Startnetz werde „nicht von selber“ entstehen. Die Politik müsse eine Anschubfinanzierung bereitstellen. Außerdem müsse sie eine Institution benennen, die anfänglich Kapazität im künftigen Wasserstoffnetz bucht, da nicht mit ausreichender Nachfrage von den Marktteilnehmern zu rechnen sei.

Laut Wagenhofer ist Eile geboten. Kroatien beispielsweise fördere den Ausbau des LNG-Terminals auf der Adria-Insel Krk sowie die Anpassung seiner Gasleitungen an den Wasserstofftransport mit rund 900 Millionen Euro: „Warum macht Österreich nicht etwas Vergleichbares?“ Wenn es Österreich früher als anderen Ländern in der Region gelinge, seine Wasserstoff-Infrastruktur aufzubauen, „wird der Transit über unser Land laufen, wenn nicht, läuft er an uns vorbei.“

Gaspaket rasch umsetzen

Ähnlich argumentierte Bernhard Painz, der Vorstand der für den übergeordneten Ausbau der österreichischen Gasnetze sowie für deren Steuerung zuständigen Austrian Gas Grid Management AG (AGGM). Er verwies auf das kürzlich finalisierte „Gaspaket“ der EU. Deutschland habe bei dessen Umsetzung bereits vorgearbeitet: „Österreich hat sich das leider nicht getraut.“ Aus diesem Grund stocke die Realisierung von Pilotprojekten wie dem H2-Collector Ost.

Dabei handelt es sich um eine rund 60 Kilometer lange Wasserstoffleitung zwischen einem leistungsstarken Windpark im Nordburgenland, in dem bis 2030 Elektrolyseure mit insgesamt rund 300 MW errichtet werden sollen, und dem Großraum Wien. Über den H2-Collector könnte die Raffinerie Schwechat des Öl-, Gas- und Chemiekonzerns OMV ebenso beliefert werden wie das Gaskraftwerk Simmering der Wien Energie. Painz erläuterte, der H2-Collector sei von der Regulierungsbehörde E-Control als „Planungsprojekt“ genehmigt worden. Die Finanzierung des Baus habe die Behörde aber mangels Rechtsgrundlage nicht gewährleisten können: „Daher dürfen wir das Vorhaben vorerst nicht vorantreiben.“

Laut Painz hätte Österreich die Chance, zu einer „Wasserstoffdrehscheibe“ in Zentraleuropa zu werden, „ähnlich, wie wir ja eine Erdgasdrehscheibe waren.“ Aber dafür müssten mit der Umsetzung des Gaspakets rasch die rechtlichen sowie regulatorischen Bedingungen geschaffen werden. Laut den Plänen der AGGM würde das österreichische Startnetz für Wasserstoff Leitungen mit insgesamt 1.700 Kilometern Länge umfassen. Davon entfielen 300 Kilometer auf Neubauten und 1.400 Kilometer auf Umwidmungen. Zu investieren wären rund zwei Milliarden Euro.

Deutschland „nicht sehr viel schneller“

Die Leiterin der Abteilung Gas der E-Control, Carola Millgramm, konterte, Deutschland sei mit der Planung seines „Kernnetzes“ für Wasserstoff zwar weiter als Österreich: „Das heißt aber nicht, dass dieses Netz rascher gebaut wird als das österreichische Startnetz. Mit den Plänen sind wir ja auch schon ziemlich weit. Und ich glaube nicht, die Deutschen werden mit der Umsetzung sehr viel schneller sein als wir.“

Die Leiterin der Abteilung „Strategische Energiepolitik“ im Energieministerium (BMK), Judith Neyer, betonte, Österreich sei bei der vorzeitigen Umsetzung des EU-Gaspakets „bewusst nicht voraus geprescht. Wir sind aber extrem früh dran und werden sie bald auf den Weg bringen.“ Was den H2-Collector Ost betreffe, bemühe sich das BMK um eine Zwischenlösung: „Dafür brauchen wir aber eine politische Mehrheit.“ Und diese zu erreichen, sei gerade in Vorwahlzeiten nicht einfach. Wie berichtet, wird spätestens Ende September das österreichische Bundesparlament neu gewählt.

Überdies engagiere sich Österreich bei der Schaffung von Infrastrukturen zum Import von Wasserstoff in die EU, ergänzte Neyer. Das BMK habe eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit den zuständigen Ministerien Deutschlands und Italiens initiiert. Sie diene der Realisierung des „Südkorridors“ zur Einfuhr von Wasserstoff aus Nordafrika nach Zentraleuropa.

Unterdessen arbeitet die Regierung aus den Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und den Grünen intensiv daran, den Beschluss des „Erneuerbares-Gas-Gesetzes“ (EGG) zur Förderung der Produktion grüner Gase noch vor dem Sommer zustande zu bringen, versicherte ÖVP-Energiesprecherin Tanja Graf. Verhandlungen mit den Sozialdemokraten seien im Gange. Ohne deren Zustimmung ist die notwendige Zweidrittelmehrheit nicht zu erreichen, weil die rechtsgerichteten Freiheitlichen das EEG ablehnen und die liberalen Neos nicht über eine ausreichende Zahl an Mandaten verfügen.

Donnerstag, 23.05.2024, 10:46 Uhr
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