E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Elektrofahrzeuge - Nio will Systemdienstleistungen anbieten
Eine Batteriewechselstation von Nio. Quelle: Nio
Elektrofahrzeuge

Nio will Systemdienstleistungen anbieten

Der chinesische E-Auto-Hersteller Nio errichtet Batteriewechselstationen und will deren Speicherkapazität für Systemdienstleistungen nutzen.
Anfang Oktober dieses Jahres hat der chinesische E-Auto-Hersteller Nio die Auslieferung von 31.607 Neufahrzeugen im dritten Quartal 2022 gemeldet. Dies entspreche einem Anstieg von 29,3 Prozent gegenüber dem Betrachtungseitraum des Vorjahres. Für das gesamte bisherige Jahr stehen damit 82.424 verkaufte Neufahrzeuge zu Buche. Insgesamt hat das Unternehmen, das sich noch als Start-up bezeichnet, seit seiner Gründung 2014 knapp 250.000 Autos ausgeliefert.
Bisher umfasst die Modellpalette des chinesischen Herstellers in Deutschland drei Fahrzeuge. Im nächsten Quartal sollen weitere Modelle folgen.

Das besondere an Nio ist, dass der Hersteller zwar auch Wallboxen verkauft, aber seine Strategie weitgehend auf „Battery as a Service“ ausgerichtet hat. Das heißt, das Unternehmen baut Wechselstationen auf, an denen eine entladene Batterie gegen eine geladene getauscht wird. Entsprechend kann man ein Nio-Fahrzeug auch ohne Batterie kaufen oder leasen und dann die Batterie dazu mieten. Bei der diesjährigen VDE E-Mobility Conference in Frankfurt erläuterte Yong Wang, der für den Aufbau der Wechselstationen in Europa verantwortliche Produktmanager, die weiteren Pläne von Nio.

Bis 2025 will Nio in 25 Ländern vertreten sein. Weltweit soll es dann mehr als 4.000 Power Swap Stations geben, davon etwa 1.000 außerhalb Chinas. Es sei geplant, so Wang, in Europa in diesem Jahr noch die Zahl von 20 zu überschreiten. Das Ziel für 2023 sind 120 Stationen. Derzeit sind einer Mitteilung zufolge mehr als 1.100 dieser 65 Quadratmeter großen Anlagen in China in Betrieb. Über 13 Millionen Swaps seien dort bisher erfolgt.

Die erste Batterie-Wechselstation hierzulande wurde Ende September dieses Jahres in Betrieb genommen, kurz vor dem offiziellen Marktstart von Nio in Deutschland und weiteren fünf europäischen Ländern am 7. Oktober. Sie steht in Zusmarshausen in der Nähe von Augsburg an der Autobahn A8 und ist ein Gemeinschaftsprojekt des chinesischen Herstellers mit dem deutschen Ladeparkbetreiber Sortimo.
 
Speicherkapazität von etwa 1.000 kWh
 
Die erforderliche Anschlussleistung für den Betrieb einer Station bezifferte Wang mit „500 bis 1.250 kVa“. Damit seien innerhalb von 24 Stunden bei voller Auslastung etwa 300 Batteriewechsel möglich. Denn der einzelne Tauschvorgang werde im Idealfall, wenn der Betrieb einmal vollautomatisch läuft, in nicht einmal fünf Minuten vollzogen. Entsprechend könnten es zwölf bis 13 Wechsel pro Stunde sein. Entsprechend werden auch immer 13 Batterien an einer Station vorgehalten.

„Unser Ziel ist die Bidirektionalität“, erklärte Wang in Frankfurt. Angesicht einer Speicherkapazität von 13 mal 75 kWh – der Kapazität einer herkömmlichen Nio-Batterie – stehe eine Speicherkapazität von etwa 1.000 kWh zur Verfügung. Durch das Pooling von vielen Stationen könnte ein virtuelles Speicherkraftwerk im Gigawattstundenbereich entstehen. „Diese Kapazität wollen wir nutzen, um Systemdienstleistungen anzubieten oder sie zum Beispiel für das Peak Shaving einsetzen“, sagte Wang.

Ein Wechsel kommt nach den Vorstellungen der Nio-Verantwortlichen nicht nur aus Ladegründen in Frage. So könne man, wenn etwa Langstreckenfahrten am Wochenende anstünden, auch eine kleinere Batterie gegen ein Aggregat mit 100 kWh tauschen. Gleiches gelte natürlich bei einem Entwicklungssprung der Batterietechnologie.

Als „Automarke der nächsten Generation“ bezeichnen Nio-Gründer William Li und Ralph Kranz der Geschäftsführer der Nio Deutschland GmbH in einer Pressemitteilung das eigene Unternehmen, das in Norwegen seit 2021 aktiv ist. „Die Wertschätzung unserer User dort hat uns weiter darin bestärkt, unsere branchenführende Technologie mit mehr Menschen in Europa zu teilen – angefangen mit Deutschland“, so die beiden Manager.

Ob sich Battery as a Service weltweit als Alternative ist noch fraglich. Schon 2007 war das Start-up Better Place aus dem kalifornischen Palo Alto angetreten, weltweit Batteriewechselstationen aufzubauen und ging nach vielversprechenden Feldversuchen in Dänemark, Israel und Japan schließlich 2014 in die Insolvenz.

Damals war der Marktanteil von E-Autos noch sehr gering. Zumindest mittel- und langfristig könnten die Bestrebungen Chinas, weltweiter Technologieführer zu werden, doch noch für einen Umschwung sorgen. Dafür spricht nach Einschätzung von Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR-Center Automotive Research, das Prinzip „Größe setzt den Standard“. Zahlreiche chinesische E-Auto-Hersteller richten sich mittlerweile auf den Batterietausch aus. Vor diesem Hintergrund warnte der Professor vor einem Jahr in einem Beitrag für die Zeitschrift Wirtschaftsdienst davor, die Chance Chinas zu unterschätzen, sich einen globalen Wettbewerbsvorteil zu sichern.
 

Montag, 31.10.2022, 10:37 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Elektrofahrzeuge - Nio will Systemdienstleistungen anbieten
Eine Batteriewechselstation von Nio. Quelle: Nio
Elektrofahrzeuge
Nio will Systemdienstleistungen anbieten
Der chinesische E-Auto-Hersteller Nio errichtet Batteriewechselstationen und will deren Speicherkapazität für Systemdienstleistungen nutzen.
Anfang Oktober dieses Jahres hat der chinesische E-Auto-Hersteller Nio die Auslieferung von 31.607 Neufahrzeugen im dritten Quartal 2022 gemeldet. Dies entspreche einem Anstieg von 29,3 Prozent gegenüber dem Betrachtungseitraum des Vorjahres. Für das gesamte bisherige Jahr stehen damit 82.424 verkaufte Neufahrzeuge zu Buche. Insgesamt hat das Unternehmen, das sich noch als Start-up bezeichnet, seit seiner Gründung 2014 knapp 250.000 Autos ausgeliefert.
Bisher umfasst die Modellpalette des chinesischen Herstellers in Deutschland drei Fahrzeuge. Im nächsten Quartal sollen weitere Modelle folgen.

Das besondere an Nio ist, dass der Hersteller zwar auch Wallboxen verkauft, aber seine Strategie weitgehend auf „Battery as a Service“ ausgerichtet hat. Das heißt, das Unternehmen baut Wechselstationen auf, an denen eine entladene Batterie gegen eine geladene getauscht wird. Entsprechend kann man ein Nio-Fahrzeug auch ohne Batterie kaufen oder leasen und dann die Batterie dazu mieten. Bei der diesjährigen VDE E-Mobility Conference in Frankfurt erläuterte Yong Wang, der für den Aufbau der Wechselstationen in Europa verantwortliche Produktmanager, die weiteren Pläne von Nio.

Bis 2025 will Nio in 25 Ländern vertreten sein. Weltweit soll es dann mehr als 4.000 Power Swap Stations geben, davon etwa 1.000 außerhalb Chinas. Es sei geplant, so Wang, in Europa in diesem Jahr noch die Zahl von 20 zu überschreiten. Das Ziel für 2023 sind 120 Stationen. Derzeit sind einer Mitteilung zufolge mehr als 1.100 dieser 65 Quadratmeter großen Anlagen in China in Betrieb. Über 13 Millionen Swaps seien dort bisher erfolgt.

Die erste Batterie-Wechselstation hierzulande wurde Ende September dieses Jahres in Betrieb genommen, kurz vor dem offiziellen Marktstart von Nio in Deutschland und weiteren fünf europäischen Ländern am 7. Oktober. Sie steht in Zusmarshausen in der Nähe von Augsburg an der Autobahn A8 und ist ein Gemeinschaftsprojekt des chinesischen Herstellers mit dem deutschen Ladeparkbetreiber Sortimo.
 
Speicherkapazität von etwa 1.000 kWh
 
Die erforderliche Anschlussleistung für den Betrieb einer Station bezifferte Wang mit „500 bis 1.250 kVa“. Damit seien innerhalb von 24 Stunden bei voller Auslastung etwa 300 Batteriewechsel möglich. Denn der einzelne Tauschvorgang werde im Idealfall, wenn der Betrieb einmal vollautomatisch läuft, in nicht einmal fünf Minuten vollzogen. Entsprechend könnten es zwölf bis 13 Wechsel pro Stunde sein. Entsprechend werden auch immer 13 Batterien an einer Station vorgehalten.

„Unser Ziel ist die Bidirektionalität“, erklärte Wang in Frankfurt. Angesicht einer Speicherkapazität von 13 mal 75 kWh – der Kapazität einer herkömmlichen Nio-Batterie – stehe eine Speicherkapazität von etwa 1.000 kWh zur Verfügung. Durch das Pooling von vielen Stationen könnte ein virtuelles Speicherkraftwerk im Gigawattstundenbereich entstehen. „Diese Kapazität wollen wir nutzen, um Systemdienstleistungen anzubieten oder sie zum Beispiel für das Peak Shaving einsetzen“, sagte Wang.

Ein Wechsel kommt nach den Vorstellungen der Nio-Verantwortlichen nicht nur aus Ladegründen in Frage. So könne man, wenn etwa Langstreckenfahrten am Wochenende anstünden, auch eine kleinere Batterie gegen ein Aggregat mit 100 kWh tauschen. Gleiches gelte natürlich bei einem Entwicklungssprung der Batterietechnologie.

Als „Automarke der nächsten Generation“ bezeichnen Nio-Gründer William Li und Ralph Kranz der Geschäftsführer der Nio Deutschland GmbH in einer Pressemitteilung das eigene Unternehmen, das in Norwegen seit 2021 aktiv ist. „Die Wertschätzung unserer User dort hat uns weiter darin bestärkt, unsere branchenführende Technologie mit mehr Menschen in Europa zu teilen – angefangen mit Deutschland“, so die beiden Manager.

Ob sich Battery as a Service weltweit als Alternative ist noch fraglich. Schon 2007 war das Start-up Better Place aus dem kalifornischen Palo Alto angetreten, weltweit Batteriewechselstationen aufzubauen und ging nach vielversprechenden Feldversuchen in Dänemark, Israel und Japan schließlich 2014 in die Insolvenz.

Damals war der Marktanteil von E-Autos noch sehr gering. Zumindest mittel- und langfristig könnten die Bestrebungen Chinas, weltweiter Technologieführer zu werden, doch noch für einen Umschwung sorgen. Dafür spricht nach Einschätzung von Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR-Center Automotive Research, das Prinzip „Größe setzt den Standard“. Zahlreiche chinesische E-Auto-Hersteller richten sich mittlerweile auf den Batterietausch aus. Vor diesem Hintergrund warnte der Professor vor einem Jahr in einem Beitrag für die Zeitschrift Wirtschaftsdienst davor, die Chance Chinas zu unterschätzen, sich einen globalen Wettbewerbsvorteil zu sichern.
 

Montag, 31.10.2022, 10:37 Uhr
Fritz Wilhelm

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.