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Energie & Management > Stromnetz - Netzstabilität im Fokus
Quelle: Fotolia / Miredi
Stromnetz

Netzstabilität im Fokus

Das Forum Netztechnik/Netzbetrieb hat sich der Frage gewidmet, wie künftig das Stromnetz stabil gehalten werden kann, wenn die rotierenden Massen konventioneller Kraftwerke wegfallen.
Systemstabilität ist wichtig, bekommt nach Ansicht des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) aktuell jedoch nicht die Aufmerksamkeit, die dem Thema angemessen wäre. Deshalb hatte der Verband zu einem Journalistengespräch geladen, um die Bedeutung der Systemstabilität zu erläutern. Er wies darauf hin, dass es bei der Energiewende nicht nur darum gehe, möglichst viel regenerative Erzeugungsleistung ans Netz anzuschließen, sondern auch darum, das Netz im Hinblick auf Frequenz und Spannung stabil zu halten.

Bisher hat der Einsatz von Großkraftwerken die Systemstabilität gewährleistet. In Zeiten der Dezentralisierung und dem zunehmenden Ausbau der erneuerbaren Energien verändern sich einerseits die Anforderungen an die Sicherung der Systemstabilität. Andererseits müssen die Erneuerbaren selbst mehr Verantwortung dafür übernehmen, wie es Heike Kerber, Geschäftsführerin des Forums Netztechnik/Netzbetrieb im VDE, formulierte.

Als System ist dabei die Einheit von Erzeugung, Verbrauch und Netz zu sehen. Damit Systemsicherheit bestehe, müsse zum einen die Systembilanz zwischen Erzeugung und Verbrauch ausgeglichen sein, zum anderen ausreichend Netzkapazität verfügbar sein und schließlich eben Systemstabilität herrschen. „Bisher war das nicht im Fokus, weil das wie selbstverständlich von den Großkraftwerken unterstützt wurde“, so Kerber. Wenn diese aber künftig wegfallen, müsse man nach neuen Lösungen suchen.
 
„Roadmap Systemstabilität“ vom BMWK avisiert
 
Diese neuen Lösungen will das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) in Kürze in einer „Roadmap Systemstabilität“ aufzeigen, die eng mit der Bundesnetzagentur abgestimmt ist und in die auch die Aktivitäten und Erkenntnisse des FNN eingeflossen sind.

In dieser Roadmap werden laut BMWK für die einzelnen Themenfelder die konkreten Handlungsbedarfe, Verantwortlichkeiten und Umsetzungsprozesse sowie ein hierzu notwendiger Zeitrahmen festgehalten. Zu den Themen sollen beispielsweise die Weiterentwicklung der technischen Anschlussregeln oder die marktgestützte Beschaffung von Systemdienstleistungen gehören. Es sollen auch eindeutig Akteure benannt werden, die die Prozesse implementieren und umsetzen werden.

Dirk Biermann, Geschäftsführer des Übertragungsnetzbetreibers 50 Hertz und stellvertretende Vorsitzender von VDE/FNN, erläuterte die technischen Grundlagen, die Bedeutung der Frequenz- und der Spannungshaltung sowie die Funktion von rotierenden Massen. Nach dem Wegfall der konventionellen Kraftwerke müssen künftig regenerative Erzeugungsanlagen beispielsweise Regelenergie zur Verfügung stellen. „Das muss schnell passieren“, so Biermann. Denn die Frequenz könne schnell abfallen, vor allem dann, wenn wenig Energie im Netz gespeichert sei, also wenn es wenig rotierende Massen gebe. Im Extremfall, ganz ohne Großkraftwerke, werde es kaum noch rotierende Massen im Netz geben, sodass die Frequenz sehr schnell „ins Bodenlose“ fallen könne. Dann müsse die Leistungselektronik, mit der die Erneuerbaren an das Netz angeschlossen sind, die Funktion der rotierenden Massen übernehmen. Die Wechselrichter müssten demnach „netzbildend“ werden, erklärte Biermann.

Dafür definiere VDE/FNN aktuell die technischen Anforderungen. Dazu laufe auch ein Festlegungsverfahren, wie diese sogenannte „Momentanreserve“ künftig beschafft werden kann, die heute einfach so von den Großkraftwerken „mitgeliefert“ werde. „Künftig müssen wir uns aktiv darum kümmern“, betonte Biermann.

Auch für die Spannung, neben der Frequenz die zweite Führungsgröße des Netzes, gelte: Sie muss in ganz engen Grenzen geführt werden. Entsprechend müssen nach dem Abschalten der konventionellen Großerzeuger dafür ebenfalls Alternativen bereitstehen. Und auch hier müssen die Wechselrichter als Schnittstelle zwischen Erzeugungsanlagen und Speichern einerseits und dem Netz andererseits für die Systemdienstleistungen sorgen.

Bei der Spannungshaltung könne man allerdings noch auf andere Alternativen zurückgreifen, wie etwa Drosselspulen oder Kondensatorbänke. „Am Ende wird es ein gutes Zusammenspiel all dieser Elemente sein“, ist sich Biermann sicher.

Mittwoch, 29.11.2023, 16:45 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Stromnetz - Netzstabilität im Fokus
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Netzstabilität im Fokus
Das Forum Netztechnik/Netzbetrieb hat sich der Frage gewidmet, wie künftig das Stromnetz stabil gehalten werden kann, wenn die rotierenden Massen konventioneller Kraftwerke wegfallen.
Systemstabilität ist wichtig, bekommt nach Ansicht des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) aktuell jedoch nicht die Aufmerksamkeit, die dem Thema angemessen wäre. Deshalb hatte der Verband zu einem Journalistengespräch geladen, um die Bedeutung der Systemstabilität zu erläutern. Er wies darauf hin, dass es bei der Energiewende nicht nur darum gehe, möglichst viel regenerative Erzeugungsleistung ans Netz anzuschließen, sondern auch darum, das Netz im Hinblick auf Frequenz und Spannung stabil zu halten.

Bisher hat der Einsatz von Großkraftwerken die Systemstabilität gewährleistet. In Zeiten der Dezentralisierung und dem zunehmenden Ausbau der erneuerbaren Energien verändern sich einerseits die Anforderungen an die Sicherung der Systemstabilität. Andererseits müssen die Erneuerbaren selbst mehr Verantwortung dafür übernehmen, wie es Heike Kerber, Geschäftsführerin des Forums Netztechnik/Netzbetrieb im VDE, formulierte.

Als System ist dabei die Einheit von Erzeugung, Verbrauch und Netz zu sehen. Damit Systemsicherheit bestehe, müsse zum einen die Systembilanz zwischen Erzeugung und Verbrauch ausgeglichen sein, zum anderen ausreichend Netzkapazität verfügbar sein und schließlich eben Systemstabilität herrschen. „Bisher war das nicht im Fokus, weil das wie selbstverständlich von den Großkraftwerken unterstützt wurde“, so Kerber. Wenn diese aber künftig wegfallen, müsse man nach neuen Lösungen suchen.
 
„Roadmap Systemstabilität“ vom BMWK avisiert
 
Diese neuen Lösungen will das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) in Kürze in einer „Roadmap Systemstabilität“ aufzeigen, die eng mit der Bundesnetzagentur abgestimmt ist und in die auch die Aktivitäten und Erkenntnisse des FNN eingeflossen sind.

In dieser Roadmap werden laut BMWK für die einzelnen Themenfelder die konkreten Handlungsbedarfe, Verantwortlichkeiten und Umsetzungsprozesse sowie ein hierzu notwendiger Zeitrahmen festgehalten. Zu den Themen sollen beispielsweise die Weiterentwicklung der technischen Anschlussregeln oder die marktgestützte Beschaffung von Systemdienstleistungen gehören. Es sollen auch eindeutig Akteure benannt werden, die die Prozesse implementieren und umsetzen werden.

Dirk Biermann, Geschäftsführer des Übertragungsnetzbetreibers 50 Hertz und stellvertretende Vorsitzender von VDE/FNN, erläuterte die technischen Grundlagen, die Bedeutung der Frequenz- und der Spannungshaltung sowie die Funktion von rotierenden Massen. Nach dem Wegfall der konventionellen Kraftwerke müssen künftig regenerative Erzeugungsanlagen beispielsweise Regelenergie zur Verfügung stellen. „Das muss schnell passieren“, so Biermann. Denn die Frequenz könne schnell abfallen, vor allem dann, wenn wenig Energie im Netz gespeichert sei, also wenn es wenig rotierende Massen gebe. Im Extremfall, ganz ohne Großkraftwerke, werde es kaum noch rotierende Massen im Netz geben, sodass die Frequenz sehr schnell „ins Bodenlose“ fallen könne. Dann müsse die Leistungselektronik, mit der die Erneuerbaren an das Netz angeschlossen sind, die Funktion der rotierenden Massen übernehmen. Die Wechselrichter müssten demnach „netzbildend“ werden, erklärte Biermann.

Dafür definiere VDE/FNN aktuell die technischen Anforderungen. Dazu laufe auch ein Festlegungsverfahren, wie diese sogenannte „Momentanreserve“ künftig beschafft werden kann, die heute einfach so von den Großkraftwerken „mitgeliefert“ werde. „Künftig müssen wir uns aktiv darum kümmern“, betonte Biermann.

Auch für die Spannung, neben der Frequenz die zweite Führungsgröße des Netzes, gelte: Sie muss in ganz engen Grenzen geführt werden. Entsprechend müssen nach dem Abschalten der konventionellen Großerzeuger dafür ebenfalls Alternativen bereitstehen. Und auch hier müssen die Wechselrichter als Schnittstelle zwischen Erzeugungsanlagen und Speichern einerseits und dem Netz andererseits für die Systemdienstleistungen sorgen.

Bei der Spannungshaltung könne man allerdings noch auf andere Alternativen zurückgreifen, wie etwa Drosselspulen oder Kondensatorbänke. „Am Ende wird es ein gutes Zusammenspiel all dieser Elemente sein“, ist sich Biermann sicher.

Mittwoch, 29.11.2023, 16:45 Uhr
Fritz Wilhelm

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