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Energie & Management > Bilanz - Naturstrom steigert Gewinn auf 24,7 Millionen Euro
Quelle: Pixabay / Gerd Altmann
Bilanz

Naturstrom steigert Gewinn auf 24,7 Millionen Euro

Der Ökoenergie-Pionier Naturstrom will per Neukundenakquise zuletzt verlorenes Terrain gutmachen. Die Tochter Naturenergy spekuliert auf frisches Geld in Höhe von gut 10 Millionen Euro.
Wohl dem Aktionär, der frühzeitig auf Ökoenergien und langfristig auf die richtigen Pferde gesetzt hat. Aus diesem Blickwinkel ließe sich die Geschichte der Naturstrom AG auch betrachten. Denn im Jubiläumsjahr, 25 Jahre nach Gründung des Erneuerbaren-Unternehmens, klettert der Wert eines Anteilsscheins dieser Tage erstmals über die 50-Euro-Marke.

Der Kurs der Aktie und der Wert des Unternehmens haben sich binnen zehn Jahren damit etwa verachtfacht. Lag die Aktie 2013 noch im Durchschnitt bei 6,30 Euro, gibt Naturstrom den zuletzt ermittelten Wert mit 49,20 Euro an. Das ist eine Rechnung, die die vergangenen sechs Monate einbezieht, den Sprung über die 50 Euro hingegen noch nicht.

Unternehmenswert binnen zehn Jahren verachtfacht

Der lange verantwortliche Chef Thomas Banning hat so gesehen über seine Beteiligungen eine immense Wertsteigerung erfahren. Das gute Viertel, das er über die Eco Eco AG und als Privatier an Naturstrom hält, ist nicht mehr gut 3,8 Millionen Euro wert (2013), sondern beim aktuellen Wert der insgesamt gut 2,4 Millionen Stückaktien etwa 30 Millionen Euro. Sein Nachfolger als Naturstrom-Vorstandsvorsitzender, Oliver Hummel, kommt mit 1,4 Prozent der Aktien auf rund 1,7 Millionen Euro.

Transparenz lautet ein Gebot der Düsseldorfer. Entsprechend hielt der Vorstand auch mit unangenehmen Entwicklungen nicht hinterm Berg, als er am 9. August die Geschäftszahlen für das Jahr 2022 präsentierte. Insgesamt etwa 7.000 Kundinnen und Kunden bei Strom und Gas habe Naturstrom in der Energiekrise verloren. „Das wollen wir wieder reinholen, mindestens“, so Oliver Hummel. Dafür werde das Unternehmen im zweiten Halbjahr 2023 eine Neukunden-Akquise starten.

Nach Darstellung des Vorstands sei bis gegen Ende des Jahres nicht klar gewesen, wie die Bilanz letztlich ausfalle. Zu befürchten war, dass die Bundesregierung die Erlösabschöpfung wegen gestiegener Preise rückwirkend festsetze. Weil die größten Befürchtungen sich nicht bewahrheiteten, blieb am Ende eines Jahres mit einem „wahnsinnigen Hoch und Runter“ (Hummel) mit 24,7 Millionen Euro deutlich mehr Geld in der Kasse als 2021 (1,3 Millionen Euro). Weil etliche Gesellschaften des Konzerns Teile der Gewinne für weitere Investitionen behalten durften, liegt der Konzerngewinn entsprechend niedriger, bei 10,8 Millionen Euro (2021: 4,1 Millionen Euro).

Auch der Umsatz stieg auf 737,4 Millionen Euro (Vorjahr: 450,7 Millionen Euro), das sei aber weitestgehend preisgetrieben und bilde eben auch hohe Einkaufspreise ab, so Hummel. Naturstrom musste zum Beispiel auch für den Energieeinkauf 656,2 Millionen Euro statt 403,2 Millionen Euro ausgeben. Das Unternehmen kann durch die eigenen etwa 350 Anlagen etwa ein Viertel der Energie selbst erzeugen, die die gut 300.000 Kundinnen und Kunden benötigen.

Weil der Anteil der zugekauften Mengen so hoch war, habe Naturstrom die Preise auch anheben müssen. Erschwerend sei hinzugekommen, so Hummel, dass der Gesetzgeber es schließlich untersagt habe, mit selbst produzierter Energie die Preise zu dämpfen. So gesehen hätte die eigentlich günstigere Ökoenergie-Erzeugung bei Naturstrom keinen positiven Effekt auf die Tarife erzielen können.

Nach Ende der Strom- und Gaspreisbremse aber werde Naturstrom wieder verstärkt günstige Preise anbieten können, die schon jetzt unter den Tarifen für Bestandskunden bei Grundversorgern liege. Seit Jahresbeginn verlangt das Unternehmen sukzessive weniger, von 52,9 Cent je kWh Strom über 44,9 Cent nunmehr 34,9 Cent. Beim Gas war der Arbeitspreis lange stabil bei 17,42 Cent, jetzt liegt er bei 10,9 Cent je kWh.

Keine Revision gegen Eon-RWE-Deal

Naturstrom geht den Weg weiter, die Erzeugungstochter Naturenergy GmbH unter Führung von Thomas Banning auf eigene Füße zu stellen. Ende des Jahres werde das Unternehmen eine Kapitalerhöhung vornehmen, die laut Oliver Hummel über 10 Millionen Euro als Ziel hat. Sowohl Kleinanleger als auch institutionelle Geldgeber sollen sich beteiligen können. Naturstrom selbst wird auf der kommenden Hauptversammlung eine Zustiftung über die Naturstrom an Naturenergy beschließen. Damit reduziere sich der Anteil der AG an Naturenergy von etwa 75 Prozent auf gut 57 Prozent.

Naturstrom baut sein Anlagenportfolio bei den Erneuerbaren schrittweise weiter aus, auch Windenergie soll wieder vermehrt eine Rolle spielen. In der zweiten Jahreshälfte sind die größten Anlagen allerdings wiederum Sonnenkraftwerke. Im brandenburgischen Groß Lubolz entsteht bis zum ersten Quartal 2024 die größte Naturstrom-Solaranlage, mit 24 MW. Dazu geht in Henschleben (Thüringen) noch 2023 ein 7-MW-Kraftwerk ans Netz.

Aufgegeben haben die Düsseldorfer inzwischen ihren Widerstand gegen den 2019 von der EU-Kommission genehmigten Austausch von Vermögenswerten zwischen Eon und RWE. Im Mai 2023 hatte das Gericht der Europäischen Union (EuG) die Klage von etlichen Stadtwerken und Versorgern gegen den Deal der beiden Energieriesen abgewiesen. Naturstrom-Vorständin Kirsten Nölke erklärte nun, dass ihr Unternehmen keine Berufung gegen das Urteil einlegen werde.

Mittwoch, 9.08.2023, 16:28 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Bilanz - Naturstrom steigert Gewinn auf 24,7 Millionen Euro
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Bilanz
Naturstrom steigert Gewinn auf 24,7 Millionen Euro
Der Ökoenergie-Pionier Naturstrom will per Neukundenakquise zuletzt verlorenes Terrain gutmachen. Die Tochter Naturenergy spekuliert auf frisches Geld in Höhe von gut 10 Millionen Euro.
Wohl dem Aktionär, der frühzeitig auf Ökoenergien und langfristig auf die richtigen Pferde gesetzt hat. Aus diesem Blickwinkel ließe sich die Geschichte der Naturstrom AG auch betrachten. Denn im Jubiläumsjahr, 25 Jahre nach Gründung des Erneuerbaren-Unternehmens, klettert der Wert eines Anteilsscheins dieser Tage erstmals über die 50-Euro-Marke.

Der Kurs der Aktie und der Wert des Unternehmens haben sich binnen zehn Jahren damit etwa verachtfacht. Lag die Aktie 2013 noch im Durchschnitt bei 6,30 Euro, gibt Naturstrom den zuletzt ermittelten Wert mit 49,20 Euro an. Das ist eine Rechnung, die die vergangenen sechs Monate einbezieht, den Sprung über die 50 Euro hingegen noch nicht.

Unternehmenswert binnen zehn Jahren verachtfacht

Der lange verantwortliche Chef Thomas Banning hat so gesehen über seine Beteiligungen eine immense Wertsteigerung erfahren. Das gute Viertel, das er über die Eco Eco AG und als Privatier an Naturstrom hält, ist nicht mehr gut 3,8 Millionen Euro wert (2013), sondern beim aktuellen Wert der insgesamt gut 2,4 Millionen Stückaktien etwa 30 Millionen Euro. Sein Nachfolger als Naturstrom-Vorstandsvorsitzender, Oliver Hummel, kommt mit 1,4 Prozent der Aktien auf rund 1,7 Millionen Euro.

Transparenz lautet ein Gebot der Düsseldorfer. Entsprechend hielt der Vorstand auch mit unangenehmen Entwicklungen nicht hinterm Berg, als er am 9. August die Geschäftszahlen für das Jahr 2022 präsentierte. Insgesamt etwa 7.000 Kundinnen und Kunden bei Strom und Gas habe Naturstrom in der Energiekrise verloren. „Das wollen wir wieder reinholen, mindestens“, so Oliver Hummel. Dafür werde das Unternehmen im zweiten Halbjahr 2023 eine Neukunden-Akquise starten.

Nach Darstellung des Vorstands sei bis gegen Ende des Jahres nicht klar gewesen, wie die Bilanz letztlich ausfalle. Zu befürchten war, dass die Bundesregierung die Erlösabschöpfung wegen gestiegener Preise rückwirkend festsetze. Weil die größten Befürchtungen sich nicht bewahrheiteten, blieb am Ende eines Jahres mit einem „wahnsinnigen Hoch und Runter“ (Hummel) mit 24,7 Millionen Euro deutlich mehr Geld in der Kasse als 2021 (1,3 Millionen Euro). Weil etliche Gesellschaften des Konzerns Teile der Gewinne für weitere Investitionen behalten durften, liegt der Konzerngewinn entsprechend niedriger, bei 10,8 Millionen Euro (2021: 4,1 Millionen Euro).

Auch der Umsatz stieg auf 737,4 Millionen Euro (Vorjahr: 450,7 Millionen Euro), das sei aber weitestgehend preisgetrieben und bilde eben auch hohe Einkaufspreise ab, so Hummel. Naturstrom musste zum Beispiel auch für den Energieeinkauf 656,2 Millionen Euro statt 403,2 Millionen Euro ausgeben. Das Unternehmen kann durch die eigenen etwa 350 Anlagen etwa ein Viertel der Energie selbst erzeugen, die die gut 300.000 Kundinnen und Kunden benötigen.

Weil der Anteil der zugekauften Mengen so hoch war, habe Naturstrom die Preise auch anheben müssen. Erschwerend sei hinzugekommen, so Hummel, dass der Gesetzgeber es schließlich untersagt habe, mit selbst produzierter Energie die Preise zu dämpfen. So gesehen hätte die eigentlich günstigere Ökoenergie-Erzeugung bei Naturstrom keinen positiven Effekt auf die Tarife erzielen können.

Nach Ende der Strom- und Gaspreisbremse aber werde Naturstrom wieder verstärkt günstige Preise anbieten können, die schon jetzt unter den Tarifen für Bestandskunden bei Grundversorgern liege. Seit Jahresbeginn verlangt das Unternehmen sukzessive weniger, von 52,9 Cent je kWh Strom über 44,9 Cent nunmehr 34,9 Cent. Beim Gas war der Arbeitspreis lange stabil bei 17,42 Cent, jetzt liegt er bei 10,9 Cent je kWh.

Keine Revision gegen Eon-RWE-Deal

Naturstrom geht den Weg weiter, die Erzeugungstochter Naturenergy GmbH unter Führung von Thomas Banning auf eigene Füße zu stellen. Ende des Jahres werde das Unternehmen eine Kapitalerhöhung vornehmen, die laut Oliver Hummel über 10 Millionen Euro als Ziel hat. Sowohl Kleinanleger als auch institutionelle Geldgeber sollen sich beteiligen können. Naturstrom selbst wird auf der kommenden Hauptversammlung eine Zustiftung über die Naturstrom an Naturenergy beschließen. Damit reduziere sich der Anteil der AG an Naturenergy von etwa 75 Prozent auf gut 57 Prozent.

Naturstrom baut sein Anlagenportfolio bei den Erneuerbaren schrittweise weiter aus, auch Windenergie soll wieder vermehrt eine Rolle spielen. In der zweiten Jahreshälfte sind die größten Anlagen allerdings wiederum Sonnenkraftwerke. Im brandenburgischen Groß Lubolz entsteht bis zum ersten Quartal 2024 die größte Naturstrom-Solaranlage, mit 24 MW. Dazu geht in Henschleben (Thüringen) noch 2023 ein 7-MW-Kraftwerk ans Netz.

Aufgegeben haben die Düsseldorfer inzwischen ihren Widerstand gegen den 2019 von der EU-Kommission genehmigten Austausch von Vermögenswerten zwischen Eon und RWE. Im Mai 2023 hatte das Gericht der Europäischen Union (EuG) die Klage von etlichen Stadtwerken und Versorgern gegen den Deal der beiden Energieriesen abgewiesen. Naturstrom-Vorständin Kirsten Nölke erklärte nun, dass ihr Unternehmen keine Berufung gegen das Urteil einlegen werde.

Mittwoch, 9.08.2023, 16:28 Uhr
Volker Stephan

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